RDT 1/2010 - Bund gegen Missbrauch der Tiere ev
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Spreewald<br />
schlupf (ohne Isolation, wärmegedämten<br />
Boden etc.) war mit Töpfen und Eimern<br />
verstellt.<br />
Asta, die einer alleinerziehenden Mutter<br />
von mehreren Kin<strong>der</strong>n gehört,<br />
macht seit Monaten durch ihr lautstarkes<br />
Winseln und Heulen aufmerksam.<br />
Sie wurde, laut Erklärung <strong>der</strong> Besitzerin,<br />
angekettet, weil sie davonlaufe.<br />
Nachts soll die höchstens 1,5 Jahre alte<br />
Hündin in die Nebengelasse gesperrt<br />
worden sein, die wir uns nun anschauen.<br />
Räume voller Müll, mit Unrat und<br />
Gerümpel, Tierfe<strong>der</strong>n, altem Brot und<br />
verkotetem Stroh - auch hier müssen<br />
<strong>Tiere</strong> unter erbärmlichen Umständen<br />
gelebt haben.<br />
Die Frau bekommt telefonisch vom<br />
Amtsveterinär den erneuten Hinweis,<br />
die Auflagen zu erfüllen, außerdem<br />
das tierschutzwidrige Würgehalsband<br />
zu ersetzen.<br />
Wir fahren weiter die Dorfstraße entlang<br />
zu einem abseits gelegenen<br />
Grundstück im Wald. Hier besteht <strong>der</strong><br />
Verdacht, dass illegal "Kampfhunde"<br />
gezüchtet werden, möglicherweise sogar<br />
Hundekämpfe stattfinden könnten.<br />
Auch von diesem Haus dringt Nacht<br />
für Nacht das Geheul von Hunden ins<br />
Dorf. Das Ordnungsamt hatte erklärt,<br />
keine Hinweise auf Zuchtaktivitäten zu<br />
haben, dennoch ordnete es an, das gesamte<br />
Grundstück mit einem sehr hohen<br />
Zaun abzusichern.<br />
An <strong>der</strong> Klingel steht kein Name, die<br />
Rollläden sind heruntergelassen und<br />
dennoch hören wir, sehr gedämpft,<br />
Gebell aus dem von außen absolut<br />
nicht einsehbaren Nebengebäude.<br />
Ordnungs- und Veterinäramt werden<br />
in wenigen Tagen einen gemeinsamen<br />
Kontrollbesuch durchführen, versichert<br />
uns <strong>der</strong> Amtstierarzt aus Lübben.<br />
So schwierig die Umsetzung besserer<br />
Haltungsbedingungen für <strong>Tiere</strong> in dem<br />
kleinen Spreewalddörfchen zu sein<br />
scheint, desto umfangreicher die Tierschutzprobleme.<br />
Katzen werden nicht<br />
In <strong>der</strong> ehemaligen DDR wurden Ende <strong>der</strong> 50iger Jahre alle Tierschutzvereine<br />
verboten. Der Tierschutz lag seit 1973 in staatlicher Hand; es wurden "Beiräte<br />
für Tierschutz und Tierhygiene" bestellt, die unter <strong>der</strong> Leitung <strong>der</strong> Amtsveterinäre<br />
offiziell für private Tierhaltungen zuständig waren. Dass auch diese<br />
Funktion eher dekorativen Charakter in einem Staat hatte, <strong>der</strong> jegliches private<br />
Engagement für Tier- und Umweltbelange mit allen Mitteln staatlicher Restriktion<br />
untergrub, ist mehr als wahrscheinlich.<br />
Wie zunächst auch Westdeutschland übernahm die DDR in den 50iger Jahren<br />
die Regelungen des Reichstierschutzgesetzes von 1933. Während die <strong>Bund</strong>esrepublik<br />
das Tierschutzgesetz 1972<br />
erstmalig reformierte, blieb das<br />
Reichstierschutzgesetz in <strong>der</strong> DDR bis<br />
zur Wende formal bestehen. Der<br />
Staat ließ in dieser Zeit kaum Reflexionen<br />
über ein ethisch begründetes<br />
Mensch-Tier-Verhältnis zu, das in den<br />
80iger Jahren im Westen zunehmend<br />
öffentlich diskutiert wurde.<br />
kastriert; um die Beseitigung des Nachwuchses<br />
kümmern sich die meisten Bewohner<br />
per Hand selbst, auch um das<br />
vorzeitige Ende kranker o<strong>der</strong> verletzter<br />
<strong>Tiere</strong>, wie wir bestürzt hören. Kleintiere<br />
werden nicht selten zum Sterben im<br />
Wald ausgesetzt, ungeachtet schwerster<br />
Verletzungen.<br />
Auch um viele Pferde soll es kaum besser<br />
stehen: So seien zum Beispiel Pferde,<br />
die dem Besitzer <strong>der</strong> Dorfkneipe<br />
gehörten, im letzten Frühjahr so ausgemergelt<br />
auf die Weide gekommen<br />
sein, dass Touristen sich beschwert hätten<br />
- Fazit: Die <strong>Tiere</strong> blieben fortan im<br />
Stall. Die Kneipenbesitzer haben<br />
außerdem mehrere Hunde in dunklen<br />
Zwingern, die wir warnend bellen hören,<br />
als wir auf den Hof schauen; die<br />
Hunde, die angeblich in <strong>der</strong> Zwingerhaltung<br />
einen ihrer Artgenossen getötet<br />
haben, sind noch nie draußen gesehen<br />
worden.<br />
Auf einem Pferdehof sollen die <strong>Tiere</strong>,<br />
bis auf kurzen Weidegang, nahezu<br />
ausschließlich angebunden gehalten<br />
werden und die beiden Hofhunde ihre<br />
(getrennten) beengten Zwinger niemals<br />
verlassen dürfen. Schafe stehen ohne<br />
Unterkünfte ganzjährig auf <strong>der</strong> Weide<br />
und werden nicht mit Wasser versorgt.<br />
20 Jahre nach <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vereinigung<br />
sind die Tierschutzprobleme in den<br />
neuen <strong>Bund</strong>eslän<strong>der</strong>n beson<strong>der</strong>s groß,<br />
<strong>der</strong> Vollzug durch die Behörden<br />
schwerfällig. Das eher funktional be-<br />
stimmte Verhältnis zum Tier, mit all seinen<br />
Negativseiten, scheint noch immer<br />
die Norm. Als wir Lübben über einen<br />
befahrenen Verkehrskreisel verlassen,<br />
hören wir einen Hund jaulen und Wellensittiche<br />
zwitschern. Direkt am Kreisel,<br />
in einer Schrebergartensiedlung,<br />
steht dem scharfen Wind ausgesetzt<br />
und mit Planen verhängt eine Voliere<br />
voller Wellensittiche, im verdunkelten<br />
Zwinger daneben sitzt ein Schäferhund.<br />
Bei einer privaten Sittichzucht, so<br />
<strong>der</strong> Amtsveterinär, könne er gar nichts<br />
machen.<br />
Der bmt wird an allen angezeigten<br />
(und auch den bislang noch unklaren)<br />
Fällen zeitnah dran bleiben und hat<br />
dem Veterinäramt zugesagt, Asta und<br />
den Husky (im Falle einer Privatabgabe<br />
o<strong>der</strong> Sicherstellung) übernehmen zu<br />
wollen. Gleichfalls wird <strong>der</strong> bmt auf<br />
Län<strong>der</strong>ebene versuchen, Aufklärungskampagnen<br />
anzustoßen und umzusetzen.<br />
Dass die Landesregierung Interesse<br />
zeigt, ist hinsichtlich des<br />
Wirtschaftsfaktors Tourismus im Spreewald<br />
zu erwarten.<br />
Sollten Sie Missstände beobachten, zögern<br />
Sie bitte nicht, sie anzuzeigen.<br />
Machen Sie Fotos und dokumentieren<br />
Sie Adresse, Uhrzeit und Zustand des<br />
<strong>Tiere</strong>s - Ihre Aufmerksamkeit kann <strong>Tiere</strong>n<br />
das Leben retten und hilft uns, die<br />
Öffentlichkeit für Tierschutzbelange zu<br />
sensibilisieren.<br />
Text und Fotos: Claudia Lotz<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
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