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Verita Magazin Frühjahr 2019

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Die<br />

vernagelte<br />

Flucht – kein anderes Wort ist prägender für eine Zeit globaler Umbrüche.<br />

Die Moral bleibt nicht selten auf der Strecke, auch im Privaten, die Politik konzentriert<br />

sich nicht selten selbst auf Ausflüchte.<br />

Geraume Zeit herrschte ja die<br />

eigentlich durchaus amüsante<br />

Vorstellung, am äußersten Ende der<br />

Erde befände sich ein Bretterzaun –<br />

mit Zwischenraum, um durchzuschau’n.<br />

All das wurde im Laufe der<br />

Jahrhunderte bekanntlich widerlegt,<br />

aber das Bild mit dem Zaun hat<br />

durchaus Bestand. Wenngleich die<br />

Begleiterscheinungen sich drastisch<br />

und dramatisch geändert haben.<br />

Wir stecken nicht nur in einer globalen<br />

Flüchtlingskrise, diese Krise<br />

hat, in einer mitunter vernagelten<br />

Welt, auch die Moral erfasst. Hier<br />

vier exemplarische Werke, die belegen,<br />

dass die Trennlinien auch tief<br />

ins Privatleben führen können.<br />

Der italienische Autor Davide Enia<br />

fuhr nach Lampedusa, um sich selbst<br />

ein Bild von der Insel zu machen, die<br />

in den Medien zum Sinnbild für die<br />

Flüchtlingskrise geworden ist. Seine<br />

Gespräche mit Rettungs helfern,<br />

Freunden und Fischern, aber auch<br />

seine persönlichen Eindrücke bei<br />

Rettungsaktionen und „Anlandungen“<br />

verwebt er in seinem Erfahrungsbericht<br />

„Schiffbruch vor<br />

Lampedusa“ zu einer unglaublich<br />

dichten und ergreifenden Chronik<br />

verheerender Ereignisse. Lampedusa<br />

ist dabei ein Mikro kosmos,<br />

in dem die Folgen von Migration,<br />

Flucht und Grenzen unmittelbar<br />

spürbar sind.<br />

Gleichzeitig erinnert Enia sich an<br />

magische Sommer an der sizilianischen<br />

Küste und seine früheren<br />

Urlaube auf der Insel und versucht,<br />

die Unschuld dieser Zeit wieder heraufzubeschwören.<br />

Enias Tage auf<br />

Lampedusa werden begleitet von<br />

seiner Sorge um den krebskranken<br />

Onkel und der Notwendigkeit, sich<br />

mit dessen nahenden Tod auseinanderzusetzen.<br />

Dieser sehr persönliche<br />

Schmerz über den drohenden<br />

Verlust lässt erahnen, was die große<br />

Katastrophe vor den europäischen<br />

Küsten für die Tausenden, die ihr<br />

Leben im Mittelmeer verlieren, und<br />

ihre Familien bedeuten muss. So<br />

macht Enia das Unfassbare fassbar.<br />

Was aber zählt denn noch, wenn<br />

die Welt auch aus anderen Gründen<br />

am Abgrund steht? Die britische<br />

Schriftstellerin Nicky Singer wirft<br />

in „Davor und Danach“ noch eine<br />

andere brisante Frage auf – wie sehr<br />

könnten der Klimawandel und eine<br />

Menschheit auf der Flucht auch unsere<br />

eigene Menschlichkeit prägen<br />

oder verändern?<br />

Ihre Protagonistin, die 14-jährige<br />

Mhari, lebt in einer Welt, in der es<br />

zu viele Menschen gibt und Wasser<br />

nur noch im Norden zu finden<br />

ist. Sie besitzt zwei Dinge: einen<br />

Revolver und ihre Papiere. Ihr einziges<br />

Ziel ist es, zu überleben. Dank<br />

Foto: unsplash<br />

30 Buchmedia <strong>Magazin</strong> 37

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