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#ticinomoments 2020

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8 <strong>#ticinomoments</strong><br />

Agnese, wie hat alles angefangen?<br />

Marco stammt aus dem Bedrettotal. Seine<br />

Eltern waren Gastwirte, er selbst arbeitete als<br />

Schreiner. Ich zog als Kind ins Leventinatal,<br />

wurde in Valchiavenna geboren, nahe dem<br />

Comer See. Mein Vater war Käser, ich arbeitete<br />

für eine Bäckerei in Airolo. Als Marco und ich<br />

heirateten, entschieden wir, uns im Bedrettotal<br />

niederzulassen, in der herrlichen Ruhe und<br />

dem Frieden dieses wunderschönen Tals. Ich<br />

habe die Berge immer geliebt: Mit 21 Jahren war<br />

ich in Nepal, hier fand ich später das Gebirge<br />

in Miniaturform. Eines Tages kam uns die Idee:<br />

Warum betreiben wir keinen Skilift im Tal?<br />

Wir sprachen mit der Gemeinde und übernahmen<br />

daraufhin die Anlage in Cioss Prato.<br />

Ist das also ein Ort für den Winter?<br />

Das Bedrettotal ist zu allen Jahreszeiten<br />

wunderschön. Der Schnee gehört zur Identität<br />

des Tals. Manchmal muss die Strasse wegen<br />

Lawinengefahr geschlossen werden. In der<br />

Vergangenheit war das Tal schon einige Male<br />

vom Rest der Welt abgeschnitten. Doch mit<br />

Schnee wird die Umgebung zur Märchenlandschaft.<br />

Wir haben mit dem Lift angefangen.<br />

Für die kleine Skianlage, die in den 1970ern<br />

dank der Initiative einer Gruppe Freunde<br />

entstand, wurden neue Betreiber gesucht.<br />

Wir übernahmen sie im Jahr 2005. Direkt bei<br />

uns führen auch Langlaufloipen und Schneeschuhtrails<br />

vorbei, die seit 2018 zum Schweiz-<br />

Mobil-Netzwerk gehören. Es kommen Leute<br />

aus der ganzen Schweiz vorbei. Einmal hatten<br />

wir zwei Damen vor der Tür, die in den frühen<br />

Morgenstunden im Aargau aufgebrochen sind,<br />

um das Bedrettotal auf Schneeschuhen zu erkunden.<br />

Doch nicht nur der Schnee glitzert hier:<br />

In Cioss Prato habt ihr viel Raum für Kinder<br />

geschaffen, aber auch für Kristalle.<br />

Wie kommt es dazu?<br />

Marco ist wie ein Vulkan, hat immer neue<br />

Ideen. Den Spielplatz wollten wir immer schon<br />

kreieren. Wir haben in Etappen begonnen,<br />

Schritt für Schritt. Wir überlegten uns weitere<br />

Attraktionen für unsere Gäste, die Natur<br />

und Landschaft geniessen wollen. Und dann<br />

schafften wir noch Platz für die Kristalle: Dabei<br />

handelt es sich um eine familiäre Leidenschaft,<br />

die über Generationen weitergegeben wurde.<br />

Marco, Sie erbten die Liebe zu diesen<br />

verborgenen Schätzen von ihrem<br />

Vater Gilberto. Was macht ihre<br />

Besonderheit aus?<br />

Der Mensch ist immer schon von Kristallen<br />

fasziniert gewesen, spricht ihnen übernatürliche<br />

Kräfte zu. Sie sind auch ein Symbol für<br />

Macht. Bis heute dienen sie als besondere<br />

Geschenke für Politiker und Militärangehörige<br />

oberer Ränge. Die Kristalle stammen aus<br />

den Tiefen des Gotthards, einem Bergmassiv<br />

mit hoher Bedeutung für die Schweiz. Mein<br />

Vater suchte leidenschaftlich gern Kristalle,<br />

ich begleitet ihn oft. Er kennt das Gebirge und<br />

die Gesteinsschichten, aus denen die Schätze<br />

hervorkommen, ist wie eine Enzyklopädie. Er<br />

weiss alles über Kristalle und könnte stundenlang<br />

darüber reden. Er fand schon die tollsten<br />

Gesteine. Wir entschlossen uns deshalb dazu,<br />

die schönsten Fundstücke in der Kristallgrotte<br />

auszustellen, die wir eigens dafür gebaut<br />

haben. Der grösste Kristall stammt aus dem<br />

Bavonatal. Es ist mehr als eine einfache Gesteinsausstellung.<br />

Es ist ein Erlebnis für jeden<br />

Besucher.<br />

Besucher der Grotte fühlen sich demnach<br />

wie echte Kristallsucher. Wie ist es, in die<br />

Tiefen des Felsens vorzudringen?<br />

Im Gebirge verbergen sich wunderschöne<br />

Kristalle, mal sehr gross, mal spitz, oder auch<br />

mit besonderer Färbung, wie beispielsweise<br />

Rauch- oder Zepterquarz. Vor diesen Gesteinen<br />

zu stehen, die über 15 Millionen Jahre<br />

alt sind, berührt mich emotional sehr stark.<br />

Einen Kristall zu entdecken, der sich im Boden<br />

verbirgt, ist immer auch eine Belohnung für<br />

die anstrengende Suche: Tagelang findet man<br />

manchmal nichts, und plötzlich ist er da, der<br />

Kristall. Jedes Mal ist es, wie das erste Mal. Die<br />

glitzernden Kristalle werfen tiefgründige Fragen<br />

auf. Sie sind mehr als ein einfacher Stein.<br />

Leider wird es immer schwieriger, welche zu<br />

finden. Wir müssen immer tiefer ins Gebirge<br />

vordringen, sehr viel Aufwand betreiben und<br />

auf Glück hoffen. Die Suche nach Kristallen ist<br />

eine Leidenschaft.<br />

Von den Kristallen aus dem Erdinneren<br />

zu Zuckerkristallen: Ihr produziert köstliche<br />

Pastefrolle. Agnese, wie lautet das<br />

Geheimrezept für das Gebäck?<br />

Jeder hat sein eigenes Rezept: Die Pastefrolle<br />

werden seit dem Ende des 19. Jahrhunderts<br />

von Hand in den Häusern des Bedrettotals<br />

hergestellt. Unsere basieren auf dem Rezept<br />

von Marcos Tante. Die Kekse sind sehr beliebt,<br />

jede Woche backen wir neue. Eine aufwendige<br />

Arbeit: Ich fange um 5 Uhr an und brauche bis<br />

12 Uhr. Im Prinzip ein Arbeitstag, der sich auf<br />

den Vormittag konzentriert. Aber wenn ich<br />

das Strahlen in den Augen sehe, vor allem von<br />

Kindern, wenn sie das Gebäck probieren, erfüllt<br />

mich das mit Freude.<br />

Die Pastefrolle geben ausreichend Energie,<br />

um das ganze Tal und seine Geheimnisse zu<br />

erkunden. Viel Spass.<br />

Im Herzen der Schweiz<br />

Cioss Prato (ciossprato.jimdo.com) lohnt sich<br />

zu jeder Jahreszeit: Themenpfade, Spielplatz,<br />

Schneeschuhe und Ski für Kinder.<br />

In der Kristallgrotte lassen sich echte Edelsteine<br />

bewundern (ticino.ch/kristallhoehle).<br />

Das Bedrettotal ist ein naturbelassenes Paradies<br />

in kurzer Entfernung zur Autobahn und<br />

Ausgangspunkt für viele Wanderungen bis<br />

zum Gotthardpass oder ins Maggiatal<br />

(bellinzonese-altoticino.ch).<br />

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