der steirer land ... Ausgabe 01/2019 KARL OSWALD
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GESTERN<br />
NOCH<br />
VON STIPFELN<br />
UND SCHEITELN<br />
Langsam gewinnen die Sonnenstrahlen des anbrechenden Frühlings an Kraft, <strong>der</strong><br />
Winter ist vorbei und somit auch die Winterarbeit. Wie<strong>der</strong> einmal haben wir die kalte<br />
Jahreszeit dafür genutzt, um ein Stück des Waldes durchzuforsten und aufzuräumen.<br />
Kranke und morsche Bäume wurden umgeschnitten und so manche alte Buche musste<br />
für das nachkommende Jungholz ihren angestammten Platz räumen.<br />
Alles wurde sorgfältig aufgeräumt: die Äste auf einen<br />
Haufen geschichtet, damit wir sie später nach<br />
Hause transportieren und zu Anheizholz zerhacken<br />
konnten, die Baumstämme auf einen Haufen<br />
gerollt und abgelängt. Auch das herumliegende<br />
Totholz, morsche Zweige und abgebrochene Äste,<br />
wurde auf einen Haufen geschmissen, damit wir<br />
im Herbst, wenn die Streu zusammengerochen<br />
wird, nicht zu viel herumliegen haben. Eine Arbeit<br />
steht uns noch bevor und das ist das Aufspalten<br />
<strong>der</strong> Stämme, damit sie ordentlich trocknen können.<br />
Eine Motorsäge hat <strong>der</strong> Vater bereits besessen,<br />
was das meterweise Abschneiden <strong>der</strong> Stämme<br />
wesentlich erleichterte; dass es aber auch eine<br />
Maschine gibt, die diese spaltet, davon haben wir<br />
nur gehört. Es hätte auch keinen Sinn gehabt, denn<br />
um sie anzutreiben, wäre ein Traktor erfor<strong>der</strong>lich<br />
gewesen und <strong>der</strong> kam erst einige Jahre später. Die<br />
„Kliabhacken“ (Spaltäxte) waren unser Werkzeug<br />
und mit zwei davon rückten wir aus. Ein dünner<br />
„Briegel“ diente als Auflage für das eine Ende und<br />
dann stellten wir uns vor und hinter dem Blöchl<br />
auf. Meist hatten die Stämme schon einen leichten<br />
Haarriss vom Fällen und dieser natürliche Bruch<br />
war das Ziel. Ich, damals noch ein Kind, drehte den<br />
Stamm so lange, bis <strong>der</strong> Riss senkrecht nach oben<br />
zeigte und <strong>der</strong> Vater mir sagte, dass es jetzt passt.<br />
Dann zog er seine Hacke hoch und mit <strong>der</strong> größtmöglichen<br />
Kraft ließ er die Schneide auf das Bloch<br />
nie<strong>der</strong>fahren.<br />
Traf er den Spalt, so zeichnete sich im Stamm eine<br />
feine Bruchlinie ab und die war mein Ziel. So gut<br />
ich konnte, schlug nun ich meine Axt in das Holz;<br />
traf ich den Spalt, so weitete er sich wie<strong>der</strong> ein<br />
wenig. Ging mein Hieb daneben, so musste man<br />
aufpassen, dass die Hacke nicht zurückschnellte.<br />
Saß mein Hieb, so lockerte sich Vaters Axt und er<br />
konnte den nächsten Schlag setzen. Manches Mal<br />
reichten zwei o<strong>der</strong> drei gutgesetzte Hiebe aus, um<br />
das Meterblöchel zu halbieren, manchmal konnten<br />
wir uns nur zentimeterweise vorarbeiten – hin und<br />
wie<strong>der</strong>, wenn die Hacken sich <strong>der</strong>maßen verkeilten,<br />
dass wir sie nicht herausbekamen. Dann setzten<br />
wir unseren Holzschlögel ein und trieben einen<br />
Hackenkopf so weit hinein, bis sich die zweite<br />
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