LEBE_126
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Künstliche Befruchtung<br />
genug: Noch im selben Jahr 2004<br />
wurden – hauptsächlich von Parteien,<br />
die sich dezidiert links positionieren –<br />
Unterschriften für ein abschaffendes<br />
Referendum gesammelt und ein Jahr<br />
später kam es zum Referendum mit<br />
Fragen, die wir so zusammenfassen<br />
können: Soll die künstliche Befruchtung<br />
auch erlaubt sein, wenn es andere<br />
Behandlungsmöglichkeiten gibt? Soll<br />
die künstliche Befruchtung nicht nur<br />
unfruchtbaren Paaren sondern auch<br />
Paaren mit genetischen Krankheiten<br />
zugänglich gemacht werden? Soll<br />
die Anzahl der einzupflanzenden<br />
Embryonen erhöht werden? Da – auch<br />
Dank des unermüdlichen Einsatzes<br />
der Bewegung für das Leben – das<br />
Beteiligungsquorum nicht erreichte<br />
wurde, verlief das Referendum im<br />
Sande und das Gesetz blieb einstweilen<br />
unangetastet.<br />
Nachdem es nicht gelungen war, das<br />
Gesetz im Parlament abzuändern,<br />
nachdem es auch nicht gelungen<br />
war, das Gesetz per Volksbefragung<br />
abzuändern, schlug nun die Stunde<br />
der Gerichtsbarkeit: 2007 erlaubte<br />
das Landesgericht Cagliari die<br />
Präimplantationsdiagnostik.<br />
2008 erklärte das Verwaltungsgericht<br />
Latium das Ministerialdekret, das die<br />
Präimplantationsdiagnostik untersagte,<br />
für rechtswidrig. Außerdem erhob das<br />
Verwaltungsgericht Latium in demselben<br />
Verfahren die Frage, ob das<br />
Gesetz 40/2004 der Verfassung entspreche<br />
und leitete diese Frage an<br />
das Verfassungsgericht, das darüber<br />
entscheiden muss, weiter. Und tatsächlich:<br />
Am 01. April 2009 urteilte<br />
das Verfassungsgericht, dass die<br />
Absätze 2 und 3 des Art. 14, die die<br />
Embryonenherstellung auf das dringend<br />
nötige beschränkten, verfassungswidrig<br />
wären.<br />
Am 28. August 2012 erklärte<br />
der Europäische Gerichtshof für<br />
Menschenrechte (EGMR) das Gesetz<br />
für menschenrechtswidrig, da es einem<br />
fruchtbaren aber erbkranken Paar keine<br />
Präimplantationsdiagnostik erlaubt.<br />
Die Regierung Monti rekurrierte dagegen<br />
erfolglos an die Große Kammer<br />
des EGMR (Entscheidung der Großen<br />
Kammer vom 11. Februar 2013).<br />
Grossbritannien:<br />
Innerhalb eines Jahres<br />
stieg Lifestyle Freezing<br />
um 400 %<br />
(Daliymail.com) Karriere vor Mutterschaft,<br />
so lautet zunehmend die Devise von immer<br />
mehr Frauen. Laut Dailymail soll im letzten<br />
Jahr das Tiefgefrieren von Eizellen, um nach<br />
Abschluss der Karriere ein Kind zu bekommen,<br />
um 400% gestiegen sein. Das wird als<br />
Social Freezing bezeichnet, ist aber in Tat und<br />
Wahrheit Lifestyle Freezing. Zudem soll das<br />
Alter jener Frauen, welche sich der assistierten<br />
Fort pflanzung unterziehen sinken. Etwa<br />
die Hälfte soll zwischen 25 und 34 Jahre alt<br />
sein. Die Embryonenspen den sind seit 2014<br />
um 183 % gestiegen. HLI-Report<br />
Der nächste Schlag gegen das<br />
Gesetz folgte am 09. April 2014:<br />
Nach einer Vefassungsbeschwerde<br />
der Landesgerichte Mailand,<br />
Catania und Florenz erklärte der<br />
Verfassungsgerichtshof das Verbot der<br />
heterologen Befruchtung im Falle eines<br />
absolut unfruchtbaren Paares für<br />
verfassungswidrig.<br />
Das neueste Urteil wurde dann am<br />
11. November 2015 gefällt: Nach<br />
einer Verfassungsbeschwerde des<br />
Landesgerichts Neapel erklärte das<br />
Verfassungsgericht Art. 13 Abs. 3<br />
Buchstabe b und Abs. 4 für verfassungswidrig<br />
und erlaubte damit dem behandelnden<br />
Arzt, kranke oder erbkranke<br />
Embryonen vor der Implantation zu<br />
selektieren und nur die gesunden oder<br />
erbgesunden Embyonen einzupflanzen.<br />
Wir haben also gesehen, wie das<br />
Gesetz 40/2004, das bereits einen sehr<br />
weitgehenden bzw. zu weit gehenden<br />
Kompromiss darstellte, im Laufe der<br />
Zeit eine immer weitere Aushöhlung<br />
erfahren hat. Immer weiter wurden zunächst<br />
verbotene Praktiken legalisiert<br />
und erlaubt. Ein Ende dieses Prozesses<br />
ist nicht absehbar.<br />
Eingangs hatte sich die Frage gestellt,<br />
ob die scheinbare Lösung „Künstliche<br />
Befruchtung“ annehmbar ist oder nicht.<br />
Drei gewichtige Güter stellen sich dieser<br />
entgegen: Erstens, das Recht jedes<br />
Menschen auf Leben und physische<br />
Unversehrtheit von der Empfängnis<br />
bis zum natürlichen Tod. Zweitens, die<br />
Einheit der Ehe, welche die gegenseitige<br />
Achtung des Rechtes der Eheleute<br />
einschließt, dass der eine nur durch den<br />
anderen Vater oder Mutter wird. Und<br />
drittens die eigentlich menschlichen<br />
Werte der Geschlechtlichkeit, die erfordern,<br />
dass die Zeugung einer menschlichen<br />
Person als Frucht des spezifisch<br />
ehelichen Aktes der Liebe zwischen<br />
den Eheleuten angestrebt werden<br />
muss. Die künstliche Befruchtung muss<br />
sich daher messen lassen an diesen drei<br />
Gütern sowie in Bezug auf die Würde<br />
der menschlichen Person hinsichtlich<br />
der Verwirklichung ihrer Berufung zum<br />
Geschenk der Liebe und zum Geschenk<br />
des Lebens.<br />
Im Licht dieses Kriteriums sind alle<br />
Techniken der heterologen künstlichen<br />
Befruchtung sowie die Techniken der<br />
homologen künstlichen Befruchtung,<br />
die den ehelichen Akt ersetzen, auszuschließen.<br />
Damit rechtfertigt sich<br />
von selbst der eingangs erwähnte<br />
Vergleich zwischen der künstlichen<br />
Befruchtung und der Entführung eines<br />
fremden Kindes.<br />
Kein Eigentumsrecht<br />
an Embryonen<br />
Der Europäische Menschen rechtsgerichtshof<br />
in Straßburg hat entschieden, dass Itali en<br />
die Europäische Menschen rechtskonvention<br />
nicht verletzt habe, indem es verboten<br />
hatte, in vitro erzeugte Embryos für wissenschaftliche<br />
Zwecke zur Ver fügung zu stellen.<br />
(...) Der Streitfall betraf eine Italienerin,<br />
Adelina Parillo, Witwe von Nassiriya, die gemeinsam<br />
mit ihrem Mann 2002 eine in-vitro-<br />
Befruchtung durchführen ließ, aus der dann<br />
fünf Embryonen her vorgingen. Nachdem<br />
ihr Mann im November 2003 starb, wur den<br />
sie nicht eingepflanzt. Frau Parillo verzichtete<br />
auf die Ein pflanzung, entschloss sich<br />
aber, die Embryonen für wissen schaftliche<br />
Forschung, insbe sondere zur Heilung schwerer<br />
Erkrankungen, zur Verfügung zu stellen.<br />
Die italienische Ge setzgebung verbietet alle<br />
Expe rimente mit menschlichen Em bryonen.<br />
Daher wurde das Be gehren von Frau Parillo<br />
abge lehnt.<br />
Il Timone v. 31.8.15<br />
<strong>LEBE</strong> <strong>126</strong>/2016<br />
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