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Zur Rechtslage der künstlichen<br />
Befruchtung in Italien<br />
Künstliche Befruchtung<br />
Dr. Egon Falser<br />
Kinderlosen Paaren zu einem<br />
Kind verhelfen“, so lautet das<br />
Ziel manches vielleicht subjektiv<br />
wohlmeinenden Arztes, der sich im<br />
Bereich der künstlichen Befruchtung engagiert.<br />
Doch nachdem es nicht erlaubt<br />
sein kann, einem anderen Elternpaar<br />
ein Kind zu stehlen, um damit dieses<br />
Ziel zu erreichen, müssen wir uns näher<br />
mit den Methoden befassen, anhand<br />
derer das Ziel erreicht werden soll.<br />
Die erste scheinbare Lösung namens<br />
„Entführung eines fremden Kindes“<br />
scheidet also bereits aus. Die zweite<br />
scheinbare Lösung lautet „Künstliche<br />
Befruchtung“. Um sagen zu können,<br />
ob diese Methode annehmbar ist oder<br />
nicht und damit eine Bewertung geben<br />
zu können, betrachten wir die Natur der<br />
künstlichen Befruchtung.<br />
Bei der künstlichen Befruchtung<br />
handelt es sich um medizinische<br />
Verfahren, um auf künstlichem Weg<br />
eine Schwangerschaft herbeizuführen.<br />
Bisweilen wird auch der Begriff<br />
„In-vitro-Fertilisation“ verwendet, der<br />
eine der möglichen Methoden („Befruchtung<br />
im Reagenzglas“) beschreibt.<br />
Eine weitere Methode nennt sich<br />
„Intrazytosplasmatische Spermieninjektion“,<br />
kurz ICSI, die sich vor allen<br />
Dingen dadurch auszeichnet, dass<br />
ihr „Embryonenverbrauch“ sowie die<br />
Missbildungsraten deutlich erhöht sind.<br />
Gemeinsam ist allen Methoden, dass<br />
die Befruchtung außerhalb der ehelichen<br />
Vereinigung erfolgt, und damit außerhalb<br />
des Aktes persönlicher Liebe.<br />
Damit werden aber Menschen produziert<br />
und nicht mehr gezeugt. Meist<br />
werden dann der Frau mehrere befruchtete<br />
Eizellen eingepflanzt, weil viele<br />
davon absterben. Es kann aber auch<br />
vorkommen, dass mehrere sich gleichzeitig<br />
entwickeln. Da man Drillinge<br />
oder Vierlinge nicht annehmen will, tötet<br />
man die überzähligen Embryonen.<br />
Mittlerweile finden sich Milliarden von<br />
befruchteten menschlichen Eizellen<br />
eingefroren („kryokonserviert“) in den<br />
Tiefkühltanks der Befruchtungskliniken.<br />
Sie abzutöten ist Mord; sie einzupflanzen<br />
ist sittlich ebenfalls verwerflich. Man<br />
sieht, wie sich hier der Mensch in eine<br />
Sackgasse hinein manövriert hat, aus<br />
der es keinen Ausweg mehr zu geben<br />
scheint.<br />
Die künstliche Befruchtung wird in<br />
Italien durch das Gesetz 40/2004 geregelt,<br />
das nach ausführlichen Debatten<br />
und einer Abwägung der Interessen am<br />
19. Februar 2004 vom Parlament verabschiedet<br />
wurde.<br />
Dieses Gesetz besteht aus 18 Artikeln<br />
und lässt sich in etwa wie folgt<br />
zusammenfassen:<br />
Um reproduktive Probleme aufgrund<br />
von Unfruchtbarkeit zu lösen, ist die<br />
künstliche Befruchtung nach den<br />
Vorgaben dieses Gesetzes erlaubt,<br />
das die Rechte aller Beteiligten, auch<br />
des Ungeborenen, gewährleistet.<br />
Die künstliche Befruchtung ist erlaubt,<br />
sofern es keine anderen wirksamen<br />
Behandlungsmethoden der<br />
Unfruchtbarkeit gibt. (Art. 1)<br />
Der Gesundheitsminister kann Studien<br />
zu den Ursachen der Unfruchtbarkeit<br />
anfertigen lassen und Maßnahmen (z.B.<br />
Informationskampagnen, Prävention)<br />
gegen die Unfruchtbarkeit in die Wege<br />
leiten. (Art. 2)<br />
Das Gesetz zur Einrichtung von<br />
Familienberatungsstellen bei den<br />
Gesundheitsbetrieben wird ergänzt: Zu<br />
den Zielen der Familienberatungsstellen<br />
gehören ab nun auch Information und<br />
Beistand im Bereich Unfruchtbarkeit<br />
und künstliche Befruchtung sowie<br />
Adoption. (Art. 3)<br />
Der Zugang zu den Methoden der<br />
künstlichen Befruchtung ist nur erlaubt,<br />
wenn feststeht, dass es keine anderen<br />
Möglichkeiten gibt, die Unfruchtbarkeit<br />
zu behandeln. Die heterologe künstliche<br />
Befruchtung (die künstliche<br />
Befruchtung unter Beteiligung eines<br />
Dritten als Samen- oder Eizellspender)<br />
ist nicht gestattet. (Art. 4)<br />
Die künstliche Befruchtung kann von<br />
verheirateten oder zusammenlebenden<br />
Paaren zweier volljähriger lebender<br />
Menschen verschiedenen Geschlechts,<br />
die in potentiell fruchtbarem Alter sind,<br />
in Anspruch genommen werden. (Art. 5)<br />
Die an einer künstlichen Befruchtung<br />
Interessierten sind über bioethische<br />
Probleme, Risiken, Folgen, Erfolgsquoten,<br />
rechtliche Implikationen, Gefahren,<br />
Kosten,... zu informieren. (Art. 6)<br />
Das Gesundheitsministerium gibt<br />
Leitlinien zur technischen Umsetzung<br />
dieses Gesetzes heraus. (Art. 7)<br />
Die aufgrund künstlicher Befruchtung<br />
geborenen Kinder haben den Status als<br />
legitime oder anerkannte Kinder des<br />
Paares. (Art. 8)<br />
Im Falle von unerlaubter heterologer<br />
Befruchtung ist die Aberkennung der<br />
Vaterschaft oder die Anonymität der<br />
Mutter nicht möglich. Zwischen dem/<br />
der Spender/-in und dem Kind ist<br />
keine juristische Verwandtschaft einwendbar.<br />
(Art. 9)<br />
>><br />
EU-Parlament<br />
verurteilt<br />
Leihmutterschaft<br />
Das Europäische Parlament hat die<br />
Praxis der Leihmutterschaft als gegen<br />
die Menschenwürde von Frauen gerichtet<br />
verurteilt. Ihr Körper und die reproduktiven<br />
Funktionen würden dadurch wie eine<br />
Ware eingesetzt. Die Stellungnahme ist im<br />
„Jahresbericht über Menschenrechte und<br />
Demokratie in der Welt und über die Politik<br />
der Europäischen Union in diesem Bereich“<br />
enthalten. Darin erklärten die Abgeordneten<br />
sehr deutlich ihre Position.<br />
Berichterstatter Cristian Dan Preda (EVP)<br />
erklärte die Verurteilung: Gerade Frauen in<br />
Entwicklungsländern seien besonders anfällig<br />
dafür, auf diese Weise ausgenutzt zu<br />
werden. Daher sollte die Leihmutterschaft<br />
verboten werden und dies auch Priorität im<br />
Rahmen der Menschenrechtsinstrumente<br />
haben.<br />
Über die Erklärung der Abgeordneten freut<br />
sich das Europäische Zentrum für Recht und<br />
Gerechtigkeit, ECLJ (http://www.eclj.org/)<br />
eine Initiative, die bereits im Juli 2012 und<br />
im März 2013 zu diesem Thema unter dem<br />
Titel „Leihmutterschaft, eine Verletzung der<br />
Menschenrechte und Menschenwürde“ im<br />
Europäischen Parlament Stellung genommen<br />
hat.<br />
Zenit<br />
<strong>LEBE</strong> <strong>126</strong>/2016<br />
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