greenup #08 Leseprobe
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Macht kostenloser ÖPNV Sinn oder ist er eine überteuerte Utopie?
Über die Vor- und Nachteile des Gratis-Tickets und wie eine Verkehrswende
wirkungsvoll umgesetzt werden kann
© Fitzer/iStockphoto
In die Bahn einsteigen, ohne Stress
am Ticketautomaten. Mit dem Bus
jeden Tag vom Stadtrand zur Arbeit
und zurück – und das, ohne ein teures
Monatsticket zu lösen. Kostenloser
öffentlicher Nahverkehr ist eine verlockende
Vorstellung. Sollte eine fortschrittliche
Stadt nicht alles tun, damit
ihre Bewohner so mobil wie möglich
sind und energiefreundliche Massentransportmittel
nutzen? Ist es nicht soziale
Gerechtigkeit in Reinform, wenn
alle, ob arm oder reich, sich zum Nulltarif
fortbewegen können? Und würde
so nicht der Straßenverkehr, der für
über 17 Prozent aller schädlichen CO 2 -
Abgase auf der Welt verantwortlich
ist, verringert werden?
Kostenloser Nahverkehr ist bereits an
vielen Orten Realität. In Frankreich
haben mehrere Kommunen ihre Bürger
von den Ticketpreisen erlöst. Beispielsweise
der Gemeindeverband um Niort,
dessen 120.000 Einwohner die lokalen
Busse seit 2017 kostenfrei nutzen können.
Oder die Stadt Dünkirchen, in der
dies seit 2018 der Fall ist. Die estnische
Hauptstadt Tallinn hat 2013 den kostenlosen
Nahverkehr für registrierte
Bürger eingeführt. In Deutschland gibt
es ebenfalls einige Kleinstädte, die diesen
großzügigen Service anbieten: Das
bayerische Pfaffenhofen wirbt seit Ende
2018 mit sieben kostenlosen Buslinien
für alle – auch für Besucher. Das Projekt
soll mindestens drei Jahre laufen.
Seit April 2019 kann sich auch das rheinische
Monheim damit rühmen, seine
44.000 Einwohner gratis zu befördern
– ebenfalls vorerst für drei Jahre.
Daneben gibt es allerdings eine Reihe
von Beispielen, bei denen der Gratis-
Nahverkehr nach einiger Zeit wieder
eingestellt wurde – meist wegen zu hoher
Kosten. Im spanischen Torreviaja
war der Nahverkehr seit den 1990ern
nahezu kostenfrei. 2018 beschloss der
Stadtrat allerdings, das Programm
einzustellen, da es nicht mehr tragbar
sei. Ähnlich verlief es im belgischen
Hasselt, wo 2013 nach 16 Jahren wieder
kostenpflichtige Tickets eingeführt
wurden. Das brandenburgische Templin
musste nach vier Jahren Freifahrt
neue Ticketpreise einführen – allerdings
überaus günstige.
SKEPSIS IST BERECHTIGT
Fürsprecher von Gratis-ÖPNV-Modellen
haben eine Reihe vielversprechender
Argumente. So würden viele
Menschen für den täglichen Verkehr
vom Auto auf Bus und Bahn wechseln
und weniger CO 2 und Feinstaub würden
in die Luft geblasen. Gleichzeitig
wären die Straßen weniger verstopft,
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