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Verita Magazin Frühjahr 2019

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Poetische<br />

Perlenketten<br />

Literatur als Abenteuer, abenteuerliche Erzählkunst: Bücher, über die man spricht,<br />

Meisterwerke, an denen kein Weg vorbeiführt. Entfesselte Fantasie halt.<br />

Den Anfang macht der größte<br />

Aufreger jüngerer Zeit. „Stella“<br />

von Takis Würger wurde zum Beleg<br />

dafür, dass auch das angeblich ehrenwerte<br />

deutsche Feuilleton zu Shitstorms<br />

fähig ist und auch vor grotesken<br />

und absurden Auswüchsen<br />

nicht zurückschreckt. Das „Hauptübel“<br />

ist zweifellos die Tat sache,<br />

dass Takis Würger nicht nur ein<br />

enorm stilsicherer Autor, sondern<br />

auch „Spiegel“-Reporter ist. Und da<br />

gibt nach dem tiefen Fall des Fake-<br />

Fabrikanten Relotius offenbar eine<br />

Art Sippen haftung. Weh dem also,<br />

der Fakten und Fiktionen vermengt.<br />

Genau das tut Takis Würger. Er greift<br />

in seinem im Jahr 1942 in Berlin spielenden<br />

Roman die wahre Geschichte<br />

der jüdischen Nazi-Kollaborateurin<br />

Stella Goldschlag auf, die Hunderte<br />

Landsleute verriet, um das Leben<br />

ihrer von der Deportation bedrohten<br />

Eltern zu retten. Auch nach deren<br />

Deportation hielt sie ihrem Verrätertum<br />

die Treue. Diese authentische<br />

Geschichte wird verwoben zu einer<br />

fiktiven Liebesgeschichte mit einem<br />

völlig realitätsblinden jungen<br />

Schweizer, der Stella verfällt. Übersehen<br />

wird, dass dieser völlig naive<br />

Liebhaber, der auch noch mitten im<br />

Krieg nichts hören, nichts sehen,<br />

nichts verstehen will, der eigentliche<br />

Protagonist ist. Ein Proto typ der anscheinenden<br />

Ahnungslosigkeit, der<br />

all den NS-Wahnwitz mit ermöglichte.<br />

Bleibt nur ein wichtiger Tipp:<br />

selbst lesen, selbst ein Urteil bilden.<br />

Wechseln wir zu anderen, harmloseren,<br />

aber amüsanten Themen.<br />

Etwa zum merkwürdigen Verhalten<br />

geschlechtsreifer Menschen<br />

zur Paarungszeit. Helmut Krausser<br />

jongliert in seinem neuen Roman<br />

„Trennungen. Verbrennungen“ mit<br />

den Mitteln einer raffinierten Soap:<br />

Ein Großstadtkaleidoskop voller<br />

Witz und Überraschungen rückt<br />

unterschiedlichste Paare ironisch<br />

ins Licht. Da sind der Archäologe<br />

Fred Reitlinger und seine Frau<br />

Nora, ihr Liebhaber Arnie und dessen<br />

Gattin. Dann seine Doktoranden<br />

Leopold und Gerry im Streit<br />

um eine Uni-Stelle. Und Reitlingers<br />

Kinder: Alisha, 19, hat sich in ihre<br />

Kommilitonin Caro verguckt, die<br />

heimlich als Escort-Girl anschafft.<br />

Ihr Bruder Ansger dagegen ist nach<br />

einer Insolvenz verschwunden – ein<br />

Verbrechen? Caro wird ihren Liebhaber<br />

Petar nicht los, dessen Vater<br />

den Reitlingers eine Jacht verkauft<br />

als Stützpunkt für Noras Schäferstündchen.<br />

Jeder ist mit jedem in<br />

Beziehung, Trennungen stehen bevor.<br />

Unterhaltsam, entlarvend.<br />

Mit dem Roman „Die Bücherdiebin“<br />

schuf Markus Zusak einen Weltbestseller,<br />

ein Nachfolgewerk wurde<br />

sehnsüchtig erwartet. Nun ist es<br />

da, mit dem bezeichnenden Titel<br />

„Nichts weniger als ein Wunder“.<br />

Zusak erweckt die fünf Dunbar-<br />

Brüder zum literarischen Leben.<br />

Nach dem Tod der geliebten Mutter<br />

und dem Weggang ihres Vaters<br />

leben sie nach ihren ganz eigenen<br />

Regeln. Sie trauern, sie lieben, sie<br />

hassen, sie hoffen und sie suchen.<br />

Nach einem Weg, mit ihrer Vergangenheit<br />

klarzukommen, nach<br />

der Wahrheit und nach Vergebung.<br />

Schließlich ist es Clay – angetrieben<br />

von den Erinnerungen an ihren<br />

tragischen Verlust –, der beschließt,<br />

eine Brücke zu bauen. Eine Brücke,<br />

die Vergangen heit zu überwinden<br />

und so sich selbst und seine Familie<br />

zu retten. Dafür verlangt er sich<br />

Foto: unsplash<br />

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