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Martina Kandler (rechts) zeigt Richard Barth wie eine Mikrofaltung in 10.000-facher Vergrößerung aussieht. Martina Kandler (right) shows Richard Barth what a microfolding at 10,000 x magnification looks like. Photos: Steinbrink- Minami, Barth „Tiefmatt ist kein Strohfeuer“ Nach der Hochglanz-Welle stehen im Möbelbau derzeit supermatte Oberflächen hoch im Kurs. Allerdings erwarten die Endverbraucher von diesen auch eine gewisse Pflegeleichtigkeit beim täglichen Gebrauch. Mit Hilfe von Excimer-Technologie und entsprechenden Lacken ist es der Firma Lott-Lacke gelungen, die gewünschten Gebrauchseigenschaften mit einer angenehm soften Haptik zu kombinieren. material+technik möbel sprach am Firmensitz in Herford mit Martina Kandler, Geschäftsführerin des Lackspezialisten. m+t: In ihrer jüngsten Werbekampagne haben Sie Lackoberflächen sichtbar werden lassen, was wie moderne Kunst aussieht. Was hat sie dazu bewogen? Kandler: Für einen Lackhersteller 14 material+technik möbel 05|19 Exklusiv vor Ort Exclusive on the spot ist es schwierig, sein Produkt optisch wirkungsvoll zu bewerben. Eine farbige Fläche wäre ineffizient und ein lackiertes Möbel würde signalisieren, dass wir ein Möbelhersteller sind. Mithilfe von REM-Aufnahmen (Raster-Elektronen-Mikroskop) einer Kundenoberfläche, die mit unseren Excimer-Lacken erzeugt wurde, ist es uns gelungen, die samtig-seidige Haptik zu vermitteln. m+t: In Ihren Räumlichkeiten sehe ich unterschiedliche Motive. Bedeutet das, dass hier die Haptik auch eine andere ist? Kandler: Ja genau. Die Rezeptur unserer Excimer-Lacke erzeugt in Verbindung mit den verwende ten Technologien unterschiedliche Oberflächenhaptiken. In dieser 3.000-fachen Vergrößerung erkennen Sie beispielsweise die starke Zerklüftung einer kratzfesten Oberfläche mit Anti-Fingerprint-Effekt. Dagegen wirkt diese Abbildung wesentlich fließender und wie ein Seidentuch gewellt. Wenn Sie das Original mit der Hand berühren, werden Sie eine angenehme samtige Haptik wie bei einer Pfirsichhaut spüren. „Es kommt auf die spezielle Rezeptur an“ m+t: Welche Technologie macht dies möglich? Kandler: Eine solche Softfeel- Oberfläche entsteht, wenn Sie vor dem Excimer einen LED- oder UV- Strahler setzen, der den Lack leicht angeliert. Die anschließende Mikrofaltung fällt dann nicht so stark aus und erzeugt sich sanft wellende Konturen. Bei der Einstellung der Oberflächenfunktion und -haptik kommt es auf die spezielle Lack- Rezeptur an und wir bei Lott-Lacke verfügen über eine Menge Knowhow, um an den richtigen „Rädern“ zu drehen. Maßgeschneiderte Beschichtungssysteme, die auf die Kundenwünsche und auf die spezifischen Anlagenbedingungen angepasst werden, sind unser Geschäftsmodell und USP. m+t: Könnten Sie zum besseren Verständnis unseren Lesern die Besonderheiten der Excimer- Technologie und deren Vorteile erläutern? Kandler: Wie soeben kurz erwähnt, erhalten unsere Lacke durch den Excimer-Strahler eine Mikrofaltung der Oberfläche. Da die Aushärtung des Lacks unter Stickstoffatmosphäre geschieht, wird eine vollkommen geschlossene Oberfläche erzeugt, die nicht nur tiefmatt sondern auch besonders kratzfest und Chemiekalien beständig ist. Mit dieser Härtungstechnologie lassen sich somit mehrere Eigenschaften kombinieren. Bei herkömmlichen Lackierverfah-
Structures of Surfaces ren würde der in der Luft befindliche Sauerstoff die Oberfläche anfällig und für Fingerabdrücke empfänglich machen. Mit der Excimer- Methode lassen sich fleckunempfindliche Flächen und Glanzgrade von weniger als fünf Glosspunkten erzeugen. m+t: Supermatte Lacke mit Anti- Fingerprint-Effekt boomen gerade in der Einrichtungsbranche. Wie die aktuelle Werbekampagne zeigt, hat sich Ihr Unternehmen stark auf solche Lacke spezialisiert. Kandler: Wir sehen uns auf diesem Gebiet als Vorreiter, da Lott-Lacke sich bereits Anfang 2000 mit der Technologie befasst hat. Wir waren auch einer der ersten Lackproduzenten, der in einen eigenen Excimer investiert hat und seit 2012 für seine Kunden im Technikum Tests fährt. Inzwischen verfügen wir über eine so große Expertise, dass sich weltweit Unternehmen von uns beraten lassen und zu unseren Kunden zählen. Excimer-Lacke machen bereits rund ein Drittel unseres Gesamtumsatzes aus, von dem die Hälfte im Export erzielt wird. m+t: In welchen Branchen werden Ihre Lacke eingesetzt? Die Geschäftsführerin von Lott-Lacke erläutert die Vorteile der Excimer-Technologie. The managing director of Lott-Lacke explains the advantages of excimer technology. Kandler: Wir waren eines der ersten Branchenunternehmen, das Anfang der 80er Jahre UV-härtende Lacksysteme für elastische, CV- Bodenbeläge entwickelt hat. Als dann ein großer Bodenbelaghersteller die Excimer-Technologie implementierte, hat dies zu einem deutlichen Qualitätsschub bei Fußböden auf Kunststoffbasis geführt und ihm höhere Verkaufserlöse beschert. Tiefziehfähige Lösungen für thermoplastische Oberflächen sind auch heute noch unsere Spezialität, wobei sich mit unseren Lacken neben PVC auch PP, PET oder PO beschichten lassen. Daher zählen auch Produzenten von Möbelfolien und -kanten zu unseren Kunden. Die Möbel- und Bodenbelagindustrie ist mit einem Anteil von 70 Prozent heute unser größter Abnehmer. Da wir Lacke für alle Kunststoffe anbieten, finden sie auch in anderen Industriezweigen wie der Automotive- und der Verpackungsindustrie Verwendung. „Wir lassen unsere Lacke bei Partnern produzieren“ m+t: Ihr Geschäftsmodell, nämlich als Entwicklungsunternehmen mit ausgelagerter Produktion tätig zu sein, dürfte in der Branche einzigartig sein. Wie kam es dazu? Kandler: Lott-Lacke verfügt seit dem Beginn der 80iger Jahre nicht mehr über eine eigene Lackherstellung. Der Vater meines Geschäftsführer-Kollegen Henrik Lott entschied sich, nach fast 100 Jahren eigener Lackproduktion, ausschließlich auf das vorhandene Know-how und die Mitarbeiter zu setzen und nur noch kleine Mengen für Tests oder Muster sowie Spezialitäten im eigenen Haus herzustellen. Alle Massenprodukte lassen wir bei zwei ortsnahen Lackherstellern nach unseren Rezepturen fertigen, wobei hier absolute Geheimhaltungsverträge gelten. Bei einem Großteil unserer 25 Mitarbeiter hier in Herford handelt es sich um Spezialisten auf dem Gebiet der Lackforschung, denn in unserer Firmenphilosophie spielt das permanente Streben nach lacktechnischen Innovationen die Hauptrolle. m+t: Sie erwähnten zuvor, dass kein Lack wie der andere sei. „In unserem Technikum beraten wir die Kunden in Bezug auf supermatte Oberflächen mit Anti-Fingerprint-Effekt“. “In our technical center, we advise customers on supermatt surfaces with an anti-fingerprint effect”. Dann entwickeln und arbeiten Ihre Mitarbeiter also ausschließlich für Kunden? Kandler: Das stimmt, wir entwickeln und testen die vom Kunden gewünschten Lacke und helfen ihm auch vor Ort bei der Implementierung unserer Systeme in den Produktionsprozess. Schließlich muss jede Rezeptur auf die jeweilige Anlage und die Anforderungen des Kunden eingestellt werden. Da wir kontinuierlich in unser Technikum investiert haben, verfügen wir über langjährige Erfahrungen und Knowhow bei allen strahlenhärtenden Lacken. Wir dürften wohl das einzige Unternehmen sein, bei dem neben UV auch andere Strahlungsquellen wie LED, ESH oder eben die Excimer-Technologie getestet werden können. Unsere Kunden schätzen insbesondere, dass wir sie auf diesem Gebiet objektiv und neutral beraten und sie dadurch die auf ihr Unternehmen und ihre Anforderungen zugeschnittene Oberflächentechnologie auswählen können. m+t: Apropos Technikum: Offenbar ist dieses das „Heiligtum“ des Unternehmens. Welche weiteren Serviceleistungen können Sie ihren Kunden dort bieten? Kandler: Um in der Lage zu sein, jede Situation beim Kunden im La- material+technik möbel 05|19 15
Seite 1 und 2: FACHMAGAZIN FÜR DIE KASTEN-, KÜCH
Seite 3: Macher & Märkte Wenige Wochen nach
Seite 7 und 8: Structures of Surfaces schichtung z
Seite 9: Fokus Mit „ColourBrain RawBoard 4

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