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SCHWARZ!STROM
Vinyl only – Klangkultur für Hörer.
by Christian Prenger
THE BEATLES - Abbey Road Anniversary
Edition (Apple Records/Universal)
Die BEATLES sind ein klingendes Glückshormon
der Musik-Historie. Abweichende
Ansichten sind inakzeptabel, werte Gemeinde.
Die unvergleichliche Band hat
bahnbrechende Alben veröffentlicht,
so wie „Abbey Road“ anno 1969. Zum
50-Jahre-Jubiläum gibt es jene feine
Box mit drei LPs inklusive Outtakes, Demos und Talk aus dem Studio.
Die Platte wurde jedoch neu remixt - wer braucht denn das? Pfoten
weg, die Fab Four wussten garantiert, wie es geht.
BORGNAKAR – True North
(Century Media)
Ideologen der reinen Lehre verehren
jenen Begriff, Nostalgieapologeten
lieben ihn, konservative Hardliner fallen
bei der Erwähnung in rauschhafte
Verzückung. Alles ist gut, was „true“
ist, lautet die Philosophie gewisser
Metal-Fundis. „True North“ ist gut,
aber ohne True-Korsett. Die Band initiiert eine unorthodoxe, dynamische
Exkursion durch Kreativansätze des Avantgarde Black Metal.
Ein Kompetenzbeweis in zwei Farben, kein Trugschluss.
HARRY CONNICK JR. - True Love:
A Celebration Of Cole Porter
(Verve/Universal)
Die Plüsch-Fraktion unter den Jazzkonsumenten
kann ihre Anlage auf
Betriebstemperatur bringen. Harry
Connick Jr. interpretiert Hits des legendären
Musical-Komponisten und Sängers
Cole Porter und beweist gleichzeitig
beachtliches Talent für Klang-Gymnastik. Diese Scheibe des Vokalisten
ist ein Spagat zwischen Kunst und Kommerz, zwischen Kitsch und
Können. Ein veritabler Hochseilakt auf drei Seiten Vinyl mit ausreichend
Süßstoff für den Plattenteller.
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JEFF GOLDBLUM AND
THE MILDRED SNITZER ORCHESTRA -
I Shouldn´t Be Telling You This
(Decca/Universal)
Was könnte uns dieser Mann verschweigen?
Hat ihn das Arbeitsamt zum Jobwechsel
überredet? Soll er künftig nur
mehr den smarten Jazzpianisten geben?
Hat er genug von Verwandlungen in
Fliegen und Konfrontationen mit Dinos in Parkanlagen? Halten wir
uns an das Vinylfaktenmaterial. Hollywood-Star Jeff Goldblum will auch
auf der zweiten LP weder Erneuerer noch Revoluzzer sein und swingt
fröhlich durch nettes Mainstream-Material. Ist okay, teilen wir mit.
HELLOWEEN - United Alive In Madrid
(Nuclear Blast)
Das strategische Ziel dieses Metal-Joint
Ventures liegt auf der Hand. Michael Kiske,
Kai Hansen und Andi Deris segeln mit
weiteren Kürbispromis als „Pumpkins
United“ durch weltweite Konzerthallen
und erfüllen die Reunion-Fantasien ihrer
80er-Klientel. Das läuft natürlich nicht
ohne Erinnerungs-Accessoires wie jene Box ab. Fünfmal Vinyl wartet
auf Kunden, nicht unerwartet sind diverse Farben im Spiel. Gute Sache
und niemand schreit daher „I Want Out“.
INSOMNIUM - Heart Like A Grave
(Century Media)
Wer das glatte Trend-Parkett beschreitet,
sollte mental gefestigt sein, an Plan B
denken und raschen Aufstieg nie mit
nachhaltiger Karriere verwechseln. Denn
nach jedem Hype folgt Tristesse. Auch
melodischer Death Metal wird primär
mehr von Kreativ-Orientierungslosen
dominiert, die alte Zeiten blass reproduzieren. INSOMNIUM hingegen
beweisen Überzeugungskraft mit ihrer Doppel-LP, unter anderem im
eher genreuntypischen Sun Yellow erhältlich.
KING CRIMSON -
In The Court Of The Crimson King
(DGM/Lotus Records)
Ich ersuche um kurzes inspiriertes Innehalten.
Dieser Scheibe muss mit Ehrfurcht
begegnet werden, zählt das Debüt von
KING CRIMSON doch zu den besten
Platten aller Zeiten. Wer jenes Prog-
Rock-Monument von 1969 nicht kennt,
möge nun mit den Aufräumungsarbeiten seiner musikhistorischen
Baustelle beginnen. Dieser Re-Release ist ansprechend gefertigt und
erfreut durch Vinyl aus der 200 Gramm-Kategorie. Ein königliches
Sammler-Objekt.
Special: Hippiegartenparty
Ein Mythosmessgerät würde zu rauchen beginnen.
Denn Woodstock bleibt das Symbol für den Aufbruch in bessere Zeiten,
Nonkonformismus und Veränderung. Das Festival fand 1969 in einem
Super-Kreativjahr statt, wie auch diese Seite zeigt.
Das Jubiläum steht nun im Zeichen von Love, Peace und Cash.
„Woodstock - Back to The Garden: 50th Anniversary Collection“
erweist sich als coole Live-5-LP-Box mit einem Makel:
Gitarrengenie Jimi Hendrix fehlt.
Die Verantwortlichen sollten künftig besser
im Garten arbeiten.