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Musiker Magazin 4/2019 – 1/2020

FESTIVAL: Deutscher Rock & Pop Preis 2019 – Rückblick; Deutscher Rock & Pop Preis 2020 – Anmeldung / STORIES: Singer-Songwriterin Kiara Huber; Ann Doka – Aus »Neu« mach »Neu«. Wandel schreibt Musik; Die Historie der Rock- & Popmusik: Teil 15: THE ROLLING STONES – The greatest Rock & Roll band in the world (Teil 2); Burn Out Laut – Therapeutischer Soulrock; Sven Garrecht – Mit der Kleinkunst im Herzen schafft er eine Symbiose aus grooviger Popmusik und sinnigem Chanson; VOICE OVER PIANO – Entertainment auf höchstem Niveau; COPPER SMOKE – Americana Rock; KÖNIG & MEYER – Stands For your Music – seit 1949; CORAZÓN DEL CARIBE – Pures Karibik- & Kuba-Feeling / MUSIKBUSINESS: Leeza Nail – Wie kann ich Singen zum Beruf machen? / RUBRIKEN: Musiker-News; Produkt-News; CD-Rezensionen; Titelschutzanzeigen; Kleinanzeigen; Impressum

FESTIVAL: Deutscher Rock & Pop Preis 2019 – Rückblick; Deutscher Rock & Pop Preis 2020 – Anmeldung / STORIES: Singer-Songwriterin Kiara Huber; Ann Doka – Aus »Neu« mach »Neu«. Wandel schreibt Musik; Die Historie der Rock- & Popmusik: Teil 15: THE ROLLING STONES – The greatest Rock & Roll band in the world (Teil 2); Burn Out Laut – Therapeutischer Soulrock; Sven Garrecht – Mit der Kleinkunst im Herzen schafft er eine Symbiose aus grooviger Popmusik und sinnigem Chanson; VOICE OVER PIANO – Entertainment auf höchstem Niveau; COPPER SMOKE – Americana Rock; KÖNIG & MEYER – Stands For your Music – seit 1949; CORAZÓN DEL CARIBE – Pures Karibik- & Kuba-Feeling / MUSIKBUSINESS: Leeza Nail – Wie kann ich Singen zum Beruf machen? / RUBRIKEN: Musiker-News; Produkt-News; CD-Rezensionen; Titelschutzanzeigen; Kleinanzeigen; Impressum

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22 STORIES<br />

Januar 1970 hoffte der britische Melody<br />

Im<br />

Maker, die Beatles und die Rolling Stones<br />

würden sich noch im selben Jahr auflösen: „Mal<br />

ehrlich: Sie hatten ihre Zeit und müssen selbst<br />

zugeben, dass ihr Konzept jetzt nur noch Lange -<br />

weile verbreitet.“ Kaum ein Blatt hat jemals so<br />

danebengelegen. Nur in einem Punkt behielt der<br />

Melody Maker recht: Im April 1970 trennten sich<br />

die Beatles endgültig. Aber ihre Musik hatte sich<br />

überhaupt nicht abgenutzt, und mit „Abbey<br />

Road“ hatten sie gerade erst im September 1969<br />

ein weiteres fantastisches Album vorgelegt, das<br />

anlässlich seiner Neuveröffentlichung im Jahr<br />

<strong>2019</strong> wieder zum Verkaufsschlager wurde. Die<br />

Rolling Stones waren sogar lebendiger denn je.<br />

Ihre im Dezember 1969 veröffentlichte LP „Let<br />

It Bleed“ ist ein Hauptwerk der Rockmusik, und<br />

die Band steuert heute auf ihr 60-jähriges Be -<br />

stehen zu, ohne dass Langeweile aufkommt.<br />

1970 bedeutete eine Zäsur für die Band. Ihr<br />

Vertrag mit dem Label Decca lief aus, sie trennten<br />

sich auch von ihrem Manager Allen Klein und<br />

machten sich mit ihrem eigenen Label selbstständig.<br />

Dessen Markenzeichen ist die ausgestreckte<br />

rote Zunge, die wohl auch diejenigen<br />

kennen, die an der Musik der Rolling Stones<br />

nichts finden. Die schwierige Trennung von Klein<br />

und seiner Firma ABKCO im Juli 1970 ließ den<br />

Manager aber weiterhin kräftig an den bis dahin<br />

veröffentlichten Platten der Band verdienen,<br />

sodass die Rolling Stones für eine neue wirtschaftliche<br />

Basis sorgen mussten. Allerdings<br />

konnte Kleins Firma bis auf eine Ausnahme im<br />

CD-Zeitalter keine extended versions von Alben<br />

der Band veröffentlichen, wie es beim Werk so<br />

vieler berühmter Rockmusiker zur Selbst ver -<br />

ständlichkeit geworden ist. Da Vollmachten für<br />

die Veröffentlichung von bisher nicht erschienenem<br />

Material aus jener Zeit fehlten, musste<br />

auch die jüngste Wiederveröffentlichung von „Let<br />

It Bleed“ ohne bislang unbekannte Aufnahmen<br />

auskommen. 2009 kam allerdings die ABKCO-<br />

Box „Get Yer Ya-Yahs Out“ mit vier 1969 nicht<br />

erschienenen Songs und dem New Yorker Vor -<br />

programm heraus, das B. B. King sowie Ike &<br />

Tina Turner bestritten hatten. Vermutlich hatte<br />

Klein sich vor 50 Jahren die Rechte an den<br />

Konzertmitschnitten der Band jener Tournee ge -<br />

sichert.<br />

Musikalisch gedieh die Band zu Beginn ihrer<br />

zurückgewonnenen Freiheit prächtig. Sie landete<br />

im April 1971 einen musikalischen und finanziel -<br />

len Coup, der seinesgleichen sucht: zunächst<br />

mit der Single „Brown Sugar“ und wenige Tage<br />

darauf mit ihrem 13. Album „Sticky Fingers“.<br />

Erstmals prangte die rote Zunge auf dem gelben<br />

Untergrund der LP-Labels, und das Platten cover<br />

hatte der weltbekannte Pop-Art-Künstler Andy<br />

Warhol gestaltet. Die fotografierte Jeans mit<br />

einem echten Reißverschluss, der sich<br />

selbst verständlich aufziehen ließ, gehört zu<br />

den Ikonen der LP-Cover in der Rockmusik.<br />

Auch als das Album Anfang der 1990er-Jahre<br />

als CD veröffentlicht wurde, wurde immer noch<br />

ein echter Reißverschluss für das Cover eingearbeitet.<br />

Das Album wurde zum erfolgreichsten<br />

der Band-Karriere und lässt die Rolling Stones<br />

auf künstlerischer Höhe glänzen. Sowohl der<br />

ausgekoppelte wilde Song „Brown Sugar“ mit<br />

seinem zotigen Text als auch das mit hervorragenden<br />

Stücken gespickte Album insgesamt<br />

haben Musikgeschichte geschrieben. Nach<br />

„Goin’ Home“ von Aftermath zeigten die Rolling<br />

Stones mit „Can’t You Hear Me Knocking“ zum<br />

ersten Mal wieder, wie spannend sie improvisieren<br />

können. In späteren Jahren haben sie dieses<br />

Stück bei ihren gigantischen Rock shows<br />

wiederholt eingebaut. Von „Brown Sugar“ wurde<br />

eine weitere Version im Studio während Keith<br />

Richards’ Geburtstag mit Al Kooper am Key -<br />

board und Eric Clapton als Leadgitarrist aufgenommen<br />

und sollte ursprünglich als Single veröffentlicht<br />

werden. Ein solcher Leckerbissen<br />

fand natürlich seinen Weg auf Bootlegs. 2015<br />

kam er offiziell auf einer hervorragenden zweiten<br />

CD der extended version von „Sticky Fingers“<br />

heraus, die Studio- und Live-Aufnah men enthält.<br />

Auch live blieb die Band ein Ereignis, wie<br />

zum Beispiel ihr Auftritt im Londoner Marquee<br />

Club von Anfang März 1971 demonstriert,<br />

2015 in der Serie „From the Vault“ erschienen.<br />

Gitarrist Mick Taylor bereicherte die Musik der<br />

Rolling Stones mit seinen exquisiten Soli, während<br />

Keith Richards Rhythmus-Gitarrist blieb <strong>–</strong><br />

bis zu Taylors Ausscheiden. Mick Jaggers<br />

Bühnen show veranlasste Kritiker zu immer<br />

neuen Superlativen. Tina Turner zufolge soll er<br />

zwar 1966 in der Royal Albert Hall anlässlich des<br />

gemeinsamen Auftritts von ihr eine Reihe von<br />

Tanzschritten gelernt haben. Aber entschei dend<br />

ist, was Jagger für seine Per for mance daraus<br />

gemacht hat. Die Band wurde rasch vermögend.<br />

Um den hohen britischen Steuern zu entkommen,<br />

wurden die Rolling Stones zu Steuer flücht -<br />

lingen, die im Frühjahr 1971 ihren Wohnsitz nach<br />

Südfrankreich verlegten. Mick Jagger führte<br />

außerdem ein Leben im Jetset. Im Mai 1971 heiratete<br />

er in Frank reich die seinerzeit als glamouröses<br />

Partygirl gel tende Bianca Pérez-Mora<br />

Macias aus Nicaragua. Als die Ehe acht Jahre<br />

später ge schieden wurde, behielt Mrs. Jagger<br />

ihren klingenden Ehenamen.<br />

In Südfrankreich wurden die noch in London<br />

begonnenen Aufnahmen für das Doppelalbum<br />

»Gradlinig war die Karriere<br />

der Rolling Stones freilich<br />

nicht. Seit 1970 durchliefen<br />

sie Höhen und Tiefen,<br />

rauften sich wieder<br />

zusammen und wurden ab<br />

Ende der 1980er-Jahre<br />

zur Gelddruckmaschine<br />

des Rock-Business<br />

schlechthin, die auch nach<br />

einer erneuten<br />

Unterbrechung des<br />

Tournee-Betriebes ihre Fans<br />

rund um die Welt<br />

zu begeistern versteht.«<br />

„Exile On Main Street“ von 1972 eher schleppend<br />

zu Ende geführt, weil in Frankreich der<br />

Drogen kon sum innerhalb der Band und ihrer<br />

Entourage zunahm. Bill Wyman hielt sich zwar<br />

zurück, und Charlie Watts wandte sich erst viel<br />

später kurzfristig dem Heroin zu und entkam<br />

dem Suchtmittel erfolgreich. Mick Taylor fühlte<br />

sich von Jagger und Richards, die beide harte<br />

Drogen nahmen, unter Druck gesetzt und verfiel<br />

den Rauschmitteln immer mehr. Einen Ein -<br />

druck von der Situation der Band vermittelt<br />

Robert Franks’ Film „Cocksucker Blues“ über die<br />

US-Tourneen der Rolling Stones in den Jahren<br />

1972 und 1973. Unverblümt zeigt der Streifen<br />

das nicht nur von Musik, sondern auch exzessivem<br />

Sex und Drogen konsum bestimmte Tourne -<br />

eleben. Das drohte allerdings künftige Ein reisen<br />

in die USA als wichtigem Rock musik-Markt nicht<br />

zu ge fährden. Deswegen verhinderte die Band<br />

ge richtlich, dass der Film in die Kinos kam.<br />

Heute, über vier Jahrzehnte danach, kann man<br />

sich „Cocksucker Blues“ bei YouTube zu Gemüte<br />

führen, wenn man den Hinweis bestätigt hat, der<br />

Film könne Nutzern unangemessen erscheinen.<br />

Aus heutiger Sicht ist „Exile On Main Street“<br />

ein weiterer Rolling-Stones-Klassiker und sogar<br />

eines der wichtigsten Werke der Rockmusik,<br />

aus dem die erfolgreiche Single „Tumbling Dice“<br />

ausgekoppelt wurde. Die unter ungünstigen Be -<br />

dingungen zustande gekommene Produktion<br />

fanden damals aber längst nicht alle gut, da<br />

das Album irgendwie unfertig wirkte und ungeschliffen<br />

war. Die Ablehnung ist schon lange<br />

revidiert worden, sodass „Exile On Main Street“<br />

musiker <strong>Magazin</strong> 4/19 <strong>–</strong> 1/20

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