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Beelitzer Nachrichten - Mai 2019

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Seite 38<br />

Wie weit reicht das Weisungsrecht des Arbeitgebers?<br />

RATGEBER<br />

In Arbeitsverhältnissen ist es mitunter<br />

unklar, welche Weisung ein Vorgesetzter<br />

oder Chef erteilen darf und welche<br />

nicht befolgt werden muss. Zu Irritationen<br />

kommt es, wenn ein Mitarbeiter<br />

nach jahrzehntelanger Arbeitstätigkeit<br />

plötzlich angewiesen wird eine ganz<br />

andere neue Arbeit zu verrichten. So<br />

wehrte sich eine Küchenhilfe vorm Arbeitsgericht<br />

dagegen, dass sie nach 10-<br />

jähriger Tätigkeit des Kaffeekochens<br />

von nun an auch für das Gemüseputzen<br />

und -schneiden zuständig sein sollte. Sie<br />

meint, dass sich nach einer so langen<br />

Zeit ihr Arbeitsverhältnis auf das Kaffeekochen<br />

sozusagen konkretisiert hat,<br />

so dass sie nicht mehr verpflichtet werden<br />

kann etwas anderes zu arbeiten. Diese<br />

Meinung beruht auf einem der größten<br />

Irrtümer im Arbeitsrecht. Das Weisungsrecht<br />

nach § 106 Gewerbeordnung<br />

besagt, dass allein der Arbeitgeber den<br />

Inhalt der Arbeitsleistung näher bestimmen<br />

darf. Ihm soll so die Möglichkeit<br />

gegeben werden, dass er nach den betrieblichen<br />

Abläufen die Arbeitsaufgaben<br />

einteilen kann. Der Gesetzgeber<br />

wollte, dass das Arbeitsverhältnis bis<br />

zum Eintritt ins Rentenalter flexibel gestaltet<br />

werden kann, damit es nicht frühzeitig<br />

durch eine Kündigung beendet<br />

werden muss. Mit der vereinbarten Berufsbezeichnung<br />

Küchenhilfe hat sie<br />

sich verpflichtet sämtliche Arbeiten in<br />

der Küche zu verrichten, wozu auch das<br />

Putzen und Schneiden des Gemüses gehört.<br />

Bei einer Weisung muss aber auch<br />

auf die persönlichen Belange des Mitarbeiters<br />

ausreichend Rücksicht genommen<br />

werden. Wäre die Küchenhilfe aufgrund<br />

einer körperlichen Einschränkung<br />

nicht in der Lage das Gemüse zu schneiden,<br />

müsste der Vorgesetzte dies berücksichtigen.<br />

Auch wenn ihr mündlich oder<br />

schriftlich im Arbeitsvertrag verbindlich<br />

zugesagt worden wäre, dass sie zukünftig<br />

ausschließlich nur noch als Kaffeekocherin<br />

eingesetzt werden wird, läge ein<br />

Umstand vor, der es nicht erlauben würde,<br />

ihr die Arbeit des Gemüseputzens<br />

und -schneidens zuzuweisen.Ein Nachschlagewerk<br />

zur Wirksamkeit von Weisungen:<br />

Das Weisungsrecht der Arbeitgeber<br />

von Dietlinde-Bettina Peters,<br />

C.H.Beck (Verlag).<br />

Bei Fragen zum Arbeitsrecht berate ich<br />

Sie gern. Rechtsanwältin Diana Konopka-Körner,<br />

Fachanwältin für Familienrecht,<br />

Brücker Str. 129 in 14547 Beelitz,<br />

033204 616 383<br />

Rund um den 20. März dieses Jahres<br />

schien die Welt um die Mittelmarker<br />

Waldgemeinden noch in Ordnung. Bis<br />

die Post kam und einigen Fichtenwalder<br />

Grundstückseigentümer*innen<br />

Briefe des Landesforstbetriebes Brandenburg<br />

überreichte. Aus diesen ging<br />

hervor, dass auf ihren Wohngrundstücken<br />

am Waldrand und auch in den<br />

Wäldern darum herum die Massenvermehrung<br />

eines Kiefernschädlings, der<br />

sogenannten Nonne, ein Nachtfalter, zu<br />

erwarten sei.<br />

Deshalb, so das Schreiben, werde ab<br />

Anfang <strong>Mai</strong> <strong>2019</strong> die Besprühung großer<br />

Waldgebiete, allein im Bereich der<br />

Oberförsterei Potsdam sind bis zu<br />

36.000.000 m² betroffen, per Helikopter<br />

aus der Luft erfolgen. Auf die Kiefern<br />

aufgebracht werden soll das Kontakt-Totalinsektizid<br />

Karate Forst flüssig.<br />

Totalinsektizid bedeutet: nicht nur<br />

die Zielobjekte, die Nonnenraupen,<br />

werden getötet, sondern gleich auch<br />

alle Insektennützlinge und Fressfeinde<br />

der Nonne. Infolgedessen verhungern<br />

Vögel und Fledermäuse und deren Brut<br />

mangels Insektennahrung.<br />

Der in Karate Forst flüssig enthaltene<br />

Wirkstoff Lambda-Cyhalothrin gehört<br />

zu den synthetischen Pyrethroiden. Ein<br />

Blick in die Produktinformation des<br />

Hersteller Syngenta verrät, dass das<br />

Mittel u.a.<br />

gesundheitsschädlich bei Verschlucken<br />

ist, allergische Hautreaktionen, beim<br />

Einatmen Allergie, asthmaartige Symptome<br />

oder Atembeschwerden verursachen<br />

kann. Es sehr giftig für Wasserorganismen,<br />

mit langfristiger Wirkung<br />

ist. Giftig für Algen, für Fische und<br />

Fischnährtiere sowie schädigend für<br />

Populationen u.a. der Schwebfliege und<br />

des Siebenpunkt-Marienkäfer. Bei<br />

Was macht die Nonne in der Kiefer?<br />

Exposition soll sofort das GIFTINFOR-<br />

MATIONSZENTRUM/der Arzt angerufen<br />

werden.<br />

Das Mittel soll unter anderem im Wald<br />

zwischen Borkheide, Borkwalde und<br />

Fichtenwalde auf die Kiefern aufgebracht<br />

werden. Der Wald darf dann für<br />

48 Stunden nicht betreten werden und<br />

Beeren Pilze, Kräuter etc. sollten mehrere<br />

Wochen nach der Aufbringung<br />

nicht verzehrt werden.<br />

Nur wie sperrt man ein solch großes<br />

Waldgebiet ab? Wie stellt die Forstbehörde<br />

sicher, dass sich wirklich niemand<br />

im Wald aufhält während der<br />

Helikopter das Gift verspüht? Wie will<br />

der Landesbetrieb Forst die Bevölkerung<br />

vorher umfassend informieren?<br />

Und gibt es Alternativen? Biologisch<br />

selektiv wirkende Mittel? Ist der Wald<br />

durch die anhaltende Trockenheit überhaupt<br />

zukünftig noch resistent genug<br />

oder heißt das, dass alle 1-2 Jahre ein<br />

Insektizideinsatz erfolgen muss, um die<br />

Bäume noch möglichst lange (bis zu<br />

deren „Ernte“?) zu erhalten?<br />

Das hört sich alles nicht gut an, dachten<br />

einige Fichtenwalder*innen und trafen<br />

sich Anfang April <strong>2019</strong> um das vom<br />

Landesforstbetrieb Brandenburg Geplante<br />

zu besprechen. Da sich nicht alle<br />

Fragen ohne die Beteiligten beantworten<br />

ließen, organisierten wir zum 12.<br />

April im Fichtenwalder Bürgersaal eine<br />

Informationsveranstaltung zu der sich<br />

u.a. der „Forst“ und Naturschutzverbände<br />

den Fragen der Bürger*innen<br />

stellten. Der Bürgersaal quoll über vor<br />

interessierten Anwohnern.<br />

Der Landesbetrieb Forst schilderte dort<br />

ausführlich das durch ein laufendes<br />

Monitoring überwachte Schädlingsverhalten<br />

und begründete den Einsatz von<br />

Karate Forst als „letztes Mittel“ wegen<br />

des zu befürchteten völligen Kahlfraßes<br />

der Kiefernnadeln. Dies wolle man<br />

verhindern und dies sei auch das Interesse<br />

und eine Forderung des überwiegenden<br />

Teils der Waldeigentümer*innen<br />

(Private, Kommune, Kirche),<br />

die den Einsatz bezahlen müssten.<br />

Die Bevölkerung würde, wenn die genauen<br />

Befliegungsgebiete feststünden,<br />

2 Tage vorher über einen Aushang im<br />

Infoschaukasten der Gemeinde und auf<br />

der Homepage des Landesbetriebes<br />

Forst informiert. Damit wäre den gesetzlichen<br />

Erfordernissen Genüge getan.<br />

Der Bürger sei verpflichtet sich<br />

regelmäßig zu informieren. Man käme<br />

den Bürgern aber insoweit entgegen,<br />

dass die Besprühungsabstände zur<br />

Wohnbebauung von 25m auf 125m<br />

hochgesetzt würden.<br />

Auch bei der am 26. April <strong>2019</strong> in<br />

Fichtenwalde veranstalteten Demo, bei<br />

der sich auch der RBB Brandenburg<br />

Aktuell mit dem Blauen Robur vor Ort<br />

einfand, wurde klar, dass sich die Interessenkonflikte<br />

nicht beheben liessen<br />

und die anwesende Bevölkerung keineswegs<br />

einverstanden mit der geplanten<br />

Maßnahme ist.<br />

Bei den Informierten blieben große<br />

Zweifel an der Angemessenheit der<br />

geplanten Behandlungsaktion. Niemand<br />

konnte uns genau sagen, wie<br />

groß der Schaden durch Nonne an den<br />

Kiefern wirklich sein würde, niemand<br />

vorhersagen, wie sich das Wetter/ Klima<br />

in den kommenden Monaten entwickeln<br />

würde. Ein erneuter Dürresommer<br />

wie 2018 würde den schon geschwächten<br />

Bäumen schwer zusetzen,<br />

dann wäre die Nonne nur „das kleinste<br />

Problem“, so die Forstverwaltung.<br />

Auch besteht Besorgnis wegen

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