PT-Magazin 03 2019
Offizielles Magazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung, Regiotop, German Mittelstand, Plattform-Ökonomie, Geschäftsgeheimniss, KIA Stinger 3.3, Viraler Wandel,
Offizielles Magazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung, Regiotop, German Mittelstand, Plattform-Ökonomie, Geschäftsgeheimniss, KIA Stinger 3.3, Viraler Wandel,
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Expertengespräch zu Friktionen zwischen<br />
der Basis, Berlin und Brüssel<br />
<strong>PT</strong>-<strong>Magazin</strong>: Welche weiteren Themen<br />
haben Sie durch Ihren Verband besetzt?<br />
Wegerich: Unser Interessenverband war<br />
einziger KMU-Vertreter aus Deutschland<br />
auf einem Expertenhearing der<br />
EU-Kommission zu Erleichterungen und<br />
Ausnahmen für KMUs von der Marktmissbrauchsverordnung.<br />
Ohne unseren<br />
Verband hätte niemand aus Deutschland<br />
in Brüssel hier Stellung bezogen. Wir<br />
haben uns zudem in mehreren Konsultationen<br />
der EU-Kommission für Erleichterungen<br />
für KMUs von der Marktmissbrauchsverordnung<br />
eingesetzt. Unser<br />
Interessenverband hat auch eine Stellungnahme<br />
in Brüssel zum sogenannten<br />
„EU-Wachstumsprospekt“, dem neuen<br />
Prospektformat für KMUs, abgegeben<br />
– in der hundertseitigen englischsprachigen<br />
Konsultation der Europäischen<br />
Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde<br />
(ESMA) wurde u. a. diskutiert, dass Mittelständler<br />
zukünftig nur nach IFRS und<br />
nicht mehr nach HGB bilanzieren sollen.<br />
Hiergegen haben wir uns mit Nachdruck<br />
ausgesprochen. Diese Regelung konnten<br />
wir verhindern.<br />
<strong>PT</strong>-<strong>Magazin</strong>: Sind das die Themen, die<br />
den kapitalmarktorientierten Mittelstand<br />
bewegen?<br />
Wegerich: So ist es. Genau aus diesem<br />
Grund haben wir den Interessenverband<br />
gegründet. Was in Berlin und Brüssel passiert,<br />
hat der kapitalmarktorientierte Mittelstand<br />
nicht immer im Blick; die Mittelständler<br />
konzentrieren sich lieber auf ihr<br />
Tagesgeschäft. Von daher ist es wichtig,<br />
dass die Interessen der KMUs gesammelt<br />
und über eine Interessenvertretung kommuniziert<br />
werden. Durch unseren Verband<br />
erhalten die KMUs eine Plattform<br />
und eine Stimme. Aktuell beteiligen wir<br />
uns an einer Konsultation des Bundesministeriums<br />
der Finanzen zu den Auswirkungen<br />
der MiFID. Wir werden hier insbesondere<br />
auf die Research-Problematik<br />
für KMUs hinweisen. Insbesondere kleine<br />
und mittlere Unternehmen treffen die<br />
MiFID-Regelungen zum Research besonders<br />
hart. Das Ökosystem Börse ist hier<br />
für die KMUs gefährdet.<br />
<strong>PT</strong>-<strong>Magazin</strong>: Sie erwähnten zuvor, dass die<br />
MiFiD-Regeln auch die Anlageberatung<br />
und Anleger treffen. Welche Herausforderungen<br />
sehen Sie hier?<br />
Friedrich: Viele Investoren und Anleger<br />
verlangen eine Beratung zu alternativen<br />
Investmentmöglichkeiten. Kein Wunder,<br />
denn die Zinsen für Sparbücher, Festgelder,<br />
Bundesanleihen oder große Industrieanleihen<br />
decken nicht mal die Inflationsrate.<br />
Im vergangenen Jahr haben<br />
nach den jüngsten Analysen deutsche<br />
Anleger rund 38 Mrd. Euro verloren, weil<br />
sie das Geld auf Spar- und Termingeldkonten<br />
anlegen und Alternativen nicht<br />
mehr angeboten werden können. Die<br />
aktuellen Vorschriften für die Anlageberatung<br />
müssen daher dringend angepasst<br />
werden. Dem Anlageberater muss<br />
es wieder möglich gemacht werden als<br />
„Arzt fürs Portemonnaie“ tätig zu sein. Die<br />
Anlageberatung ist durch den Verbraucherschutz<br />
zu einem Verhör mutiert, dessen<br />
Sinn sich weder dem Anleger noch<br />
dem Berater erschließt. Es besteht der<br />
dringende Bedarf, dass der Anlageberater<br />
wieder als Lotse tätig werden darf<br />
und eine Anlageberatung zu Aktien und<br />
Anleihen – auch von mittelständischen<br />
Unternehmen - durchführen kann.<br />
<strong>PT</strong>-<strong>Magazin</strong>: Wie ist denn Resonanz Ihre<br />
Arbeit bei den mittelständischen Unternehmen<br />
und anderen Kapitalmarkteilnehmern?<br />
Wegerich: Wir haben großen Zuspruch.<br />
Mitglieder sind KMUs, Dienstleister,<br />
Finanzinstitute und Medien. Wir konnten<br />
die Mitgliederzahl seit unserer Gründung<br />
verdoppeln.<br />
Friedrich: Auf der einen Seite benötigen<br />
mittelständische Unternehmen dringend<br />
einen Fürsprecher in der Politik, wenn es<br />
um das Regelwerk zum Eintritt in den<br />
Kapitalmarkt geht. Auf der anderen Seite<br />
fordern emissionsbegleitende Banken,<br />
Börsenplätze, Investoren und Anleger ein<br />
Regelwerk, das in der Praxis umsetzbar<br />
ist und dazu beiträgt, dass Finanzierungsmittel<br />
den Mittelstand erreichen. Der Verband<br />
leistet hier einen wichtigen Beitrag<br />
und das mit vielen ehrenamtlichen Mitstreitern.<br />
Was macht Kapitalmarkt-KMU?<br />
Der am 30. August 2017 gegründete Interessenverband<br />
kapitalmarktorientierter<br />
kleiner und mittlerer Unternehmen<br />
e.V. mit Sitz in Frankfurt am Main setzt<br />
sich für die Verbesserung der maßgeblichen<br />
Rahmenbedingungen für kleinere<br />
und mittlere Unternehmen bei der Kapitalmarktfinanzierung<br />
ein und tritt aktiv<br />
für die Belange des kapitalmarktorientierten<br />
Mittelstandes im Dialog mit der<br />
Politik, den Gesetzgebungsorganen, den<br />
Aufsichtsbehörden, den Institutionen des<br />
Kapitalmarkts, den Interessenverbänden<br />
und der Öffentlichkeit ein. Mitglieder sind<br />
KMUs, Dienstleister, Finanzinstitute und<br />
Medien. Internet:<br />
http://www.kapitalmarkt-kmu.de/<br />
Die Gesprächspartner<br />
Ingo Wegerich ist Rechtsanwalt und Partner<br />
der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft<br />
und spezialisiert auf Kapitalmarktrecht.<br />
Wegerich ist Präsident des Interessenverbandes<br />
kapitalmarktorientierter kleiner<br />
und mittlerer Unternehmen e.V. (KMU<br />
Verband)<br />
Hans-Jürgen Friedrich ist Gründer und Vorstandsvorsitzender<br />
der KFM Deutsche Mittelstand<br />
AG. Der von ihm initiierte Deutsche<br />
Mittelstandsanleihen Fonds wurde in<br />
2018 als Hidden Champion Fonds ausgezeichnet.<br />
Er unterstützt ehrenamtlich als<br />
Vorstandsmitglied den KMU Verband.<br />
<strong>PT</strong>-<strong>Magazin</strong>: Wie geht es mit dem Verband<br />
weiter? Was sind zukünftige Themen?<br />
Wegerich: Wir haben einen Journalistenpreis<br />
für kapitalmarktorientierte Mittelstandsthemen<br />
ins Leben gerufen, den<br />
sogenannten „kumU“. Hierdurch wollen<br />
wir erreichen, dass Themen um KMUs<br />
und Kapitalmarkt wieder stärker in den<br />
Fokus rücken. Außerdem werden wir in<br />
verschiedenen Regionen Deutschlands<br />
Informations-Veranstaltungen zu dem<br />
Thema „Finanzierung über den Kapitalmarkt“<br />
durchführen. Wir wollen interessierten<br />
Unternehmen Hilfestellung<br />
liefern und Alternativen zu den Konsequenzen<br />
von Basel IV aufzeigen. Bankfinanzierungen<br />
werden zukünftig schwieriger<br />
werden – der Kapitalmarkt ist hier<br />
eine willkommene Alternative.<br />
<strong>PT</strong>-<strong>Magazin</strong>: Herr Wegerich, Herr Friedrich,<br />
wir danken Ihnen für das Gespräch und<br />
wünschen Ihnen und dem Verband viel<br />
Erfolg für die weitere Entwicklung. ó<br />
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<strong>PT</strong>-MAGAZIN 3/<strong>2019</strong><br />
Wirtschaft