Quality Engineering 02.2019
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02.19<br />
Interview | Start-up Iconpro plädiert für KI in der Qualitätssicherung<br />
Control | Alle Trends der Messe im Überblick<br />
Anwendung | VW optimiert Reibungsverhalten mit optischer Messtechnik<br />
TITELTHEMA<br />
50 Prozent schnellere Messergebnisse<br />
5-Achsen-Technologien von Renishaw im Einsatz bei Luftfahrt-Zulieferer<br />
QS in der additiven Fertigung<br />
Alle Themen des Events von <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong><br />
in Kooperation mit dem Fraunhofer IPA<br />
im großen Sonderteil<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 1
Industrie<br />
Das Kompetenznetzwerk der Industrie<br />
<br />
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24. Oktober 2019<br />
Parkhotel Stuttgart<br />
Messe-Airport<br />
Oberflächenmesstechnik 4.0<br />
für die Metallverarbeitung –<br />
neue Ansätze und Technologien<br />
Die Verlagerung von Messtechnik an oder in die<br />
Produktionslinie erfordert zunehmend optische<br />
Messtechnik und Automatisierung.<br />
Das 6. QUALITY ENGINEERING InnovationsForum 2019<br />
beleuchtet die verschiedenen Entwicklungen in der<br />
Oberflächenmesstechnik – vom Messraum bis hin zur<br />
Inline-Lösung.<br />
Jetzt Partner<br />
werden!<br />
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an die Oberflächenmesstechnik – und welche sind neu?<br />
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2 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
Ansichten ::<br />
Zukunft und<br />
Gegenwart im Blick<br />
QS-Verantwortliche<br />
sollten sich frühzeitig<br />
mit KI und 3D-Druck<br />
beschäftigen<br />
Markus Strehlitz, Redaktion<br />
qe.redaktion@konradin.de<br />
Was bringt Künstliche Intelligenz in der Qualitätssicherung?<br />
Sehr viel, glaubt Iconpro-Geschäftsführer Markus Ohlenforst.<br />
Er will mit seinem Startup die Möglichkeiten von KI<br />
für die Qualitätskontrolle nutzen und weiterentwickeln, wie<br />
er im Interview auf Seite 12 berichtet.<br />
Es gibt Experten, welche den Einsatz von KI kritischer sehen.<br />
Dazu gehört zum Beispiel Lutz Krämer, Bereichsleiter Produkte<br />
beim CAQ-Anbieter Babtec. Seiner Meinung nach<br />
rechtfertigt der Nutzen häufig nicht den Aufwand, der beim<br />
Aufbau selbstlernender Systeme einberechnet werden<br />
muss. Er sieht KI daher in der Qualitätssicherung vor allem<br />
als Hype-Begriff.<br />
Trotzdem beschäftigt sich auch Babtec mit dem Thema –<br />
ebenso wie viele andere Anbieter von Software, Messtechnik<br />
oder optischen Systemen. Alle versuchen gerade herauszufinden,<br />
was KI für ihre Technologie bringen könnte.<br />
Auch der 3D-Druck steht noch am Anfang – zumindest<br />
wenn es um den Einsatz in der Fertigung geht. Trotzdem<br />
haben auch diese Technologie viele Unternehmen auf ihrer<br />
Agenda. Die Anbieter von QS-Technik setzen sich mit den<br />
Herausforderungen auseinander, welche die additive Fertigung<br />
für die Qualitätskontrolle bereit hält. Und sie arbeiten<br />
an entsprechenden Lösungen.<br />
KI und additive Fertigung (ab Seite 30) sind auch Schwerpunkte<br />
dieser Ausgabe. Denn wer für die Qualitätskontrolle<br />
im Unternehmen zuständig ist, sollte sich frühzeitig damit<br />
beschäftigen, was auf ihn zukommt – selbst wenn Machine<br />
Learning oder Bauteile aus dem 3D-Drucker noch weit weg<br />
erscheinen.<br />
So werden uns diese Themen auch in den kommenden Ausgaben<br />
begleiten – neben den Brot-Butter-Themen wie Koordinatenmesstechnik<br />
oder FMEA. Denn die QE hat sowohl<br />
die Zukunft als auch die Gegenwart im Blick.<br />
Ein Unternehmen von <strong>Quality</strong> Vision International<br />
Der größte optische Multisensorkonzern der Welt<br />
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<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 3
:: Inhalt<br />
▶ So unterschiedlich wie<br />
die E-Fahrzeuge sind auch die Batteriekonzepte<br />
– das fordert die Prüftechnik<br />
heraus<br />
▼ Mit seinem 5-Achsen-Schaltkopf<br />
PH20 bringt Renishaw die Prüfung<br />
von Turbinenschaufeln in Schwung<br />
20<br />
48<br />
Management<br />
06 Rückblick auf die Control<br />
Die Zukunft ist inline<br />
und vernetzt<br />
11 Personal & Karriere<br />
Neue Technologien erfordern<br />
überlegtere Personalpolitik<br />
12 Interview mit Iconpro<br />
„Künstliche Intelligenz ist<br />
schneller und zuverlässiger“<br />
15 Eine Redaktion – zwei Meinungen<br />
Künstliche Intelligenz –<br />
very smart oder ganz schön doof?<br />
16 Dakks-Kalibrierungen<br />
Ahlborn erweitert mit neuem Labor<br />
sein Angebot deutlich<br />
18 CAQ-Software<br />
Digitale Vernetzung steigert Effizienz<br />
des Qualitätsmanagements<br />
Titelthema<br />
20 Koordinatenmesstechnik<br />
5-Achsen-Technologie von Renishaw im<br />
Einsatz bei Luftfahrt-Zulieferer<br />
QS in der<br />
additiven Fertigung<br />
26 Rückblick auf QE Event 2019<br />
3D-Druck kämpft mit vielen Einflussfaktoren<br />
auf die Qualität<br />
30 Keynote<br />
Hachtel setzt auf zerstörungsfreie<br />
Prüfungen mit Computertomographie<br />
32 Prozesskette<br />
Maschinelles Lernen und Sehen sorgt<br />
für zugesicherte Eigenschaften<br />
34 Kunststoffpulver<br />
Extrinsische Eigenschaften geben<br />
letztlich den Ausschlag<br />
36 Inline-Qualitätssicherung<br />
Automatisierte Anlage für hybride<br />
Prozesskette mit Inline-Messtechnik<br />
38 Haftungsrecht<br />
Die Risiken im rechtlichen Dschungel<br />
im Blick behalten<br />
40 Standardisierung<br />
DIN SPEC 17071 definiert einheitliche<br />
Anforderungen für 3D-Druck<br />
42 Computertomographie I<br />
Bauteile aus Kunststoff<br />
perfekt durchleuchtet<br />
44 Computertomographie II<br />
Der strukturellen Integrität von<br />
Bauteilen aus Metall auf der Spur<br />
Automobil<br />
46 Oberflächenanalyse<br />
3D-Messtechnik optimiert Reibung bei<br />
VW-Motoren<br />
48 Batteriefertigung<br />
Optisches System sieht Fehler in<br />
feinsten Schweißnähten<br />
50 Schweißpunktprüfung<br />
Kombination aus Ultraschall und<br />
Bildgebung arbeitet smart<br />
4 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
12<br />
◀ Mit seinem Startup Iconpro<br />
setzt Markus Ohlenforst<br />
voll auf KI – etwa für die kognitive<br />
Qualitätskontrolle<br />
▼ Volles Haus: Das Forum<br />
zur QS in der additiven<br />
Fertigung lockte wieder viele<br />
Besucher ins Fraunhofer IPA<br />
Durch Innovation<br />
immer einen Schritt<br />
voraus<br />
26<br />
TomoScope ® XS Plus<br />
Mehr Messvolumen und Auflösung<br />
auf kleinem Raum<br />
TomoScope ® FQ<br />
Schnelle Inline-Messung<br />
WinWerth ® FormCorrect<br />
Fertigungsprozesse perfektionieren<br />
WinWerth ® TomoAssist<br />
Tomografieren leicht gemacht<br />
Elektronik<br />
56 Zerstörungsfreie Tests<br />
Display-Fingerabdruck erstellt sichere<br />
Dokumentation<br />
WinWerth ® 9 unter Windows 10<br />
Multisensorik virtuos nutzen<br />
58 Bauteilfälschungen<br />
Counterfeit-Screening deckt<br />
Manipulationen und Fehler auf<br />
Technik<br />
60 Oberflächenprüfungen<br />
Software für die selbstlernende<br />
Defekterkennung<br />
62 News und Produkte<br />
<strong>Quality</strong> World<br />
66 Drucktransmitter<br />
Sensoren im All im Einsatz auf der<br />
Raumstation ISS<br />
67 Firmenindex<br />
67 Impressum<br />
Vollautomatisierte Werkzeugkorrektur<br />
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<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 5
:: Management<br />
Mit mehr als 27.000<br />
Besuchern und 871 Ausstellern<br />
aus 33 Ländern<br />
verzeichnete die Control<br />
auch in diesem Jahr<br />
wieder ein volles Haus<br />
Bild: Schall<br />
Trends der Control 2019<br />
Die Zukunft ist inline und vernetzt<br />
Die Control 2019 machte deutlich: Die Qualitätssicherung verlagert sich weiter in die Fertigung.<br />
Dafür müssen sich die Lösungen stärker mit anderen Systemen verknüpfen – was auch auf die<br />
Software zutrifft. Zudem setzt die optische Messtechnik ihren Siegeszug unbeirrt fort. Und die<br />
Computertomographie gewinnt an Bedeutung.<br />
Die Autoren<br />
Sabine Koll<br />
Markus Strehlitz<br />
Redaktion<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong><br />
Insgesamt weniger, dafür aber mehr Besucher<br />
aus dem Ausland verzeichnete die<br />
Messe Control in diesem Jahr: Mit 27.252<br />
Besuchern und 871 Ausstellern aus 33 Ländern<br />
ist die Fachmesse für Qualitätssicherung<br />
in Stuttgart Anfang Mai über die Bühne<br />
gegangen. Dabei lag die Zahl der Messebesucher<br />
leicht unter dem Wert des Vorjahres.<br />
Allerdings ist die Internationalität der<br />
Besucher erneut gestiegen: 33 % kamen aus<br />
dem Ausland. 2018 waren es nur 29 %.<br />
„Die Control ist Tempomacher in Sachen<br />
Qualitätssicherung und will den Fachbesuchern<br />
alles Erforderliche an die Hand geben,<br />
um die Null-Fehler-Produktion umzusetzen“,<br />
sagte Bettina Schall, Geschäftsführerin<br />
des Messeveranstalters P. E. Schall, auf<br />
der Pressekonferenz am ersten Messetag.<br />
Das große Thema auf der Control war für<br />
Schall die Digitalisierung. Hier übernehme<br />
die Qualitätssicherung und mit ihr die Control<br />
eine wichtige Rolle. „Die Aussteller der<br />
Fachmesse zeigen, wie die Fertigung mithilfe<br />
digitaler und vernetzter QS-Systeme fehlerfrei<br />
ablaufen kann“, so Schall.<br />
Im Zuge der Digitalisierung der Qualitätsprüfung<br />
beobachtet Richard Söhnchen,<br />
Geschäftsführender Gesellschafter der Autision<br />
Group, drei Entwicklungen: So werde<br />
die taktile Messtechnik zunehmend durch<br />
die optische ersetzt, wie die Anzahl an Ausstellern<br />
aus diesem Bereich zeige. Hinzu<br />
komme die zunehmende Verzahnung von<br />
Forschung und Praxis – ein Thema, das die<br />
Fachmesse immer wieder aufgreife.<br />
Immer im Vordergrund bei alledem stehe<br />
der Mensch, der bei fortschreitender Digitalisierung<br />
mitgenommen werden müsse.<br />
6 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
Aber: „Es ist nicht mehr hauptsächlich der<br />
Mensch, der die Entscheidung über die Qualität<br />
trifft, das übernimmt die Maschine“,<br />
sagte Söhnchen auf der Eröffnungspressekonferenz.<br />
Der Blick liege dabei immer auf der Verbesserung<br />
von Fertigungsprozessen. Um<br />
diese zu erreichen, ist eine unternehmensübergreifende<br />
Vernetzung aller Systeme essenziell,<br />
denn dadurch können Daten erfasst<br />
und zielgerichtet bereitgestellt werden.<br />
„Mit der Vernetzung einzelner Systeme<br />
zu einem Gesamtsystem werden Stammund<br />
Auftragsdaten zielgerichtet für die Produktions-<br />
und Qualitätssteuerung genutzt“,<br />
erklärte Professor Norbert Böhme, Geschäftsführender<br />
Gesellschafter von Böhme<br />
& Weihs.<br />
Daten müssen durchgängig<br />
bearbeitet werden<br />
Gerade bei den Softwerkern zeigt sich der<br />
Trend zur Vernetzung sehr deutlich. Während<br />
sich viele Anbieter in den vergangenen<br />
Jahren darauf konzentrierten, die Funktionen<br />
ihrer Lösungen zu erweitern, rückt nun<br />
die Verknüpfung mit anderen Systemen in<br />
den Mittelpunkt.<br />
So gibt es nach Meinung von Siegfried<br />
Schmalz, der die Geschäfte von iqs leitet, einen<br />
erhöhten Bedarf an Schnittstellen zwischen<br />
CAQ- und MES-Systemen. Durch die<br />
Verlagerung der Qualitätssicherung in die<br />
Fertigung sei es wichtig, dass Daten durch-<br />
Videos live vor Ort<br />
Das Kamerateam der QE war auch in den Control-<br />
Hallen unterwegs. An den Ständen von Ausstellern<br />
wie zum Beispiel API und Plato wurden kurze Videos<br />
gedreht, in denen die Firmen sich und ihre Technologien<br />
vorstellen.<br />
gängig bearbeitet werden können. „Wenn<br />
MES- und CAQ-Systeme intelligent vernetzt<br />
werden, entstehen neue, komplexere Kommunikationsstandards,<br />
die einen plattformübergreifenden<br />
Austausch von Informationen<br />
ermöglichen“, sagt Schmalz. Die großen<br />
Mengen an Prüf- und Messdaten zu verarbeiten,<br />
die durch den verstärkten Einsatz<br />
von Sensoren entstehen werden, sieht er allerdings<br />
auch als Herausforderung für die<br />
Zukunft.<br />
Die Verknüpfung mit anderen Systemen<br />
ist auch großes Thema für die Babtec. Dabei<br />
hat der Anbieter nicht nur die Vernetzung<br />
innerhalb der eigenen Firmenmauern im<br />
Sinn. Qualität entstehe nicht nur aus dem<br />
Zusammenspiel interner Qualitätsprozesse,<br />
sondern auch aus der Vernetzung zwischen<br />
Unternehmen, so Babtec-Geschäftsführer<br />
Michael Flunkert. Will heißen: Die verschiedenen<br />
Player der Lieferkette sollen in einem<br />
zentralen System zusammenarbeiten. So<br />
können unter anderem bestimmte Qualitätsaufgaben<br />
an den Lieferanten delegiert<br />
werden. Babtec hat dafür einen Cloud-Service<br />
mit dem Namen Qube.Spot entwickelt.<br />
„Durch die Verknüpfung von Aufgaben- und<br />
Maßnahmenmanagement mit Qube.Spot<br />
fördern wir die Zusammenarbeit unserer<br />
Kunden mit ihren Geschäftspartnern“, erklärt<br />
Flunkert. Die smarte Kommunikation<br />
über Spots ermögliche eine einfache sowie<br />
schnelle Informationsfindung. Im Idealfall<br />
könnten sich damit Reklamationen verhindern<br />
lassen. „Das verbessert nicht nur die<br />
Qualität der Produkte und Prozesse, sondern<br />
führt zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit<br />
aller Teilnehmer auf Augenhöhe.“<br />
Die Einbindung der Lieferkette sieht auch<br />
Plato als wichtiges Element einer Qualitätsmanagementstrategie.<br />
Die frühzeitige Vernetzung<br />
von interdisziplinären Teams, Qualitätsmethoden<br />
und der Lieferkette gewinne<br />
an Bedeutung, meint Plato-CEO Andreas<br />
Großmann. „So lassen sich Risiken identifizieren<br />
und managen, die Qualität verbessern,<br />
Kundenanforderungen erfüllen und<br />
Compliance erreichen.“<br />
Grundlage dafür ist laut Großmann<br />
ebenfalls eine zentrale und offene Plattform.<br />
Sein Unternehmen setzt dabei auf die<br />
webbasierte Plattform mit dem Namen<br />
e1ns, die auf der Control vorgestellt wurde.<br />
Diese deckt unter anderem Funktionen für<br />
das Qualitäts-, Product-Lifecycle- und Produktdatenmanagement<br />
sowie Computer-<br />
Aided-<strong>Engineering</strong> (CAE) ab. Plato spricht<br />
dabei auch von „New PLM“.<br />
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<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 7
:: Management<br />
Mit Plato e1ns können Firmen Mitarbeiter,<br />
Informationen, Tools und Methoden<br />
synchronisieren und den laufenden Innovationsfluss<br />
im Einklang mit Produktqualität<br />
und -sicherheit vorantreiben. Im Mittelpunkt<br />
steht das Systemmodell, das den Aufbau<br />
und das dynamische Verhalten der Systemelemente<br />
repräsentiert.<br />
tektur seines CAQ-Systems CASQ-it: Jeder,<br />
der Zugriff zum System haben möchte,<br />
muss sich sowohl authentifizieren als auch<br />
autorisieren. Kommunikation und Datenaustausch<br />
erfolgen laut Hersteller nach einem<br />
abgesicherten Regelwerk. Der Datenaustausch<br />
erfolgt immer als Ende-zu-Ende-<br />
Kommunikation zwischen Lieferant und<br />
die Linie vor. Es handelt sich um eine kompakte<br />
Portalmessmaschine, die wie die größere<br />
SF 87 ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis<br />
bei geringem Platzbedarf bietet.<br />
Hohe Verfahrgeschwindigkeiten und Beschleunigungen<br />
sorgen für einen hohen<br />
Messdurchsatz. Die SF 55 verfügt über eine<br />
passive Schwingungsdämpfung und kann<br />
optional mit einer aktiven Schwingungsisolation<br />
aufgerüstet werden. „Nach dem Erfolg<br />
unseres Koordinatenmessgeräts SF 87<br />
für den Shopfloor ist die kompaktere SF 55<br />
eine konsequente Ergänzung auf die Marktanforderungen<br />
im Werkstatteinsatz“, sagte<br />
Dr. Heike Wenzel, Geschäftsführerin der<br />
Wenzel Group.<br />
Optische Messtechnik auf der Überholspur<br />
Eng verknüpft mit dem Trend zum Messen<br />
auf dem Shopfloor ist der Siegeszug der optischen<br />
Messtechnik: Hexagon stellte auf<br />
der Control zum Beispiel das Positionierungssystem<br />
Lightrunner für automatisierte<br />
optische 3D-Messungen vor.<br />
Søren Arbs, Business Developement<br />
Director Automation<br />
bei Hexagon,<br />
vor dem Positionierungssystem<br />
Lightrunner, das<br />
automatisierte optische<br />
3D-Messungen ohne das<br />
zeitaufwändige Mappen<br />
bei der Bauteileinrichtung<br />
und -messung ermöglicht.<br />
Arbs sagt: „Anwender<br />
sparen Zeit beim<br />
Messen“ Bild: Uwe Böttger<br />
Werth-Geschäftsführer<br />
Ralf Christoph vor dem<br />
neuen Tomoscope XS<br />
Plus, einem kompakten<br />
Koordinatenmessgerät<br />
mit CT. Christoph betont:<br />
„Koordinatenmesstechnik<br />
mit Optik, Computertomografie<br />
und Multisensorik<br />
gewinnt weiter<br />
an Bedeutung“ Bild: Uwe<br />
Böttger<br />
Die Öffnung von Systemen macht diese<br />
allerdings verwundbar. So erhöht eine stärkere<br />
Vernetzung auch immer das Risiko von<br />
Angriffen von außen. Dieses zu minimieren<br />
hat sich Böhme & Weihs auf die Fahnen geschrieben.<br />
Die sichere Vernetzung von Qualitätsmanagementprozessen<br />
entlang der<br />
gesamten Wertschöpfungskette war eines<br />
der zentralen Themen auf dem Control-<br />
Stand des Software-Anbieters. Dort präsentierte<br />
er die mehrstufige Sicherheitsarchi-<br />
Kunde. „So ist sichergestellt, dass der Transfer<br />
niemals über Dritte erfolgt“, erklärt Böhme.<br />
Koordinatenmesstechnik goes Shopfloor<br />
Dass die Qualitätssicherung immer stärker<br />
in die Fertigung wandert, zeigte sich auch<br />
auf der Hardware-Seite. So stellte Wenzel<br />
mit der SF 55 ein zweites Shopfloor-Messgerät<br />
für die Automation und Integration in<br />
Es beschleunigt die Erfassung von Oberflächendaten,<br />
da die Mapping-Zeiten bei<br />
der Bauteileinrichtung und -messung entfallen.<br />
Hierbei muss traditionell durch Aufbringen<br />
von Markern jedes neue Bauteil zunächst<br />
referenziert werden, bevor die automatische<br />
Messung starten konnte. Lightrunner<br />
projiziert automatisch Millionen von<br />
Referenzpunkten auf die Oberfläche des<br />
Bauteils, um eine konstante absolute Positionierung<br />
für berührungslose optische<br />
8 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
erstmals seine umfangreiche Produktpalette.<br />
So gibt es von Zeiss Röntgenmikroskope<br />
der X-Ray Series für den Messraum – wenn<br />
eine hochauflösende Detailanalyse im Submikron-<br />
und Nanobereich gefordert ist.<br />
Geht es um das Messen und Analysieren<br />
ganzer Bauteile, erledigt der industrielle CT<br />
Metrotom die Aufgabe effizient mit nur einem<br />
Röntgenscan. Und für Anwendungen,<br />
in denen im Sekundentakt viele Teile zu prü-<br />
High-Speed-3D-Messsysteme zu gewährleisten.<br />
„Hersteller setzen bei der digitalen Umgestaltung<br />
ihrer Fertigung zunehmend auf<br />
vollautomatische optische 3D-Messsysteme“,<br />
erklärte Søren Arbs, Business Developement<br />
Director Automation bei Hexagon.<br />
„Sie erhalten damit einen tieferen Einblick<br />
in ihre Prozesse und nutzen ihre Investitionen<br />
für die Entwicklung von Verfahren, die<br />
die Produktivität steigern.“<br />
GOM hat zudem seine optische<br />
Präzisionsmessmaschine<br />
Atos Capsule um den Messbereich<br />
für Mikrobauteile erweitert.<br />
Die Messmaschine ist in<br />
zwei Varianten mit unterschiedlichen<br />
Detailstufen erhältlich<br />
und erfasst 8 oder 12 Millionen<br />
Punkte pro Messung. Damit<br />
können bei Mikrobauteilen<br />
Strukturen im Bereich von<br />
10 μm aufgelöst werden. Atos<br />
Capsule vereint bewährte Technologien<br />
wie die Blue Light<br />
Technology und das Triple Scan<br />
Prinzip mit einer Gehäusekonstruktion,<br />
die Staub- und Spritzwasserschutz<br />
für den industriellen<br />
Einsatz bietet.<br />
fen sind, etwa in der Produktion, gibt es von<br />
Zeiss gleich zwei Lösungen – je nachdem, ob<br />
eine 2D-Radiographie oder ein 3D-Verfahren<br />
gefragt ist. 3D-Datensätze generiert der<br />
vollautomatisierte CT Volumax. Bosello<br />
stellt zudem mehrere 2D-Radioskopie-Systeme<br />
zur Verfügung, die sich durch eine einfache<br />
Handhabung und einen großen Flexibilitätsgrad<br />
für spezifische Kundenteile auszeichnen.<br />
Usability<br />
Das richtige Werkzeug für jede Anwendung<br />
CT für Inline-Anwendungen<br />
Auch die Computertomographie<br />
(CT) ist kurz davor, zum<br />
Mainstream im Fertigungsumfeld<br />
zu werden: „Die CT steht für<br />
die Produktion noch ganz am<br />
Anfang, aber wird auch hier zunehmend<br />
interessant“, sagte<br />
Petra Schmidt, Leiterin des Bereichs<br />
X-Ray bei Zeiss Industrial<br />
<strong>Quality</strong> and Research.<br />
Die Preise für industrielle CTs<br />
reichen nach ihren Aussagen<br />
von 200.000 bis über 1 Million<br />
Euro. „Dabei werden die CTs immer<br />
intelligenter. Wir integrieren<br />
darin Machine Learning, so<br />
dass das Geräte entscheiden, ob<br />
es sich um einen Lunker handelt<br />
oder nicht“, so Schmidt. Im vergangenen<br />
Jahr hatte Zeiss den<br />
italienischen CT-Hersteller Bosello<br />
übernommen – mit der<br />
Ankündigung, gemeinsam den<br />
Bereich Inline-CT weiter ausbauen<br />
zu wollen. In diesem Jahr<br />
präsentierte das Unternehmen<br />
Passt immer: Kameras für alle Applikationen.<br />
Mit über 90 Modellen der CX-Serie haben Sie für jede Ihrer<br />
Applikationen immer das passende Werkzeug griffbereit: bis<br />
20 Megapixel und 891 Bilder/s, aktuellste Global oder Rolling<br />
Shutter Sensoren, vier Power-Ausgänge und optionales IP 65/67/69K<br />
Gehäuse-Zubehör.<br />
Erfahren Sie mehr:<br />
www.baumer.com/cameras/CX<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 9
:: Management<br />
Bereits im vergangenen Jahr hatte GOM<br />
einen ersten Blick auf sein erstes CT-Gerät<br />
erlaubt. Es wurde in diesem Jahr nun offiziell<br />
am Markt eingeführt. „Es gibt am<br />
Markt bereits andere CTs zur Prüfung von<br />
Bauteilen, doch diese erfüllen oft nicht die<br />
hohen messtechnischen Anforderungen industrieller<br />
Anwender in der Produktion und<br />
Qualitätssicherung“, betonte Dominik<br />
Stahl, Leiter der CT-Entwicklung bei GOM.<br />
„Mit dem GOM CT liefern wir nun die passende<br />
Antwort.“<br />
Das System punkte vor allem hinsichtlich<br />
Auflösung, Präzision und Nutzerfreundlichkeit:<br />
Ein kontraststarker 3k-Röntgendetektor<br />
erzeugt ein sehr feines Pixelraster (3008 x<br />
2512 Pixel) und legt damit den Grundstein<br />
für die hochpräzise Erfassung des Bauteils.<br />
Eine 5-Achs-Kinematik mit integriertem<br />
Robert Zarnetta, Leiter<br />
für Industrielle Anwendungen<br />
Mikroskopie bei<br />
Zeiss, sieht Röntgenmikroskope<br />
im Vorteil bei<br />
vielen Anwendungen in<br />
der Messtechnik – etwa<br />
wenn es um Materialien<br />
für E-Mobilität geht Bild:<br />
Uwe Böttger<br />
Dank Vernetzung könnten<br />
Stamm- und Auftragsdaten<br />
zielgerichtet<br />
für die Qualitätssteuerung<br />
genutzt werden, so<br />
Norbert Böhme, Geschäftsführender<br />
Gesellschafter<br />
von Böhme &<br />
Weihs, auf der Pressekonferenz<br />
Bild: Schall<br />
Durchstrahlungsbilder des Werkstücks in<br />
verschiedenen Drehstellungen aufgenommen<br />
und zu einem vollständigen Werkstückvolumen<br />
inklusive Innengeometrien<br />
zusammengesetzt. Die Messpunkte an den<br />
Materialübergängen werden mit einem<br />
Subvoxeling-Verfahren bestimmt. Der<br />
Mess- und Auswerteprozess wird zum Beispiel<br />
mithilfe eines QR-Code-Scanners gestartet<br />
und gesteuert.<br />
■<br />
Zentriertisch erleichtert es dem Benutzer,<br />
das Bauteil optimal im Messvolumen zu positionieren,<br />
sodass die Messung immer in<br />
der bestmöglichen Auflösung durchgeführt<br />
wird. Praktisch dabei: Innerhalb des Messfelds<br />
(Durchmesser: 240 mm, Höhe: 400<br />
mm) können auch mehrere Objekte gleichzeitig<br />
pro Scanvorgang gemessen werden,<br />
was Durchlaufzeiten weiter reduziert.<br />
Die Messergebnisse sind dank der GOM-<br />
Technologie und der hohen Eigensteifigkeit<br />
des Systems hochpräzise und wiederholgenau.<br />
Seine Stärke spielt das System vor allem<br />
bei der Digitalisierung von kleineren<br />
Kunststoff- und Leichtmetallteilen aus.<br />
Werth stellte auf der Messe unter anderem<br />
die Tomoscope-FQ-Baureihe vor, ein<br />
neues Koordinatenmessgerät mit CT für den<br />
Einsatz in der Fertigung: „Mit der Entwicklung<br />
der Produktion entstehen immer neue<br />
Einsatzbereiche für Koordinatenmessgeräte<br />
mit Computertomografie, beispielsweise im<br />
3D-Druck“, betonte Ralf Christoph, Inhaber<br />
und Geschäftsführer von Werth Messtechnik.<br />
Inlinemessungen mit Computertomografie<br />
sind nicht nur bei komplexen Geometrien,<br />
sondern auch bei großen Stückzahlen<br />
und schweren Werkstücken wie Ventilblöcken,<br />
Gehäuse- und Gussteilen von Vorteil.<br />
Mit den Geräten der Tomoscope-FQ-Baureihe<br />
können solche Werkstücke in etwa 30 s<br />
gemessen werden. Zeitsparend ist auch eine<br />
gemeinsame Messung mehrerer kleiner<br />
Werkstücke. Hier ergibt sich eine typische<br />
Messzeit von 1,5 s pro Werkstück. Für Inline-<br />
Messungen können die Messprogramme offline<br />
vorbereitet werden. Die Werkstücke<br />
lassen sich über eine Schleuse in den Sicherheitsbereich<br />
einbringen. Dort werden die<br />
Messgeräte per Roboter beladen. Mit CT-Koordinatenmessgeräten<br />
werden Röntgen-<br />
Webhinweis<br />
Das Mikro im Dauereinsatz: Am Stand der QE sprachen<br />
die Aussteller in Interviews über die neuesten<br />
Produkte und die aktuellen Trends. Hier geht´s zu den<br />
Videos:<br />
https://quality-engineering.indus<br />
trie.de/videos/<br />
10 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
In der Ruhe liegt die Kraft<br />
Technologische und wirtschaftliche Veränderungen werden in den<br />
kommenden Jahren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben. Schon jetzt<br />
ist zu sehen: Die Personalpolitik in den Unternehmen wird wieder deutlich<br />
überlegter betrieben.<br />
Präzisionsoberflächen in<br />
rauer Produktionsumgebung<br />
prüfen?<br />
Rasante Veränderungen in Technologie und<br />
Wirtschaft kommen in vielen Industriebereichen<br />
in den kommenden Jahren auf uns<br />
zu. Wie wird sich zum Beispiel das Thema<br />
Alternative Antriebe – insbesondere E-Mobility<br />
– weiterentwickeln? Was passiert mit<br />
den herkömmlichen Technologien und den<br />
damit verbundenen zahlreichen Arbeitsplätzen,<br />
die wir nun mal in Deutschland haben?<br />
Was passiert, wenn sich die Wertschöpfungsketten<br />
verflachen? Wie gehen<br />
Unternehmen mit den begrenzten natürlichen<br />
Rohstoffen und Ressourcen um? Wie<br />
geht der Handelsstreit zwischen den USA<br />
und China weiter, der sicher auch die eine<br />
oder andere Auswirkung auf den deutschen<br />
Arbeitsmarkt hat? Welche Entwicklung wird<br />
im Bereich Industrie 4.0 zu erwarten sein?<br />
Noch kann niemand wirklich abschätzen,<br />
was das vor allem in Marktsegmenten wie<br />
Automotive, Kommunikation oder Digitalisierung<br />
im täglichen Arbeitsablauf für uns<br />
bedeuten wird.<br />
Aber egal, wie sich die Bedingungen in<br />
den kommenden Monaten und Jahren entwickeln<br />
werden, die momentan bestehenden<br />
Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt<br />
(Fachkräftemangel) werden sich deshalb<br />
auch nicht ändern, denn:<br />
• Das Angebot dieser Zielgruppe (Fachkräfte,<br />
Experten, etc.) ist nach wie vor extrem<br />
gering.<br />
• Und im Falle von wirtschaftlichen Schwierigkeiten<br />
werden eher noch mehr qualifizierte<br />
Mitarbeiter gebraucht, die helfen,<br />
aus diesen Schwierigkeiten herauszukommen.<br />
Wahlloses Einstellen ist vorbei<br />
Eines merken wir in der Praxis mittlerweile<br />
schon: Die Entscheidung, qualifizierte Stellen<br />
neu zu schaffen, wird von einer Reihe<br />
von Unternehmen momentan viel bedäch -<br />
tiger geplant und die konkrete Einstellungsbereitschaft<br />
wird wieder überlegter be -<br />
trieben.<br />
So werden Entscheidungen verschoben<br />
und vorhandene interne Ressourcen überprüft<br />
und gegebenenfalls angepasst, um so<br />
wenig wie möglich Risiko einzugehen und<br />
die Entwicklungen des Marktes beziehungsweise<br />
der Veränderungen intensiv zu beobachten.<br />
Die Zeiten, in denen Bewerber fast wahllos<br />
eingestellt wurden, scheinen erst einmal<br />
vorbei zu sein – hoffentlich beziehungsweise<br />
Gott sei Dank. Im Falle einer wirtschaftlichen<br />
Schwächephase könnte das vielleicht<br />
auch zu einer Bereinigung einiger ungesund<br />
aufgeblähter Strukturen führen.<br />
Personal & Karriere<br />
Die Beratungsgruppe<br />
wirth + partner informiert<br />
regelmäßig über<br />
Personal und Karriere,<br />
www.wirth-partner.com<br />
Die Autorin:<br />
Ivonne Pechmann<br />
Was aber schon seit längerem und vor allem<br />
jetzt wieder verstärkt festgestellt werden<br />
kann, ist die Straffung von Organisationsstrukturen<br />
im Wesentlichen bei größeren<br />
Unternehmen beziehungsweise Konzernen<br />
– das heißt die Reduzierung von Führungsebenen.<br />
Wenn man genauer die Berichterstattung<br />
in den verschiedenen Medien<br />
verfolgt, vergeht keine Woche, in der es<br />
keine Meldungen gibt, in der nicht über Personalabbau<br />
gesprochen wird.<br />
Ganz konkret heißt das zum Beispiel:<br />
Nicht der Vertriebsleiter wird gesucht, sondern<br />
der aktive, zielorientierte, erfolgsdenkende,<br />
flexible, reisebereite Vertriebsingenieur,<br />
der an der vordersten Kundenfront<br />
agiert und konkrete Aufträge beziehungsweise<br />
Anfragen mit ins Haus bringt – die<br />
dann in effizienten Prozessen von einer<br />
schlagkräftigen Organisation zeitnah und in<br />
gewohnter Qualität umgesetzt werden.<br />
Oder der Vertriebsleiter, der in der Lage ist,<br />
seine Vertriebsmitarbeiter zu ihren Erfolgen<br />
hinzuführen und sie zu unterstützen. ■<br />
Kein Problem mit Polytec<br />
Optische 3D-Oberflächenmesstechnik<br />
für die<br />
Qualitätskontrolle<br />
Für verlässliche und schnelle Oberflächeninspektionen<br />
selbst in rauer<br />
Fertigungsumgebung wird TopMap<br />
berührungslose Oberflächenmesstechnik<br />
nun durch das spezielle<br />
QC Package ergänzt: von ECT Environmental<br />
Compensation Technology,<br />
um Pseudo-Ausschuss zu verhindern,<br />
über eine motorisierte Kippplattform<br />
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zum Laden vordefinierter Messrezepte<br />
– für repro duzierbare Messergebnisse.<br />
Mehr unter:<br />
polytec.com/topmap<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 11
:: Management<br />
Geschäftsführer von Iconpro im Interview<br />
„KI ist schneller und<br />
zuverlässiger“<br />
Markus Ohlenforst ist Geschäftsführer des Startups Iconpro, das Machine-<br />
Learning-Anwendungen für Qualitätsdaten entwickelt und Firmen berät. Im<br />
Interview spricht er über die Ziele seines Unternehmens, den Nutzen von<br />
Künstlicher Intelligenz (KI) und Sicherheit in der Cloud.<br />
:: Herr Ohlenforst, verraten Sie uns zunächst, wie Iconpro<br />
entstanden ist.<br />
Markus Ohlenforst: Mein Doktorvater Professor Robert<br />
Schmidt vom WZL an der RWTH Aachen fördert seit jeher<br />
die Gründung von Spinoffs rund um seinen Lehrstuhl.<br />
Und wir sind das erste rein prozessorientierte,<br />
software-gestützte Spinoff, das bisher in diesem Zusammenhang<br />
entstanden ist. Wir fokussieren uns dabei<br />
auf die Entwicklung und Anwendung von Process-Data-<br />
Mining-Software zur Analyse und Korrelation von Produktionsprozess-<br />
und Qualiätsdaten durch Machine<br />
Learning.<br />
:: Wie setzen Sie Künstliche Intelligenz konkret ein?<br />
Ohlenforst: Zum einen im Bereich kognitive Qualitätskontrolle.<br />
Wir nutzen KI, um zum Beispiel Bilddaten auszuwerten.<br />
Dort lässt sich sehr einfach zeigen, dass KI-Algorithmen<br />
schneller und zuverlässiger sind. Das kann<br />
man statistisch belegen. Der andere Bereich ist die selektive<br />
Prozessfähigkeitsuntersuchung. Daher ist auch<br />
Edgar Dietrich, der Gründer von Q-DAS, bei Iconpro mit<br />
dabei.<br />
Ohlenforst sieht viel Potenzial für KI in der Qualitätssicherung.<br />
Die Datenmengen müssten dabei nicht immer<br />
extrem groß sein Bild: Iconpro<br />
:: Selektive Prozessfähigkeitsuntersuchung – was heißt<br />
das?<br />
Ohlenforst: Die Q-DAS-Software bestimmt Prozessfähigkeitswerte.<br />
Dafür benötigt man ein Verteilungsmodell.<br />
Die Bestimmung dieses Verteilungsmodells ist ein<br />
Kern von Q-DAS. Wir haben die Findung des am besten<br />
passenden Verteilungsmodells durch eine KI-Auswertestrategie<br />
ersetzt. Wir können zeigen, dass diese mindestens<br />
genauso gut funktioniert wie die klassische Methode.<br />
Und sie bietet Vorteile. Erstens ist sie schneller.<br />
Zweitens entfallen dadurch manuelle Voreinstellungen<br />
– etwa, dass der Nutzer schon vorab eine Normalverteilung<br />
vorschlägt, auf die dann zuerst getestet wird. Das<br />
heißt, das Auswerteergebnis ist abhängig von der Nutzervoreinstellung<br />
und von der Auswertestrategie der jeweiligen<br />
Firma. Wenn man es schaffen würde, hier eine<br />
Akzeptanz herzustellen, KI-basierte Auswertungen vorzunehmen,<br />
dann ist man nutzer- und strategieunabhängiger<br />
und hat insbesondere umfangreichere Prozessdaten<br />
zudem noch schneller ausgewertet.<br />
12 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
:: Die KI braucht also keine Vorgaben.<br />
Ohlenforst: Der erste Schritt ist, die KI mit den vorhandenen<br />
Strategien zu trainieren. Mit dem Ziel, nahezu<br />
identische Ergebnisse zu bekommen – in kürzerer Auswertezeit.<br />
Das ist das, woran wir gerade arbeiten. Der<br />
zweite Schritt ist das so genannte Reinforcement Learning.<br />
Dabei erkennt der Algorithmus nicht selbst Muster<br />
basierend auf Trainingsdaten, sondern man sagt<br />
ihm: „Das ist der Datensatz, finde die bestmögliche Verteilung“.<br />
Das System optimiert dann zum Beispiel den<br />
Regressionskoeffizienten als „Belohnungsparameter“,<br />
was ein Maß für die Übereinstimmung zwischen dem<br />
gefundenen Verteilungsmodell und dem Datensatz ist.<br />
Der Algorithmus passt sich über die Nutzung automatisiert<br />
so an, dass die Belohnung möglichst groß ausfällt.<br />
:: Im Gegensatz zum KI-Einsatz in der Bildverarbeitung<br />
geht es in diesem Fall um Prozessdaten?<br />
Ohlenforst: Richtig. Bei der Prozessauswertung entspricht<br />
ein Datensatz nicht einem Bild, sondern zum<br />
Beispiel dem Wert eines Durchmessers über der laufenden<br />
Prozessnummer.<br />
Infos zu Iconpro<br />
Iconpro ist als Spin-Off des WZL an der RWTH Aachen entstanden.<br />
Der Fokus liegt auf der Entwicklung und Anwendung von Process-<br />
Data-Mining-Software zur Analyse und Korrelation von Produktionsprozess-<br />
und Qualitätsdaten durch Machine Learning. Unter anderem<br />
werden Prozessdaten aus ERP-, MES- oder SPC-Systemen extrahiert<br />
und durch maschinelle Lern-Algorithmen analysiert. Daneben<br />
bietet Iconpro individuelle Beratungsprojekte und Workshops an.<br />
Qualitätsdaten können einiges über die<br />
Stärken und Schwächen eines<br />
produzierenden Unternehmens<br />
aussagen.<br />
Markus Ohlenforst<br />
:: Wie weit sind Sie mit Iconpro bereits?<br />
Ohlenforst: Wir befinden uns momentan in der Entwicklung<br />
von Algorithmen basierend auf überwachtem<br />
Lernen mit vorgegebenen Ergebnissen zu den Trainingsdaten.<br />
Der nächste Schritt wäre das nicht-überwachte<br />
Lernen, bei dem der Algorithmus Muster in den Trainingsdaten<br />
erkennt und sich darauf basierend aufbaut<br />
– ohne, dass beim Training Ergebnisse vorgegeben werden<br />
müssen.<br />
:: Man hört häufig die Aussage, dass KI extrem viele<br />
Daten benötigt.<br />
Ohlenforst: Man braucht natürlich immer Daten im Gegensatz<br />
zu einer klassischen Modellierung. Auch schon<br />
für die Algorithmus-Erstellung. Die Datenmengen müssen<br />
aber nicht immer extrem groß sein. Das ist von Anwendung<br />
und Verfahren abhängig. Ein künstliches neuronales<br />
Netz benötigt pro Schicht Gewichtsvektoren, die<br />
mit Werten gefüllt werden. Bei vielen versteckten<br />
Schichten gibt es viele Werte und dementsprechend<br />
brauche ich auch viele Daten. Bei einem sehr einfachen,<br />
ein- oder zweilagigen oder bereits vortrainierten künstlichen<br />
neuronalen Netz benötigt man dagegen unter<br />
Umständen nur relativ wenige Daten. Aber die Komple-<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 13
:: Management<br />
Der Autor<br />
Markus Strehlitz<br />
Redaktion<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong><br />
xität der Zusammenhänge, die ich damit erfassen kann,<br />
ist dann unter Umständen auch begrenzter.<br />
:: Ein anderer Punkt, der im Zusammenhang mit KI diskutiert<br />
wird, ist die Black-Box-Eigenschaft. Es lässt sich<br />
häufig nicht nachvollziehen, wie KI-Methoden zu ihrem<br />
Ergebnis kommen. Das kann in der Industrie zum Problem<br />
werden.<br />
Ohlenforst: Immer dann, wenn man nicht steuernd eingreift,<br />
sondern eher überwachend beziehungsweise<br />
analysierend, ist das kein so großes Problem. Erst recht<br />
nicht, wenn man dann noch ausgeben kann, wie gut die<br />
Übereinstimmung zwischen Modell und realem Datensatz<br />
ist. Man muss natürlich die Funktionsweise oder<br />
die Güte des eingesetzten Modells tracken. Das kann<br />
man manchmal live machen – immer für den letzten<br />
Datensatz oder das letzte Werkstück. Und manchmal<br />
muss man es statistisch machen – auf Basis von historischen<br />
Datensätzen. Deswegen geben wir bei der kognitiven<br />
Qualitätskontrolle oder bei der selektiven Prozessfähigkeitsuntersuchung<br />
auch die Güteparameter mit<br />
aus.<br />
:: Mit welchen Partnern arbeitet Iconpro zusammen?<br />
Und gibt es schon Kunden?<br />
Ohlenforst: Bei der KI-basierten Prozessauswertung arbeiten<br />
wir sehr eng mit Q-DAS zusammen. Bei der kognitiven<br />
Qualitätskontrolle sind wir momentan mit einigen<br />
Unternehmen im Gespräch. Wir können schon<br />
konkrete Anwendungsfälle und Algorithmen vorweise,<br />
die im Rahmen eines Proof of Concepts positiv bewertet<br />
wurden. Wir verfolgen zur Zeit hauptsächlich die Software-Entwicklung<br />
für industrielle KI-Anwendungen. In<br />
Zukunft wollen wir aber auch ein eigenes Produkt entwickeln<br />
und vermarkten.<br />
:: Können Sie mehr dazu sagen?<br />
Ohlenforst: Wir wollen gemeinsam mit Q-DAS ein Produkt<br />
in Richtung der KI-basierten Prozessfähigkeitsuntersuchung<br />
entwickeln. Das soll dann als Software as a<br />
Service bereitgestellt werden. Daneben bieten wir auch<br />
Beratung und Weiterbildung an.<br />
:: Heißt konkret?<br />
Ohlenforst: Wir beraten Unternehmen dabei, wie man<br />
im Produktionsumfeld eine Kommunikationsarchitektur<br />
aufbaut, die es überhaupt erst erlaubt, Daten aufzunehmen<br />
und zu sammeln. Es geht dabei um Fragestellungen<br />
wie: Welche Kommunikationsprotokolle verwende<br />
ich, um Steuerungsgeräte und Sensoren in mein<br />
Netzwerk einzubinden? Welche Cloud-Plattformen nutze<br />
ich?<br />
:: Welche Fragen gibt es bei den Unternehmen in Sachen<br />
Cloud?<br />
Ohlenforst: Wir möchten den Firmen einen Überblick<br />
verschaffen. Denn zum einen gibt es Amazon, Google<br />
und Microsoft, die jeweils eine Basisinfrastruktur zur<br />
Verfügung stellen. Daneben gibt es andere Firmen wie<br />
Siemens oder Hexagon, die auf diesen Cloud-Infrastrukturen<br />
aufbauen und Plattformen für Industrie 4.0 zur<br />
Verfügung stellen. Dabei entstehen Frage wie zum Beispiel:<br />
Für welchen Anwendungsfall nutze ich welche<br />
Plattform? Wie implementiert man eine Applikation als<br />
Software as a Service? Neben der individuellen Beratung<br />
veranstalten wir dazu auch Workshops und Seminare.<br />
:: Häufig ist zu hören, dass Unternehmen gerade beim<br />
Thema Qualitätssicherung sehr zurückhaltend mit der<br />
Nutzung von Cloud-Angeboten sind.<br />
Ohlenforst: Während man mit Schwingungsdaten oder<br />
anderen maschineninternen Sensordaten ohne weitere<br />
Informationen relativ wenig anfangen kann, können<br />
Qualitätsdaten schon allein einiges aussagen über die<br />
Stärken und Schwächen eines produzierenden Unternehmens.<br />
Daher sind Firmen in diesem Bereich natürlich<br />
sehr restriktiv. Es gibt jedoch Lösungen wie eine hybride<br />
Cloud. Dabei wird ein Teil der Daten, die man als<br />
kritisch bewertet, on-premise auf einem privaten Server<br />
gelagert. Für die anderen Daten oder die Korrelation<br />
zwischen den Daten wird dann eine Public Cloud genutzt.<br />
Es gibt außerdem Angebote wie die von 1NCE –<br />
einem Startup der Telekom. Das verkauft SIM-Karten für<br />
Maschinen. Deren Verkaufsargument lautet: Man muss<br />
die Daten nicht erst ins Netzwerk schieben, wo sie unter<br />
Umständen angreifbar sind. Stattdessen werden die<br />
Daten direkt über eine Mobilfunkanbindung in die Telekom-Cloud<br />
geschickt – über ein gesichertes Kommunikationsprotokoll.<br />
■<br />
KI-Event zeigt Anwendungen<br />
KI wird das produzierende Gewerbe von Grund auf<br />
verändern. Beim 2. Kongress „Smarte Maschinen im<br />
Einsatz – Künstliche Intelligenz in Unternehmen“ präsentiert<br />
die Konradin Mediengruppe am 15. Oktober<br />
2019 KI-basierte Anwendungen bei agilen Mittelständlern,<br />
Start-ups und Konzernen. Ergänzt werden<br />
die Vorträge durch Strategiereferate führender Wissenschaftler.<br />
Die ganztägige Veranstaltung, die erneut<br />
in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für<br />
Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) in<br />
Stuttgart stattfindet, zeigt, was KI in Unternehmen<br />
heute leisten kann und wo Herausforderungen zu<br />
bewältigen sind.<br />
Die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist<br />
auf 150 begrenzt. Bis zum 31. Juli gilt ein Frühbucherrabatt.<br />
Weitere Infos und Anmeldung:<br />
www.industrie.de/kuenstlicheintelligenz-2019<br />
14 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
Tippfee aus dem Cyberspace:Transkriptionsdienste auf KI-Basis leisten mittlerweile<br />
schon erstaunlich gute Arbeit Bild: MrVettore/Fotolia<br />
Eine Redaktion – zwei Meinungen<br />
Very smart oder ganz schön doof?<br />
Künstliche Intelligenz ist schneller und zuverlässiger, sagt Iconpro-Geschäftsführer Markus Ohlenforst<br />
im Interview. Auch im Alltag unterstützt uns KI an vielen Stellen. Aber kann uns die<br />
Technologie immer begeistern? Oder nervt sie auch manchmal? Die Redaktion der QE hat dazu<br />
unterschiedliche Meinungen.<br />
Ich steckte in einer echten Bredouille:<br />
Ich hatte ein Interview<br />
geführt und musste den Text zügig<br />
schreiben, da der Redaktionsschluss<br />
vor der Tür stand. Ich<br />
fragte meine gute „Tippfee“ an,<br />
die regelmäßig Interviews für<br />
mich transkribiert. Fehlanzeige<br />
– keine Zeit. Internet-Portale,<br />
Sabine Koll, Redaktion<br />
auf denen Freelancer Dienste<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong>, hat<br />
für Transkriptionen anbieten,<br />
ein erstes Interview per<br />
schienen auch keine schnelle Lösung<br />
zu bringen. Mehr Glück<br />
KI transkribieren lassen<br />
hatte ich bei Internet-Start-ups<br />
wie Amberscript, Trint und Speechmatics, die Sprache<br />
per maschinellem Lernen zu Text bringen. Ein kostenloser<br />
Test mit einem mp3-file von 30 min Länge brachte<br />
überraschenderweise ordentliche Ergebnisse. Okay, bei<br />
Fachbegriffen und bei unsauberer Aussprache beziehungsweise<br />
bei allzu offensichtlichem Dialekt zeigte die<br />
Maschine Schwächen, hier musste ich ordentlich nachjustieren.<br />
Die Qualität ist also noch ausbaufähig. Doch<br />
ich konnte den mit KI erzeugten Text als Basis für meinen<br />
Text verwenden. Und der große Vorteil war: Ich hatte<br />
ihn innerhalb von drei Minuten vorliegen. KI wird<br />
auch in Zukunft nicht immer ein Ersatz für meine Tippfee<br />
sein. Aber: Klarer Daumen hoch für die KI!<br />
■<br />
Dass Künstliche Intelligenz unseren<br />
Alltag verändern wird,<br />
möchte ich gar nicht bestreiten.<br />
Doch häufig stelle ich fest : Im<br />
Vergleich zu Menschen sind KI-<br />
Systeme doch noch ganz schön<br />
dumm. Das merke ich etwa bei<br />
jeder Form von Online-Diensten,<br />
Markus Strehlitz, die mir mithilfe von Machine<br />
Redaktion <strong>Quality</strong> Learning Vorschläge aufgrund<br />
<strong>Engineering</strong>, hält sich meiner bisherigen Auswahl unterbreiten<br />
– sei es für Musiktitel<br />
nicht für eindimensional<br />
oder Filme. Beispiel: Amazon.<br />
Die Vorschläge, die ich dort erhalte,<br />
nachdem ich etwa ein Buch gekauft habe, basieren<br />
letztlich nur auf meinen Vorlieben. So bleibt man<br />
aber immer nur in seiner Blase hängen. Das zehnte<br />
Buch zu Popmusik oder Fußball? Vielen Dank, aber so<br />
eindimensional bin selbst ich nicht. Viel spannender<br />
wäre es, wenn die Software mich auf neue Themen oder<br />
Autoren, die ich noch nicht kenne, stoßen würde. Die<br />
besten Inspirationen erhalte ich schließlich auch von<br />
Menschen, die in manchen Dingen vollkommen andere<br />
Vorlieben haben als ich. Aber das würde Kreativität verlangen.<br />
Und damit ist Künstliche Intelligenz noch überfordert.<br />
Zum Glück für uns Menschen – so haben wir<br />
den smarten Maschine doch noch etwas voraus. ■<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 15
:: Management<br />
Rudolf Waldera, Leiter Qualitätssicherung<br />
und Kalibrierlabor bei Ahlborn,<br />
in einem der vier Laborräume, die für<br />
die Messgrößen Temperatur, Feuchte,<br />
Strömungsgeschwindigkeit und elek -<br />
trische Messgrößen ausgelegt sind<br />
Bilder: <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong><br />
Ahlborn erweitert Angebot an Dakks-Kalibrierungen deutlich<br />
Kalibrieren auf hohem Niveau<br />
Ahlborn ist bekannt für seine Datenlogger und Messgeräte. Nun forciert das Unternehmen aus<br />
Holzkirchen das Geschäft mit Kalibrierdienstleistungen: Es hat dafür ein neues Laborgebäude<br />
gebaut, in dem sich jede Menge Hightech befindet. Die Akkreditierungsurkunde der Dakks für<br />
diese Erweiterung hat es Mitte Mai erhalten.<br />
Die Autorin<br />
Sabine Koll<br />
Redaktion<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong><br />
Die Deutsche Akkreditierungsstelle (Dakks) hatte es<br />
spannend gemacht: Bereits im Herbst vergangenen<br />
Jahres waren die Experten aus Berlin und Braunschweig<br />
bei Ahlborn, um das Gebäude, das Equipment und die<br />
Prozesse für die Kalibrierdienstleistungen genauer unter<br />
die Lupe zu nehmen. Mitte Mai kam nun endlich die<br />
heiß ersehnte Akkreditierungsurkunde bei Rudolf Waldera,<br />
Leiter des Kalibrierlabors bei Ahlborn, an. „Jetzt<br />
können wir endlich loslegen und unseren Kunden ein<br />
umfangreicheres Kalibrierspektrum mit Dakks-Akkreditierung<br />
anbieten“, freut sich Waldera. „Das Kalibrierlabor<br />
soll zu einem zweiten großen Standbein für unser<br />
Unternehmen werden“, sagt Dieter Ahlborn, einer der<br />
drei Geschäftsführer des Unternehmens. Fünf Mitarbeiter<br />
sind aktuell im Kalibrierlabor bei Ahlborn beschäftigt.<br />
Der Geschäftsführer rechnet damit, dass die Zahl<br />
durch die jetzige Dakks-Akkreditierung in den nächsten<br />
Jahren kontinuierlich steigen wird.<br />
Die Akkreditierungsurkunde bestätigt, dass das Kalibrierlaboratorium<br />
von Ahlborn den neuesten normativen<br />
Forderungen der DIN EN ISO/IEC 17025:2018 entspricht.<br />
Es ist danach akkreditiert für die Messgrößen<br />
Temperatur (Messbereich zwischen –100 und +1200<br />
°C), Feuchte (10 bis 98 % r.F. bei Umgebungstemperaturen<br />
von +10 bis +95 °C), Strömungsgeschwindigkeit (0,1<br />
bis 65 m/s) und für elektrische Messgrößen. Die meisten<br />
dieser Messgrößen hat Ahlborn bereits in der Vergangenheit<br />
angeboten, doch wurden vor allem die<br />
Messbereiche deutlich erweitert. So beschränkten sich<br />
die Inhouse-Dakks-Kalibrierungen für Temperaturmessgeräte<br />
bislang auf Umgebungstemperaturen von –100<br />
bis 650 °C, heute sind es +1200 °C. Dabei wurde gleichzeitig<br />
die Messunsicherheit erheblich verkleinert.<br />
Nachfrage nach rückgeführten Kalibrierungen<br />
steigt stark an<br />
„Wir beobachten, dass die Nachfrage nach rückgeführten<br />
Kalibrierungen in der Industrie stark ansteigt. Die<br />
Unternehmen wollen die Sicherheit haben, dass ihre<br />
Messmittel exakt messen, und immer mehr Auditoren<br />
verlangen Dakks-Kalibrierscheine. Werkskalibrierungen<br />
oder die sogenannten ISO-Zertifizierungen reichen oft<br />
nicht aus“, sagt Waldera. Mit einem Dakks-Kalibrierzertifikat<br />
erhält der Kunde die Messwerte, die jeweilige<br />
Messunsicherheit sowie die Angabe des Kalibrierverfahrens,<br />
der Umgebungsbedingungen und gegebenenfalls<br />
der besonderen Messbedingungen. Durch die Möglichkeiten<br />
der Mehrpunktjustage, die Ahlborn für seine<br />
eigenen Produkte der Almemo-Reihe anbietet, kann ein<br />
16 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
Messgerät zum Beispiel bei 0 °C, 50 °C und 100 °C mit<br />
einer Abweichung von annähernd 0 justiert und kalibriert<br />
werden, sodass der Kunde bei seinen Messungen<br />
mit dem Gerät nichts mehr korrigieren muss. Lediglich<br />
das Messunsicherheitsbudget muss er für die Messungen<br />
aufstellen.<br />
Zwei wesentliche Faktoren musste Ahlborn für die<br />
genannten Dakks-Kalibrierungen erfüllen: Die Messwerte<br />
für die genannten Messgrößen sind zum einen<br />
auf die nationalen Standards der Physikalisch-Technischen<br />
Bundesanstalt (PTB) rückgeführt. Zum anderen<br />
hat das Labor die Akkreditierung nach der DIN EN ISO/<br />
IEC 17025:2018 erhalten.<br />
Dafür waren hohe Investitionen notwendig: Ahlborn<br />
hat ein Gebäude komplett neu errichtet. Die Laborräume<br />
mit rund 150 m 2 Fläche selbst wurden ins Erdgeschoss<br />
verlegt, um eine möglichst gleichmäßige Klimatisierung<br />
zu ermöglichen. Sie ist entscheidend für exakte<br />
Messwerte und die Garantie geringer Messunsicherheiten.<br />
So bietet Ahlborn als Besonderheiten die Kalibrierung<br />
auch geringe Luftströmungen ab 0,1 m/s und<br />
die Kalibrierung von Klimapunkten unter Ausschluss<br />
der Strahlungswärme mit kleinsten Messunsicherheiten<br />
in speziell konzipierten, hochpräzisen Klimaprüfschränken<br />
an.<br />
Für die Kalibrierung von Klimaschränken und -kammern<br />
selbst hat Ahlborn übrigens seit vergangenem<br />
Jahr eine Komplettlösung auf der Basis seines Messsystems<br />
Almemo im Programm, bestehend aus Messgerät,<br />
Sensoren und Software. In der Software sind die Richtlinien<br />
der Mindestanforderungen an das Kalibrierverfahren<br />
und an die Messunsicherheitsbestimmung gemäß<br />
Dakks-DKD-R 5–7 bereits hinterlegt.<br />
„Wir sind mit den neuen Laboren in der Lage, sehr viel<br />
mehr Dakks-Kalibrierungen selbst durchzuführen“, betont<br />
Waldera. „Viele Kundenaufträge können wir nun<br />
Blick in das Labor für die Messgröße Strömungsgeschwindigkeit mit dem<br />
neuen Strömungskanal. Der Kalibrierumfang beinhaltet jeweils die Sicht -<br />
prüfung/Reinigung, eine Überprüfung aller Bedienelemente und Funktionen,<br />
die Er stellung eines zweisprachigen Kalibrierzertifikates mit Soll-/ Istwert,<br />
Abweichung, Messunsicherheit, Kalibriermarke und Kalibriernummer<br />
deutlich schneller abwickeln als in der Vergangenheit.“<br />
Dies sei besonders von Vorteil, wenn mehrere Messgrößen<br />
kalibriert werden müssen. Durchlaufzeiten von<br />
zwei Monaten und mehr waren hier früher üblich durch<br />
die Beauftragung von Partnern; heute schafft Ahlborn<br />
dies inhouse in wesentlich kürzerer Zeit. Die Dakks-Kalibrierung<br />
bietet Ahlborn für die eigenen Geräte an, aber<br />
auch für Fremdgeräte. „Doch da müssen wir genau<br />
schauen, was für uns machbar ist“, sagt Waldera. ■<br />
Salford Predictive Modeler<br />
Machine Learning, Predictive Analytics & Big Data<br />
Learning Type<br />
<br />
<br />
Complexity<br />
Goal<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Target<br />
Results<br />
Type<br />
Type<br />
<br />
<br />
<br />
Hierarchial groupings<br />
<br />
Regression<br />
<br />
Outcomes<br />
<br />
CART<br />
<br />
Goal<br />
<br />
Factor Analysis<br />
Principal<br />
Component<br />
Analysis<br />
Cluster<br />
Variables<br />
K-Means<br />
Clustering<br />
Binary Logistic<br />
Regression<br />
Ordered<br />
Outcomes<br />
MARS<br />
Data<br />
Structure<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Minitab Statistical Software<br />
Ordinal<br />
Logistic<br />
Regression<br />
Nominal<br />
Logistic<br />
Regression<br />
Random<br />
Forests<br />
TreeNet<br />
Salford Predictive Modeler<br />
Weitere Informationen finden Sie unter:<br />
www.additive-minitab.de/spm/qe<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 17
:: Management<br />
CAQ-Software und Industrie 4.0<br />
Qualität zieht digitale Kreise<br />
Industrie 4.0 eröffnet neue Möglichkeiten für das Qualitätsmanagement. Die digitale Vernetzung<br />
der Qualitätsprozesse macht die Systeme durchgängig und erlaubt es, einen Qualitätsregelkreis<br />
zur Steigerung der Prozesseffizienz und Produktqualität zu etablieren.<br />
Der Autor<br />
Gereon Wiesehöfer<br />
Aquensis Verlag<br />
im Auftrag von iqs<br />
www.iqs.de<br />
Viele Unternehmen sind in den vergangenen<br />
Jahren dazu übergegangen, in einem<br />
ersten Schritt einzelne Qualitätsprozesse zu<br />
digitalisieren. Sie setzen dafür spezielle<br />
CAQ-Software ein. Wird beispielsweise der<br />
Erstmusterprüfbericht mit einem entsprechenden<br />
Tool erstellt, treten deutlich weniger<br />
Fehler bei der Erstellung auf, die Daten<br />
können schneller mit dem Kunden ausgetauscht<br />
werden und die Reaktionszeiten bei<br />
der Beurteilung der Berichte sind kürzer.<br />
Ähnliche Einsparpotenziale sind durch<br />
die Digitalisierung von Fehlermöglichkeitsund<br />
-einflussanalyse (FMEA) oder Reklamationsmanagement<br />
zu erzielen. Software-<br />
Hersteller, die auf CAQ-Systeme spezialisiert<br />
sind, bieten darüber hinaus auch Tools und<br />
Module für alle relevanten Qualitätsprozesse<br />
an – wie etwa Prüf- und Produktionslenkungsplan,<br />
die Fertigungsbegleitende Prüfung,<br />
Warenein- und -ausgangsprüfung,<br />
Lieferantenbewertung, Auditmanagement,<br />
Maßnahmenmanagement, Herstellbarkeitsbewertung<br />
oder Prüfmittelmanagement.<br />
Ganz neue Möglichkeiten eröffnet darüber<br />
hinaus die digitale Vernetzung der Qualitätsprozesse.<br />
Sie macht die Systeme<br />
durchgängig und erlaubt es, einen Qualitätsregelkreis<br />
zur Steigerung der Prozesseffizienz<br />
und Produktqualität zu etablieren.<br />
Ziel des Qualitätsregelkreises ist es, aus<br />
Fehlern zu lernen und Wiederholfehler zu<br />
vermeiden. Um dies zu erreichen, müssen<br />
alle in den Produktlebensläufen generierten<br />
Erkenntnisse und Erfahrungen (letztlich also<br />
alle Reklamationen und die daraus resultierenden<br />
Maßnahmen) in einer zentralen<br />
Datenbank gespeichert und im CAQ-System<br />
so hinterlegt werden, dass alle Qualitätsprozesse<br />
stets darauf zugreifen können.<br />
Als zentraler CAQ-Baustein für einen solchen<br />
Qualitätsregelkreis bietet sich die<br />
FMEA an, denn in ihr kommen Planung und<br />
Realität, Prognose und tatsächliches Auftreten<br />
zusammen. Wenn alle Ereignisse und Er-<br />
18 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
Zentrales Element: Im CAQ-System werden alle<br />
in den Produktlebensläufen generierten Erkenntnisse<br />
und Erfahrungen so hinterlegt, dass sämtliche<br />
Qualitätsprozesse darauf zugreifen können<br />
Bild: iStock.com/thitivong, ArnoMassee, TomasSereda,<br />
nadla, scyther5<br />
kenntnisse aus dem gesamten Herstellungsprozess<br />
in die FMEA zurückfließen,<br />
können diese bei ähnlichen Projekten über<br />
die konsequent weiterentwickelte FMEA automatisch<br />
in die Entwicklung der neuen Teile<br />
wieder mit einfließen. Wiederholfehler<br />
lassen sich so hocheffizient vermeiden.<br />
Die FMEA kann eng mit dem Reklamationsmanagement,<br />
dem Maßnahmenmanagement<br />
und dem Prüf- und Produktionslenkungsplan<br />
verzahnt werden. Dies und der<br />
datenbankorientierte Aufbau der Software<br />
sorgen dafür, dass alle Datensätze immer<br />
konsistent sind und Informationen in Zeichnung,<br />
Prüfplan, Messergebnis und Freigabe<br />
stets übereinstimmen – und dadurch jedem<br />
Audit standhalten.<br />
Ein weiterer Vorteil der Vernetzung der<br />
Qualitätsprozesse: Ohne großen Aufwand<br />
ist ein Vergleich zwischen tatsächlicher Fehlerhäufigkeit<br />
und FMEA möglich. Damit<br />
können Arbeitsplan, Produktionslenkungsplan<br />
und Prüfplan stets so effektiv angepasst<br />
werden, dass alle überflüssigen Prüfungen<br />
eliminiert werden. Dadurch werden<br />
Zeit und Kosten eingespart.<br />
Aus der Not eine Tugend machen<br />
„Die FMEA ist in vielen kleinen und mittelständischen<br />
Unternehmen noch immer ein<br />
Reizthema, da Aufwand und Kosten für ihre<br />
Erstellung höher scheinen als ihr Nutzen“,<br />
sagt Stefan Weber, Geschäftsführer von iqs.<br />
„Aber sie wird vom Auftraggeber inzwischen<br />
fast standardmäßig verlangt – warum<br />
also nicht aus der Not eine Tugend machen<br />
und mit ihr den Qualitätsregelkreis<br />
schließen?“<br />
Inzwischen ist auch die Erstellung einer<br />
FMEA ähnlicher Bauteile schnell gemacht,<br />
sofern die CAQ-Software mit der sogenannten<br />
Vererbungstechnik arbeitet. Die Software<br />
unterstützt den Anwender darin, die<br />
Ähnlichkeit von den zu analysierenden Produkten<br />
oder Prozessen für die einfache Erstellung<br />
weiterer FMEAs zu nutzen.<br />
Eine Basis-FMEA bildet in vielen Firmen<br />
bis zu 90 % aller Teile ab. Aus ihr können problemlos<br />
die FMEAs und Prüfpläne weiterer<br />
Bauteile abgeleitet werden. FMEAs müssen<br />
dann nicht mehr von Hand nachgepflegt<br />
werden, sondern werden mit Hilfe der Vererbungstechnik<br />
automatisch angepasst:<br />
Wenn sich ein Prozessschritt oder eine Maßnahme<br />
ändert, werden diese Änderungen<br />
automatisch in allen FMEAs berücksichtigt,<br />
die diesen FMEA-Baustein verwenden.<br />
Unternehmen sind zunehmend global<br />
tätig und verfügen oft über mehrere Standorte<br />
in verschiedenen Ländern und Kontinenten.<br />
Für sind der Aufbau eines zentralen<br />
Wissensspeichers und der abteilungs- beziehungsweise<br />
standortübergreifende Wissenstransfer<br />
besonders wertvoll.<br />
Wissensspeicher und –transfer gewinnen<br />
an Bedeutung, wenn die Standorte zudem<br />
über unterschiedliche Kompetenzen<br />
verfügen, die Entwicklung beispielsweise in<br />
Europa, die Fertigung hingegen in Asien angesiedelt<br />
ist. Um das Fertigungs-Know-how<br />
in die Entwicklung neuer Produkte einfließen<br />
lassen zu können, ist ein reibungsloser<br />
Wissenstransfer nötig – und der ist nur<br />
möglich, wenn alle Standorte auf eine gemeinsame<br />
Datenbasis zurückgreifen.<br />
Integration durch Harmonisierung<br />
Neben der gemeinsamen Datenbasis ist für<br />
eine tiefgreifende Vernetzung der Qualitätsprozesse<br />
– auch über Ländergrenzen hinweg<br />
– eine optimale Integration des CAQ-<br />
Systems in die bestehende Infrastruktur<br />
und Serverlandschaft erforderlich. Passende<br />
Schnittstellen sind unabdingbar.<br />
Wichtig ist auch, Importformate sowohl<br />
bei CAD-Systemen als auch bei ERP-Systemen<br />
zu standardisieren und Messsysteme<br />
über gängige Hardware-Interfaces zu integrieren,<br />
um den Datentransfer zwischen den<br />
Systemen zu erleichtern. Je mehr Daten und<br />
Informationen sinnvoll in den Qualitätsregelkreis<br />
einfließen, desto effizienter können<br />
die Qualitätsprozesse gestaltet werden.<br />
Auch die Beziehung Kunde-Lieferant profitiert<br />
von der Digitalisierung der Qualitätsprozesse,<br />
denn mit ihr ist Kommunikation<br />
und Datenaustauschen eindeutig und zeitgleich<br />
möglich. Bestes Beispiel ist die Abwicklung<br />
des Erstmusterprüfberichts mit<br />
entsprechender Software und dem Austausch<br />
der Prüfberichte über ein Web-Portal:<br />
der Austausch der Daten ist schneller,<br />
die Reaktionszeiten bei der Beurteilung der<br />
Berichte kürzer und Nachbemusterungen<br />
seltener. Dies sind entscheidende Voraussetzungen<br />
für eine präventive Qualitätssicherung<br />
bei Zukaufteilen.<br />
■<br />
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<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 19
:: Titelthema<br />
5-Achsen-Technologien von Renishaw im Einsatz bei Luftfahrt-Zulieferer<br />
Schnellere<br />
Prüfung von<br />
Turbinenschaufeln<br />
Die Überprüfung kritischer Abmessungen kann schwierig und zeitaufwendig sein, insbesondere<br />
wenn eine 100-Prozent-Prüfung von komplexen Bauteilen in Großserien<br />
gefordert ist. Europea Microfusioni Aerospaziali benötigt dafür heute nur noch die<br />
Hälfte der bisherigen Zeit – dank der 5-Achsentechnologie von Renishaw mit der<br />
„Head-Touch-Methode“.<br />
Der Autor<br />
Matthias Krieger<br />
Technical Sales & Support<br />
Manager CMM<br />
Renishaw<br />
www.renishaw.de<br />
Turbinen- und Triebwerksschaufeln werden aus Superlegierungen<br />
hergestellt, die in der Lage sind, sehr hohen<br />
Temperaturen und Drücken standzuhalten. Ihre Formen<br />
sind üblicherweise eher komplex, um ein Maximum an<br />
Effizienz zu erreichen und Spannung sowie Ermüdungserscheinungen<br />
zu reduzieren. Und doch werden sie anhand<br />
einer der ältesten Fertigungstechniken überhaupt<br />
hergestellt: Gießen.<br />
Das italienische Unternehmen Europea Microfusioni<br />
Aerospaziali (EMA) hat verschiedene Präzisions-Gießtechnologien<br />
perfektioniert, einschließlich einer Technologie<br />
für die Fertigung von Schaufeln aus einkristallinen<br />
Metalllegierungen. EMA ist Teil der Rolls-Royce<br />
Gruppe, einem weltweiten Marktführer in der Herstellung<br />
von Antriebssystemen für zivile und militärische<br />
Flugzeuge, Schiffe, U-Boote und Turbinen für die industrielle<br />
Energiegewinnung. Ungefähr 25 % der Militärflugzeuge<br />
weltweit sind mit Rolls-Royce Triebwerken<br />
ausgestatten; viele davon enthalten EMA Produkte.<br />
EMA verfügt am Standort in Morra De Sanctis über<br />
eine Fertigungshalle mit 20.000 m 2 Fläche, in der ultrahochgenaue<br />
Leit- und Laufschaufeln in Speziallegierungen<br />
für Hoch-, Mittel- und Niederdruckturbinen für zivile<br />
und militärische Anwendungen gefertigt werden.<br />
Dort entstehen außerdem Schaufeln für Industrieturbinen<br />
zur Stromerzeugung .<br />
Mehr als zwei Drittel an EMAs Fertigung geht an renommierte<br />
Kunden in der Luftfahrtindustrie in Italien<br />
und weltweit, wie zum Beispiel an die Muttergesellschaft<br />
Rolls-Royce, Agusta Westland, Ansaldo Energia,<br />
Avio, Turbocare, Siemens, MAN und Snecma.<br />
Das Unternehmen hat sich auf das Wachsausschmelzverfahren<br />
spezialisiert, ein Formverfahren für<br />
den Metallguss, bei dem zuerst Wachsmodelle produziert<br />
werden, die aus den Metallformen entstehen. Diese<br />
Wachsmodelle werden dann mit einer Keramik überzogen,<br />
die für hohe Temperaturen geeignet ist. Das<br />
Wachs wird entfernt und die Hülle aus Keramik wird<br />
dann als Form für die Superlegierung verwendet. Nachdem<br />
die gegossenen Teile erhärtet und abgekühlt sind,<br />
werden Sie wärmebehandelt und nachbearbeitet und<br />
alle Komponenten dann auf sowohl Ihre Maßhaltigkeit<br />
als auch die strukturelle Integrität, mittels Ultraschall,<br />
Röntgen und Eindringverfahren, überprüft.<br />
20 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
Der 5-Achsen-Schaltkopf PH20 für taktiles<br />
Messen auf Koordinatenmessgeräten<br />
bei der Prüfung von EMAs Turbinenschaufeln<br />
Aereo Bilder: Renishaw<br />
Komplexe Geometrien und 100 % Prüfung<br />
stellten Herausforderungen dar<br />
Die Entwicklung eines effizienten Prozesses zur Überprüfung<br />
der Maßhaltigkeit von Turbine und Triebwerksschaufeln<br />
war für EMA in der Vergangenheit eine<br />
Herausforderung aufgrund der komplexen Geometrie<br />
der Teile und der Anforderung, jede Schaufel zu überprüfen.<br />
Vittorio Caggiano, Leiter der Qualitätskontrolle bei<br />
EMA, erinnert sich: „Wir mussten eine Lösung finden,<br />
die es uns erlaubte, die Effizienz des Qualitätssicherungsprozesses,<br />
in Bezug auf die Anzahl der gemessenen<br />
Teile innerhalb einer bestimmten Zeiteinheit, zu<br />
verbessern.“ Um dies zu erreichen, musste das Unternehmen<br />
entweder in neue Messgeräte investieren oder<br />
die Messzykluszeit reduzieren und so die Kapazität der<br />
eigenen Messmaschinen erhöhen.<br />
„Bis vor ein paar Jahren haben unsere Koordinatenmessgeräte<br />
noch mit PH10 3-Achsen-Dreh-/Schwenkköpfe<br />
gearbeitet, die sowohl in Bezug auf die Bewegung<br />
als auch die zum Tastereinsatzwechsel benötigte Zeit<br />
an ihre Grenzen stieß“, sagt Caggiano. Diese Grenzen<br />
bestanden aufgrund der Komplexität der Teile, wodurch<br />
bei jedem Messzyklus viele Tastereinsatzwechsel notwendig<br />
waren.<br />
„Wir haben eng mit Renishaw zusammengearbeitet,<br />
um eine bessere Lösung zu finden. Außerdem haben wir<br />
Werkstücke in die Renishaw-Niederlassung in Turin geschickt,<br />
um dort Testmessungen durchzuführen. Nach<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 21
:: Titelthema<br />
diesen Tests sind wir zu dem Schluss gekommen, dass<br />
es die beste Lösung ist, in die neuen, flexibleren und effizienteren<br />
PH20 5-Achsen Tastköpfe und die Modus<br />
Messsoftware zu investieren“, so Caggiano. „Renishaw<br />
hat die neuen Messtaster an unseren Koordinatenmessmaschinen<br />
nachgerüstet und 50 Messprogramme erstellt,<br />
die während der Schulung vor Ort von Renishaw-<br />
Mitarbeitern geschrieben wurden.“<br />
Die Zykluszeit konnte<br />
um 30 bis 50% reduziert werden<br />
„Das Endresultat ist sehr zufriedenstellend“, betont<br />
Maurizio Rullo, Programmierer für Koordinatenmessmaschinen<br />
bei EMA. „Seit der Einführung des Renishaw<br />
PH20 Schaltkopfes können sowohl die Messzeiten als<br />
auch die Anzahl der Tastereinsatzwechsel bei der Qualitätskontrolle<br />
drastisch reduziert werden. Der Einsatz<br />
der Modus Software hat außerdem die Programmierzeiten<br />
reduziert und optimiert. Wir konnten die Zykluszeiten<br />
um 30 bis 50% reduzieren – in manchen Fällen sogar<br />
mehr.“<br />
Die einzigartige Head-Touch-Methode (Kopfantastung)<br />
des PH20 Systems ermöglicht dem italienischen<br />
Unternehmen die Erfassung von Messpunkten durch<br />
Bewegungen des Messkopfs und nicht der Koordinatenmessmaschinen-Struktur.<br />
Da nur die schnelle, rotatori-<br />
Die Aereo Turbinenschaufeln hat EMA in der Vergangenheit<br />
mit PH10 3-Achsen-Dreh-/Schwenkköpfe vermessen,<br />
die sowohl in Bezug auf die Bewegung als<br />
auch die zum Tastereinsatzwechsel benötigte Zeit an<br />
ihre Grenzen stießen. Mit den PH20-Schaltköpfen<br />
konnten die Zykluszeiten um 50 % und mehr reduziert<br />
werden<br />
Shopfloor-Lösung mit Equator<br />
Renishaw hat zur Control 2019 die Zusammenarbeit mit Wenzel in den Feldern Shopfloor und Koordinatenmesstechnik<br />
verstärkt. Das Equator-Prüfgerät von Renishaw kann nun auch direkt über die Wenzel Software WM|Quartis<br />
zur Programmierung und Auswertung angesteuert werden. Zudem ist der Equator nun auch Teil des Portfolios von<br />
Wenzel. „Die direkte Anbindung an die Wenzel Software ist ein wichtiger Schritt, um das Lösungsangebot für Anwender<br />
im Shopfloor-Bereich auszuweiten“, sagte Rainer Lotz, Vice President EMEA bei Renishaw.<br />
Gleichzeitig stellte Wenzel auf der Control mit der SF 55 eine neue kompakte Portalmessmaschine für den Einsatz<br />
direkt in der Produktion vor. Dieses Maschinenkonzept bietet wie die größere SF 87 ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis<br />
bei geringem Platzbedarf. Hohe Verfahrgeschwindigkeiten und Beschleunigungen sorgen für einen<br />
hohen Messdurchsatz. Durch die gute Zugänglichkeit und die Schnittstelle zum Wenzel-Automation-Interface<br />
ist das Shopfloor-Messgerät für die Automation und Integration in die Linie gut geeignet. Über die WM|Quartis<br />
Software können Daten von der SF 55 direkt auf den Renishaw Equator kommuniziert werden. „Die bedienerfreundlichen<br />
Konzepte SF von Wenzel und<br />
Equator von Renishaw decken sehr unterschiedliche<br />
Anwendungsfelder im Shopfloor-Bereich<br />
ab und ergänzen sich optimal.<br />
So können wir über die Hardware hinaus<br />
weitere schlüsselfertige Lösungen bieten,<br />
die uns zum flexiblen Partner für unsere<br />
Kunden machen“ sagte Heike Wenzel, Geschäftsführerin<br />
der Wenzel Group. ■<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
sche Bewegung des Kopfes verwendet wird, können<br />
Punkte schneller und mit einer höheren Präzision und<br />
verbesserten Wiederholgenauigkeit erfasst werden. Außerdem<br />
sind zeitaufwendige Indexierungen des Kopfes<br />
dank der 5-Achsen-Bewegung nicht mehr notwendig.<br />
5-Achsen-Technologie zum Nachrüsten<br />
durch Bewegungen des Messkopfs<br />
Bei der Prüfung von komplexen Bauteilen in Großserie<br />
kommen zunehmend Koordinatenmessmaschinen mit<br />
5-Achsen-Technologien zum Einsatz. Zu den drei Achsen<br />
(X,Y,Z) der Koordinatenmessmaschine lassen sich dabei<br />
eine Dreh- und eine Schwenkachse des Messkopfs für<br />
die Messung simultan steu+ern. Neue Messstrategien<br />
Haben die die Effizienz<br />
des Qualitätssicherungsprozesses<br />
mit Hilfe von Renishaw<br />
deutlich erhöht:<br />
Die EMA-Mitarbeiter<br />
Vittorio Caggiano,<br />
Marco Iannuzzi und<br />
Maurizio Rullo<br />
(v.l.n.r.) in EMAs<br />
Messraum<br />
tion. Das schnelle Kalibriersystem bestimmt die Ausrichtung<br />
von Kopf und Messtaster in einem Arbeitsgang<br />
und ermöglicht Messungen von allen Seiten.<br />
Messsoftware Modus einschließlich<br />
Simulation und Kollisionserkennung<br />
Maurizio Rullo, Programmierer für die Koordinatenmessgeräte bei<br />
EMA, bei der Arbeit mit dem Equator. Die Prüfzeiten von Großserienteilen<br />
konnte der italienische Luftfahrt-Zulieferer mit dem Equator<br />
stark reduzieren<br />
werden möglich und die Zugänglichkeit der Merkmale<br />
signifikant verbessert. Das Interessante dabei: Die<br />
5-Achsen-Technologie lässt sich auf bestehende Koordinatenmessmaschinen<br />
nachrüsten.<br />
Die unbegrenzten Positioniermöglichkeiten des<br />
PH20 garantieren EMA heute einen optimalen Zugang<br />
zu Merkmalen bei minimalen Tastereinsatzwechsel. Die<br />
simultane Bewegung in fünf Achsen ermöglicht Messungen<br />
größerer Werkstücke auf dem Koordinatenmessgerät,<br />
da der für die Kopfrotation benötigte Platz<br />
um das Werkstück herum minimal ist. Der PH20 richtet<br />
sich automatisch zum Werkstück-Koordinatensystem<br />
aus und vermeidet somit die Kollision von Messtastern.<br />
Außerdem muss EMA dadurch keine komplexen Spannvorrichtungen<br />
verwenden.<br />
Das für den PH20 Schaltkopf speziell entwickelte Kalibrierverfahren<br />
bestimmt Kopfausrichtung und Messtasterposition<br />
in einem einzigen Arbeitsgang und ermöglicht<br />
nachfolgende Messungen in jeder Winkelposi-<br />
Dank der Modus Messsoftware wurden<br />
komplexe Messungen und die Programmierung<br />
von Messzyklen vereinfacht. Mit<br />
der Software können anspruchsvolle Programme<br />
offline entwickelt werden – direkt<br />
vom CAD, mit Simulation, Kollisionserkennung<br />
und Bildschirmprüffunktionen<br />
des Messpfads. Hierdurch wird die Maschinenausfallzeit<br />
minimiert. Das Programm<br />
kommt einsatzbereit an die Maschine und die<br />
Prüfzeiten werden auf ein Minimum reduziert beziehungsweise<br />
komplett vermieden.<br />
Daneben hat EMA in ein flexibles Equator Prüfgerät<br />
von Renishaw investiert, mit dem Geometrie und Form<br />
von Teilen in Großserien schnell und effizient überprüft<br />
werden können. „Dank des Renishaw Equator konnten<br />
wir alle notwendigen Prüfungen an bestimmten Komponenten<br />
zusammentun, die wir vorher mit verschiedenen<br />
Messgeräten durchführen mussten. Aufgrund dessen<br />
waren wir in der Lage, die Prüfzeiten von Großserienteilen<br />
stark zu reduzieren“, fügt Rullo hinzu. ■<br />
Webhinweis<br />
Wie schnell ein 5-Achsen-Messsystem mit dem<br />
PH20-Schaltkopf arbeitet, sehen Sie in diesen beiden<br />
Videos von Renishaw:<br />
http://hier.pro/ebubO<br />
http://hier.pro/DtUR8<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 23
Veranstalter:<br />
FORUM<br />
Virtual und<br />
Augmented Reality<br />
2. Juli 2019<br />
Technology Academy<br />
Hannover Messe<br />
Augmented Reality, Virtual Reality<br />
in der Industrie<br />
Weniger Stillstand mit Mixed RealityThemen<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Jetzt Partner<br />
werden!<br />
Mehr Infos unter:<br />
https://industrieanzeiger.industrie.de/<br />
forum_vr_ar/<br />
Powered by<br />
24 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
Eine Sonderausgabe von<br />
TAGUNGSBAND<br />
Qualitätssicherung<br />
in der additiven Fertigung<br />
SONDERAUSGABE/SONDERTEIL<br />
21. Februar 2019 Fraunhofer IPA, Stuttgart<br />
Expertenwissen zu den<br />
Themen Qualitätsmanagement,<br />
Recht<br />
sowie Mess- und<br />
Prüftechnik<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 25
:: Qualitätssicherung in der additiven Fertigung<br />
Rund 80 Besucher kamen nach Stuttgart<br />
in die Räumlichkeiten des Fraunhofer IPA<br />
Fotos: Steffen Schmid<br />
Forum Qualitätssicherung in der additiven Fertigung<br />
Viele Einflussfaktoren im<br />
3D-Druck<br />
Die additive Fertigung stellt eine Herausforderung für die Qualitätssicherung dar. Darüber und<br />
über die möglichen Lösungen diskutierten Experten aus Industrie und Wissenschaft auf dem<br />
zweiten Fachforum „Qualitätssicherung in der additiven Fertigung“, das <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> und<br />
Fraunhofer IPA gemeinsam veranstalten.<br />
Die Autoren<br />
Sabine Koll<br />
Markus Strehlitz<br />
Redaktion<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong><br />
Additive Fertigung sei wie ein Kind, das vor der Pubertät<br />
steht und noch keine Ahnung von Sex hat, sagte Steffen<br />
Hachtel, Geschäftsführender Gesellschafter von F. & G.<br />
Hachtel in seiner Keynote. „Alle wollen es, aber keiner<br />
weiß genau, wie es geht“.<br />
Das Unternehmen F. & G. Hachtel aus Aalen hat seine<br />
Wurzeln im Spritzgießen und hat bereits verschiedene<br />
additive Verfahren mit Kunststoff getestet. „Mit dem<br />
Resultat: Verkaufen können wir die Teile eigentlich<br />
nicht“, stellt der Geschäftsführer fest. Sein Ziel ist es,<br />
technisch funktionale Bauteile wie etwa Ersatzteile additiv<br />
zu produzieren – und das in der gleichen Qualität<br />
wie Spritzgieß-Bauteile. „Unsere Kunden haben ihre<br />
Qualitätsanforderungen hinsichtlich Oberfläche, Formtreue<br />
und mechanisch-thermischem Eigenschaftsprofil“,<br />
sagt Hachtel. „Da kann man nicht argumentieren:<br />
Das kommt aus dem 3D-Drucker, das geht nicht besser.“<br />
Hachtel nutzt jetzt das Hot Lithography Verfahren<br />
von Cubicure, einem Start-up aus Wien. Dabei werden<br />
hochviskose, hochmolekulare Harze verarbeitet. Noch<br />
verfügt Hachtel nicht über Langzeiterfahrungen. „Aber<br />
die Qualität der Bauteile scheint der von Spritzgießteilen<br />
am nächsten zu kommen“, so Hachtel.<br />
Doch auch hier kommen Maßhaltigkeit oder andere<br />
Qualitätsparameter nicht „out of the box“: Um reproduzierbare<br />
Ergebnisse zu erhalten, wählt das Unternehmen<br />
ein pragmatisches Vorgehen. Dabei ist für den Geschäftsführer<br />
klar, dass man die gesamte Prozesskette<br />
beherrschen muss. Um dies gegenüber Kunden nachzuweisen,<br />
strebt Hachtel eine entsprechende Zertifizierung<br />
durch den TÜV für das Hot Lithography Verfahren<br />
an.<br />
Am Anfang stand dabei die Qualifizierung der Anlage.<br />
„Man muss wissen, wie genau die Anlage arbeitet.<br />
Daher kommt man um eine Kalibrierung der Anlage mit<br />
Skalierungsfaktoren nicht herum. Das ist für jedes Verfahren<br />
notwendig“, stellte Hachtel klar.<br />
Zwei bis drei Monate dauerte dieser Schritt bei der<br />
Cubicure-Maschine. Doch das hat sich gelohnt: Hachtel<br />
erzielt damit heute reproduzierbare Bauteilgenauigkei-<br />
26 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
ten, die sich im Bereich von 0,02 bis 0,03 mm bewegen.<br />
Hinsichtlich Präzision liegen die Maße im Bereich zwischen<br />
0,05 und 0,06 mm. Von Vorteil ist dabei laut<br />
Hachtel, dass sein Unternehmen über einen Computertomograph<br />
verfügt, mit dem sich Ergebnisse sehr<br />
schnell qualifizieren lassen.<br />
Machine Learning sichert Produktqualität<br />
Wie komplex das Thema Qualitätssicherung in der additiven<br />
Fertigung ist, machte Simina Fulga-Beising deutlich.<br />
Sie ist Senior Scientist in der Abteilung Bild- und<br />
Signalverarbeitung am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik<br />
und Automatisierung (IPA).<br />
Unabhängig von den additiven Verfahren gebe es unzählige<br />
Faktoren, die gleichzeitig einen direkten Einfluss<br />
auf die Qualität der gefertigten Bauteile hätten, so Fulga-Beising.<br />
Jeder dieser Faktoren lässt sich grob einem<br />
der Bereiche Daten, Equipment, Material, Produktion<br />
und Batch oder Post-Processing zuordnen.<br />
Sie sieht dabei großes Potenzial für Methoden der<br />
künstlichen Intelligenz. „Der Einsatz von Machine-Learning-Verfahren<br />
kann ein kontinuierliches Gleichgewicht<br />
der Qualitätseinflussfaktoren und somit eine selbstorganisierte<br />
Produktqualität durch Selbstkontrolle und<br />
Selbstregelung sichern“, sagte die Wissenschaftlerin.<br />
Mit dem Einflussfaktor Material beschäftigte sich<br />
Manfred Schmid, Leiter R&D SLS am Innovation Center<br />
for Additive Manufacturing Switzerland der ETH Zürich.<br />
Die Dichte und Oberflächenbeschaffenheit des verwendeten<br />
Pulvers habe großen Einfluss auf die Qualität des<br />
Bauteils.<br />
Anwendern von additiven Verfahren konnte er in diesem<br />
Zusammenhang eine nützliche Empfehlung geben.<br />
Blatt 1.1 der VDI 3405 beschäftige sich mit der Materialqualifizierung<br />
und könne als Hilfestellung dienen, so<br />
Schmidt. Sie stellt auch die Basis einer entsprechenden<br />
ISO-Norm dar, die sich zurzeit noch im Entwicklungsstadium<br />
befindet.<br />
Daneben erläuterte er zwei Messverfahren für die<br />
Überprüfung der Pulverqualität: den Melt Flow Index<br />
sowie die Hausnerzahl als dimensionelle Kennzahl zur<br />
Charakterisierung von Pulvern. Beide seien geeignete<br />
Verfahren, müssten aber jeweils vor dem Hintergrund<br />
der spezifischen Anwendung betrachtet werden.<br />
Doch nicht nur das Pulver hat Einfluss auf die Qualität.<br />
Bereits bei der Produktgestaltung lässt sich auf die<br />
Qualität hinwirken. So zeigte Volker Junior, wie schon<br />
fertigungsgerechte Konzeption und Konstruktion helfen,<br />
die Hürden bei der Implementierung von additiver<br />
Fertigung zu überwinden.<br />
„Dabei sollte man nicht überlegen, wie man additive<br />
Fertigung für bestehende Produkte nutzen kann – sondern<br />
umgekehrt, wie uns additive Fertigung bei neuen<br />
Save the Date<br />
Das 3. Forum „Qualitätssicherung in der additiven<br />
Fertigung“ findet am 19.02.2020 in Stuttgart statt –<br />
erneut in Kooperation mit dem Fraunhofer IPA und<br />
mit einer Vorabendveranstaltung bei Renishaw.<br />
Renishaw stimmte auf das Event ein<br />
Eingeläutet wurde das Forum am 20. Februar 2019<br />
ab 17 Uhr mit einem Vorabend-Event bei Renishaw<br />
in Pliezhausen. Kernkompetenz von Renishaw ist<br />
die industrielle Messtechnik, doch baut das Unternehmen<br />
sein Geschäftsfeld für generative Fertigung<br />
stark aus: Dazu gehören Laser-Fertigungssysteme<br />
und Dienstleistungen im Solution Center für<br />
generative Fertigung, in dem die Abendveranstaltung<br />
stattfand.<br />
Geschäftsführer Heiko Müller gab einen Überblick<br />
über die additive Fertigung bei Renishaw. Jan Linnenbürger,<br />
Leiter Messtechnik und Qualitätssicherung,<br />
sprach über optimale Prozessketten in der<br />
additiven Fertigung. Anschließend wurde eine<br />
Führung in Kleingruppen durch das Solution Center<br />
angeboten, geführt von Experten der Abteilung Additive Manufacturing.<br />
Der Abend klang mit Networking und einem entspannten schwäbischen<br />
Abendessen aus.<br />
■<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 27
:: Qualitätssicherung in der additiven Fertigung<br />
Steffen Hachtel berichtete aus der Praxis des 3D-Drucks<br />
Simina Fulga-Beising,<br />
Fraunhofer IPA, sieht in<br />
Machine Learning großes<br />
Potenzial, um die<br />
Produktqualität zu sichern<br />
Probleme helfen kann“, so Junior, der als Geschäftsführer<br />
des Ingenieurdienstleisters Phoenix tätig ist. Er ist sicher:<br />
„Die meisten Probleme der Qualität in der additiven<br />
Fertigung gehen auf die Weiterverwendung von<br />
Produktkonzepten zurück, die für andere Fertigungsverfahren<br />
optimiert wurden. Notwendig ist aber eine funktionsorientierte<br />
Neukonzeption.“<br />
Dazu gehören laut Junior im ersten Schritte Funktionsanalysen<br />
unter unterschiedlichen Perspektiven –<br />
nämlich der Benutzungsfunktion (wie geht ein Anwender<br />
mit dem Produkt um) über die technische Funktion<br />
(was muss das Produkt können) und daraus abgeleitete<br />
Funktionen.<br />
Branchenübergreifende ISO-Norm ist in Arbeit<br />
„Wir stellen klare Anforderungen an unsere 3D-Druck-<br />
Partner“, sagte Sven Gaede, Deutsche Bahn<br />
Normen und Standards sind ein weiteres wichtiges Thema<br />
in der Qualitätssicherung. Das verdeutlichten Sven<br />
Gaede, bei der Deutsche-Bahn-Tochter DB <strong>Engineering</strong><br />
& Consulting tätig, und Gregor Reischle, Head of Additive<br />
Manufacturing bei TÜV Süd Product Service.<br />
„Wir stellen klare Anforderungen an unsere<br />
3D-Druck-Rahmenvertragspartner“, berichtete Gaede.<br />
„Diese müssen nach gewissen Qualitätsstandard-Niveaus<br />
arbeiten. Doch diese Qualitätsstandards gibt es<br />
bis heute nicht wirklich. Damit unsere Dienstleister das<br />
Wissen erlangen, pushen wir diese gesamte Thematik<br />
seit Jahren.“<br />
Dabei geht es der Bahn um Reproduzierbarkeit und<br />
Qualität – also Qualitätssicherung, Dokumentation und<br />
Mitarbeiterqualifikation – sowie um Zuverlässigkeit<br />
und Verfügbarkeit von Maschinen und Prozessen. Daher<br />
arbeitet die Bahn gemeinsam mit dem TÜV Süd und anderen<br />
Partnern an einer branchenübergreifenden DIN<br />
SPEC 17071 „Anforderungen an die Herstellung von<br />
Bauteilen mittels additiver Fertigung – Leitfaden für<br />
qualitätsgesicherte Prozesse bei additiven Fertigungszentren“.<br />
Das Dokument erscheint laut Reischle im April und<br />
richtet sich an Dienstleister und Auftraggeber von additiver<br />
Fertigung. Das Ziel ist ein ISO-Level-Standard. Dabei<br />
handelt es sich um ein Prüfprogramm mit 250 Fragen,<br />
die von der Unternehmensführung über das Auftrags-<br />
und Produktionsmanagement und die eigentliche<br />
additive Fertigung bis hin zur Nachbearbeitung reichen.<br />
Nachweise müssen in Form von Laufkarten und<br />
anderen Dokumentationen erbracht werden.<br />
28 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
Manfred Schmid von der<br />
ETH Zürich sprach über<br />
das Pulver als wichtige<br />
Einflussgröße<br />
Laut Volker Junior, Phoenix, können Hürden schon bei<br />
Konzep tion und Konstruktion ab gebaut werden<br />
„Produkthaftungsnormen<br />
sind wichtig“, so<br />
Daniel Wuhrmann,<br />
Reusch Rechtsanwälte<br />
Ein neuer ISO-Level-Standard war Thema von Gregor<br />
Reischle, TÜV SÜD Product Service<br />
„Der Qualitätssicherungsprozess muss vor allem gelebt<br />
werden, das fordern wir bei einem Audit ein“, sagt<br />
Reischle. Die ersten Dienstleister der Bahn sind bereits<br />
zertifiziert beziehungsweise befinden sich derzeit im<br />
Audit.<br />
Um Dokumentation ging es unter anderem auch<br />
beim Vortrag von Rechtsanwalt Daniel Wuhrmann von<br />
der Kanzlei Reuschlaw. Er berichtete zum Beispiel, dass<br />
Dokumentationen in vielen Fällen von den Unternehmen<br />
vernachlässigt würden. Das beziehe sich auf Produktionsabläufe<br />
ebenso wie auf Erprobungs- und Entwicklungsprozesse.<br />
Hinzu kommt: Besonders in arbeitsteiligen Prozessen,<br />
in denen also viele verschiedene Player involviert<br />
sind, fehlen häufig eindeutige vertragliche Regelungen,<br />
die festlegen, wer wofür verantwortlich ist. Solche Prozesse,<br />
in denen zum Beispiel Auf gaben an Dienstleister<br />
abgegeben werden, sind gerade beim 3D-Druck häufig<br />
anzutreffen.<br />
Eine wichtige Rolle spielt natürlich das Thema Produkthaftung.<br />
Und auch das ist nicht trivial. „Die Produkthaftungsnormen,<br />
die Ansprüche von Geschädigten<br />
gegenüber Herstellern definieren, sind komplex und<br />
wichtig“, so Wuhrmann. „Zu verstehen, ob das eigene<br />
Produkt als solches im Sinne der gesetzlichen Regelungen<br />
gilt, wer Hersteller ist und welche Pflichten mit welcher<br />
Funk tion einhergehen, ist elementares Grund -<br />
wissen.“<br />
■<br />
Mehr zum Event<br />
Weitere Fotos vom Forum sowie das<br />
Programm finden Sie auf der Webseite<br />
von <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong>:<br />
http://hier.pro/MdTcV<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 29
:: Qualitätssicherung in der additiven Fertigung<br />
Zerstörungsfreie Prüfmethoden sind gefragt<br />
CT setzt sich zunehmend durch<br />
In aller Munde ist das Additive Manufacturing von funktionalen Kunststoffbauteilen in kleinen<br />
individuellen Serienstückzahlen oder für den Ersatzteilbereich. Die Anforderungen an geeignete<br />
Technologien zur Qualitätssicherung erweisen sich dabei als sehr vielfältig.<br />
Diese Schalthebel wurden<br />
bei Hachtel additiv<br />
aus Kunststoff und Titan<br />
gefertigt. Dabei werden<br />
CT-Aufnahmen für den<br />
Soll-Ist-Vergleich genutzt<br />
Bilder: Hachtel<br />
Der Referent<br />
Steffen Hachtel<br />
Geschäftsführender<br />
Gesellschafter,<br />
F. & G. Hachtel<br />
www.fg-hachtel.com<br />
Die generative Fertigung wird erwachsen. Historisch<br />
hat sich das Additive Manufacturing aus dem „Rapid<br />
Prototyping“ entwickelt. An funktionale Serienbauteile<br />
werden allerdings deutlich höhere Anforderungen gestellt<br />
als an Prototypbauteile. Während letztere vornehmlich<br />
im Entwicklungs- und Erprobungsbereich<br />
zum Einsatz kommen, also auch versagen dürfen, müssen<br />
sich additiv gefertigte Funktionsteile denselben Fragen<br />
nach Produkthaftung und Gewährleistung stellen,<br />
die den konventionellen Fertigungstechnologien wie<br />
dem Spritz- oder Druckgießen wohlbekannt sind.<br />
Die Sicherstellung der geforderten Funktion und die<br />
Forderung nach einer reproduzierbaren Fertigung muss<br />
dabei ebenso gewährleistet werden, wie die Qualifizierung<br />
einzelner Bauteile. Es setzt sich zunehmend die Erkenntnis<br />
durch, dass der Druckprozess selbst nur ein<br />
Baustein unter vielen Aspekten einer erfolgreichen Prozesskette<br />
darstellt.<br />
Die Anforderungen an geeignete Technologien zur<br />
Qualitätssicherung sind dabei vielfältig. Aufgrund der<br />
geringeren Stückzahlen müssen fast zwingend zerstörungsfreie<br />
Prüfmethoden zum Einsatz kommen, die Verfahren<br />
müssen in die digitale Prozesskette integrierbar<br />
sein. Zudem stellen die komplexen Geometrien die Messung<br />
und Beurteilung, zum Beispiel der Formtreue,<br />
ebenfalls vor eine Herausforderung. Die industrielle<br />
Computertomographie (CT) erfüllt diese Voraussetzungen.<br />
Seit über zehn Jahren nutzt Hachtel die industrielle<br />
CT zur Qualifizierung von Spritzgießartikeln und Baugruppen<br />
aus Kunststoff. Dabei fließt jahrzehntelange<br />
Erfahrung aus allen Prozessen der Kunststoffverarbeitung<br />
in die Qualifizierung mit ein.<br />
Hachtel ist eines von vier Unternehmen weltweit,<br />
das qualifiziert ist, additiv gefertigte Bauteile für Airbus<br />
mittels CT zu prüfen. Sechs Mitarbeiter beschäftigen<br />
sich in Aalen ausschließlich mit der CT. Herzstück der<br />
Abteilung sind fünf CT von GE und Nikon mit einem<br />
Scanbereich bis 600 mm Durchmesser und eine maximalen<br />
Höhe von 800 mm.<br />
Die Herausforderungen bei Spritzgießbauteilen ähneln<br />
sehr denen additiv gefertigter Bauteile: Schwindung<br />
und Verzug beinträchtigen die Maßhaltigkeit.<br />
Dank der CT kann ein digitaler Zwilling des realen Bauteils<br />
erstellt werden, der die Basis für alle Messaufgaben<br />
liefert. Durch Soll-Ist-Vergleiche und eine vereinfachte<br />
Darstellung der Formabweichung durch Fehlfarben<br />
kann die Formtreue sehr schnell ermittelt werden. Auch<br />
die Bewertung von montierten Baugruppen ist möglich.<br />
Schließlich ermöglicht nur die CT ein Blick ins BauteiIinnere,<br />
was gerade bei den oft sehr komplexeren Geometriestrukturen<br />
– einer der Vorteile additiv gefertigter<br />
Bauteile – extrem wichtig ist. Auch zur Beurteilung der<br />
Gefügestruktur additiv gefertigter Bauteile aus Metall<br />
wird die CT eingesetzt, falls es die Wanddicken und der<br />
eingesetzte Werkstoff erlauben. Hier sind bezüglich der<br />
Messtechnik allerdings noch Grenzen gesetzt, sodass<br />
hier auch andere Technologien, wie die Streifenlichtprojektion<br />
oder die Laserscantechnik, zum Einsatz kommen.<br />
Die Qualifizierung der Bauteile mittels der CT steht<br />
zwar am Ende der Prozesskette, dennoch liefert sie<br />
wertvolle Hinweise für die Optimierung der zweiten<br />
großen Baustelle der additiven Fertigung, nämlich der<br />
Reproduzierbarkeit der Bauprozesse. Die Skalierung zu<br />
größeren Stückzahlen kann nur gelingen, wenn die Prozesskonstanz<br />
und eine reproduzierbare Qualität gegeben<br />
sind. Dank der schnellen Erfassung der Daten mittels<br />
CT ist es möglich, umfassende Rückschlüsse auf die<br />
Einflüsse der Bauparameter zu ziehen und beispielsweise<br />
mit einer Simulation abzugleichen. Bei Hachtel werden<br />
CT Analysen auch dazu genutzt, die Fertigungsanlagen<br />
zu kalibrieren, um noch genauere Bauteile zu erzeugen.<br />
So ist es gelungen, mit dem Hot-Lithographie-Verfahren<br />
hochpräzise Kunststoffbauteile mit exzellenten<br />
Oberflächen zu drucken, die der Qualität von Spritzgießteilen<br />
sehr nahe kommen.<br />
■<br />
30 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
Being<br />
sure.<br />
Your <strong>Quality</strong> Network<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
www.zeiss.de/messtechnik<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 31
:: Qualitätssicherung in der additiven Fertigung<br />
Einflussfaktoren auf die Qualität additiv gefertigter Bauteile<br />
Zugesicherte, wiederholbare<br />
Eigenschaften<br />
Für additive Fertigungsprozesse sind zugesicherte, wiederholbare Eigenschaften und Toleranzen<br />
ein ausführbarer Traum – solange wir verfahren-, prozess-, maschinen- und produktklassenspezifisch<br />
agieren, und die Wucht der Kombination von maschinellem Lernen und Sehen in der<br />
Anwendung nutzen.<br />
Entlang der entsprechend einzuhaltenden<br />
Prozessschritte gibt es zahlreiche<br />
Faktoren, die einen direkten Einfluss<br />
auf die Qualität und Reproduzierbarkeit<br />
von additiv gefertigten Bauteile<br />
haben Bilder: Fraunhofer IPA<br />
Die Referentin<br />
Dr. Simina Fulga-Beising<br />
Senior Scientist,<br />
Abteilung Bild- und<br />
Signal verarbeitung,<br />
Fraunhofer IPA<br />
www.ipa.fraunhofer.de<br />
Bei der Additiven Fertigung sind hochqualitative, passende<br />
Materialien kein Garant für gute Produkte, wenn<br />
zum Beispiel die Prozessparameter nicht stimmen.<br />
Gleichzeitig aber können schlechte Materialien durch<br />
eine gekonnte Auswahl der Prozessparameter sehr gut<br />
verarbeitet werden. Entlang der entsprechend einzuhaltenden<br />
Prozessschritte gibt es zahlreiche Faktoren, die<br />
einen direkten Einfluss auf die Qualität und Reproduzierbarkeit<br />
der gefertigten Bauteile haben:<br />
• Daten & Datenhaltung (fertigungsgerechte, verfahren-<br />
und materialspezifische Gestaltung und Aufbereitung<br />
der 3D-Daten)<br />
• Equipment (Verschleißteile oder Kalibrierung)<br />
• Material (Fließfähigkeit, Degradationsgrad)<br />
• Produktion & Batch (Prozess- oder Prozesssteuerungsparameter)<br />
• Post-Processing (Produktentnahme, Säuberung und<br />
Nachbearbeitung)<br />
Welche Faktoren beeinflussen die Qualität additiv<br />
gefertigter Bauteile am stärksten? Eine eindeutige Bewertung<br />
dieser Faktoren ist nur dann sinnvoll, wenn sie<br />
verfahrens-, prozess- und produktklassenspezifisch erfolgt.<br />
Dieser Bewertungsprozess kann in folgenden<br />
Schritten realisiert werden:<br />
• Identifikation, Risikobewertung und Auswahl wirtschaftlich<br />
relevanter qualitätsbeeinflussender Faktoren<br />
• Identifikation und Erfassung geeigneter Messgrößen<br />
inklusive messdatenbasierter Kennwertebildung<br />
• statistische Versuchsplanung und -auswertung zur<br />
Bestimmung der Korrelation der qualitätsbeeinflussenden<br />
Parameter zu den Bauteileigenschaften<br />
Einer der vier Grundsätze der Qualität nach Philip<br />
Bayard Crosby definiert die Qualität als Erfüllung von<br />
Anforderungen. Allgemein können wir die Anforderungen<br />
an die AF-Prozesse beziehungsweise -Produkte über<br />
die Genauigkeit, die Oberflächenqualität sowie mechanische<br />
und thermische Eigenschaften, Reproduzierbarkeit<br />
und verwertbare Prozessstabilität definieren. Apostrophieren<br />
wir die Qualität additiv gefertigter Bauteile,<br />
dann beziehen wir uns auf zugesicherte, wiederholbare<br />
Eigenschaften und Toleranzen, die nur dann erreicht<br />
werden können, wenn ein Gleichgewichtzustand der<br />
Qualitätseinflussfaktoren eintritt. Ändert sich einer dieser<br />
Faktoren, stellt sich die Frage: Wie müssen alle anderen<br />
Qualitätseinflussfaktoren angepasst werden, um<br />
das „Gleichgewicht“ wiederherzustellen? Mit dem genannten<br />
Bewertungsprozess verfügen wir am Ende<br />
über dedizierte Kennwerte zur Bewertung der qualitätsbeeinflussenden<br />
Faktoren. Die zugehörigen kritischen<br />
Kennwerte beziehungsweise Qualitätsdaten werden<br />
von einer spezifischen Sensordatenerfassungsplattform<br />
geliefert. Der wichtigste Schritt für die Wiederherstellung<br />
des „Gleichgewichts“ ist aber die intelligente Qualitätsdatenfusion<br />
und Auswertung der akquirierten<br />
Qualitätsdaten. Hierfür können Verfahren des Maschinellen<br />
Lernens (ML) in Betracht gezogen werden, um automatisch<br />
komplexe Zusammenhänge zu erkennen und<br />
ein kombiniertes, aussagekräftiges Ergebnis für einen<br />
regelnden Eingriff in die Prozess- und Maschinensteuerung<br />
zu erzielen.<br />
■<br />
32 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
Anzeige<br />
Laserstrahldiagnose in der Additiven Fertigung<br />
Maximale Freiheit,<br />
minimale Abweichung<br />
Die Freiheit in der Bauteilgestaltung macht Additive<br />
Manufacturing (AM) zum Innovationsmotor. Auf dem Weg<br />
zur Serienfertigung mit AM-Anlagen wird die reproduzierbare<br />
Messung der Laserstrahlen zur Herausforderung.<br />
Messung in AM-Anlage der Fraunhofer-Einrichtung für<br />
Additive Produktionstechnologien IAPT<br />
Quelle: IAPT<br />
Sowohl in der Entwicklung als auch in<br />
Produktion und Wartung von AM-Anlagen<br />
gilt es zukünftig weitaus mehr Laserparameter<br />
in kürzester Zeit zu erfassen und<br />
auszuwerten. Sie gewährleisten die Reproduzierbarkeit<br />
der Schichten innerhalb eines<br />
Bauteils, zwischen mehreren Laserquellen<br />
in einer Maschine und von Maschine zu<br />
Maschine. Gleichzeitig steigt die Effizienz<br />
aller Prozesse signifikant.<br />
In der Produktion der Bauteile wiederum<br />
profitieren die Anwender ebenso von<br />
schnellen und verlässlichen Messungen:<br />
Vor der aufwendigen Produktion von Groß-<br />
teilen oder Serien stellen schnelle Messungen<br />
sicher, dass alle Laserparameter den<br />
Vorgaben entsprechen. Durchgängige Messtechnik<br />
mit reproduzierbaren Ergebnissen<br />
in Echtzeit sichert somit entscheidende<br />
Vorteile in Justage, Kalibration, Endkontrolle<br />
und Feldservice von AM-Anlagen.<br />
Ophir, eine Marke der Light & Motion<br />
Division von MKS Instruments, entwickelte<br />
basierend auf der berührungslos arbeitenden<br />
BeamWatch Technologie ein eigenes<br />
Messgerät. BeamWatch AM wurde speziell<br />
auf die Anforderungen des Selective Laser<br />
Manufacturing abgestimmt. Es überzeugt<br />
durch kompakte Abmessungen, eine robuste<br />
Bauweise, einfache Bedienbarkeit und die<br />
schnelle Erfassung aller relevanten Messgrößen<br />
inklusive der Fokusverschiebung.<br />
Ophir Spiricon Europe (MKS Instruments)<br />
Christian Dini<br />
Guerickeweg 7, D-64291 Darmstadt<br />
christian.dini@eu.ophiropt.com<br />
www.ophiropt.de<br />
Musterfirma<br />
Musterstadt,<br />
Musterstraße<br />
Telefon 000000<br />
Telefax 000000000<br />
E-Mail: muster@firma.de<br />
www.muster-firma.de<br />
QR-Code<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 33
:: Qualitätssicherung in der additiven Fertigung<br />
Kunststoffpulver für die additive Fertigung analysieren, charakterisieren und qualifizieren<br />
Auf die äußeren Faktoren<br />
kommt es an<br />
Kunststoffe, welche für die pulverbettbasierte additive Fertigung (SLS, MJF, HSS) erfolgreich<br />
eingesetzt werden sollen, müssen eine ganze Reihe unterschiedlicher Charakteristika erfüllen.<br />
Dabei unterscheidet man zwischen intrinsischen und extrinsischen Eigenschaften.<br />
Kunststoffpulver mir<br />
unterschiedlicher Fließfähigkeit<br />
Bilder: Inspire<br />
Der Referent<br />
Dr. Manfred Schmid<br />
Leiter R&D SLS<br />
Innovation Center for<br />
Additive Manufacturing<br />
Switzerland<br />
Inspire/ETH Zürich<br />
www.inspire.ethz.ch<br />
Die „inneren“ Eigenschaften eines Kunststoffs wie zum<br />
Beispiel Schmelz- und Kristallisationspunkt lassen sich<br />
meist gut bestimmen, oft aber von außen nur marginal<br />
beeinflussen beziehungsweise für den Fertigungsprozess<br />
anpassen. Optische Eigenschaften (etwa Absorption)<br />
oder auch die Viskosität der Schmelze gehören<br />
ebenfalls in diese Kategorie.<br />
Für die Verarbeitung von Kunststoffpulvern in pulverbettbasierten<br />
additiven Fertigungsverfahren spielen<br />
allerdings die extrinsischen, von außen eingebrachten<br />
Eigenschaften eine große Rolle. Die Pulververteilung<br />
einerseits, aber viel mehr noch die Geometrie der einzelnen<br />
Pulverkörnchen („Rundheit“) und deren Ober -<br />
flächenstruktur beeinflussen Größen wie Fließfähigkeit<br />
und Fluidisierungsverhalten des Pulvers. Diese Größen<br />
werden stark durch das Pulverherstellungsverfahren<br />
determiniert und sind zentrale Erfolgsfaktoren für die<br />
spätere Bauteilqualität. Eine perfekte und fehlerfreie<br />
Applikation des Pulvers auf dem Baufeld, mit genügend<br />
hoher Pulverdichte hängt von diesen Größen ab.<br />
Wie aber lassen sich nun Größen wie Fließfähigkeit<br />
und Fluidisierbarkeit von Pulvern analytisch so erfassen,<br />
dass die Messergebnisse für die pulverbettbasierte<br />
additive Fertigung aussagekräftig sind? Wie können<br />
Einflüsse wie Feuchtigkeit oder erhöhte Prozesstemperaturen<br />
bei den Messungen berücksichtigt werden? Bei<br />
Inspire wird intensiv an solchen Fragestellungen ge -<br />
arbeitet, um der Industrie in Zukunft validierte Messmethoden<br />
an die Hand zu geben, welche bei der Implementierung<br />
additiver Verfahren in die jeweiligen<br />
Prozessketten als QS-Maßnahmen eingesetzt werden<br />
können.<br />
Bei den Arbeiten zu diesem Thema wurde zum Beispiel<br />
erkannt, dass „klassische“ Kenngrößen zur Bestimmung<br />
der Partikelform wie Zirkularität und Aspektverhältnis<br />
für Pulver zur additiven Fertigung nicht genug<br />
aussagekräftig sind. Bei der Untersuchung vieler unterschiedlicher<br />
AM-Forschungspulver zeigte sich, dass eine<br />
neu eingeführte Größe für die Partikelgeometrie, die sogenannte<br />
Eliptic Smoothness, besser mit dem tatsächlichen<br />
Prozessverhalten der jeweiligen Pulver korreliert.<br />
Alle Arbeiten in diesem Zusammenhang drehen sich<br />
also um die Frage: Wie kann der Anwender Prozesspulver<br />
unter prozessnahen Bedingungen analysieren und<br />
qualifizieren, und welche Aussagekraft besitzen die<br />
gemessenen Werte für die finale Bauteilqualität? Ein<br />
einfacher Ansatz dazu wurden mittlerweile auch von<br />
der „Normierung“ untersucht und die Fließfähigkeit von<br />
Standard-SLS-Pulver mit Hilfe der Hausner-Zahl, also<br />
dem Quotienten aus Schütt- und Stampfdichte des<br />
Pulvers, in eine VDI-Empfehlung (VDI 3405 Blatt 1.1)<br />
übernommen.<br />
■<br />
34 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
Kundenspezifische Systeme<br />
für die Röntgeninspektion<br />
VisiConsult<br />
X-ray Systems & Solutions<br />
VisiConsult ist der führende Anbieter von kundenspezifischen Röntgeninspektionssystemen,<br />
die auf das jeweilige Inspektionsproblem zugeschnitten sind. Mit über 20 Jahren Erfahrung<br />
werden alle Systeme schlüsselfertig in-house entwickelt und gefertigt.<br />
Digitale Radiographie<br />
•<br />
•<br />
•<br />
•<br />
Bildverarbeitungssoftware<br />
Röntgenkabinen<br />
Mobile NDT-Systeme<br />
DICONDE<br />
Computer Tomographie<br />
3D Rekonstruktion und Analysen<br />
Modularer Aufbau<br />
Scans mit hoher Genauigkeit<br />
Schneller in-line CT<br />
•<br />
•<br />
•<br />
•<br />
Automatisierte<br />
Fehlererkunnung<br />
•<br />
•<br />
•<br />
•<br />
Automatisierung<br />
In-line-Röntgeninspektion<br />
Automatisierte Auswertungssoftware<br />
Integriert in Produktionslinien<br />
Servcies<br />
Retrofits<br />
Consulting<br />
Sonderanlagen<br />
Umstieg von Film zu DR<br />
•<br />
•<br />
•<br />
•<br />
VisiConsult<br />
X-ray Systems & Solutions GmbH<br />
Brandenbrooker Weg 2-4<br />
23617 Stockelsdorf<br />
Phone: +49 451 - 290 286 - 0<br />
Fax: +49 451 - 290 286 - 22<br />
info@visiconsult.de<br />
www.visiconsult.com<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 35
:: Qualitätssicherung in der additiven Fertigung<br />
Automatisierte additive Gesamtprozessketten als Baustein in der Qualitätssicherung<br />
Mehr Überwachung – weniger Fehler<br />
Wenn komplementäre Prozesse direkt mit der additiven Fertigung verknüpft werden, können<br />
Synergien entstehen. Die unter Federführung des Fraunhofer IPA und gemeinsam mit<br />
internationalen Partnern entwickelte Anlage Nextfactory ist ein Beispiel für eine solche hybride<br />
Prozesskette mit Inline-Qualitätssicherung.<br />
Die im Projekt entwickelte Anlagen- sowie<br />
Prozesstechnik erlaubt die Herstellung<br />
mikro-mechatronischer Systeme<br />
auf Basis additiver Fertigungsverfahren<br />
Bild: Fraunhofer IPA<br />
Die additive Fertigung gelangte in den letzten Jahren<br />
unter dem Schlagwort 3D-Druck zu großer Bekanntheit.<br />
Aus einer Technologie zur Herstellung von Modellen<br />
und Prototypen hat sich eine Fertigungstechnologie<br />
entwickelt. Dementsprechend stark verändern sich aktuell<br />
die Anforderungen an die additive Technologie,<br />
wodurch die Sicherstellung hoher Qualitätsstandards<br />
über die komplette Prozesskette notwendig wird.<br />
Solche Prozessketten umfassen zusätzlich zum additiven<br />
Kernprozess alle notwendigen vor- und nachgelagerten<br />
Prozesse. Darüber hinaus können große Synergiepotenziale<br />
geschaffen werden, wenn komplementäre<br />
Prozesse direkt mit dem additiven Prozess verknüpft<br />
und somit so genannte hybride Prozessketten aufgebaut<br />
werden. Hierbei erlaubt eine entsprechende Automatisierung<br />
die Minimierung von Fehlerquellen und<br />
bietet die Möglichkeit zur Integration von Methoden zur<br />
Prozessüberwachung entlang der gesamten Prozesskette<br />
und direkt im schichtweisen Aufbauprozess.<br />
Innerhalb des Projekts Nextfactory (gefördert durch<br />
die Europäische Kommission, Grant Agreement Nr.<br />
608985) wurde durch ein internationales Projektteam<br />
unter Leitung des Fraunhofer IPA eine solche hybride<br />
Prozesskette realisiert. Die entwickelte Anlagen- sowie<br />
Prozesstechnik erlaubt die Herstellung mikro-mechatronischer<br />
Systeme auf Basis additiver Fertigungsverfahren.<br />
Hierbei sind ein Modul zur additiven Fertigung<br />
auf Basis der Inkjet-Technologie, ein Modul zur Mikromontage,<br />
ein Modul zur Materialaushärtung sowie ein<br />
Inspektionsmodul in einer hybriden Prozesskette aufgebaut<br />
worden. Der Ansatz erlaubt somit die Fertigung individueller<br />
mechatronischer Systeme wie beispielsweise<br />
Mikrosensoren oder Solar- beziehungsweise Radiomodulen.<br />
Aufbauprozess wird simuliert<br />
Der Referent<br />
Patrick Springer<br />
Gruppenleiter<br />
Abteilung Additive Fertigung<br />
Fraunhofer-Institut für<br />
Produktionstechnik und<br />
Automatisierung (IPA)<br />
www.ipa.fraunhofer.de<br />
Um den eingesetzten 3D-Inkjet-Prozess optimieren zu<br />
können, wurden an der University of Greenwich Simulationsmodelle<br />
entwickelt, mit denen sich der Aufbauprozess<br />
vorab simulieren lässt. Diese Modelle ermöglichen<br />
somit eine Aussage zur resultierenden Bauteilqualität<br />
und dadurch eine gezielte Einstellung von Prozessparametern.<br />
Innerhalb eines Fertigungsauftrags sieht das Konzept<br />
einen rezeptartig aufgebauten Prozessablauf vor,<br />
der die notwendigen Abläufe innerhalb einer Schicht<br />
abarbeitet, Basismaterial und leitfähige Strukturen additiv<br />
aufbaut, notwendige Kavitäten vorsieht und diskrete<br />
elektrische oder elektronische Bauteile integriert.<br />
Hierbei kann das Inspektionsmodul innerhalb des Fertigungsauftrages<br />
beispielsweise genutzt werden, um den<br />
Schichtaufbau zu kontrollieren, die im Druckablauf entstandenen<br />
Kavitäten zu vermessen oder die Lage montierter<br />
Elemente zu erkennen.<br />
Diese Messergebnisse können im Folgeschritt automatisiert<br />
interpretiert werden, sodass Abweichungen<br />
durch Manipulation von Prozessparametern korrigiert<br />
werden können. Somit ist es möglich, den laufenden<br />
Auftrag während des Fertigungsprozesses live zu manipulieren.<br />
Ansätze wie diese zeigen, dass automatisierte Prozessketten<br />
in Kombination mit Methoden zur Qualitätssicherung<br />
neue Fertigungsansätze ermöglichen und<br />
neue Anwendungsfelder mit additiven Fertigungsverfahren<br />
erschlossen werden können. Einen zentralen Aspekt<br />
zur Ermöglichung solcher Ansätze stellen hierbei<br />
Simulationstools sowie Inline-Messtechnik dar. ■<br />
36 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
Produktivitätssteigerung<br />
bei kompromissloser<br />
Qualität.<br />
Mit der Multilasertechnologie mehr Anwendungen in Reichweite bringen.<br />
Die RenAM 500Q verfügt über vier effizient einsetzbare Hochleistungslaser, die die Kosten pro Bauteil reduzieren. Fortschrittliche<br />
Sensorik und Regeltechnik stellen eine beispiellose Prozessführung sicher, um konsistente, erstklassige Bauteile zu fertigen.<br />
Gerne beraten wir Sie in einem persönlichen Gespräch über die Möglichkeiten der Multi-Laser-Additiv-Fertigung von Renishaw.<br />
Für weitere Informationen unter: www.renishaw.de/multi-laser<br />
Renishaw GmbH Karl-Benz Straße 12, 72124 Pliezhausen, Deutschland<br />
T +49 (0)7127 9810 F +49 (0)7127 88237 E germany@renishaw.com<br />
www.renishaw.de<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 37
:: Qualitätssicherung in der additiven Fertigung<br />
Haftungsbereiche der additiven Fertigung<br />
Noch viele offene Fragen<br />
Die Möglichkeiten und Einsatzbereiche der additiven Fertigung steigen stetig, der Bedarf am<br />
Einsatz dieser Technologien wird wachsen, da sind sich alle Betrachter einig. Oft wird jedoch von<br />
den Beteiligten nicht oder zumindest nicht ausreichend berücksichtig, welchen<br />
produktbezogenen Haftungsrisiken sie sich hierbei stellen.<br />
Gesetze hinken der additiven Fertigung häufig noch<br />
hinterher, vieles muss daher interpretiert beziehungsweise<br />
abgewägt werden Bild: wladimir1804/Fotolia<br />
Der Referent<br />
Daniel Wuhrmann<br />
Rechtsanwalt<br />
Reusch Rechtsanwaltsgesellschaft<br />
www.reuschlaw.de<br />
Im Rahmen der haftungsrechtlichen Verantwortung<br />
kann grundsätzlich zwischen vertraglicher und außervertraglicher<br />
Haftung unterschieden werden. Rechtsfragen<br />
der vertraglichen Haftung lassen sich anhand der<br />
Gesetzeslage in Verbindung mit den vertraglichen Vereinbarungen<br />
beantworten.<br />
Man muss sich jedoch darüber im Klaren sein, dass<br />
die gesetzlichen Strukturen oftmals die Technologie der<br />
additiven Fertigung nicht kannten und kennen, man<br />
muss daher oft „interpretieren“ und abwägen. Deshalb<br />
empfiehlt es sich, eindeutige Vereinbarungen mit den<br />
Vertragspartnern zu treffen.<br />
Unabhängig davon, ob nach vertraglichen Maßstäben<br />
eine Haftung in Betracht kommt, sind die (außervertraglichen)<br />
Produkt- und Produzentenhaftungssysteme<br />
von großer Bedeutung. Zu den möglichen Verantwortlichen<br />
zählen neben dem Vorlagenlieferant auch<br />
der CAD-Ersteller sowie der 3D-Drucker selbst.<br />
Die (möglichen) Haftungsadressaten zu definieren,<br />
ist einzelfallabhängig und wird insbesondere nach der<br />
Funktion und Tätigkeit des jeweiligen Partners bestimmt.<br />
Wichtig zu verstehen ist, dass nicht nur der<br />
„klassische“, selbst herstellende Produzent als Hersteller<br />
im Sinne dieser Haftungssysteme in Betracht<br />
kommt, sondern auch der sogenannte Quasihersteller,<br />
der von einem Dritten für sich herstellen lässt und seine<br />
Marken auf dem finalen Produkt anbringt. Gleiches gilt<br />
für den Importeur von Drittlandprodukten in die europäischen<br />
Wirtschaftsraum.<br />
Für die Produzentenhaftung nach § 823 BGB als verschuldensabhängige<br />
Haftung ist der gesamte Produktlebenszyklus<br />
von Relevanz: (planerische) Konstruktion,<br />
Fabrikation, Instruktion und Marktbeobachtung. Der<br />
betroffene Hersteller muss nachweisen können, dass er<br />
in den vorgenannten Bereichen der ihm obliegenden<br />
Sorgfaltspflicht nachgekommen und der dennoch entstandene<br />
Schaden letztlich ein insoweit unvermeidbarer<br />
„Ausreißer“ war.<br />
Das Produkthaftungsgesetz hingegen ist eine verschuldensunabhängige<br />
Gefährdungshaftung und greift<br />
dann ein, wenn das Produkt einen Fehler aufweist, der<br />
einen bestimmten Schaden verursacht hat. Möglichkeiten,<br />
aus der Haftung entlassen zu werden, gibt es insoweit<br />
nur wenige, so zum Beispiel wenn der Schaden verursachende<br />
Fehler daher rührt, dass der Hersteller im<br />
Auftrag eines anderen dessen Konstruktionsvorgaben<br />
lediglich umgesetzt hat.<br />
Im Bereich der additiven Fertigung stellt sich noch eine<br />
Vielzahl ungeklärter, spannender Fragen wie zum<br />
Beispiel: Was ist eigentlich das maßgebliche Produkt<br />
und wer ist Hersteller?<br />
Hierzu nur wenige Beispiele: Der Herstellerbegriff<br />
(vgl. § 4 ProdHaftG) ist generell der Konkretisierung der<br />
Literatur und Praxis überlassen. Abgestellt wird aber regelmäßig<br />
auf eine auf das Produkt zu beziehende „eigenverantwortliche“<br />
Tätigkeit, die Einfluss auf die Produktgestaltung<br />
oder -eigenschaft nimmt.<br />
Geht es beispielsweise um denjenigen, der den<br />
3D-Drucker für das herzustellende Produkt bereitstellt,<br />
ohne dass er Einfluss auf Design und verwendetes Material<br />
hat und ohne das Produkt nachzubessern, ist dieser<br />
womöglich aber mehr Dienstleister als Hersteller.<br />
Auch hat die deutsche Rechtswissenschaft (noch) ein<br />
Problem mit dem Verständnis von Software als Produkt:<br />
Produkte müssen körperlich sein, Software ist es aber<br />
nicht. Man behilft sich zwar oftmals mit Konstrukten<br />
wie der Verkörperlichung der Software im Moment der<br />
Speicherung, „sauber“ ist das allerdings nicht. Und auch<br />
nicht zeitgemäß.<br />
■<br />
38 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
INNOVATIONS<br />
IN METROLOGY<br />
OUR PRODUCTS<br />
Capture Your Part‘s DNA<br />
DIE WENZEL exaCT® COMPUTERTOMOGRAPHEN<br />
LEISTUNGSSTARKE UNIVERSALSYSTEME<br />
MADE BY WENZEL<br />
Die exaCT® Baureihe von WENZEL umfasst drei leistungsstarke industrielle Computertomographen<br />
für die berührungs- und zerstörungsfreie Inspektion von kleinen und großen Bauteilen. Die Computertomographen<br />
vereinen die jahrzehntelange Messtechnik-Erfahrung und die außerordentliche<br />
Qualität von WENZEL mit hoher CT-Entwicklungskompetenz. Die Systeme garantieren beeindruckende<br />
<br />
<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 39<br />
www.wenzel-group.com
DIN SPEC 17071<br />
Leitfaden für industriekonforme<br />
additive Fertigung<br />
Nicht standardisierte Werkstoffe, der frühe Reifegrad einiger Verfahren oder fehlende<br />
Erfahrungswerte mit Kleinserien und in regulierten Branchen führen immer wieder zu<br />
Qualitätsmängeln. Künftig soll eine neue Norm erstmals einheitliche Anforderungen<br />
für die additive Fertigung definieren.<br />
Die Referenten<br />
Gregor Reischle<br />
Sven Gaede<br />
Head of Additive Manufacturing,<br />
TÜV Süd Consulting<br />
DB <strong>Engineering</strong> &<br />
Product Service<br />
www.db-engineeringconsulting.de<br />
www.tuev-sued.de<br />
Eine sogenannte DIN SPEC ist der Vorläufer für eine spätere<br />
ISO/ASTM-Norm und hilft, frühzeitig die Qualitätsanforderungen<br />
an neue Technologien und Verfahren zu<br />
klären. Im Rahmen einer Workshop-Phase erarbeiten aktuell<br />
die Deutsche Bahn, Siemens und MT Aerospace gemeinsam<br />
mit TÜV Süd als Projektleiter die DIN SPEC<br />
17071. Ein solcher Leitfaden ist gerade beim Aufbau<br />
größerer Produktionsstraßen von besonderer Bedeutung.<br />
Aufgrund fehlender Standards, Daten und Erfahrungen<br />
gehen einige Unternehmen hier noch immer<br />
versuchsweise und intuitiv vor. Die Folgen sind mitunter<br />
unvorhergesehene Qualitätsmängel ungeplante Anlagenstillstände<br />
und mangelnde Konformität innerhalb<br />
industrieller Anforderungen.<br />
Als Leitfaden für qualitätsgesicherte Prozesse ist die<br />
DIN SPEC 17071 derzeit in der Entwurfsphase und wird<br />
Mitte des Jahres erscheinen. Die standardisierte technologisch<br />
und operativ nötige Qualitätskontrolle ermöglicht<br />
selbst kleinen und mittleren Unternehmen, eine<br />
industrielle Fertigungsreife aufzubauen. Das minimiert<br />
Risiken und macht die Investitionen in neue Produktionslinien<br />
transparent und kalkulierbar.<br />
Der Leitfaden ist auch grundlegend für Hersteller, die<br />
eine risikominimierte Fertigung für regulierte Branchen<br />
aufbauen wollen von großem Interesse. Dazu zählen die<br />
Luftfahrt, Medizin, Mobilität oder Druckgeräte. Hier<br />
40 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
Qualitätssicherung in der additiven Fertigung ::<br />
Als Leitfaden für qualitätsgesicherte Prozesse der additiven<br />
Fertigung ist die DIN SPEC 17071 derzeit in der<br />
Entwurfsphase und wird Mitte des Jahres erscheinen<br />
Bild: Alexander Limbach/Fotolia<br />
müssen weiter reichende Anforderungen erfüllt werden.<br />
Im Fokus steht die qualitätsgesicherte Materialprüfung<br />
innerhalb des gesamten Produktionsprozesses,<br />
aber auch eine transparent und reproduzierbar dokumentierte<br />
Fertigung, eingeschlossen aller relevanten<br />
Prozessschritte. Hinzu kommen die personellen Zuständigkeiten<br />
und die Ausbildungsreife von zum Beispiel Bedienern,<br />
Ingenieuren, QM-Managern, Vertriebsmitarbeitern<br />
und Projektleitern.<br />
Reproduzierbarkeit sichern<br />
Zu qualifizieren sind vor allem der Betrieb der Anlage,<br />
das Ausgangsmaterial und dessen Management sowie<br />
der Fertigungsprozess selbst. Die Dokumentation sollte<br />
neben der Wartung und der Kalibrierung der Anlagen<br />
und Prozesse auch die Historie zu den Werkstoffen und<br />
Bauteilen einschließen sowie CAD-Prozesse und ein reproduzierbares<br />
Datenhandling. Unabdingbar sind Prozessbeschreibungen<br />
in Form von Arbeitsanweisungen<br />
und Laufkarten – einschließlich der zugehörigen Qualitätskenngrenzen,<br />
also Mindestanforderungen. Die Fertigung<br />
ist mittels Stichproben und Materialanalysen kontinuierlich<br />
zu überwachen.<br />
Um gleichbleibende Qualität über verschiedene<br />
Chargen und Produktionsorte hinweg zu belegen, bietet<br />
TÜV Süd Product Service die Zertifizierung zu einer industriellen<br />
Fertigungsstätte „Additive Manufacturer“<br />
an. Damit haben Unternehmen schon heute die Chance,<br />
sich zu differenzieren und als potenzieller Zulieferer<br />
für qualitativ anspruchsvolle Anwendungen sichtbar<br />
werden. Werkstoffe, Prozesse und Methoden sowie die<br />
Mitarbeiter und Maschinen sind Teil einer qualitätssichernden<br />
Prüfung. Die erfolgreiche Zertifizierung belegt,<br />
dass die Produktqualität reproduzierbar ist sowie<br />
dass der Herstellungsprozess exakt definiert ist. Zudem<br />
kann der Auftragsfertiger sicher sein, dass er alle nötigen<br />
Standards implementiert hat. Eine Zertifizierung<br />
gibt auch dem Einkäufer mehr Sicherheit. Zudem vereinfacht<br />
sie Bestellprozesse und die Lieferantenwahl sowie<br />
den Handel über Ländergrenzen hinweg.<br />
Normentwurf ist Teil der Prüfkriterien<br />
Das Prüfprogramm – mit teils bis zu 250 Kriterien – basiert<br />
bereits auf der DIN SPEC 17071 und anderen entstehenden<br />
(siehe Infobox) sowie bereits veröffentlichten<br />
Standards. Zu den technologieübergreifenden und<br />
branchenrelevanten Normen kommen technologiespezifische<br />
Standards. Beispiele dafür sind die DIN 35224<br />
für die Abnahme von pulverbettbasierten Laserstrahl-<br />
maschinen oder die DIN 65123 zur Prüfung von metallischen<br />
Bauteilen. Auch verschiedene VDI-Blätter zu<br />
Kunststoffbauteilen und dem Laser-Sintern oder Konstruktionsempfehlungen<br />
zählen dazu. Produktzulassungen<br />
bei Sicherheitsbauteilen oder in regulierten<br />
Branchen erfordern spezifische Zusatzprüfungen – wie<br />
das Fallbeispiel zeigt.<br />
Fallbeispiel Deutsche Bahn<br />
TÜV Süd Product Service arbeitet bei der Standardisierung<br />
eng mit der Deutschen Bahn zusammen. Zur Erbringung<br />
von Mobilitätsleistungen für Ihre Kunden im<br />
Personen- und Güterverkehr unterhält die Deutsche<br />
Bahn als größtes Verkehrsunternehmen Mitteleuropas<br />
eine große heterogene Fahrzeugflotte sowie die dazu<br />
nötige Infrastruktur. Für Fahrzeuge und Anlagen verschiedenster<br />
Hersteller, aus diversen Baujahren gilt es<br />
die Teileverfügbarkeit sicherzustellen, um Fahrzeugstillstände<br />
und Anlagenausfälle zu vermeiden. Der additiven<br />
Fertigung kommt bei der Beschaffung abgekündigter<br />
oder schwer beschaffbarer Komponenten eine<br />
wachsende Bedeutung zu.<br />
Die Schaffung von Standards ist in regulierten Industrien<br />
wie der Bahnbranche für die Einführung neuer<br />
Technologien von entscheidender Bedeutung. Daher<br />
war die Entwicklung einer Herstellerzertifizierung für<br />
additive Fertigungszentren mit dem klaren Fokus auf reproduzierbare,<br />
qualitätsgesicherte Prozesse gemeinsam<br />
mit dem TÜV Süd für die Deutsche Bahn ein wesentlicher<br />
Meilenstein. Bei der Entwicklung wurde aber<br />
auch darauf geachtet, eine branchenübergreifende Basis<br />
zu schaffen, um einer Vielzahl von Unternehmen die<br />
Etablierung der additiven Fertigung zu vereinfachen. ■<br />
Weitere Standards entstehen<br />
Neben TÜV Süd Product Service und dem Deutschen Institut für<br />
Normung (DIN NA 145 Additive Fertigung) arbeiten Gremien wie<br />
das Joint Committee von ISO (ISO/TC 261) und ASTM mit unterschiedlichen<br />
Marktteilnehmern an weiteren Standards. Ein Beispiel<br />
ist die PWI 52920 zur Konformitätsbewertung additiver Fertigungsstätten<br />
innerhalb industrieller Fertigungsumgebung. TÜV Süd unterstützt<br />
Unternehmen und Anwender mit Dienstleistungen, Zertifizierungen,<br />
Trainings und digitalen Services über die gesamte additive<br />
Fertigungskette.<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 41
:: Qualitätssicherung in der additiven Fertigung<br />
Potenziale der Computertomographie für die additive Fertigung<br />
Perfekt durchleuchtet<br />
In der additiven Fertigung lassen sich durch den schichtweisen Aufbau komplexe und<br />
verschiedene Materialien miteinander verbinden. Dies stellt die Teileprüfung sowohl hinsichtlich<br />
Geometrien als auch Materialkonsistenz vor Herausforderungen. Hier bieten Computertomographie-Messgeräte<br />
(CT) eine gute Möglichkeit, die Qualitätssicherung zu unterstützen.<br />
Das Exact S mit einer Leistung von<br />
130 KV und einem Gewicht von circa<br />
450 kg bietet sich als CT-Gerät für<br />
kleine Kunststoff- und Verbundteile<br />
an Bild: Wenzel<br />
Der Referent<br />
Prof. Dr. Heiko<br />
Wenzel-Schinzer<br />
Geschäftsführer/<br />
Chief Digital Officer<br />
Wenzel Group<br />
www.wenzel-group.com<br />
Es gibt sehr unterschiedliche additive Fertigungsverfahren<br />
(AM) mit einer enormen Spannbreite an Kosten für<br />
Drucker und Material. Einige, oft günstige Verfahren erhitzen<br />
Filamente aus Kunststoff, andere verfestigen<br />
Flüssigkeiten zu robusten Körpern oder schmelzen sehr<br />
kostenintensiv mit Laser- oder Elektronenstrahlen Pulver<br />
auf. Gemein ist allen, dass auf der Basis von digitalen<br />
3D-Konstruktionsdaten durch das Ablagern von Material<br />
schichtweise ein Bauteil aufgebaut wird.<br />
Während vor einigen Jahren AM vor allem für den<br />
Prototypenbau eingesetzt wurde, erobert as Verfahren<br />
nun auch den Werkzeugbau und die (Klein-)Serienproduktion.<br />
Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Anforderungen<br />
an die Produkte je nach Nutzung sehr stark<br />
verändern. Während bei den Prototypen viele Herausforderungen<br />
der AM hinsichtlich Stabilität und Genauigkeit<br />
noch akzeptiert werden, erhöht sich der Druck<br />
schon beim Werkzeugbau enorm.<br />
Stabile Geometrien der Werkzeuge sind der Schlüssel<br />
für eine stabile Produktion der Endprodukte. Allerdings<br />
ist es noch nicht so entscheidend, den inneren Aufbau<br />
der gedruckten Teile zu kennen, solange diese ihre Funktion<br />
erfüllen. Die innere Struktur wird aber dann entscheidend,<br />
wenn die gedruckten Teile in Serie gehen<br />
und daher in einer laufenden Nutzung beim Kunden<br />
sind. Vorteile der AM hinsichtlich der bionischen Konstruktion<br />
ermöglichen enorme Gewichtsvorteile, setzen<br />
aber für die Stabilität aber einen fehlerfreien Druck voraus.<br />
Schwierigkeiten mit dem Pulver, dem Laser oder<br />
den Düsen können außen nicht sichtbare, negative Veränderungen<br />
zur Folge haben.<br />
Digitale Bilder aus jedem Winkel<br />
Generell müssen alle industriell gefertigten Bauteile –<br />
so auch die mit AM gefertigten Teile – einer Maßhaltigkeitsprüfung<br />
unterzogen werden. Über die erreichbaren<br />
Genauigkeiten der mit AM hergestellten Produkte ist<br />
(noch) relativ wenig bekannt. Hierbei sind CTs eine sehr<br />
nutzbringende Lösung.<br />
42 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
In der CT wird ein Körper mit Röntgenstrahlen durchleuchtet.<br />
Zur Anfertigung eines CT-Scans wird der Körper<br />
im Strahlengang gedreht. Unter verschiedenen Winkelstellungen<br />
werden einige hundert bis wenige tausend<br />
Röntgenbilder von einem Detektor digital aufgezeichnet.<br />
Am Ende des Scanprozesses liegt das Ergebnis<br />
– die 3D-Materialverteilung – digital im Speicher des<br />
Computers vor.<br />
Mittels CT lassen sich demnach Materialverteilungen<br />
hinsichtlich Ihrer Dichte beziehungsweise Elemente<br />
voneinander unterscheiden. Prinzipiell ließen sich alle<br />
Körper mit diesem Verfahren digitalisieren, jedoch besitzt<br />
das Verfahren physikalische Grenzen. Daher ist es<br />
sehr entscheidend, für die jeweilige Anwendung die<br />
passende CT-Lösung zu suchen.<br />
So bietet zum Beispiel Wenzel für kleine Kunststoffund<br />
Verbundteile mit dem Exact S ein Gerät mit einer<br />
Leistung von 130 KV und einem Gewicht von circa 450<br />
kg an. Für größere Teile – auch aus Metall – bietet Wenzel<br />
das leistungsstarke CT-U mit 300 KV an. Das CT-U<br />
muss jedoch aufgrund der höheren Leistung deutlich<br />
besser abgeschirmt werden und bringt daher bereits<br />
acht bis neun Tonnen auf die Waage.<br />
Strukturelle Fehler werden aufgedeckt<br />
Die erste nutzbringende Anwendung der CT liegt im Gebiet<br />
der zerstörungsfreien Prüfung. Durch die Möglichkeit,<br />
die innere Struktur von Materialien in hochaufgelösten<br />
Bildern darzustellen, lassen sich strukturelle Fehlstellen<br />
leicht erkennen. Dies ist vor allem in der aktuellen<br />
Einführung von AM in die industrielle Nutzung ein<br />
großer Vorteil, schafft diese Prüfung doch Vertrauen bei<br />
Produzent und Kunde für diese Technologie.<br />
Eine weitere Anwendung der CT ist die Montageprüfung.<br />
Die Funktion eines Bauteils zerstörungsfrei im bereits<br />
zusammengebauten Zustand zu verifizieren, ist in<br />
der Regel eine Herausforderung. Auch hier erlaubt die<br />
materialauflösende Abbildung der CT die Beurteilung<br />
der Funktion, ohne das Bauteile zu zerlegen.<br />
In der Verwendung als Koordinatenmessgerät bietet<br />
ein CT die Möglichkeit, nahezu beliebige Geometrien<br />
schnell und genau zu erfassen. Gerade bei hybriden<br />
Bauteilen ist ein CT eine einzigartige Möglichkeit zur Validierung<br />
des Teils im Vergleich zum CAD-Datensatz. Sofern<br />
sich also das Bauteil wegen seiner Dichte und Größe<br />
mit Röntgenstrahlen durchstrahlen lassen, spielt die<br />
Komplexität der Geometrie für die Genauigkeit des CT-<br />
Messverfahrens eine untergeordnete Bedeutung.<br />
CT und AM haben noch eines gemeinsam. Es sind<br />
nicht die schnellsten Produktions- und Messverfahren.<br />
Da AM produktiv eingesetzt werden, scheint die Investition<br />
aber „leichter von der Hand zu gehen“ als die Investition<br />
in ein CT zur Qualitätssicherung.<br />
Transparente 3D-Darstellung eines gedruckten Kunststoffbauteiles mit inneren Poren und<br />
Materialdefekten Bild: Wenzel<br />
Um daher nicht als Engpass der Fertigung im Weg zu<br />
stehen, bieten sich automatisierte Lösungen an, die den<br />
maximalen Durchsatz erlauben. Eine automatisierte<br />
Be- und Entladung nutzt das CT-System dann sehr gut<br />
aus, wenn kleine Serien zu 100 % überwacht werden<br />
müssen. Zudem können mit einem Scan je nach Größe<br />
und Dicke der Teile auch mehrere Teile parallel durchgemessen<br />
werden. Auch hier sind dann Zeit- und Kostenersparnisse<br />
möglich.<br />
CT und AM sind zwei vergleichsweise jungen Technologien,<br />
die sich hervorragend miteinander verbinden.<br />
Während AM neue Strukturen erlaubt, erfolgt die Qualitätsabsicherung<br />
dieser neuen Konstruktionen und Produktionen<br />
durch ein CT.<br />
Auf Basis dieser Ergebnisse werden in Zukunft Korrekturmethoden<br />
für Konstruktionsdaten generiert, welche<br />
sowohl die Maßhaltigkeit, als auch die mechanische<br />
Stabilität von AM gefertigter Teile entscheidende<br />
verbessern können.<br />
■<br />
Webhinweis<br />
Auf der Control 2019 hat Heike Wenzel, geschäftsführende<br />
Gesellschafterin von Wenzel, mit <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong><br />
über die neuen Technologien ihres Unternehmens<br />
und die Digitalisierung in der<br />
Qualitätssicherung gesprochen.<br />
Hier geht´s zum Video:<br />
http://hier.pro/kmM3t<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 43
:: Qualitätssicherung in der additiven Fertigung<br />
CT-Inspektion von additiv gefertigten Bauteilen aus Metall<br />
Erkennt Mängel in Zugproben<br />
Bei der additiven Fertigung kann eine fachgerechte Inspektion durch Aufnahmen mit<br />
Computertomographie (CT) die strukturelle Integrität von Bauteilen aus Metall sicherstellen.<br />
Eine Untersuchung zeigt, wie Röntgenlösungen diesen anspruchsvollen Werkstoffprüfungen<br />
gerecht werden.<br />
2D-Bild der Referenzprobe<br />
mit Standardparametern<br />
(links) und der präparierten<br />
Probe mit sichtbaren Porenbereich<br />
(rechts) Bild: Visiconsult<br />
Der Referent<br />
Frank Herold<br />
Applikationsleiter<br />
Visiconsult<br />
www.visiconsult.de<br />
Als praktisches Anwendungsbeispiel wird eine typische<br />
Fehlerart in der additiven Fertigung herangezogen: Die<br />
mangelnde Verschmelzung beziehungsweise das nicht<br />
richtig erhitzte Pulver in einer oder mehreren Schichten.<br />
Dies geschieht beispielsweise beim selektiven Laserschmelzen<br />
(SLM) von Metallen, wenn die Parametrierung<br />
des Druckers fehlerhaft ist, was zu Schwankungen<br />
der Leistung des Lasers führt.<br />
In einer Studie von Visiconsult wurde der Parametersatz<br />
des Volumens variiert und die Größe der resultierenden<br />
Fehler untersucht. Die Zugprobe, die als Referenz<br />
diente, wurden aus AlSi10Mg-Pulver und dem<br />
Standard-Parametersatz für Aluminium mit 325 W Laserleistung<br />
hergestellt. Bei der Testprobe wurde die Laserleistung<br />
auf vier Schichten auf 225 W reduziert. Für<br />
das CT wurde eine XRH222 mit einer 225 kV Mikrofokusröhre<br />
und einen Matrixdetektor mit 100 μm Pixelgröße<br />
verwendet mit folgenden Parametern: 70 kV, 180<br />
μA, Vergrößerung M=13, 1.000 Projektionen mit acht Integrationen.<br />
Bereits in den 2D-Projektionen wurden die fehlerhaften<br />
Bereiche sichtbar. Die gewählten Einstellungen und<br />
Parameter ergeben eine Voxelgröße von 16 μm, wodurch<br />
in der Seitenansicht mit dem Auge zwischen unvollständig<br />
geschmolzenen Pulvern und dem umgebenden<br />
Material unterschieden werden kann. In der Draufsicht<br />
sind zudem einige Poren in der Referenzprobe zu<br />
erkennen. Um dies zu quantifizieren, wurde eine Porositätenanalyse<br />
angewendet. Dabei werden erkannte Poren<br />
in Abhängigkeit vom Porenvolumen mittels einer<br />
Farbskala visualisiert.<br />
Die 3D-Ansicht zeigt die Form, Ausdehnung und Position<br />
der Poren im Inneren des Volumens. Mit dieser Analysemethode<br />
ist es möglich, statistische Daten über die<br />
Porengröße und -anzahl zu erhalten.<br />
Das Histogramm zeigt die Häufigkeit in Abhängigkeit<br />
vom Durchmesser der erfassten Poren in beiden<br />
Proben. Die Referenzprobe zeigt eine Häufung von Poren<br />
mit einem Durchmesserbereich von 0,05 bis 0,3 mm<br />
und zwei Poren bei 0,4 und 0,6 mm. Die Testprobe zeigt<br />
einen breiteren Bereich mit einer Konzentration zwischen<br />
0,05 mm und 0,6 mm Durchmesser und einer Zunahme<br />
der Gesamtporenzahl. Es gibt auch einige Poren<br />
mit einem größeren Durchmesser von bis zu 2,1 mm.<br />
Somit sind der Bereich, der Durchmesser und die Anzahl<br />
der Poren mit verschiedenen Prozessparametern korreliert.<br />
Die genaue Korrelation wird in zukünftigen Studien<br />
mit einer größeren Stichprobe ermittelt.<br />
■<br />
44 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
Technologien zur Qualitätskontrolle<br />
kommen an vielen Stellen<br />
in der Fahrzeugproduktion zum<br />
Einsatz – vom Motor über die<br />
Batterie bis zur Karosserie, wie<br />
dieses Special zeigt. Ein<br />
Schwerpunkt dabei: die<br />
Prüfung von Schweißnähten<br />
und Schweißpunkten.<br />
SPECIAL<br />
Automobil<br />
Inhalt<br />
46 Oberflächenanalyse<br />
3D-Messtechnik optimiert<br />
Reibung bei VW-Motoren<br />
48 B at t e r i efe r t i g un g<br />
Optisches System sieht Fehler<br />
in feinsten Schweißnähten<br />
50 Sc hwe i ß pu nk t p r üf un g<br />
Kombi aus Ultraschall und<br />
Bildgebung arbeitet smart<br />
Am Außenmeisterbock werden Bauteile im Zusammenbau vor<br />
dem Produktionsstart beurteilt und feinoptimiert. Die Experten<br />
der Qualitätssicherung bei Audi nutzen für ihre Arbeit am Meisterbock<br />
mehr als vierzig verschiedene Messanlagen Bild: Audi<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 45
:: Automobil<br />
Reale Nocke eines Verbrennungsmotors von Volkswagen mit dem Höhenrelief<br />
einer 3D-Oberflächenanalyse im Hintergrund Bilder: Thorsten Sienk/Mahr<br />
3D-Oberflächenmesstechnik bei Volkswagen<br />
Macht Verschleiß sichtbar<br />
Auch wenn sich das Reibungsverhalten von Motoren in den vergangenen 10 bis 15 Jahren<br />
deutlich verbessert hat: Es gibt immer noch Optimierungsmöglichkeiten. Um diese Potentiale<br />
aufzuspüren, nutzt Volkswagen optische 3D-Messtechnik von Mahr und Nanofocus zur<br />
Oberflächenanalyse ihrer Bauteile. Das Ziel: Den Motoren die Reibung weiter abgewöhnen.<br />
Die Autoren<br />
Thorsten Höring<br />
Produktmanager<br />
Jörg Meyer<br />
Global Key Account<br />
Manager<br />
Mahr<br />
www.mahr.com<br />
Verbrennungsmotoren sollen in Zukunft noch leichter,<br />
verbrauchsärmer und umweltschonender unterwegs<br />
sein – und dabei am besten auch noch mehr Leistung<br />
auf die Straße bringen. Ein Weg, dieses ambitionierte<br />
Ziel zu erreichen, eröffnet sich durch den verbesserten<br />
Gesamtwirkungsgrad. Reibungsverluste spielen hierbei<br />
eine wesentliche Rolle. Denn Reibung zu überwinden<br />
kostet Kraft und Reibung erzeugt Wärme, deren Energie<br />
damit nicht mehr für die Bewegung zur Verfügung<br />
steht. Gleichzeitig erzeugt Reibung ungewollte Geräusche,<br />
die bei modernen Autos mit Elektromotor nicht<br />
mehr überlagert werden. Und schließlich führt Reibung<br />
auch zu Verschleiß an den beweglichen Bauteilen eines<br />
Motors. Aus diesen Gründen prüft Volkswagen mit einem<br />
optischen 3D-Verfahren, wo Bauteile aneinander<br />
reiben – und in welcher Intensität.<br />
Im Wesentlichen sind es Vorher-Nachher-Tests, die<br />
Messtechniker Stefan Rubach als Auftrag aus der Motorenentwicklung<br />
erhält. „Uns interessiert, wie ein Bauteil<br />
aussieht, wenn es neu ist und wie nach einem definierten<br />
Testlauf“, erklärt der Ingenieur. Verschleiß auf Oberflächen<br />
werde etwa sichtbar durch rauere oder glattere<br />
Strukturen. „Es können sich aber auch Kerben einarbeiten,<br />
welche die Oberfläche nachhaltig verändern.“<br />
Um solche Veränderungen im Rahmen laufender<br />
FuE-Projekte sauber zu detektieren, ist dreidimensionale<br />
optische Oberflächenmesstechnik notwendig. Die<br />
Messtechniker in Wolfsburg nutzen hierzu ein Gerät<br />
von Nanofocus, das inzwischen bei Mahr unter der Bezeichnung<br />
Marsurf CM Explorer erhältlich ist. Beide Unternehmen<br />
kooperieren seit April 2018 auf diesem Gebiet.<br />
Mit dem Messgerät werden Oberflächen optisch,<br />
und damit berührungslos, abgetastet und anschließend<br />
analysiert.<br />
Das Ergebnis ist ein dreidimensionales Höhenbild.<br />
Berge und Täler Quellen und Senken sind darauf eindeutig<br />
zu erkennen – auch dann, wenn diese nicht gerichtet<br />
angeordnet, sondern stochastisch verteilt sind. Eine<br />
3D-Analyse wird umso wichtiger, wenn die auf dem<br />
Prüfstand stehenden Oberflächen beschichtet sind oder<br />
über exakte geführte Hohnriefen verfügen, die zum Beispiel<br />
auf der Zylinderlaufbahn ein Rückhaltevolumen<br />
für das Öl schaffen.<br />
Lochblende filtert Streulicht<br />
Der Marsurf CM Explorer wird in der Oberflächenmesstechnik<br />
von Volkswagen als flexibel einsetzbares Instrument<br />
gerade dann genutzt, wenn Flächeninformationen<br />
gefragt sind. Hierbei geht es um den genauen Blick<br />
auf die Details einer Oberfläche – und nicht nur um einen<br />
Profilschnitt, wie bei taktilen Messungen.<br />
46 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
3D-Abbildung eines Normals. Für die optische Messtechnik ist die DIN EN ISO 25178 der Standard.<br />
Unter Federführung der PTB wird weiter daran gearbeitet, die Praxistauglichkeit der optischen<br />
Messtechnik samt der für Kalibrierungen notwendigen Normale weiter zu verbessern<br />
Volkswagen-Messtechniker<br />
Stefan Rubach: „Unsere<br />
Kunden aus der Motorenentwicklung<br />
wollen<br />
sich Oberflächen im Detail<br />
ansehen“<br />
Hinter dem optischen Messverfahren des Marsurf<br />
CM Explorer steht die Technologie der Konfokalmikroskopie.<br />
Die Besonderheit: Das Gerät filtert über eine rotierende<br />
Lochblende, die sogenannte Multi-Pinhole-<br />
Disk, das von der Objektfläche reflektierte Streulicht heraus.<br />
Auf diese Weise werden nur die Oberflächenpunkte<br />
auf dem CCD-Chip der Kamera abgebildet, die sich<br />
exakt im Fokus befinden. Unscharfe Bildpunkte werden<br />
ausgeblendet. Im ersten Schritt liegt damit ein kontrastreiches<br />
und scharfes Abbild der jeweiligen Oberfläche in<br />
einer klar umrissenen horizontalen Ebene vor.<br />
Damit daraus eine bewertbare dreidimensionale Rekonstruktion<br />
der Oberfläche (Relief) wird, verändert das<br />
Messgerät innerhalb der Messung automatisch den Fokus<br />
– und erzeugt damit eine Reihe von Aufnahmen auf<br />
unterschiedlichen Schärfeebenen mit den dazugehörigen<br />
Höhenlinien.<br />
Übereinandergelegt entsteht daraus ein dreidimensionales<br />
Bild mit einer Auflösung, die Strukturen auch<br />
im Nanobereich sichtbar macht. Durchschnittlich besteht<br />
so ein Bildstapel aus 200 bis 400 Einzelbildern, die<br />
binnen weniger Sekunden aufgenommen und von der<br />
Messsoftware in ein dreidimensionales Höhenbild umgewandelt<br />
werden. „Wir erzeugen keine Bilder, sondern<br />
Reliefs“, unterstreicht Rubach.<br />
Hohe Auflösung auch bei großen Flächen<br />
Mit dem Marsurf CM Explorer ist das interne Prüflabor<br />
der Volkswagen-Motorenentwicklung am Standort<br />
Wolfsburg in der Lage, buchstäblich auf Spurensuche zu<br />
gehen. Das Standardobjektiv deckt mit seiner 20fachen<br />
Vergrößerung einen Messfleck von 0,8 mal 0,8 mm ab.<br />
Sind größere Flächen gefragt, kommt die sogenannte<br />
Stitching-Funktion zum Einsatz. Mit ihr werden benachbarte<br />
Einzelbilder zu einem Gesamtbild miteinander<br />
kombiniert – ähnlich wie bei einer Panoramaaufnahme.<br />
Hierdurch lassen sich auch große Flächen mit sehr hoher<br />
Auflösung analysieren. Die Lösung macht damit ihrem<br />
Namen Explorer alle Ehre: „Bei vielen Messaufträgen<br />
wissen häufig weder der Entwickler noch wir, was<br />
uns erwartet“, beschreibt Rubach die dann folgende<br />
Entdeckungsreise.<br />
Damit Messergebnisse vergleichbar sind, zählt auch<br />
bei der konfokalen Messtechnik die Wiederholgenauigkeit.<br />
Das gilt besonders dann, wenn im Laboralltag verschiedene<br />
Mitarbeiter Messungen durchführen. „Messtechnik<br />
hat viel mit Vertrauen zu tun. Vertrauen zur<br />
Technik und zu den Mitarbeitern, die damit arbeiten“,<br />
ist Rubach überzeugt. Die einfache Bedienbarkeit der<br />
Hard- und Software ist für den Messtechniker daher von<br />
zentraler Bedeutung, um Anwenderfehler zu vermeiden.<br />
Aber auch Bauteile, die vor der Untersuchung nicht<br />
vollständig gereinigt wurden, verfälschen durch<br />
Schmutzablagerungen oder Staub die Ergebnisse. Aus<br />
diesem Grund ist die Hardware des Marsurf CM Explorer<br />
besonders robust.<br />
Mehr Realität in der Entwicklung<br />
Die gemessenen Topografien lassen sich als Prüfbericht<br />
in PDF-Form für die weitere Analytik verwenden. Für die<br />
Integration der Messergebnisse in ihre Simulationsverfahren<br />
nutzen die Entwickler bei Volkswagen jedoch die<br />
Rohdaten der Oberflächenmessungen. Mit Hilfe dieser<br />
ungefilterten Daten lassen sich während einer Simulation<br />
Funktionen und Verhalten zielsicher prognostizieren.<br />
Rubach und seine Kollegen können folglich sehr nahe<br />
an der Realität arbeiten. „Früher mussten Berechnungsmodelle<br />
erstellt werden, heute stehen uns reale Oberflächen<br />
und ihr Verhalten in der Simulation zur Verfügung“,<br />
so Rubach. „Wir entwickeln deutlich näher an der<br />
Realität.“<br />
■<br />
Webhinweis<br />
In diesem Video von <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong>, das auf der Control 2019<br />
entstand, berichtet André Werner, Leiter Marketing<br />
& Product Management bei Mahr, über die Fertigungsmesstechnik<br />
seines Unternehmens etwa für<br />
den Bereich E-Mobilität: http://hier.pro/ZXX31<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 47
:: Automobil<br />
So unterschiedlich wie<br />
die E-Fahrzeuge sind auch<br />
die Batteriekonzepte<br />
Bild: Patrick P. Palej/Fotolia<br />
Schweißnahtprüfung an Batterien<br />
Für jede Variante passend<br />
Die Schweißnähte an Batterien stellen für Prüfsysteme eine besondere Herausforderung dar.<br />
Technologien, die dabei zum Einsatz kommen, müssen flexibel und in der Lage sein, Fehler auch<br />
an besonders feinen Nähten zu erkennen. Hersteller Vitronic hat seine Lösung dafür mit<br />
speziellen Sensoren ausgestattet.<br />
Der Autor<br />
Markus Strehlitz<br />
Redaktion<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong><br />
Fehlerhafte Schweißnähte haben in der Automobilfertigung<br />
schwerwiegende Folgen.<br />
Das gilt gerade für sicherheitsrelevante Bauteile.<br />
Rückrufaktionen können im schlimmsten<br />
Fall Kosten in Millionenhöhe verursachen,<br />
vom entstandenen Imageschaden<br />
ganz zu schweigen.<br />
Entsprechend wichtig ist die Qualitätskontrolle<br />
in diesem Bereich. Um diese<br />
durchzuführen, stehen Unternehmen optische<br />
Technologien wie die Lasertriangulation<br />
zur Verfügung.<br />
Solche Systeme prüfen auch die<br />
Schweißnähte an Batterien – und dies dank<br />
Elektromobilität künftig in zunehmendem<br />
Maße. Dabei stellt diese Prüfung eine besondere<br />
Herausforderung dar.<br />
„Derzeit werden viele verschiedenen Varianten<br />
von Batterien gefertigt“, berichtet<br />
Florian Steiner, der bei Vitronic das Produktmanagement<br />
leitet. „Jedes Unternehmen,<br />
das Batterien produziert, macht es ein bißchen<br />
anders.“ In der E-Mobilität ist noch Pionierarbeit<br />
gefordert. Und so werden viele<br />
Möglichkeiten ausprobiert. Ein System, das<br />
für die Prüfung von Schweißnähten eingesetzt<br />
wird, muss mit dieser Variantenvielfalt<br />
klar kommen.<br />
Das gleiche gilt auch für die unterschiedlichen<br />
Materialien, die einer Batterie miteinander<br />
verbunden werden. „Sie sorgen für<br />
auch bei den Nähten für eine große Varianz“,<br />
so Steiner. Durch das Laserschweißen<br />
entstehen außerdem sehr feine Nähte. Ein<br />
optisches Prüfsystem benötigt in diesem<br />
Fall eine große Auflösung, um alle Fehler zu<br />
erkennen.<br />
System lässt sich inline einsetzen<br />
Die Hersteller von Prüf- und Messtechnik arbeiten<br />
daher daran, ihre Lösungen auf diese<br />
Anforderungen auszurichten. So hat zum<br />
Beispiel Vitronic für sein Schweißnahtprüfsystem<br />
Viro WSI eine neue Sensorgeneration<br />
entwickelt. Viro WSI arbeitet mit Lasertriangulation<br />
und lässt sich in Produktionslinien<br />
integrieren. Mit der Technologie können<br />
neben Batteriemodulen auch Achsbauteile,<br />
Karossen, Räder, Sitze und Abgasanlagen geprüft<br />
werden.<br />
Typisches Einsatzfeld solcher Systeme ist<br />
etwa die Schweißnahtprüfung von Kontaktierungen<br />
an Lithium-Ionen-Batterien. Dabei<br />
werden die Schweißpunkte hinsichtlich<br />
folgender Kriterien untersucht:<br />
48 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
Das System Viro WSI<br />
basiert auf der Laser -<br />
triangulation Bild: Vitronic<br />
• offener oder geschlossener Kreis<br />
• Außen- und Innendurchmesser<br />
• Über- beziehungsweise Unterschnitt<br />
• Poren<br />
Die neuen Sensoren, die jetzt in dem Vitronic-System<br />
zum Einsatz kommen, sind<br />
laut Steiner kleiner und schneller. Sie sind in<br />
zwei Ausführungen verfügbar: mit 30 mm<br />
Bildfeldbreite für MIG/MAG- und Lötnähte<br />
sowie mit 10 mm Bildfeldbreite für Lasernähte<br />
mit den sehr schlanken Nahtgeometrien.<br />
Durch die kompakte Ausführung der<br />
Sensoren ist das Prüfsystem laut Vitronic in<br />
der Lage, auch an schwer zugänglichen Bereichen<br />
inspizieren. Fehler werden ab einer<br />
Größe von 0,1 mm erkannt.<br />
Die weiterentwickelte Technik macht Viro<br />
WSI laut Hersteller bis zu vier Mal leistungsstärker.<br />
Mit ihr ließen sich noch kürzere<br />
Taktzeiten und noch schnellere Aufnahmegeschwindigkeiten<br />
realisieren, heißt es<br />
von Unternehmensseite.<br />
Mit einer Auflösung von kleiner 1 μm in<br />
der Tiefe sollen selbst kleinste Fehler gefunden<br />
werden. Je nach Linienkonfiguration<br />
kann das System alternativ auch die Prüfung<br />
für Teile aus mehreren Schweißstationen<br />
durchführen.<br />
Prüfergebnisse werden am<br />
Bauteil dargestellt<br />
Das System bietet optional auch Visualisierungsstationen<br />
für manuelle Nacharbeitsplätze.<br />
„Hier werden die Prüfergebnisse der<br />
einzelnen Nähte am Bauteil für den Werker<br />
dargestellt“, erklärt Steiner. Zudem kann der<br />
Werker ausgeführte Nacharbeiten in das<br />
System eingeben und zusammen mit den<br />
Prüfergebnissen dokumentieren.<br />
Typischerweise werden mehrere Viro-<br />
WSI-Systeme entlang der Fertigungsstufen<br />
in einer Linie eingesetzt. Bereits inspizierte<br />
Unterbaugruppen werden weiterverarbeitet<br />
und die neuen Nähte der Oberbaugruppe<br />
geprüft. Alle Inspektionsergebnisse lassen<br />
sich an dem zusammengefügten Bauteil<br />
zu visualisieren.<br />
Neben Visualisierungsstationen für eine<br />
manuelle Nacharbeit, kann das Prüfsystem<br />
auch die Daten für eine automatische Nacharbeit<br />
bereitstellen. Für eine durchgängige<br />
Automatisierung kann ein Klassifikator eingesetzt<br />
werden.<br />
Dieser teilt detektierte Unregelmäßigkeiten<br />
beziehungsweise Fehler danach auf,<br />
welche Möglichkeiten sie zur automatischen<br />
Nachschweißung bieten. Die Daten<br />
zur richtigen Nacharbeitsparametrierung<br />
werden dann an den Schweißroboter weitergegeben.<br />
So erfolgt eine automatische<br />
Nacharbeit direkt in der Prüf- und Nacharbeitszelle.<br />
Die automatische Nacharbeit<br />
wird im Regelfall erneut durch Viro WSI geprüft.<br />
■<br />
Webhinweis<br />
Wie eine automatisierte Schweiß- und Lötnahtprüfung<br />
abläuft, zeigt dieses Video:<br />
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<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> Jetzt anmelden unter:<br />
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:: Automobil<br />
Die bildgebende Darstellung<br />
der Schweißpunktqualität<br />
erfolgt mit Phased Array<br />
Technologie<br />
Bilder: Vogt Ultrasonics<br />
Phased Array Ultraschall Technologie<br />
Smarte Schweißpunktprüfung<br />
Insbesondere in der Großserien-Produktion von Automobilkarosserien gilt das Punktschweißen<br />
als wichtigstes Fügeverfahren. Es wird aber auch in anderen Bereichen der Blechbearbeitung<br />
eingesetzt. Die Schweißpunkte lassen sich mit tragbaren, digitalen Ultraschallgeräten<br />
zerstörungsfrei prüfen. Hier kommen nun zunehmend bildgebende Verfahren zum Einsatz.<br />
Der Autor<br />
Göran Vogt<br />
Technischer<br />
Geschäftsführer<br />
Vogt Ultrasonics<br />
www.vogt-ultrasonics.de<br />
Das Punktschweißen gehört zu den Verfahren des Widerstandsschweißens<br />
und ist eine verbreitete Technik<br />
zur festen Verbindung von zwei oder drei Metallteilen,<br />
meist Blechen oder Platten aus Stahl oder Aluminium.<br />
Jeden Tag verlassen wir uns auf die Qualität dieser<br />
Punktverschweißungen, beispielsweise im Auto. Die Ansprüche<br />
an die Qualitätssicherung dieser Schweißungen<br />
sind dementsprechend hoch und wurden in den<br />
vergangenen Jahren stetig weiter entwickelt.<br />
Der Grundstein für die heutige zuverlässige<br />
Schweißpunktprüfung hat Vogt Ultrasonics bereits vor<br />
vielen Jahren gelegt: Mit dem ersten tragbaren, digitalen<br />
Ultraschallprüfgerät mit integriertem PC – das UPI<br />
50, ein Produkt der Firma Scanmaster. Dieses optimierte<br />
Vogt Ultrasonics weiter entsprechend der Anforderungen<br />
von Kunden, die einen schnelleren und sicheren<br />
Prüfprozess wünschten.<br />
Das entwickelte digitale Schweißpunktprüfgerät mit<br />
integriertem PC unterstützte den Bediener in der Bewertung<br />
der Schweißpunktqualität (guter Punkt, kleine<br />
Linse, Kleber, verbrannter Punkt) und sicherte gleichzeitig<br />
eine automatische und lückenlose Dokumentation<br />
der Prüfergebnisse inklusive Speicherung der entsprechenden<br />
A-Bilder. Zum ersten Mal konnte das Prüfergebnis<br />
klassifiziert und entsprechend visualisiert sowie<br />
sicher und digital dokumentiert werden. Durch die erstmalige<br />
Integration der MS-DOS basierten Datenbank in<br />
ein Ultraschallgerät war nun auch das Anlegen von<br />
Prüfplänen und die organisierte Abarbeitung der zu<br />
prüfenden Schweißpunkte möglich. Auch die Netzanbindung<br />
und das zentrale Verwalten der Prüfdaten und<br />
Prüfpläne wurde kurz danach umgesetzt.<br />
Mit der Produktlinie Phasis hat Vogt Ultrasonics nun<br />
die Phased Array Ultraschall Technologie für die<br />
Schweißpunktprüfung adaptiert. Sie ist in anderen Bereichen<br />
der zerstörungsfreien Prüftechnik etabliert und<br />
ermöglicht die bildgebende Darstellung des Schweißpunkts<br />
und seines mittleren Linsendurchmessers.<br />
Prüfkopf mit bis zu 121 Schwingerelementen<br />
Die Phased Array Ultraschallprüftechnik mit Phasis<br />
zeichnet sich durch eine sehr hohe Prüfauflösung, kurze<br />
Prüfzeiten und eine bedienerfreundliche Auswertung<br />
aus. Im Gegensatz zur konventionellen Ultraschalltechnik<br />
mit einem Schwingerelement kommt hier ein Prüf-<br />
50 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
kopf mit bis zu 121 einzelnen Schwingerelementen zum<br />
Einsatz. Jedes dieser Elemente kann einzeln aktiviert<br />
oder in Gruppe geschaltet werden. Durch die simultane<br />
oder zeitversetze Aktivierung der Elemente wird ein<br />
lenkbares und fokussierbares Ultraschallfeld erzeugt.<br />
Dieses Feld kann digital in Durchmesser, Winkel und Fokuspunkt<br />
manipuliert werden und ermöglicht dem Prüfer<br />
so einen flexiblen Einblick in den Schweißpunkt.<br />
Jede Ultraschallwelle des Ultraschallfelds erzeugt ein<br />
A-Bild. Auf Basis dieser A-Bilder generiert das Prüfgerät<br />
eine bildgebende Darstellung des Schweißpunktes, welche<br />
mögliche Fehlstellen sicher erkennen lässt (D-Bild).<br />
Grün bedeutet in diesem Fall verschweißt, rot bedeutet<br />
unverschweißt. Der gestrichelte Kreis um den verschweißten<br />
Punkt herum, zeigt den zuvor vom Benutzer<br />
festgelegten Mindestdurchmesser der Schweißlinse<br />
an. Weitere Kennzahlen, die Phasis automatisch berechnet,<br />
sind Schweißlinsendurchmesser, Restwanddicke<br />
und Schallschwächung als mögliches unterstützen -<br />
des Bewertungskriterium etwa für Zink-Haftver -<br />
bindungen.<br />
Die Phased Array Ultraschallprüfung von Schweißpunkten<br />
hat im Gegensatz zur konventionellen Ultraschallprüfung<br />
diverse Vorteile. Die bildgebende Darstellung<br />
(D-Bild) macht den Schweißpunkt „sichtbar“ und<br />
erleichtert die Beurteilung der Schweißpunktqualität.<br />
Durch die simultane Aufnahme von mehr als 700 Messpunkten<br />
ergibt sich für den Schweißlinsendurchmesser<br />
eine viel höhere Auflösung im Vergleich mit der konventionellen<br />
Ultraschallprüfung. Die reine physikalische<br />
Auflösung ist genauer als 0,35 mm. Durch die computergesteuerte<br />
Manipulation des Schallfeldes entfällt die<br />
Umrüstung des Prüfkopfes auf die zu erwartende Linsengrößen.<br />
Eine weitere Besonderheit von Phasis ist die Unterstützung<br />
des Bedieners mit einem automatischen und<br />
bildgebenden Bewertungsvorschlag auf Basis hinterlegter<br />
Parametersätze. Diese Funktion ermöglicht nun<br />
auch den Einsatz von Prüfpersonal ohne tiefes Ultraschall-Fachwissen.<br />
Phasis bietet die Integration in die bestehende Datenbankstrukturen<br />
und kann in das Kunden-Netzwerk<br />
eingebunden werden. So bietet das Gerät die Administration<br />
von Prüfplanverwaltung, die Prüfdatenexporte<br />
und die Nutzung mehrerer Ultraschallgeräte über eine<br />
Software.<br />
Prüfpläne bestimmen den Umfang der zu prüfenden<br />
Schweißpunkte sowie die Reihenfolge der Abarbeitung,<br />
die dem Prüftechniker als Auftrag über das Netzwerk<br />
bereitgestellt werden. Der Prüftechniker synchronisiert<br />
sein Gerät bei Arbeitsbeginn mit dem Phasis Service<br />
und erhält so seine „Prüfjobs“ für die Schicht. Fertige<br />
Prüfungen werden als abgearbeitete Prüfpläne durch<br />
ihn per Synchronisation in das Netz gestellt. Die mitgelieferten<br />
Prüfergebnisse der Schweißpunktqualität sind<br />
vom Datenmanager oder einer anderen Qualitätssteuerungssoftware<br />
auswertbar. Es stehen Ergebnisinformationen<br />
über Schweißpunktgüte (IO, NIO) , ermittelte<br />
Schweißpunktdurchmesser in Millimeter, der mittlere<br />
Schallschwächungswert, die ermittelte Schweißpunktdicke<br />
als auch die textliche Bewertung zur Verfügung. ■<br />
Das Phasis Prüfgerät für<br />
die bildgebende<br />
Schweißpunktprüfung<br />
mit Phased Array Technologie<br />
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an Technologien zur Verfügung.<br />
Wir beleuchten davon<br />
einige in diesem Special.<br />
SPECIAL<br />
Elektronik<br />
Inhalt<br />
56 Zerstörungsfreie Tests<br />
Display-Fingerabdruck erstellt<br />
sichere Dokumentation<br />
58 Bauteilfälschungen<br />
Counterfeit-Screening<br />
deckt Manipulationen<br />
und Fehler auf<br />
Platinen sind die zentralen Bausteine in der Elektronikindustrie.<br />
Nach der Montage müssen sie einer genauen und effizienten<br />
Qualitätskontrolle unterzogen werden Bild: industrieblick/Fotolia<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 55
:: Elektronik<br />
Zerstörungsfreie Tests<br />
Der Fingerabdruck des Displays<br />
Welche Möglichkeiten stehen zur Verfügung, um elektronische Flach-Displays oder deren Komponenten<br />
angemessen für den industriellen Anwendungsbereich zu testen? Der sogenannte Display-Fingerabdruck<br />
ist eine zerstörungsfreie Analyse. Er ist auch bei fertigen System nach beliebiger<br />
Betriebszeit reproduzierbar, um eine sichere Dokumentation der Eigenschaften zu erstellen.<br />
Der Autor<br />
Klaus Wammes<br />
Geschäftsführer<br />
Wammes & Partner<br />
www.wammes.eu<br />
Bei Displays führt normalerweise der erste Weg über eine<br />
Spezifikation. Sie ist umso effektiver, je genauer und<br />
vollständiger die Angaben sind. Jedoch sind solche Angaben<br />
oft mehrdeutig, nicht aktuell, unvollständig oder<br />
untauglich. In manchen Fällen korrespondieren sie nicht<br />
einmal wirklich mit dem vorliegenden Display. Manche<br />
Display-Hersteller geben daher etwas mehr Daten an,<br />
zum Beispiel in Form eines Polar-Diagramms, das Daten<br />
zum Kontrastverlauf beinhaltet. Zusätzlich benötigt der<br />
Entwickler aber Daten von der künftigen Anwendung,<br />
denn diese soll mit dem ausgewählten Display möglichst<br />
lange reibungslos funktionieren. Solche Anwendungsprofile<br />
kann es nur vom Anwender beziehungsweise<br />
seinem Kunden geben. Liegt das Nutzungsprofil<br />
vor, muss herausgefunden werden, ob und wie gut die<br />
ausgewählten Displays tatsächlich darauf passen. Mit<br />
den Daten aus dem Display-Fingerabdruck, die aus der<br />
echten Ist-Situation stammen, lässt sich nun das geforderte<br />
Nutzungsprofil abgleichen und bewerten.<br />
In den meisten Fällen hilft dann nur eine selbst<br />
durchgeführte Messung, die Kooperation mit einem<br />
Dienstleister oder ein Blick in eine Datenbank, ob gegebenenfalls<br />
schon ein passender Fingerabdruck für das<br />
anvisierte Display aus einer vorherigen Nutzung hinterlegt<br />
ist. Dadurch ist gewährleistet, dass sich die Angaben<br />
auch tatsächlich auf das jeweilige Display beziehen.<br />
Gleichzeitig gilt: Wenn ein Messaufbau schon gemacht<br />
werden soll, kann der Entwickler parallel die gesammelten<br />
Daten detaillierter und aussagekräftiger gemäß den<br />
eigenen Schwerpunkten auswerten. Auf diese Weise<br />
können viele gehaltvolle Informationen über die Anwendung<br />
kategorisiert werden. Erst dann können Systementwickler<br />
unkompliziert feststellen, welche Parameter<br />
entscheidend sind. Diese Anforderungen müssen<br />
sich mit dem ausgewählten Display oder zumindest im<br />
Zusammenspiel mit dem gesamten System in der vorgegebenen<br />
Anwendung abdecken lassen. Das gilt auch<br />
für Gehäuse und Gehäusemechanik, Verkabelung, Massekonzept,<br />
weitere Subsysteme und Baugruppen samt<br />
benötigter Firm- und Software.<br />
Eine völlig unfehlbare Methode gibt es auch hier<br />
nicht. Jedoch haben eigene Messungen neben echten,<br />
detaillierten Werten für alle Winkel und Positionen weitere<br />
Vorteile: Mit den richtigen Geräten samt Vorbereitung<br />
und Auswertung sind bereits in wenigen Stunden<br />
erste, belastbare und reproduzierbare Daten verfügbar.<br />
Sie sind ferner sehr praktikabel. Denn sowohl das nackte<br />
Panel als auch das gesamte System kann zerstörungsfrei<br />
und ohne Demontage gemessen werden. Sie sind<br />
zudem günstig, da wenig Zeit und Aufwand geringere<br />
56 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
Der Fingerabdruck verschiedener Displays: Das beste<br />
Display zeigt die „kleinsten Wolken mit größtem Abstand“.<br />
Im Idealfall mit nur jeweils einem Punkt für<br />
Rot, Grün und Blau, der sich möglichst in den Ecken<br />
der Primärfarben befindet. Das Messergebnis im linken<br />
oberen Diagramm der Abbildung beweist, dass<br />
dies tatsächlich auch möglich ist. Bei allen gezeigten<br />
Messwerten handelt es sich um Color-TFTs. Ohne Display-Fingerabdruck<br />
beziehungsweise bei herkömmlicher<br />
Dokumentation hätte allen mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />
die gleiche Spezifikation zugeordnet<br />
werden können Bilder: Wammes<br />
Kosten bedeuten und die Messung infolge der geringen<br />
Vorarbeit häufiger angewendet werden kann. Prinzipbedingt<br />
sind sie einfach reproduzierbar. Viele Prüflinge<br />
einer Serie können einfach überprüft und auf Einzelfehler<br />
getestet werden. Bei Bedarf können Messungen unter<br />
reellen Rahmenbedingungen geprüft werden.<br />
Diese Display-Fingerabdrücke zeigen somit technisch<br />
eine Sammlung von möglichst vielen Messpunkten<br />
aus allen zu erwartenden Blickwinkeln, sortiert<br />
nach den Messergebnissen für die Wiedergabe von jeweils<br />
Rot, Grün und Blau sowie Weiß als Resultierende.<br />
Es gibt unterschiedliche Messgeräte, die solche Daten<br />
messen und entsprechend auswerten können. Voraussetzung<br />
ist, dass sie blickwinkelaufgelöste Daten generieren<br />
können. Dazu zählen beispielsweise conoskopische<br />
sowie goniometrische Verfahren oder Leuchtdichtekameras<br />
mit entsprechender Optik. Wichtig ist auch<br />
eine Software, die in der Lage ist, solche oder vergleichbare<br />
Auswertungen zu erstellen.<br />
Werden die gesammelten Messwerte in einem Farbdreieck<br />
gemäß CIE 1931 dargestellt, ergibt das dann<br />
den Display-Fingerabdruck. Dort können sie nicht nur<br />
direkt ausgewertet werden. Da bei diesem Messverfahren<br />
die Messergebnisse für die jeweiligen Farben über<br />
alle Blickwinkel gesammelt und in der zugehörigen Farbe<br />
dargestellt werden, ergibt sich zudem meist eine<br />
„Wolke“ von Daten aus allen Blickwinkelergebnissen für<br />
die jeweilige Farbe. Das Beispiel-Diagramm zeigt damit<br />
zunächst, dass die Anzahl der darstellbaren Farben (Color<br />
Gamut) bei einem gemessenen Display bei unterschiedlichen<br />
Blickwinkeln unterschiedlich ausfällt. Der<br />
größte Gamut, der sich nicht über unterschiedliche<br />
Blickwinkel verändert, kann somit im nächsten Schritt<br />
über das Dreieck, das sich zwischen den innersten Farbpunkten<br />
von jeweils Rot, Grün und Blau aufspannen<br />
lässt, geometrisch ausgewertet werden.<br />
■<br />
VIRO WSI SIEHT MEHR<br />
Statt Rückrufaktionen: Automatische Schweißnahtprüfung mit VIRO WSI<br />
Fehlerhafte Schweißnähte in der Automobilfertigung haben oft schwerwiegende Folgen. Die Lösung: Das optische<br />
Prüfsystem VIRO WSI von VITRONIC. Die neue Sensorgeneration ist noch kompakter, schneller, leistungsfähiger<br />
und prüft alle Arten von Schweißnähten. Durch die direkte Inspektion in der Linie ermöglicht VIRO WSI auch ein schnelles<br />
Eingreifen in den vorgelagerten Schweißprozess. Das reduziert Fehler nachhaltig, optimiert Prozesse und sorgt für<br />
weniger Stillstandzeiten, Nacharbeit und Ausschuss. Schweißnahtprüfung vom Technologieführer.<br />
www.vitronic.de<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 57
:: Elektronik<br />
Alle im HTV-Institut für Materialanalyse<br />
erzielten Untersuchungsergebnisse<br />
werden dem Kunden in einem detaillierten<br />
und umfassenden Analyse- und<br />
Untersuchungsbericht zur Verfügung<br />
gestellt Bilder: HTV<br />
Counterfeit-Screenings für elektronische Bauteile<br />
Bauteilfälschungen auf der Spur<br />
Die Anzahl manipulierter elektronischer Bauteile auf dem freien Markt nimmt zu. Insbesondere<br />
diskrete Halbleiter oder passive Bauteile sind häufig gefälscht. Ein ausführliches<br />
Counterfeit-Screening einschließlich eines passenden Langzeitlagerungskonzepts als Teil einer<br />
vorausschauenden Obsoleszenzstrategie schafft Abhilfe.<br />
Der Autor<br />
Holger Krumme<br />
Managing Director –<br />
Technical Operations<br />
HTV Halbleiter-Test &<br />
Vertriebs-GmbH<br />
www.HTV-GmbH.de<br />
Komponenten, die aus unsicherer Herkunft beschafft<br />
wurden, sollten vor ihrem Einsatz einem ausführlichen<br />
Counterfeit-Screening unterzogen werden. Unkalkulierbare<br />
Risiken und Kosten für das Unternehmen durch<br />
möglicherweise minderwertige und gefälschte Bauteile<br />
und Baugruppen lassen sich so vermeiden. Die Bauteilqualität<br />
und -verfügbarkeit im Vorfeld zu sichern ist eine<br />
der vielen Kompetenzen von HTV. Die Firmengruppe<br />
ermöglicht die rechtzeitige Identifizierung von Manipulationen,<br />
Schwachstellen und Fehlerpotentialen. Das<br />
Analytiklabor bietet viele umfangreiche Möglichkeiten<br />
an, um die Originalität und Qualität zugelieferter Teile<br />
bewerten und eventuelle Bauteilmanipulation feststellen<br />
zu können.<br />
Dabei muss zunächst die korrekte Funktionalität und<br />
die Einhaltung der Datenblattparameter sichergestellt<br />
werden. Dies erfolgt bei HTV über komplexe Digitalund<br />
Mixed-Signal-Großtestsysteme oder eigens für die<br />
gewünschten Untersuchungen erstellten Prüfapplikationen.<br />
So kann bereits ohne weiterführende Analysen<br />
eine erste Aussage bezüglich der Originalität des Bausteins<br />
getroffen werden.<br />
Eventuell nachfolgende detaillierte Untersuchungen<br />
sind sowohl hinsichtlich des äußeren als auch des inneren<br />
Aufbaus möglich. Beispielsweise wird mithilfe eines<br />
Wischtests die Bauteiloberfläche durch spezielle Chemikalien<br />
behandelt, sodass festgestellt werden kann, ob<br />
das Bauteil nachträglich neu beschriftet und somit umdeklariert<br />
oder manipuliert wurde. Nach einer sogenannten<br />
chemischen Bauteilöffnung kann die Beschriftung<br />
der Bauteilchips (Dies) durch Vergleich mit einem<br />
Originalbaustein verifiziert und die Oberflächen auf<br />
Hinweise möglicher Fälschungen, Manipulationen, Aussortiervorgänge<br />
oder Schäden hin untersucht werden.<br />
Bei programmierbaren Bauteile bietet sich neben einer<br />
kompletten Datenblattprüfung die Möglichkeit eines<br />
einfachen, eingeschränkten „Funktionstests“, indem<br />
die Speicherbereiche des Bauteils mit Prüfmustern<br />
exemplarisch programmiert, verifiziert und anschließend<br />
wieder gelöscht werden. So erhält man eine Aussage<br />
über die ID-Nummer des eingebauten Chips sowie<br />
die Information, ob sich das Bauteil gemäß Datenblatt<br />
überhaupt programmieren lässt.<br />
Bei sogenannten OTP-Bauteilen (einmal programmierbar)<br />
ist es dabei wichtig, durch eine „Prüfung durch<br />
Blankcheck“ zu ermitteln, ob sich bereits Quellcode in<br />
den Bausteinen befindet, der diese dann für weitere Anwendung<br />
praktisch unbrauchbar macht. Eine 3D-Inspektion<br />
der Anschlusspins inklusive Koplanariätsprüfung<br />
stellt sicher, dass alle Bauteilanschlüsse beim Bestücken<br />
auch wirklich gelötet wurden und keine möglicherweise<br />
erst im Feld festgestellten intermittierenden<br />
Fehler durch „Auflieger“ entstehen. Ergänzend können<br />
weitere Untersuchungen wie ein Lötbarkeitstest durchgeführt<br />
werden. Zeigt dieser Auffälligkeiten, so kann<br />
mittels des sehr schonenden, von HTV entwickelten Re-<br />
58 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
Incircuit-Funktionstestsysteme und<br />
Adaptionen für Flachbaugruppen, Hybride,<br />
Module und Geräte<br />
vivec-Aufarbeitungsverfahrens auf Plasmabasis die Lötbarkeit<br />
wieder hergestellt werden. Alle im HTV-Institut<br />
für Materialanalyse erzielten Untersuchungsergebnisse<br />
werden dem Kunden anschließend in einem detaillierten<br />
und umfassenden Analyse- und Untersuchungsbericht<br />
zur Verfügung gestellt.<br />
Bei einer sinnvollen auf die jeweilige Situation zugeschnittenen<br />
Kombination der Verfahren erzielt man eine<br />
hohe Sicherheit für die Qualität der gesamten Baugruppe<br />
auch wenn nicht immer Bauteile aus „sicheren“<br />
Quellen verfügbar sind. Elektrische Prüfungen und ausführliche<br />
Analysen fremdbeschaffter Teile sind somit<br />
essentieller Bestandteil einer vorausschauenden Unternehmenspolitik.<br />
Um der mangelnden Ersatzteilverfügbarkeit elektronischer<br />
Komponenten vorzubeugen und damit generell<br />
die mögliche Notwendigkeit eines Kaufs von Bauteilen<br />
aus „unsicherer“ Quelle zu vermeiden, sollten Unter-<br />
Ein nachträglich umbeschriftetes<br />
Bauteil. Nach<br />
dem Wischtest kommt<br />
die ursprüngliche Beschriftung<br />
zum Vorschein<br />
seit 1979 Testsysteme im Einsatz , u.a.<br />
bei Automotive, Avionik, Medizintechnik,<br />
Maschinensteuerungen, Sensorik u.v.m.<br />
Stand-alone und Inline Testsysteme<br />
schnelle, praxisnahe und anwenderfreundliche<br />
Testprogrammerstellung<br />
<br />
Boundary Scan-Test<br />
breites Spektrum an Stimulierungsund<br />
Messmodulen aus eigener<br />
Entwicklung und Produktion<br />
<br />
2 <br />
Programmierung, Einbindung<br />
externer Programme<br />
Auswertung von Analog-/Digital-<br />
<br />
<br />
Statistik, Qualitätsmanagement<br />
manuelle und pneumatische Prüfadapter<br />
Prüfadaptererstellung in einem halben Tag mit<br />
Adapterkonstruktions- und Erstellungspaket<br />
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REINHARDT<br />
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nehmen über ein proaktives Obsoleszenzmanagement<br />
verfügen. Hier ist es entscheidend, wichtige Ersatzkomponenten,<br />
insbesondere für langlebige Produkte und Investitionsgüter<br />
mit langer Nutzungsdauer, rechtzeitig<br />
einzulagern, um jegliche Gefahr einer mangelnden Verfügbarkeit<br />
für die Serie oder später von Ersatzteilen auszuschließen.<br />
Doch die Einlagerung von LTB-Teilen birgt nicht zu<br />
unterschätzende Risiken, da verschiedenste Alterungsprozesse<br />
bei normaler Lagerung aber auch unter Stickstoffatmosphäre<br />
(Stickstoff-Dry-Pack) bereits innerhalb<br />
von ein bis zwei Jahren die Funktionalität (etwa durch<br />
Daten- und Kapazitätsverluste, Leckströme) und Verarbeitbarkeit<br />
(zum Beispiel im Löt-oder Crimp-Prozess)<br />
elektronischer Komponenten maßgeblich beeinträchtigen<br />
können.<br />
Nur ein qualifiziertes, speziell auf die Komponente<br />
zugeschnittenes Lagerungskonzept wie das HTV-TAB-<br />
Verfahren, das Lagerzeiten von bis zu 50 Jahren ermöglicht,<br />
stellt durch eine wirkungsvolle Reduzierung der Alterungsprozesse<br />
(insbesondere auch die Diffusion) die<br />
Funktionalität und Verarbeitbarkeit und damit die Verfügbarkeit<br />
von abgekündigten Bauteilen aus sicherer<br />
Quelle über mehrere Jahrzehnte sicher.<br />
■<br />
Mehrsprachige<br />
Katalogproduktion<br />
Für die Produktion Ihrer mehrsprachigen oder versionierten<br />
Kataloge sind wir bestens gerüstet – speziell wenn es<br />
um das Know-how beim Projektmanagement Ihrer hochkomplexen<br />
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<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 59
:: Technik<br />
Durch die Wahl einer geeigneten Kombination von Kamera, Objektiv<br />
und Beleuchtung können viele verschiedene Aufgabenstellungen<br />
umgesetzt werden Bild: Fraunhofer IPA<br />
Selbstlernende Defekterkennung<br />
So gut wie das menschliche Auge<br />
Die adaptive Bildauswertung orientiert sich an der Fähigkeit des Menschen, Unregelmäßigkeiten<br />
sowohl in bekannten als auch unbekannten Oberflächen zu erkennen. Das Fraunhofer IPA hat auf<br />
Basis dieses Konzepts eine Software entwickelt, die für den Anwender die Oberflächenprüfung<br />
vereinfacht.<br />
Der Autor<br />
Bernd Bieberstein<br />
Wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter<br />
Fraunhofer-Institut für<br />
Produktionstechnik<br />
und Automatisierung IPA<br />
www.ipa.fraunhofer.de<br />
Beschädigungen und Fehler an metallischen Bauteilen<br />
mit texturierter Oberfläche sind für das menschliche<br />
Auge oft leicht zu erkennen, bereiten bei der automatischen<br />
Prüfung aber häufig Schwierigkeiten. Der Grund<br />
sind die eingesetzten Bearbeitungsverfahren wie beispielsweise<br />
Dreh-, Schleif- oder Fräsbearbeitungen, die<br />
bereits bei Gutteilen eine hohe Variabilität in der Oberflächenstruktur<br />
erzeugen.<br />
Eine anschließende thermische oder galvanische Behandlung<br />
der Teile verändert die produzierten Teile weiter<br />
und erhöht die Variabilität der Oberfläche und auch<br />
die Möglichkeiten zur Entstehung von Fehlern. Oberflächenfehler<br />
können bereits im Material des Werkstücks<br />
angelegt sein (zum Beispiel Risse und Lunker), bei der<br />
Bearbeitung entstehen (Drehrillen und Rattermarken)<br />
oder durch das Teilehandling entstehen wie Schlagstellen,<br />
Kratzer und Wasserflecken. Diese große Variabilität<br />
macht eine präzise, parametrische Beschreibung aller<br />
Fehler beziehungsweise der erlaubten oder gewünschten<br />
Solloberfläche ausgesprochen schwierig.<br />
Dennoch ist in der Regel eine schnelle und zuverlässige<br />
100-%-Prüfung der Bauteile erforderlich. Je nach späterer<br />
Funktion des Bauteils können selbst kleinste<br />
Schlagstellen das Werkstück unbrauchbar machen,<br />
wenn diese etwa auf späteren Dichtflächen auftreten.<br />
Eine Möglichkeit stellt hier eine adaptive Bildauswertung<br />
dar. Diese orientiert sich an der Fähigkeit des Menschen,<br />
Unregelmäßigkeiten sowohl in bekannten als<br />
auch in unbekannten Oberflächen zu erkennen. Unter<br />
der Voraussetzung, dass die Defekte nur einen kleinen<br />
Teil der gesamten Oberfläche einnehmen, werden diese<br />
als auffällige Abweichungen vom Hintergrund wahrgenommen.<br />
Diese Vorgehensweise wird von der am Fraunhofer<br />
IPA entwickelten, selbstlernenden Software zur Defekterkennung<br />
nachgebildet. Hierbei handelt es sich um ein<br />
unüberwachtes Lernverfahren ohne Hinterlegung einer<br />
Gutklasse.<br />
In einem ersten Schritt wird eine Analyse der Oberfläche<br />
im aktuell vorliegenden Bild durchgeführt. Hier-<br />
60 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
ei wird ein die Oberfläche charakterisierendes Modell<br />
erzeugt, welches jedoch lokale Störungen ausblendet.<br />
In einem zweiten Schritt wird die gesamte Oberfläche<br />
mit dem erzeugten Modell verglichen und abweichende<br />
Bereiche werden als Defekte erkannt. Damit sind Defekte<br />
als Störung in der im Bild dominierenden Oberflächenstruktur<br />
definiert und müssen nicht mühsam extern<br />
festgelegt werden.<br />
System adaptiert sich auf jedes Prüfteil automatisch<br />
Mit diesem Prüfkonzept vereinfacht sich für den Anwender<br />
die Oberflächenprüfung. Die Parameter zur<br />
Trennung von Gut- und Schlechtklasse müssen nicht<br />
mehr für jede Produktvariante festgelegt werden. Vielmehr<br />
adaptiert sich das System auf jedes Prüfteil automatisch.<br />
Damit können erlaubte Schwankungen in der Oberflächenstruktur<br />
abgefangen werden. Für den Anwender<br />
reduziert sich die Anforderung darauf, die Fläche oder<br />
die Gestalt der Defekte zu tolerieren. Anwendungen<br />
sind zudem für unterschiedlichste Materialien wie etwa<br />
Metall, Keramik, Textil oder Schäume möglich.<br />
In einer Variante der Software kann die Solltextur anhand<br />
eines Beispielbildes vorgegeben werden. Hier<br />
bleibt dann das die Oberfläche charakterisierende Modell<br />
über die gesamte Prüfzeit konstant. Dieses Vorgehen<br />
ist sinnvoll, wenn die Oberflächen an sich sehr konstant<br />
ausfallen, auftretende Fehler jedoch sehr großflächig<br />
auftreten.<br />
Neben anderen Kriterien wie Genauigkeit und<br />
Durchsatz ist die Bedienbarkeit von optischen Prüfsystemen<br />
ein entscheidendes Kriterium für die Auswahl eines<br />
Prüfsystems. Dass unter der „Haube“ komplexe Algorithmen<br />
zu Werk gehen, bedeutet nicht zwangsläufig,<br />
dass auch die Bedienung komplex sein muss.<br />
Komplexe, intransparente Programmabläufe überfordern<br />
den Anwender sehr schnell und können oftmals<br />
nur nach Schulungen und langen Einarbeitungszeiten<br />
beherrscht werden. Eine schnell anpassbare Prüfumgebung,<br />
welche den Anwender ermutigt, eigenständig<br />
Anpassungen für neue Produkte zu erstellen, muss als<br />
Ziel ausgegeben werden. Daher ist die Mensch-Maschinen-Interaktion<br />
von entscheidender Bedeutung sowohl<br />
für den erfolgreichen Einsatz einer autovisuellen Prüfanlage<br />
als auch für eine nachhaltige und wirtschaftliche<br />
Investition auf dem Gebiet der Qualitätssicherung.<br />
Mit dem am Fraunhofer IPA entwickelten Bildverarbeitungspaket<br />
Emsis können zahlreiche optische Prüfaufgaben<br />
schnell und einfach gelöst werden. Die Entwicklung<br />
erfolgte nach dem Grundsatz, eine leistungsstarke<br />
und dennoch leicht zu bedienende Software zu<br />
erstellen, die durch ihre Flexibilität, speziell bei der Prüfung<br />
von vielfältigen Produktvarianten in großen Stückzahlen,<br />
zu überzeugen weiß.<br />
Umfangreiches Hintergrundwissen ist nicht nötig<br />
Durch die Wahl einer geeigneten Kombination von Kamera,<br />
Objektiv und Beleuchtung ist es möglich, an einer<br />
großen Vielfalt von Werkstücken maßgeschneiderte Lösungen<br />
für die verschiedensten Aufgabenstellungen zu<br />
realisieren. Dem Anwender wird ein Werkzeug zur Verfügung<br />
gestellt, mit dem Prüfprogramme ohne umfangreiches<br />
Hintergrundwissen schnell erzeugt und angepasst<br />
werden können.<br />
Eine große Zahl der enthaltenen Mess- und Prüfwerkzeuge<br />
können direkt ohne Parametrierung angewendet<br />
werden. Selbst komplexe Prüfwerkzeuge wie<br />
die selbstlernende Oberflächenprüfung sind dabei so<br />
gut verpackt wie einfache Längenmessaufgaben und<br />
können wie diese toleriert werden.<br />
■<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 61
:: News und Produkte<br />
Geringere Anzahl an Trainingsbildern<br />
Das maschinelle Lernwerkzeug zur zuverlässigen Objekterkennung CVB Polimago von<br />
Stemmer Imaging bietet einfache und kostengünstige Bildverarbeitungslösungen für<br />
anspruchsvolle Such- und Klassifizierungsaufgaben.<br />
Eine geringere Anzahl an Trainingsbildern,<br />
kürzere Trainings- und Ausführungszeiten<br />
sowie der Einsatz einer Standard-CPU sind<br />
entscheidende Vorteile, verglichen mit den<br />
meisten anderen Werkzeugen, die auf dem<br />
Ansatz des „Convolutional Neural Network“<br />
(CNN) aus dem Deep-Learning-Bereich basieren.<br />
In CVB2019 wird CVB Polimago auch<br />
für Embedded-Anwendungen verfügbar<br />
sein.<br />
CVB Polimago gehört zum Bildverarbeitungs-Toolkit<br />
Common Vision Blox (CVB)<br />
und liefert eine ähnliche Genauigkeit wie<br />
Ansätze mit neuronale Netzwerken. Dabei<br />
wird die Ridge-Regression eingesetzt, eine<br />
„Supervised Learning“-Methode zur Suche<br />
und Klassifizierung in industriellen Bildverarbeitungsanwendungen.<br />
Dieses überwachte<br />
Lernen bedeutet, dass der Anwender<br />
in den Trainingsbildern typische Klassifizierungsmerkmale<br />
mittels einer ROI markiert<br />
hat. Dadurch ist der Algorithmus in der<br />
Lage, eine Funktion zu erzeugen, die das gewünschte<br />
Ergebnis liefert.<br />
Das maschinelle Lernwerkzeug<br />
zur zuverlässigen<br />
Objekterkennung<br />
CVB Polimago bietet einfache<br />
und kostengünstige<br />
Bildverarbeitungslösungen<br />
für anspruchsvolle<br />
Such- und Klassifizierungsaufgaben<br />
Bild:<br />
Stemmer Imaging<br />
Ein entscheidender Faktor ist, dass das<br />
Tool in der Regel nur 20 bis 100 Trainingsbilder<br />
benötigt, während neuronale Netzwerke<br />
500 Bilder pro Klasse erfordern sowie 500<br />
zulässige Referenzbilder (Gut-Bilder). Ein<br />
CNN braucht für eine OCR-Anwendung mit<br />
alphanumerischen Zeichen (A-Z und 0-9) 36<br />
x 500 = 18.000 Trainingsbilder.<br />
Das Tool benötigt beispielsweise 5 bis 20<br />
min Zeit zum Antrainieren, während ein<br />
CNN Stunden dafür braucht. Zudem brauchen<br />
neuronale Netzwerke wesentlich länger,<br />
die erforderlichen Klassifizierungsmerkmale<br />
in ihren großen Traningssets zu kennzeichnen.<br />
Muss ein Trainingsprozess wiederholt<br />
werden, um verschiedene Parameter<br />
auszuwerten, arbeiten neuronale Netzwerke<br />
noch umständlicher.<br />
■<br />
Software<br />
Neue Features für maschinelles Lernen<br />
Bei der Software Mathematica 12<br />
von Additive Soft- und Hardware<br />
für Technik und Wissenschaft hat<br />
der Entwickler Wolfram Research<br />
zahlreiche innovative Funktionen<br />
eingeführt, zum Beispiel in den<br />
Bereichen Maschinelles Lernen,<br />
Data Science, Bild- und Audioverarbeitung,<br />
wissenschaftliches<br />
Rechnen oder Anbindung an<br />
Realwelt-Systeme und Datenbanken.<br />
Es handelt sich um ein integriertes<br />
System für die vollständige<br />
Entwicklung, Berechnung, Simulation,<br />
Analyse und Dokumentation<br />
von technischen Problemstellungen<br />
in einer einheitlichen,<br />
plattformunabhängigen Arbeitsumgebung<br />
unter Einsatz der<br />
Wolfram Language. Dabei<br />
sind alle parallelisierte<br />
Technologien integriert,<br />
um Multicore-PCs voll auszulasten.<br />
■<br />
Messtechnik für Verzahnung<br />
Für den schnellen Wechsel<br />
Kapp Niles Metrology hat eine Baureihe für Großserienfertiger<br />
und Kunden von häufig wechselnden Teilespektren entwickelt:<br />
Die analytischen Messmaschinen KNM 2X, KNM 5X und<br />
KNM 9X wurden für die hochpräzise Messung von Verzahnungen,<br />
Verzahnungswerkzeugen und rotationssymmetrischen<br />
Werkstücken im Durchmesserbereich von 0 bis 1250 mm entwickelt.<br />
Alle Führungselemente sowie die Basisplatten aus<br />
Granit sind langzeitstabil und besitzen identisch niedrige Ausdehnungskoeffizienten.<br />
Luftlager mit Notlaufeigenschaften<br />
garantieren zudem verschleißfreie Führungen ohne kurzwellige<br />
Fehler. Dabei schirmen Luftfederelemente unter den Basisplatten<br />
Erschütterungen und Vibrationen sicher ab – spezielle<br />
Fundamente<br />
sind nicht notwendig.<br />
Eisenlose<br />
Linear- und<br />
Torquemotoren<br />
der Rundtische<br />
garantieren eine<br />
hohe Positionsgenauigkeit<br />
und<br />
Bahntreue. ■<br />
62 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
Tubussystem<br />
Optischer Abstand stufenlos<br />
einstellbar<br />
3D-Betrachtungstechnologie<br />
Digitale Bauteile in 3D<br />
ohne Monitor oder Brille<br />
Das Techspec Multi-Element-Tubussystem<br />
von Edmund Optics<br />
lässt sich in Form unterschiedlichster<br />
optischer Systeme nutzen,<br />
durch die Verwendung von<br />
„Mix-and-Match“-Komponenten,<br />
die eine hervorragende Justierbarkeit<br />
gewährleisten. Dadurch<br />
ist das System für den<br />
Prototypenbau und die Realisierung<br />
ungewöhnlicher optischer<br />
Designs geeignet.<br />
Das System<br />
funktioniert<br />
durch die Kombination<br />
von Multi-<br />
Element-Außentuben<br />
mit Multi-<br />
Element-Inneneinzel-Optikhalterungen<br />
sowie<br />
Multi-Element-Innenpaar-Optikhalterungen<br />
als ein komplettes<br />
System. Die Außentuben haben<br />
M29-Gewinde, die über die<br />
gesamte Länge verlaufen; die<br />
Inneneinzel- und Innenpaar-Optikhalterungen<br />
haben M29-Außengewinde.<br />
Damit ist der optische<br />
Abstand entlang der optischen<br />
Achse stufenlos einstellbar.<br />
■<br />
Der Deep Reality Viewer (DRV) von Vision <strong>Engineering</strong> erzeugt<br />
hochauflösende 3D-Stereo-Bilder, ohne einen Monitor zu verwenden<br />
oder das Tragen von Headsets oder Spezialbrillen zu<br />
erfordern: Die Bilder „schweben“ quasi vor einem Betrachtungsspiegel.<br />
Neben ergonomischen Vorteilen ermöglicht er<br />
die vollständige Interaktion mit anderen Anwendern oder Remote-Usern<br />
in ortsentfernten<br />
Umgebungen, sowie<br />
Tools/PCs oder komplementären<br />
Analysegeräten. Das<br />
Tool wird besonders für Unternehmen<br />
oder Organisationen<br />
von Nutzen sein, die Komponenten<br />
in 3D modellieren und testen.<br />
Dazu sind deutliche Ver -<br />
besserungen in den Fertigungsprozessen<br />
– etwa bei der<br />
Inspektion und bei der Nacharbeit<br />
– zu er warten.<br />
■<br />
QS für Automobilindustrie<br />
Lasersensorköpfe messen präzise<br />
Die violetten Lasersensorköpfe<br />
von<br />
Third Dimension<br />
nutzen die kürzeste<br />
sichtbare Wellenlänge<br />
sowie eine<br />
verbesserte Software-Intelligenz.<br />
Die Produktreihe erweitert<br />
die Palette<br />
an Materialien bei<br />
Gapgun Pro und<br />
Vectro. Damit verfügen<br />
Automobilhersteller<br />
über ein einziges Werkzeug für alle gängigen<br />
Inline-, Spalt- und Bündigkeitsmessungen.<br />
Zum Einsatz kommen die violetten Lasersensorköpfe<br />
bei Lichtclustern, Chromscheinwerfern,<br />
Rückleuchten und allen anderen gängigen<br />
Oberflächenanwendungen im Automobilbereich.<br />
Violette Lasersensorköpfe bieten den Nutzern<br />
– OEMs sowie Tier 1 und Tier 2 – ein System<br />
mit hoher Messauflösung und Bedienfreundlichkeit.<br />
Zudem stellen sie ein einfaches Upgrade<br />
für bestehende Gapgun-Pro- und Vectro-<br />
Kunden dar.<br />
■<br />
Kältemittel<br />
Umweltschonender kühlen<br />
Das neue Kältemittel WT69 von Weiss für die Climeevent<br />
Klimaschränke hat gegenüber R23 einen um über<br />
90 % reduzierten GWP von 1.357. Es eignet sich für Tiefkälte-Anlagen<br />
bis -70 °C. Bis Ende des Jahres wird es in<br />
allen kompakten Climeevent Standard-Klimaprüfschränken<br />
mit einer Abkühlrate von 3 und 5 K eingesetzt.<br />
Ab 2020 werden auch Sondervarianten wie Vibrationsschränke<br />
und größere Klimaprüfkammern mit<br />
Temperaturwechselraten bis 20 K umgestellt.<br />
WT69 ist unabhängig zertifiziert und erfüllt alle An -<br />
forderungen an ein zukunftssicheres Kältemittel für<br />
Anwendungen bis<br />
–70 °C. Alle Prüfpro -<br />
file können auch weiterhin<br />
benutzt werden,<br />
die Ergebnisse<br />
bleiben vergleichbar.<br />
Als normales synthetisches<br />
Kältemittel<br />
sind keine Sicherheitsbetrachtung,<br />
separate Kühlung<br />
oder erhöhte Kältemittelmenge<br />
notwendig.<br />
■<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 63
:: News und Produkte<br />
Funktioniert auch bei Multi-Materialien<br />
Die Software Vgstudio Max von Volume Graphics eignet sich für die zerstörungsfreie<br />
Qualitätssicherung mit industrieller Computertomografie. Sie wurde nun erweitert.<br />
Vgstudio Max, die Highend-Software für die Analyse<br />
und Visualisierung von Daten der industriellen Computertomografie<br />
(CT), deckt alle Anforderungen an Messtechnik,<br />
Fehlererkennung und -bewertung, Materialeigenschaften<br />
oder Simulationen in einer einzigen Lösung<br />
ab. Mit der neuen Version Vgstudio Max 3.3 können<br />
Kunden die Oberflächen von Multi-Material-Bauteilen<br />
bestimmen, Mess- und Analyseergebnisse exportieren<br />
und sie zentral in einer Qualitätsmanagementsoftware<br />
speichern, basierend auf Texterkennung Prüfprozesse<br />
flexibler automatisieren sowie reale CT-Daten als<br />
Volumennetze für die Simulation aufbereiten.<br />
Ein neuer Bereich Technical Consulting bietet Beratung<br />
und Auswertungen als Dienstleistung an. Ein neuer<br />
Modus der lokal-adaptiven Oberflächenbestimmung<br />
ermöglicht zudem die gleichzeitige Bestimmung der<br />
Oberflächen unterschiedlicher Materialien innerhalb eines<br />
Volumens.<br />
■<br />
Mit der neuen Version Vgstudio Max<br />
3.3 können Kunden die Oberflächen<br />
von Multi-Material-Bauteilen bestimmen,<br />
Mess- und Analyseergebnisse exportieren<br />
und sie zentral in einer Qualitätsmanagementsoftware<br />
speichern<br />
Bild: Volume Gaphics<br />
Bildverarbeitung<br />
Wenn der Platz eng ist<br />
Um große Objekte bei geringen Messabständen<br />
optimal prüfen zu können, hat Opto <strong>Engineering</strong><br />
seinen TC Core Plus entwickelt. Bei dieser<br />
Serie handelt es sich um telezentrische Objektive<br />
mit großem Sichtfeld für bereichsabtastende<br />
Kameras, die speziell für die 1/1,8”- und<br />
2/3”-CMOS-Sensoren der neuesten Generation<br />
konzipiert wurden. Ihre optomechanische Konstruktion<br />
eignet sich zum Vermessen großer<br />
Objekte bei beengten Platzverhältnissen.<br />
Länge und Arbeitsabstand eines telezentrischen<br />
Objektivs wirken sich grundsätzlich stark<br />
auf die Größe eines Bildverarbeitungssystems<br />
aus. Aus diesem Grund<br />
wurde der Arbeitsabstand<br />
der Objektive<br />
so optimiert,<br />
dass ein kompaktes<br />
Messsystem<br />
entstehen<br />
kann. ■<br />
Universalmessmaschinen<br />
Präzise Ermittlung der Welligkeit<br />
Ursprünglich für Forschungsund<br />
Entwicklungszwecke entwickelt,<br />
bietet Optosurf mit der<br />
Optoshaft TT eine neue Generation<br />
von Universalmessmaschinen<br />
an. Die Messlösung ist für<br />
die Form-, Rundheits- und Welligkeitsmessung<br />
rotationssymmetrischer<br />
Bauteile konzipiert.<br />
Durch die spezifischen Eigenschaften<br />
der Streulichttechnologie<br />
ist ein Einsatz als halbautomatischer<br />
SPC-Messplatz auch<br />
in rauer Fertigungsumgebung<br />
möglich.<br />
Die Wiederholbarkeit bewegt<br />
sich auch in Fertigungsumgebung<br />
im Submikrometerbereich<br />
und kann über ein nach ISO/IEC<br />
17025 zertifiziertes Wellennormal<br />
mit 0,1 μm Amplitudenhöhe<br />
nachgewiesen werden. Standardmäßig<br />
verfügt das Messsystem<br />
neben dem Sensor als<br />
Herzstück über einen hochpräzisen<br />
Rundtisch, ein Backenfutter<br />
zur Bauteileaufnahme, eine<br />
elektrisch angetriebene Linearachse<br />
sowie eine manuelle<br />
x-Achse.<br />
■<br />
64 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
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<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 65
:: <strong>Quality</strong> World<br />
Die Rakete H-IIB vor dem<br />
Start im Tanegashima Space<br />
Center Bild: JAXA Japan Aerospace<br />
Exploration Agency<br />
Sensorik von Keller im Einsatz auf der ISS<br />
Drucktransmitter im All<br />
Im September 2018 startete eine japanische H-IIB Rakete das HTV-Versorgungsschiff mit dem<br />
Advanced Closed Loop System (ACLS) zur Raumstation ISS. Das ACLS „recycelt“ CO 2<br />
aus der<br />
Raumschiffatmosphäre und erzeugt mittels Elektrolyse neuen Sauerstoff für die Besatzung. Die<br />
Regelung dieser Prozesse erfolgt mit Absolut- und Differenzdrucktransmittern von Keller.<br />
Die internationale Raumstation ISS bewegt sich in circa<br />
400 km Höhe um die Erde. Da in dieser Höhe kaum Sauerstoff<br />
vorhanden ist, muss dieser entweder von der<br />
Erdoberfläche geliefert oder an Bord der ISS erzeugt<br />
werden. Den Sauerstoff ins All zu bringen ist teuer, denn<br />
die Transportkosten für 1 kg Nutzlast belaufen sich auf<br />
rund 33.000 Euro.<br />
Es ist daher sinnvoll, wenn man versucht, die ausgeatmete<br />
Luft der Astronauten aufzubereiten, um damit<br />
wieder nutzbaren Sauerstoff zu erzeugen. Das ist die<br />
Aufgabe des ACLS, welches am 22. September 2018<br />
zum amerikanischen Destiny Modul (US-Labor) transportiert<br />
wurde. Das ACLS, eine chemisch-physikalische<br />
Technologie, hat der Flugzeughersteller Airbus für die<br />
Europäische Weltraumorganisation ESA entwickelt. Für<br />
die Sauerstofferzeugung wird im ACLS-Kreislauf das<br />
Kohlen dioxid aus der Kabinenluft mit Wasserstoff, der<br />
unter Energiezufuhr aus der Aufspaltung von Wasser<br />
ge wonnen wird, zu Methan und Wasser umgewandelt.<br />
Aus dem Wasser wird mit dem sogenannten Elektro -<br />
lyse-Prozess wieder atembarer Sauerstoff gewonnen.<br />
Das System ist laut Airbus für eine Crew von drei Astronauten<br />
ausgelegt und spart so auch 450 kg Wasser -<br />
zuladung pro Jahr. Bei voller Leistung entfernt das ACLS<br />
täglich 3 kg CO 2<br />
, liefert 2,5 kg O 2<br />
und produziert 1,2 kg<br />
Wasser.<br />
Damit diese Prozesse sicher laufen, benötigt das<br />
ACLS höchst zuverlässige Komponenten. Der Auftrag für<br />
die Entwicklungen im Bereich Druckmesstechnik erhielt<br />
der Schweizer Druckmesstechnik-Hersteller Keller aus<br />
Winterthur. Das Projekt stellte höchste Anforderungen,<br />
weil in 400 km Höhe innert nützlicher Frist keine Komponenten<br />
ausgewechselt werden können, wenn sie<br />
ausfallen. Der Beitrag von Keller zu dieser Mission besteht<br />
aus Absolut- und Differenzdrucktransmittern, die<br />
im Bereich 50 mbar…20 bar bei 0…110 °C arbeiten.<br />
„Keller hat mit seinen Drucktransmittern, die in zahlreichen<br />
Flugzeugtypen vielfältigste Aufgaben übernehmen<br />
und mit ihrer Zuverlässigkeit zur Sicherheit unterschiedlichster<br />
Systeme beitragen, unter Beweis gestellt,<br />
dass die Anforderungen an die Standzeiten (MTBF) von<br />
Sensoren im realen Betrieb um ein Vielfaches höher liegen<br />
als gefordert“, freut sich Jürg Dobler, Geschäftsführer<br />
von Keller.<br />
„In die ersten Sensorprojekte für die Raumfahrt fließen<br />
selbstverständlich die jahrelangen Erfahrungen für<br />
die Luftfahrt aber natürlich auch den industriellen Anwendungen<br />
ein. Andererseits werden natürlich auch<br />
Rückwirkungen aus den Raumfahrtprojekten in das<br />
breite Spektrum der Drucksensorik bei Keller erwartet“,<br />
ergänzt Dr. Günther Kaden, Consultant Aerospace Sensors.<br />
■<br />
66 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>
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<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong> 67
KELLER in Space<br />
Internationale Raumstation ISS<br />
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in der Sauerstoffversorgung der ISS<br />
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1…9 VDC und RS485<br />
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68 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2019</strong>