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Beratung<br />
»Ich möchte nie Vater werden!«<br />
Hannes lehnt sein Kind ab - die schwangere Yvonne verzweifelt<br />
Stiftung Ja zum Leben<br />
Yvonne hält den positiven<br />
Schwanger schaftstest in der<br />
Hand und traut ihren Augen<br />
kaum: Schwanger! Ihre spontane<br />
Freude wird jäh getrübt bei dem<br />
Gedanken an Hannes. Sie sind seit fünf<br />
Jahren ein Paar und gleich zu Be ginn<br />
hatte er ihr offen bart: „Ich möchte nie<br />
Vater werden!“ Als Yvonne an diesem<br />
Abend dennoch all ihren Mut zusammennimmt<br />
und Hannes von dem positiven<br />
Testergebnis berich tet, verlässt er<br />
die ge meinsame Wohnung im Streit.<br />
Yvonnes Gefühle versinken im Chaos.<br />
Hilfe im Internet<br />
In dieser Nacht ist nicht an Schlaf<br />
zu denken und sie sucht im Internet<br />
Antworten auf ihre un zähligen Fragen.<br />
Auf der Internetseite vorabtreibung.<br />
net findet die Schwangere die Telefonnummer<br />
von Pro Femina. Als sie<br />
am nächsten Morgen dort anruft, klingt<br />
die Stimme der Frau am anderen Ende<br />
des Telefons sympathisch und verständnisvoll.<br />
Yvonne fasst Mut und berichtet<br />
unter Tränen vom Streit am Vorabend.<br />
„Hannes sagte wortwörtlich, es sei ein<br />
bedauerns werter Unfall und könne ganz<br />
leicht rück gängig gemacht werden. Ich<br />
müsse einfach eine Pille nehmen. Seine<br />
Worte waren so kalt. Auf der anderen<br />
Seite hat er aber auch mit mir geweint.<br />
Ich verstehe ihn gar nicht!“ Die Beraterin<br />
spürt die Ver zweiflung der jungen Frau.<br />
Gleichzeitig zeigt ihr das ambivalente<br />
Verhalten des Kindesvaters, dass auch<br />
er innerlich mehr zerrissen ist, als er zeigen<br />
möchte. „Han nes wollte nie Kinder<br />
haben und ich habe dies akzeptiert“, so<br />
Yvonne. „Er hatte selbst eine schlimme<br />
Kindheit. Sein Va ter ist Alkoholiker und<br />
ihm wurde immer zu spüren gegeben,<br />
dass er ein unerwünsch tes Kind sei.<br />
Heimlich habe ich natürlich gehofft,<br />
Hannes würde irgendwann da rüber<br />
schwanger? ratlos?<br />
wir helfen!<br />
339 825 5847<br />
auch nach einer<br />
Abtreibung<br />
hinwegkommen und sich doch noch<br />
umentscheiden.“<br />
Trennung vom Mann?<br />
Die Beraterin von Pro Femina bestärkt<br />
Yvonne darin, Hannes zunächst Zeit<br />
zur Verarbeitung der Nachricht zu geben.<br />
Ge meinsam überlegen die beiden<br />
Frauen, wie Yvonne eine weitere<br />
Eskalati on der Situation vermei den<br />
kann, ohne sich selbst zu verlieren. Die<br />
Lösung: Yvonne soll einige Tage bei<br />
ihrer Mutter verbrin gen - in Absprache<br />
mit Hannes. Das erste Tele fonat mit der<br />
Beraterin dauert mehrere Stunden. Mit<br />
der Erleichterung, jederzeit wieder bei<br />
ihr anrufen zu können, verabschiedet<br />
sich Yvon ne.<br />
Yvonne sehnt sich nach Liebe<br />
und Verständnis<br />
Als die Schwangere sich bereits am<br />
nächs ten Tag wieder bei ihrer Beraterin<br />
meldet, hat sie einen erneuten Streit mit<br />
Hannes hinter sich.<br />
„Er nennt unser Kind nur ‚das Ding’,”<br />
schluchzt Yvonne. Die Beraterin weiß,<br />
dass beide Partner zunächst zur Ruhe<br />
und zu sich selbst kommen müssen, um<br />
dann hoffentlich wieder zueinander zu<br />
finden.<br />
„Ich spüre, dass in mir ein Leben<br />
heran wächst. übermorgen habe ich<br />
einen wei teren Termin bei meiner<br />
Frauenärztin“, erzählt Yvonne und<br />
der vorsichtig freu dige Tonfall in ihrer<br />
Stimme spricht Bän de. Nach dem<br />
Arzttermin will sie sich wieder melden.<br />
In der Zwischenzeit denkt unsere Beraterin<br />
oft an Yvonne. Sie hofft, dass die<br />
Schwangere sich die Auszeit bei ihrer<br />
Mutter wirklich genommen hat, sodass<br />
Hannes sie nicht zur Abtreibung überreden<br />
konnte. Doch als sich Yvonne mit<br />
erschöpfter Stimme am Telefon meldet,<br />
fürchtet sie das Schlimmste. „Nein, ich<br />
habe mein Baby noch! “sagt Yvonne. Die<br />
Beraterin ist erleichtert. In diesem Gespräch<br />
lässt die Schwangere ihrer Wut<br />
auf Hannes freien Lauf. Martina spürt,<br />
dass die junge Frau jetzt Raum braucht,<br />
um sich von belastenden Gefühlen frei<br />
zu machen, obwohl sie ihren Partner immer<br />
noch liebt. Zaghaft spricht sie ihren<br />
sehnlichsten Wunsch aus:<br />
Ich will doch nur seine<br />
Liebe und eine Schulter zum<br />
Anlehnen! Einen Partner,<br />
der mit mir Freudentränen<br />
vergießt, wenn wir das<br />
Ultraschallbild anschauen<br />
und der mit mir über das<br />
Geschlecht und mögliche<br />
Namen philosophiert! Ist<br />
das denn zu viel verlangt?«<br />
Nach diesem Telefonat meldet sich<br />
Yvon ne mehrere Tage nicht mehr. Die<br />
Berate rin versucht es mehrfach telefonisch<br />
und hinterlässt Nachrichten auf<br />
dem Anruf beantworter. Als sie schon<br />
in großer Sor ge ist, ruft Yvonne endlich<br />
zurück und berichtet von ersten positiven<br />
Anzeichen in Hannes’ Verhalten:<br />
Er habe sie seit langem wieder gestreichelt.<br />
„Nur kurz über den Arm, aber ich<br />
habe die Hoffnung, dass wir wieder zueinander<br />
finden. Er ist noch sehr in sich<br />
gekehrt und verletzt mich mit dem, was<br />
er sagt: Er will sich z.B. verschulden, um<br />
nur keinen Unterhalt zahlen zu müssen.<br />
Aber am gleichen Tag nimmt er mir den<br />
Einkaufskorb aus der Hand und sagt,<br />
ich dürfe nicht schwer heben in meinem<br />
Zustand!“<br />
Die Beraterin schlägt vor, dass sich das<br />
Paar an diesem Wochenende einen gemeinsamen<br />
Tapetenwechsel gönnt, um<br />
die Zweisamkeit zu genießen und in<br />
Ruhe miteinander zu sprechen. Yvonne<br />
und Hannes setzen diesen Ratschlag<br />
gleich um. Am Montag klingelt das<br />
Telefon: „Ich werde das Baby behalten<br />
- WIR werden es behalten!“ platzt es aus<br />
Yvon ne heraus. „Hannes will zwar nicht<br />
mit zur Schwangerschaftsgymnastik<br />
und erst Recht nicht bei der Geburt<br />
dabei sein, aber er hat ja noch 29<br />
Wochen Zeit, um sich das nochmal zu<br />
überlegen“, lacht sie. Und dann erzählt<br />
die Schwangere von der schönsten<br />
Situation dieser schwierigen Zeit: Am<br />
Vorabend hat Hannes sie in den Arm<br />
genommen und ihr ins Ohr geflüs tert:<br />
„Ich möchte das alles schaffen!“<br />
26 <strong>LEBE</strong> <strong>126</strong>/2016