Lufthansa Exclusive Magazin 07/2019

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62 Breites Portfolio: Die Düsseldorfer Unternehmensgruppe Schwitzke entwickelte Konzepte für die polnische Gastronomiemarke Isto (oben) und den Beauty-Store Douglas Pro (rechts unten); die Stuttgarter Agentur Dfrost gestaltete ein imposantes Schaufensterdesign für die europäischen Stores der Schweizer Messer- und Reisegepäck-Marke Victorinox (ganz unten) Schumacher tritt an einen Teakholz-Schreibtisch mit Touchscreen und legt ein Buch über Designhotels in einen auf dem Bildschirm vorgegebenen Quadranten. Eine Kamera über dem Tisch erkennt die aufgeschlagene Seite – und sogleich startet auf der Leinwand hinter dem Tisch ein Film über das Gramercy Park Hotel in New York. Per Touchscreen lassen sich nun die Zimmer besichtigen, das Buchungs-Menü öffnen und Verfügbarkeiten checken. Dass die Oberflächen dieser Installation nicht kühl und technisch sind, ist dem Zeitgeist geschuldet. „Shytech“ heißt der Trend, er steht für eine Technik, die sich zurücknimmt und überraschend sinnlich ist. Die Zukunft des Handels? Schumacher muss nicht lange überlegen. „Retail wird überall stattfinden: In Hotellobbys, auf Messen, Festivals und in Co-Working-Spaces.“ Er erzählt von seinem Besuch auf der Complexcon in Los Angeles, einer Hybrid-Veranstaltung aus Messe, Festival und Produktshow. „60 000 Menschen haben dort Tickets für durchschnittlich 100 Dollar gekauft, um shoppen zu gehen. Angeboten wurden ausschließlich ‚Drops‘, also limitierte Editionen von Streetwear- und Sportswear- Marken. Das Paradoxe war: Eine Klientel, die online nach drei Clicks aussteigt, weil es ihr nicht schnell genug geht, stand dort geduldig Schlange.“ In solchen Momenten habe der stationäre Handel wieder eine Daseinsberechtigung. „Die Geschäfte werden jedenfalls nicht mehr nur zum Shoppen da sein“, prognostiziert der Retail-Experte. Erlebnisse in den Innenstädten zu schaffen, ein junges Publikum anzulocken – das klingt plausibel. Li Edelkoort, eine der wichtigsten Trendforscherinnen der Welt, sagt voraus, dass Stores zu Refugien werden, die Menschen umsorgen und sich positiv auf Körper und Geist auswirken. Töne und Licht sind wichtige Mittel dafür. Shopping-Stress werde von bewusstem Erleben abgelöst. Einige Retailer mit diesem Fokus gibt es schon. Die Globetrotter-„Erlebnisfiliale“ in München wird sogar vom Reiseportal TripAdvisor als Ausflugsziel empfohlen. Dort gibt es unter anderem einen großen Pool, in dem Kanus Probe gefahren werden können – mitten im Laden, von allen Stockwerken aus einsehbar. Glaubt man Trendgurus und Retail-Spezialisten, dann besteht die Zukunft des stationären Handels in individuellen, Instagram-tauglichen Läden mit Wellness- Atmosphäre, wo gut informiertes Personal gleichgesinnten Kunden Produkte präsentiert, die in Kleinserien und nach ethisch hohen Maßstäben gefertigt wurden. „Wir müssen Anlässe schaffen, zu denen sich die Fangemeinde eines bestimmten Produkts oder einer Marke trifft. Das kann ein Launch sein, eine Kunstausstellung oder ein Sport-Event. Wichtig ist Personal, das den Lifestyle der Marke glaubwürdig vertritt“, sagt Christoph Stelzer. Wieso eigentlich nicht? Klingt doch wunderbar. Wer besteht schon auf der guten alten Fußgängerzone, wenn er diese schöne neue Welt haben kann? Fotos: Tomasz Tyrpa; Alexander Gnädiger; Simon Wagner
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