PT-Magazin 03 2019
Offizielles Magazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung, Regiotop, German Mittelstand, Plattform-Ökonomie, Geschäftsgeheimniss, KIA Stinger 3.3, Viraler Wandel,
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DNA-Lego<br />
Ein neues, noch mächtigeres CRISPR-Tool:<br />
Der Durchbruch zum Editieren des menschlichen Genoms?<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 3/<strong>2019</strong><br />
Gesellschaft<br />
10<br />
Anders als noch vor zwei Jahren<br />
assoziieren heute nicht mehr viele<br />
Menschen mit dem Begriff „CRISPR“ so<br />
etwas wie einen Müsliriegel. Auch wenn<br />
wenige wissen, dass sich dahinter der<br />
schwierig verständliche Fachbegriff „clustered<br />
regularly interspaced short palindromic<br />
repeats“ verbirgt, was zunächst<br />
nichts anderes beschreibt als bestimmte<br />
Abschnitte sich wiederholender DNA-<br />
Stücke im Erbgut von Bakterien, so muss<br />
nicht mehr erklärt werden, dass es sich<br />
dabei auch um ein mächtiges Tool für<br />
das Editieren von Genen verbirgt. Was<br />
vor wenigen Jahren noch ein kaum Aufmerksamkeit<br />
erregendes Randgebiet der<br />
Bakteriophagen-Forschung war und nur<br />
einen sehr kleinen Zirkel von hoch spezialisierten<br />
Biologen bewegte, hat sich<br />
längst zu einem der bedeutendsten wissenschaftlichen<br />
und technologischen<br />
Durchbrüche dieses Jahrhunderts entwickelt,<br />
mit einem gewaltigen revolutionären<br />
Potential für Anwendungen in Medizin<br />
und Humangenetik. Und unlängst hat<br />
die neue Gentechnologie einmal mehr<br />
gezeigt, dass sie noch für einige weitere<br />
Überraschungen gut ist.<br />
Die Entdeckung von CRISPR geht auf<br />
die Erforschung von Phagen in den 1980er<br />
Jahren zurück. Phagen sind Viren, die Bakterien<br />
anfallen. Einmal mit ihnen infiziert,<br />
ist es den Bakterien möglich, Teile der<br />
viralen Fremd-DNA in ihre eigene DNA zu<br />
integrieren, und zwar in Form wiederkehrender<br />
kurzer Palindrome, die von anderen<br />
Sequenzen unterbrochen wurden (ein<br />
Palindrom ist eine Zeichensequenz, die<br />
sich von vorne genauso liest wie von hinten,<br />
wie beispielsweise der Name „Anna“).<br />
Den Namen „CRISPR“ schlugen die Phagenforscher<br />
Francisco Mojica und Ruud<br />
Jansen im Jahr 2001 vor, als sie nach weiteren<br />
unterbrochenen palindromischen<br />
Wiederholungen in Gensequenzen<br />
suchten, wie sie bei zahlreichen Phagen<br />
bereits entdeckt worden waren. Der eingegliederte<br />
DNA-Teil dient den Bakterien<br />
zur Wiedererkennung: Sobald es Viren<br />
mit dieser DNA erneut angreifen, identifizierten<br />
die Bakterienzellen diese DNA<br />
und können so Strategien zum Schutz<br />
entwickeln. Zu diesem Zweck gesellt sich<br />
zur CRISPR-DNA ein weiteres Enzym, ein<br />
so genanntes „Cas“ („CRISPR-associated“)<br />
– Protein Mit diesem lässt sich die<br />
erkannte Gensequenz aufschneiden und<br />
damit der Virus unschädlich machen. Von<br />
solchen Cas-Proteinen hat Mutter Natur<br />
eine ganze Reihe entwickelt, mit jeweils<br />
sehr verschiedenen Graden von Effizienz,<br />
wenn es darum geht, den Genstrang<br />
aufzutrennen. Als besonders nützlich hat<br />
sich eine Version erwiesen, die als „Cas9“<br />
bezeichnet wird.<br />
Um das Jahr 2012 herum erkannten<br />
die Geningenieure, dass sich der zusammengesetzte<br />
CRISPR/Cas9-Komplex<br />
auch jenseits der Bakterienwelt sehr<br />
gut zum Zwecke der Manipulation von<br />
Genen (etwas harmloser auch als „Editieren“<br />
von Genen bezeichnet) eignet.<br />
Dabei funktioniert er wie Legobaustein-<br />
Finder und Schere zugleich: Man stattet<br />
ihn einfach mit einer Sequenz aus, die<br />
genau komplementär zu der gewünschten<br />
DNA-Zielsequenz ist, woraufhin der<br />
Enzymkomplex die gewünschte Zielsequenz<br />
in der DNA findet und genau<br />
dort aufschneidet. Damit lässt sich an<br />
dieser Stelle eine beliebige gewünschte<br />
Gensequenz einbauen oder eine andere<br />
ersatzlos entfernen. Diese Methode lässt<br />
sich so bei nahezu allen Lebewesen zum<br />
schnellen und genauen Schneiden und<br />
Spleissen ihrer DNA einsetzen, bei Pflanzen,<br />
Tieren, Bakterien sowie zuletzt auch<br />
beim Menschen. Innerhalb von kürzester<br />
Zeit hat CRISPR die Biologie transformiert<br />
und ganz neue Wege zur Behandlung von<br />
Krankheiten eröffnet.<br />
Nun ist in den letzten Monaten auch<br />
in der populären Presse sehr viel geschrieben<br />
worden zu CRISPR, oft verknüpft mit<br />
der Sorge, dass die Gentechnologie mit<br />
dieser Technologie einen mächtigen<br />
Hebel erhält, der ihre Möglichkeiten wie<br />
Probleme noch einmal enorm vergrö-<br />
WIR SEHEN DIE<br />
ZUKUNFT VORHER,<br />
WEIL WIR SIE ERFINDEN.<br />
DREIHUNDERTFÜNFUNDSECHZIG.<br />
PREISTRÄGER<br />
2014<br />
Ehrenplakette<br />
2017