VNW-Magazin - Ausgabe 1/2019
Das VNW-Magazin erscheint fünf Mal im Jahr. Neben Fachartikeln enthält es Berichte und Reportagen über die Mitgliedsunternehmen des Verbandes norddeutscher Wohnungsunternehmen - den Vermietern mit Werten.
Das VNW-Magazin erscheint fünf Mal im Jahr. Neben Fachartikeln enthält es Berichte und Reportagen über die Mitgliedsunternehmen des Verbandes norddeutscher Wohnungsunternehmen - den Vermietern mit Werten.
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
39<br />
Bauhaus 100.<br />
Zurück in der Zukunft?<br />
Architektur erfährt beim 100. Bauhausjubiläum<br />
ein besonders großes Podium.<br />
Eine Grand Tour führt Besucher durch die<br />
Architekturgeschichte der Moderne in<br />
Deutschland. Ein Reiseplaner vertieft diese<br />
große Route mit Tourenvorschlägen durch<br />
einzelne – leider nicht alle – Bundesländer,<br />
ihre Städte und Regionen. Das vorliegende<br />
Programm zeigt, dass die Moderne<br />
auch ohne einen konkreten Bezug zum<br />
Bauhaus an vielen Orten in Deutschland<br />
ihre Spuren hinterlassen hat. Für das Neue<br />
Bauen und Wohnen war die niederländische<br />
Architektur das große Vorbild. Am<br />
Bauhaus selbst wurde Architektur erst in<br />
Dessau ab 1927 durch den zweiten Bauhausdirektor,<br />
den Schweizer Architekten<br />
Hannes Meyer, und später durch seinen<br />
Nachfolger Ludwig Mies van der Rohe gelehrt,<br />
theoretisch und auch praktisch. Die<br />
Reisetour in Brandenburg macht sichtbar,<br />
dass die Bauhausstudenten 1928 am Bau<br />
der Bundesschule des Allgemeinen Deutschen<br />
Gewerkschaftsbundes (ADGB) in<br />
Bernau bereits beim Entwurf und in der<br />
Realisierungsphase und nicht erst bei der<br />
Inneneinrichtung zum Zuge kamen. Das<br />
Kollektiv und das Team wurden am Bauhaus<br />
unter Meyer als Motor der Architektur<br />
begriffen. Großstädtischer sozialer<br />
Wohnungsbau wie die unter dem Oberbaudirektor<br />
Fritz Schumacher entstandenen<br />
Siedlungen Jarrestadt oder Dulsberg<br />
sind auf der Reiseroute durch Hamburg<br />
ebenso vertreten wie die bis heute eindrucksvollen<br />
Backsteinbauten von Gustav<br />
Oelsner in Altona. Mit dem Bauhaus hatten<br />
beide Architekten nicht viel am Hut,<br />
wohl aber sind die Gebäude ganz im Sinne<br />
des Neuen Bauens mit viel Licht, Luft<br />
und Sonne errichtet.<br />
Neben den Großstädten werden auf<br />
den Touren auch Nebenschauplätze wie<br />
das eher durch seine Fachwerkkulisse<br />
bekannte Celle in den Fokus gerückt.<br />
Hier hatte das Architekturbüro von Otto<br />
Haesler seinen Sitz. Mit drei Wohnsiedlungen,<br />
Einzelhäusern und der Vorzeigebildungseinrichtung<br />
der Weimarer Republik,<br />
der Altstädter Schule, wird deutlich, dass<br />
sich die Avantgarde gerade in ländlichen<br />
Räumen prächtig entfalten konnte. Vor<br />
allem haben bei Otto Haesler im Büro drei<br />
diplomierte Bauhausarchitekten gearbeitet:<br />
Hermann Bunzel, Walter Tralau und<br />
eine Pionierin der Avantgarde, die Bauhausarchitektin<br />
Katt Both.<br />
Dass die touristischen Routen wenig<br />
über Hintergründe, die Netzwerke der Architekten<br />
und Bauherren, aber auch über<br />
architektonische Fragen und vor allem<br />
über den aktuellen Umgang mit dem baulichen<br />
Erbe preisgeben und obendrein die<br />
Moderne in Bayern, Bremen, Schleswig-<br />
Holstein und Mecklenburg-Vorpommern<br />
außen vor lassen, ist ein großes Manko.<br />
Vielleicht hilft die informative und gut gestaltete<br />
Website zu „100 jahre bauhaus“<br />
mit ihren zahlreichen Kommentaren, Bildern<br />
und Beiträgen ja noch, das Bild der<br />
Moderne zu vervollständigen. Vor allem<br />
werden ein Besuch und das Gespräch vor<br />
Ort viele Fragen klären und zeigen, dass<br />
die Architektur der Moderne immer in Bewegung<br />
ist. h<br />
VON DR. UTE MAASBERG,<br />
Architektenkammer Niedersachsen