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Verita Magazin Frühjahr 2019

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MAX PORTER<br />

Leuchtspuren<br />

der Erinnerung<br />

Foto: Christian Jungwirth<br />

Sich zu erinnern, sei die Sendung des Menschen auf Erden,<br />

heißt es. Barbara Frischmuth tut dies in „Verschüttete Milch“<br />

auf ebenso berührende wie magische Weise.<br />

Afrikaforscherin wollte die Erzählerin,<br />

Julia genannt, einmal<br />

werden. Später verlagert sie ihre<br />

Forscherlust nach Asien. In Wahrheit<br />

aber versucht sie, vorwiegend<br />

anhand von Fotos, ungeordnet in<br />

Kartons aufbewahrt, ihre eigenen<br />

Kindheitserlebnisse und Erinnerung<br />

in ein neues, anderes Licht zu<br />

rücken. Und die haben ihre Wurzeln<br />

in einem Ort, der vor allem eines<br />

will: Idylle ausstrahlen, die reichlich<br />

vorhandene, natürliche Schönheit<br />

wahren und über alles andere den<br />

Mantel des Schweigens oder raschen<br />

Vergessens zu breiten.<br />

Der Schauplatz ist Altaussee, der<br />

Geburtsort der Autorin, die Geschichte<br />

der Kindheits- und frühen<br />

Jugendjahre, die Julia rekonstruiert,<br />

deckt sich vielfach mit jener<br />

der Dichterin, aber eigentlich ist das<br />

bedeutunglos. „Verschüttete Milch“<br />

ist ein enorm vielschichtiger Entwicklungsroman.<br />

Oder, um Barbara<br />

Frischmuths kleinen ironischen<br />

Einschub über sprachliches „Upgrading“<br />

aufzugreifen, eine Coming<br />

of Age-Geschichte. Und es ist ein<br />

Beleg dafür, das der Einfluss des Ortes<br />

auch das Bewusstsein entscheidend<br />

prägen kann – „jenes Ortes, an<br />

dem Heil und Unheil Tisch an Tisch<br />

zur Sommerfrische saßen (und wohl<br />

noch immer sitzen)“, wie es in einer<br />

Passage heißt. Die Fotos, die Julia,<br />

anfangs „Kleine“ und später „Juli“<br />

gerufen, oft nach anscheinendem<br />

Zufallsprinzip zur Hand nimmt, aus<br />

den Kriegsjahren, aus den Zeiten des<br />

Umbruchs, oder die Bilder ihrer Eltern,<br />

einstigen Freunde und Freundinnen<br />

summieren sich zu Leuchtspuren<br />

der Erinnerungen. Eine zum<br />

Teil verlorene Kindheit spielt darin<br />

ebenso eine bedeutsame Rolle wie<br />

eine außergewöhnliche Familiengeschichte<br />

in Zeiten „angepasster<br />

Wahrheitsfindung“. Barbara Frischmuth<br />

glückten vieldimensionale Zustandsbilder,<br />

die allein schon durch<br />

ihre Intensität aus jedem konventionellen<br />

Rahmen fallen.<br />

Barbara Frischmuth<br />

Verschüttete Milch<br />

Aufbau, 286 Seiten<br />

Euro 22,00<br />

ISBN 978-3-351-03710-9<br />

E-Book 9783841217318<br />

Foto © Lucy Dickens<br />

978-3-0369-5793-7<br />

Die berührende<br />

Geschichte eines<br />

ungewöhnlichen<br />

Jungen.<br />

»Max Porter ist anders<br />

als alles, was man<br />

bisher gelesen hat.«<br />

The Guardian<br />

Buchmedia <strong>Magazin</strong> 37<br />

9<br />

KEIN & ABER

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