Melange No10
Melange No10 - Das Magazin im Süden Bayerns
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PORTTRAIT<br />
Christian Springer<br />
DER MUTMACHER<br />
Sollten Sie davon ausgegangen sein, dass das Interview, das<br />
wir mit Christian Springer im Murnauer Kaffeehaus Krönner<br />
geführt haben, die Lachmuskeln strapaziert, so ist das nur die<br />
halbe Wahrheit. Zwar hat uns das Treffen mit dem bekannten<br />
Kabarettisten auch neue Lachfältchen gebracht, doch vor allem<br />
hat es eines getan: uns erschüttert. Und Mut gemacht.<br />
„Mit 17 Jahren war ich zum ersten Mal mit einem Klassenkameraden<br />
in Istanbul“, erzählt er. Sie sind damals mit dem Zug<br />
hingefahren. Bald darauf ging es nach dem Abitur zum ersten<br />
Mal nach Syrien. „Mit dem Nahen Osten ist es wie mit so vielen<br />
Dingen oder Orten, die man kennenlernt. Es heißt: Einmal und<br />
nie wieder, oder, wie in meinem Fall: Einmal und immer wieder.“<br />
Hier sitzen wir nun, bei Sahnetorte und Cappuccino. Christian<br />
Springer passt gut hier rein, er fügt sich in das bunte Kaffeehausbild,<br />
lehnt sich zurück, ist völlig im Hier und Jetzt. Noch<br />
heute Morgen hatte er Regiebesprechung für seine Sendung<br />
„Live aus dem Schlachthof“, die er gemeinsam mit Michael Altinger<br />
im BR-Fernsehen moderiert. Und in wenigen Tagen geht<br />
es wieder in den Libanon, wie alle paar Wochen.<br />
Obwohl das Kabarett einen wichtigen Teil seines Lebens einnimmt<br />
und er bei seinen Auftritten sein Publikum vom Hocker<br />
haut und kaum ein Thema zum aktuellen Zeitgeschehen vor<br />
seinen Pointen sicher ist, ahnen Sie es bereits: Christian Springer<br />
kann man nicht einfach in eine einzige Schublade stecken<br />
und Kabarett draufschreiben.<br />
Studiert hat er Semitistik, Philologie des christlichen Orients<br />
und Bayerische Literaturgeschichte.<br />
„Das stimmt!“ Christian lacht und erklärt: „Schon als Kind hatte<br />
ich den Wunsch, irgendwann Arabisch zu lernen. Schuld daran<br />
war Karl May. Ich erinnere mich noch genau an einen Abend in<br />
meiner Kindheit, als unser Vater zu mir und meinem älteren<br />
Bruder ins Kinderzimmer gekommen ist und mir Karl Mays<br />
ersten Band in die Hand gedrückt hat.“ Von diesem Tag an verliebte<br />
sich Christian Springer unwiderruflich in den Orient.<br />
Dass er sich mittlerweile seit über 30 Jahren dort aktiv engagiert,<br />
das hatte er damals noch nicht geahnt. Als echtes Münchner<br />
Kindl wuchs Christian Springer in Berg am Laim auf, wo<br />
seine Eltern ein Obst- und Gemüsegeschäft hatten. „Heimatverbundenheit<br />
kann vieles sein. Das Zitherspiel, das Bücherschreiben,<br />
auch das Kabarett. All das vermischt sich in meinem<br />
Arbeitszimmer. Da steht das bayerische Lexikon neben dem arabischen.<br />
Dinge, die nur von außen so scheinen, als kämen sie<br />
aus verschiedenen Welten.“<br />
Im Jahr 2012 gründete Christian Springer zusammen mit seinem<br />
Bruder und dessen Lebensgefährtin den Verein Orienthelfer.<br />
Alleine oder gemeinsam mit Leuten aus seinem mittlerweile<br />
7-köpfigen Team reist er alle paar Wochen in den Libanon<br />
und nach Jordanien, um den Flüchtlingen und den Einheimischen<br />
vor Ort zu helfen. „Bei mir spielt sich sehr viel in der Öffentlichkeit<br />
ab. Ich habe das große Glück, dass ich in meiner humanitären<br />
Arbeit in der Syrienkrise als sehr seriös wahrgenommen<br />
werde. Dass man mich kennt und sagt: der Verein, den der<br />
Herr Springer gegründet hat, sorgt dafür, dass das Geld auch<br />
wirklich ankommt. Die Glaubwürdigkeit, die die Spender sehen,<br />
ist so ein großes Gut, mit dem ich sehr vorsichtig umgehen will.<br />
Das ist ein Geschenk und ein unglaublicher Antrieb.“<br />
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