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Berghofer Blick 2020-1

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HISTORISCHES

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800 Jahre Berghofen - Gedanken zum Jubiläumsjahr 2020

Verschobene Ausgangsdaten für

Berghofens Ersterwähnung

Angesichts eines lange vorbereiteten

Jahresprogramms 2020 für das

Jubiläumsjahr „800-Jahre-Berghofen“

erscheint die Frage müßig, wie alt

Berghofen sei. Freilich haben einige Ältere

nachgerechnet und sich an ein schönes

Jubiläumsfest des Jahres 1979 „750-Jahre-Berghofen“ erinnert, dem

folgerichtig 2004 ein 775-jähriges Gedenken folgte, und, blieben wir in

diesem Rhythmus, erst 2029 eine 800-Jahr-Feier gerechtfertigt wäre.

Es muss also gute Gründe geben, wenn für das Jahresgedenken eine

andere Grundlage herangezogen wird. Für das Jubiläum 1979 kam die

Veröffentlichung des Dortmunder Stadtarchivars Norbert Reimann, der

den Teil des Dortmunder Zahlenspiegels bis 1803 bearbeitet hatte, der

zwar 1978 erstmals veröffentlicht wurde, wohl aber zu spät. Reimann

führte die Große Vogteirolle des Grafen Friedrich von Altena-Isenberg,

um 1220 erstellt, als Ersterwähnung Berghofens an. 1) Die Forschung,

auf die sich der Eintrag bezog, war schon 1968 publiziert worden. 2)

Die Bedeutung der Ersterwähnung

Es soll vorausgeschickt werden, dass die Frage nach Berghofens Alter

nicht exakt zu beantworten ist. Ortsjubiläen werden nach der „mentio

prima“, der Ersterwähnung des Ortes, gefeiert. Wenn es sich nicht

um den seltenen Fall einer Ortsneugründung zu einem bestimmten

Zeitpunkt handelt, sagt die Ersterwähnung nur wenig über das

Alter des Ortes aus. So weisen etwa von den Archäologen gemachte

Friedhofsfunde in Asseln schon in die Zeit des vierten nachchristlichen

Jahrhunderts 3), während der Ort, wie die Stadt Dortmund, um 890

erstmals in einem Urbar (Einkunftsverzeichnis) des Klosters Werden

(das nun zum südlichen Stadtgebiet Essens gehört) erstmals erwähnt

wird. 4) Die Archäologen können kein genaues Jahr oder gar Datum

ihrer Funde angeben, außerdem ist es nicht völlig gesichert, dass

Asseln kontinuierlich besiedelt blieb, so kann erst nach der Werdener

Erwähnung ein Ortsjubiläum gefeiert werden.

Als Ersterwähnungen von Siedlungen gelten noch existierende Urkunden

oder Auszüge (Regesten) aus nicht mehr vorhandenen Urkunden, die

sich auf tatsächliche Verhältnisse gründen, was leider nicht immer

eindeutig zu beweisen ist. Auch in Annalen (Jahrbüchern), Chroniken,

Lebensbeschreibungen (Viten), Reisebeschreibungen (Itineraren),

Besitzaufzeichnungen (Breviaren) oder in Einkunftsverzeichnissen

(Urbaren) können Ersterwähnungen vorhanden sein.

Große Städte gehen mit diesen Ersterwähnungen sehr unterschiedlich

um. So feiert etwa Berlin die Ersterwähnung von Cölln an der Spree,

das dann mit dem jüngeren Berlin zu einer Stadt vereinigt wurde. 5) Die

erste Erwähnung eines Dortmunder Ortsteils bezieht sich auf Syburg,

das schon 775 in den fränkischen Reichsannalen genannt wird. 6) In

Syburg stand zu diesem Zeitpunkt eine „sächsische“ Burg, deren Alter

nicht genau bestimmt werden kann. Die Dortmunder beriefen sich im

Mittelalter immer darauf, von Karl dem Großen gegründet worden zu sein,

den sie dann heiligmäßig verehrt, am Triumphbogen ihrer Hauptkirche

St. Reinoldi mit einer monumentalen Holzstatue würdigten. Es gibt zwar

in Dortmund ältere Bodenfunde, doch eine Siedlungsgründung durch

Karl den Großen ist möglich, wenn auch nicht zu belegen.

Berghofens erste Erwähnungen

Die Äbtissin Kunigunde von Möllenbeck überließ dem Stift Cappenberg

die zu ihrem Hofe zu Apelderbeke (Aplerbeck) gehörigen Höfe zu Heil

(südöstlich von Bochum-Werne gelegen) und empfing dafür ein Haus

zu Lore (einem Ort, dessen Lage wir nicht mehr kennen). Über diese

Eigentumsübertragung wurde am 15. August 1229 eine Urkunde

ausgestellt. Unter den Zeugen, die diese Urkunde nennt, befindet sich

Theodericus de Berchoven (Theoderich von Berghofen). 7) Die Urkunde

gab Anlass zur oben erwähnten Jubiläumsfeier des Jahres 1979.

Dass Berghofen aber tatsächlich älter ist, als es die Urkunde ausweist,

ergibt sich aus einer anderen Überlieferung, die erwähnt, dass das

Stift St. Victor zu Xanten um 1300 Besitz in Berghofen verkaufte, der

ihm wohl schon im 11. Jahrhundert von einer Frau Imeza übertragen

worden war. 8) Niemand kann aber diese vage zeitliche Angabe, die

wohl der älteste Beleg für die Existenz des Ortes ist, zur Grundlage eines

Jubiläums nehmen. Viele der bei uns so häufigen „-hofen“-Orte gehören

wohl in die Zeit des 8. oder 9. Jahrhunderts.

Berghofens Erwähnungen in der „Kleinen Vogteirolle“ aus der Zeit vor

1220 und in der „Großen Vogteirolle“ des Grafen Friedrich von Altena-

Isenberg um 1220 sind älter

als die Urkunde des Jahres

1229 und relativ sicher

zeitlich zuzuordnen.

Der Schriftzug Berghofen

aus der kleinen älteren

Vogteirolle des Grafen von

Altena-Isenberg

Die Ursache für die Erstellung der Altena-Isenberger Vogteirollen

Heinrich der Löwe, der Kaiser Friedrich I. Barbarossa die Hilfe versagt

hatte, büßte das Herzogtum Westfalen ein. So kam Westfalen an den

Kölner Erzbischof. Als Engelbert von Berg Erzbischof in Köln wurde,

geriet er mit den Adligen seines Landes in heftigen Streit um die

Vogteirechte an Stiften und Klöstern, der seinen Höhepunkt in der

Ermordung des Erzbischofs im Jahre 1225 durch die Adelspartei – unter

Führung Friedrichs von Alten-Isenberg – fand. Um in diesem Konflikt

seine Rechte wahrnehmen zu können, hatte der Isenberger vor 1220 in

einer „Kleinen Vogteirolle“ seine Güter systematisch erfassen lassen;

und die inhaltlich im Wesentlichen identische, um 1220 entstandene

„Große Vogteirolle“ nennt dann den Grund der Aufzeichnungen: „Damit

niemand dem Grafen oder seinen Erben Unrecht tun kann, hat er dieses

aufschreiben lassen.“ Das Verzeichnis nennt im Besitze des Klosters

Möllenbeck den Oberhof Aplerbeck mit zwei Höfen in Berghofen. 9) So

ist ein Ortsjubiläum ausgehend von der Jahreszahl 1220 gerechtfertigt.

Wolfgang Kahl fordert: „Um jedoch die traditionsreichen Ortsjubiläen

aus Anlaß ihrer Ersterwähnung feiern zu können, dürfen nur

wissenschaftlich nachweisbar belegte Jahreszahlen oder möglichst ein

genau feststehendes Datum Verwendung finden, andernfalls jeglicher

Spekulation Tür und Tor geöffnet wären. Ferner ist es generell unzulässig,

für das Nominationsjubiläum eines Ortes aus einer Zeitspanne mehrerer

Jahre eine Jahreszahl als jene der Ersterwähnung herauszugreifen und

als Axiom postulieren zu wollen.“ 10) Folgt man diesem Standpunkt, so

scheint für ein Feiern in Berghofen nach der Urkunde des Jahres 1229

einiges zu sprechen. Die kleinere ältere der Isenberger Vogteirollen mit

der nur ungenau zu ermittelnden Entstehungszeit „vor 1220“ scheidet

demnach aus. Fraglich bleibt, ob die große jüngere Vogteirolle mit der

relativ genauen Zuordnung „um 1220“ ein Kriterium des Feierns nach

strengem Maßstab ermöglicht, aber da die ältere Vogteirolle vor 1220

in jedem Fall die gleichen Verhältnisse bereits beschreibt, ist 1220 ein

grundsätzlich gesichertes Datum.

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