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8 Dorfspiegel Dietlikon<br />

Kurier Nr. 1 / 2 9.1.2<strong>02</strong>0<br />

Zum 80. Geburtstag von Margrit Frempong<br />

Ein Porträt über 80 bewegte Jahre<br />

Margrit Frempong wurde am Dreikönigstag (6. Januar) des Jahres 1940 in Zürich als zweites Kind von Lina und Hans Haudenschild geboren.<br />

Der Bruder war ein Jahr älter. Die Familie wohnte in Zürich-Albisrieden, wo Margrit auch zur Schule ging.<br />

Yvonne Zwygart<br />

«Mein Leben begann mit Musik,<br />

und ich bin glücklich, wenn es auch<br />

damit endet», freut sich die Jubilarin.<br />

Der Vater war Organist in der<br />

reformierten Kirchgemeinde in<br />

Zürich-Albisrieden. Ihre Eltern<br />

lernten sich im Kirchenchor kennen.<br />

Schon in der ersten Klasse<br />

wurden beide Kinder in den Klavierunterricht<br />

geschickt und sangen<br />

in einem Kinderchor mit. Später<br />

wechselte Margrit auf Geige, und<br />

ihr Vater begleitete sie dazu auf<br />

dem Klavier. «So wurde uns die<br />

Musik lieb», kommentiert Margrit<br />

dazu. Nach der Sekundarschule besuchte<br />

Margrit für viereinhalb Jahre<br />

die Lehramtsabteilung der Mittelschule<br />

und schloss 1961 mit dem<br />

Lehramtsdiplom ab.<br />

Ein Herz für die Mission<br />

Als in kirchlichen Kreisen Engagierte<br />

interessierte sie sich auch für die<br />

Mission. Es gab an ihrer Mittelschule<br />

eine Bibelgruppe der VBG (Vereinigte<br />

Bibelgruppen an Schulen und<br />

Universitäten), in der sie aktiv mitmachte.<br />

Dort hörte sie immer wieder<br />

von der Wichtigkeit des Missionsauftrages.<br />

Es beschäftigten sie die<br />

Völker, die noch keine Bibel in ihrer<br />

Sprache hatten.<br />

So liess sich Margrit bei der Wycliffe<br />

Mission als Bibelübersetzerin<br />

ausbilden. Sie wurde im Jahre 1964<br />

damit fertig. Eine Gemeinde einer<br />

Freikirche war bereit, den Missionsauftrag<br />

finanziell zu unterstützen:<br />

1966 erfolgte Margrits Ausreise<br />

nach Ghana. Sie reiste zusammen<br />

mit einer weiteren «single lady» in<br />

den Norden Ghanas in ein weit abgelegenes<br />

Dorf. Es fiel ihr zuerst<br />

schwer, die europäische Kultur und<br />

Musik hinter sich zu lassen.<br />

Nach und nach jedoch wurde ihr die<br />

afrikanische Musik vertraut. Im Norden<br />

Ghanas musste sie zuerst der<br />

Stammessprache «Sisaala» mächtig<br />

werden, was zwei Jahre weiteres<br />

Lernen bedeutete. «Vor allem die<br />

Grammatik war anspruchsvoll. Sisaala<br />

ist eine sogenannte Tonsprache,<br />

das heisst, die Semantik (die<br />

Bedeutung) des Wortes verändert<br />

sich mit der Sprachmelodie», erklärt<br />

Margrit dazu. 1968 war sie soweit<br />

fortgeschritten im Sprachstudium,<br />

dass sie mit den ersten Übersetzungen<br />

beginnen konnte. Sie gingen<br />

daran, das Markusevangelium mit<br />

Hilfe von englischen Kommentaren<br />

vom Griechischen ins Sisaala zu<br />

übersetzen. Niemand sprach gut genug<br />

Englisch, um ihr helfen zu können.<br />

So musste Margrit auf Sisaala<br />

erklären, was gemeint war. Daneben<br />

schrieb sie kleine Lesebüchlein in<br />

Die Familie: (v.l.) Tochter Joy, Nicole und Sohn Samuel Frempong, Lydia, Justin und Margrit Frempong. (Foto zvg)<br />

Sisaala für Kinder und Erwachsene,<br />

weil viele Erwachsene und Kinder<br />

nicht in die Schule geschickt wurden<br />

und nicht lesen konnten. «So<br />

lernten die ersten Kinder und Erwachsenen<br />

an den Abenden im<br />

Schein der Petrollampe lesen. Es<br />

war für die Ghanaer zuerst eigentlich<br />

nicht wichtig, schreiben und<br />

lesen zu können, da sie ihre Tage<br />

auf dem Feld zubrachten und von<br />

dessen Ertrag lebten. Als sie es aber<br />

konnten, eröffneten sich ihnen neue<br />

Horizonte und es kamen immer<br />

mehr Kinder, die in unseren Abendklassen<br />

in den Dörfern lesen lernen<br />

wollten», berichtet Margrit. Die<br />

Ghanaer merkten auch, dass sie auf<br />

dem Markt nun nicht mehr «über’s<br />

Ohr gehauen» wurden, wenn sie lesen<br />

und rechnen konnten.<br />

Bibelübersetzen in Ghana<br />

Während dieser Zeit lernte Margrit<br />

ihren Mann Justin kennen. Er ist<br />

Ghanaer und im Süden des Landes<br />

geboren und studierte dort Politologie.<br />

In einem Missionseinsatz sah<br />

er die Notwendigkeit, im Norden<br />

Ghanas zu evangelisieren und unterrichte<br />

dann dort nach dem Studium<br />

an einer Mittelschule. Nach<br />

zwei Jahren stieg er in den vollzeitlichen<br />

Missionsdienst ein. Auch<br />

Justin musste zuerst die Sprache der<br />

Sisaala lernen, da es in Ghana etwa<br />

60 Sprachen gibt. Er hielt den Leseunterricht<br />

und Margrit war für die<br />

Übersetzungen zuständig. Dabei<br />

gewann sich das Lehrerpaar lieb.<br />

1974 wurde Hochzeit gefeiert. Ein<br />

Jahr darauf wurde ihnen ihr Sohn<br />

Samuel geschenkt und nochmals<br />

drei Jahre darauf erblickte Tochter<br />

Joy das Licht der Welt. Die Kinder<br />

besuchten die Schule im Dorf. Margrit<br />

ergänzte den Unterricht, vor allem<br />

im Deutschen, Zuhause.<br />

Die Arbeit trug Früchte<br />

Der gute Unterricht tat den wissbegierigen<br />

Kindern gut. Viele ghanaische<br />

Kinder bekamen so einen soliden<br />

Grundstock für ihre spätere<br />

Ausbildung und konnten in die offizielle<br />

Schule aufgenommen werden.<br />

Manche sind heute als ausgebildete<br />

Amtsleute tätig. 1984 konnte<br />

den Sisaalas das Neue Testament<br />

in Sisaali gedruckt und feierlich<br />

überrreicht werden.<br />

1986 erreichte sie die Nachricht<br />

aus der Schweiz, das Margrits Vater<br />

verunfallt war und im Koma<br />

lag. Er erwachte dann zwei Wochen<br />

später wieder aus dem Koma, war<br />

nun aber auf Pflege angewiesen. So<br />

war die Familie gezwungen, in die<br />

Schweiz zurückzukehren und dort<br />

eine Wohnung zu suchen. Sie fanden<br />

eine Parterrewohnung in Dietlikon.<br />

Die Kinder besuchten ab 1986 die<br />

fünfte und die dritte Klasse im Primarschulhaus<br />

Fadacher. Den<br />

Wechsel vom Leben in Ghana in<br />

die Lebenswelt der Schweiz überstanden<br />

sie gut. Margrit unterrichtete<br />

ebenfalls im Schulhaus Fadacher<br />

ein Teilpensum im Fach<br />

«DaZ» (Deutsch als Zweitsprache),<br />

was ihr sehr Freude bereitete.<br />

Nachdem Margrits Vater 1993 verstorben<br />

und die Kinder mit der<br />

Ausbildung fertig waren, zog es<br />

Margrit und Justin nochmals nach<br />

Ghana – dieses Mal ohne die Kinder.<br />

Bei den Sisaalas gab es noch<br />

viel zu tun. Inzwischen gingen viele<br />

von ihnen zur Schule und waren<br />

mit Hilfe von Übersetzungskursen<br />

befähigt, das Alte Testament eigenständig<br />

in die Sisaali-Sprache zu<br />

übersetzen. 2<strong>01</strong>4 war dieses Projekt<br />

abgeschlossen und den Sisaalas<br />

wurde die ganze übersetzte Bibel<br />

überreicht. Zahlreiche Ghanaer<br />

konnten nun lesen und wurden<br />

durch das Lesen der Bibel Christen.<br />

Es wurden neue christliche Gemeinden<br />

gegründet. Vorher waren<br />

die meisten Sisaalas Animisten<br />

oder Moslems. Justin und Margrit<br />

Frempong zogen 2<strong>01</strong>8 in die<br />

Schweiz zurück. Ihre Kinder waren<br />

mittlerweile in ihren Berufen tätig<br />

und Sohn Samuel hatte eine Familie<br />

gegründet.<br />

Margrit fehlte die Musik<br />

Wieder zurück in der Schweiz,<br />

merkte Margrit Frempong, wie<br />

über die Jahre ihre geliebte europäische<br />

Musik zu kurz gekommen<br />

war. Seit diesem Sommer nimmt<br />

sie wieder Geigenstunden und<br />

spielt seit einigen Wochen mit noch<br />

einigen anderen musikliebenden<br />

Senioren im Altstadtorchester der<br />

Stadt Zürich.<br />

Margrit Frempong sagt dazu: «Es<br />

ist mir, wie wenn meine Kindheit<br />

zurückgekommen wäre, wenn ich<br />

wieder in Zürich musizieren kann.<br />

Das Spielen in Kirchen der Altstadt<br />

bereitet mir besondere Freude.»

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