Gästemagazin Grenzenlos Sommer 2019
Gästemagazin für Garmisch-Partenkirchen, Grainau und die Tiroler Zugspitz Arena
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58 / ZEITZEUGEN<br />
Vom Einschenken und Austrinken<br />
Die Biergeschichte von Garmisch und Partenkirchen ist voller süffiger Anekdoten.<br />
Ob sie ein abgeschlossenes Kapitel ist, muss sich noch zeigen.<br />
Mit der Eisenbahn kam das<br />
Ende.“ Eine nüchterne Analyse,<br />
die Josef Ostler da zieht.<br />
Wobei sich einem schon beim<br />
Hinschreiben von „nüchtern“ die Finger<br />
sträuben. Immerhin geht es ums Bier, Nationalgetränk<br />
und Kulturgut der Bayern. Aber<br />
wenn er sich doch so sicher ist, dieser Mann,<br />
wandelndes Lexikon der Ortsgeschichte von<br />
Garmisch, von Partenkirchen und von beiden<br />
zusammen.<br />
Selbstverständlich, so erklärt Ostler,<br />
habe es in den beiden Orten schon seit<br />
Jahrhunderten Brauereien und Braugasthöfe<br />
gegeben. Sie versorgten die Einheimischen<br />
ebenso wie die Durchreisenden<br />
mit dem süffigen Gerstensaft. In jener Zeit,<br />
als es noch keine Getränkemärkte und<br />
Heimdienste gab, waren sie zugleich ein<br />
wichtiges Element der Nahversorgung. „Ich<br />
erinnere mich noch daran, wie es war, wenn<br />
man von zu Hause mit dem Krug geschickt<br />
wurde, um im Wirtshaus ein Bier zu holen,“<br />
erzählt er. „Da wurde man da hingeschickt,<br />
wo’s dem Vater oder Großvater am besten<br />
geschmeckt hat. Für uns hab ich’s immer<br />
vom Drei Mohren geholt.“ Das war außer<br />
dem Bräustüberl und dem „Husar“ neben<br />
der Alten Kirche, die es beide heute noch als<br />
Wirtshäuser gibt, eine der drei wichtigsten<br />
Bierquellen in Garmisch.<br />
Weil sich die ortsansässigen Brauer mit<br />
dem sicheren Markt – und dem nicht minder<br />
sicheren Einkommen – zufriedengaben,<br />
brauchten sie keinen Wettbewerb zu<br />
scheuen und vergaßen darüber, sich um besondere<br />
Qualität zu kümmern. Ostler erzählt<br />
von der Metzgersfamilie Reiser in Garmisch,<br />
die auch das „Hospes“-Privileg besaß, also<br />
das Recht, Übernachtungsgäste zu beherbergen.<br />
Sie erwarb vom frisch gegründeten<br />
Bayerischen Staat anno 1808 für 10.250<br />
Gulden das Brauhaus – „und wurde reicher<br />
und reicher und reicher“, berichtet der Ortshistoriker.<br />
Mit dem Geld erwarben sie Wirtshäuser<br />
am Ort, aber auch in Partenkirchen<br />
und Mittenwald. Andere Brauer, etwas weniger<br />
mächtig, folgtem ihrem Beispiel, „ein<br />
echtes Oligopol“.<br />
Garmischer Wasser<br />
und böhmischer Hopfen<br />
Dass die Braukunst in Garmisch und Partenkirchen<br />
sich von wechselhafter Qualität<br />
zeigte, lag auch daran, dass die eigentlichen<br />
Handwerker, deren Kunst in den Bottichen<br />
und Pfannen herangärte, fast ausschließlich<br />
von außerhalb kamen und bald auch wieder<br />
weiterzogen. „Nur wenige sind dauerhaft<br />
hier geblieben“, sagt Ostler. „Da war natürlich<br />
wenig Kontinuität zu erwarten.“ Anders<br />
bei den Zutaten, obwohl sich die Brauereien<br />
dabei nur beim Wasser auf heimische Quellen<br />
stützen konnten. „Das Getreide kam<br />
schon immer von außerhalb. Genauso der<br />
Hopfen, wobei die Brauer den nicht nur in<br />
der Hallertau einkauften, sondern auch in<br />
Böhmen. Deshalb war typisches Garmischer<br />
Bier immer etwas herber.“<br />
Wenn Bier in Bayern allgegenwärtig war:<br />
Wie stand es angesichts der örtlichen Hausmacht<br />
eigentlich um die Konkurrenz, zum<br />
Beispiel von den brauenden Mönchen aus<br />
dem nahen Ettal? „Die war schon sehr früh<br />
mit einem Erlass aus Freising ausgesperrt<br />
worden“, berichtet Ostler. „Genau deswegen<br />
ging es den hiesigen Brauern ja so gut.“<br />
Warum Freising? In der dortigen Bischofsstadt<br />
saßen über Jahrhunderte die klerikalpolitischen<br />
Herren des Werdenfelser Landes<br />
Josef Ostler kennt die Ortsgeschichten von<br />
Garmisch und Partenkirchen wie kein Zweiter.<br />
und wussten ihre Brauhoheit zu schützen.<br />
Als deren Macht zu Ende war, öffneten sich<br />
dennoch nur schmale Zugangspforten fürs<br />
Klostergebräu. Nur manchmal sei in Festzelten<br />
noch das sogenannte „Schädelweh-Bier“<br />
ausgeschenkt worden. Doch das alles zählte<br />
nichts mehr, als dann die Eisenbahn ins<br />
Werdenfelser Land vordrang, die das – bessere<br />
– Münchner Bier fässerweise und ohne<br />
Unterlass herantransportierte. Die örtliche<br />
Bierherrschaft ging zu Ende.<br />
Das Brauhaus Garmisch:<br />
das letzte seiner Art<br />
Eine Brauerei war am Ende noch übrig,<br />
das Brauhaus Garmisch. In Familienbesitz<br />
und nicht nur wegen des einheimischen<br />
Geschmacks, sondern auch dank der genialen<br />
Arbeiten des Werbegrafikers Fritz Uhlich<br />
eine Kultmarke. Mit dem „Olympiator“, 1936<br />
zu den Winterspielen erstmals gebraut,<br />
verfügte das Familienunternehmen über<br />
ein Starkbier, das in aller Munde war. Hätte<br />
nicht irgendwann ein weniger begabter<br />
Nachfolger das Erbe seiner Vorfahren