Stadtmagazin Cloppenburg Ausgabe 35 2020
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Geschichte
Im vergangenen Jahr überreichte der Gograf Hergen Stolle aus Wildeshausen-Düngstrup (Mitte) sowie der Vorsitzende der Interessensgemeinschaft
Georg Meyer-Nutteln (r.) den Gogerichts-Ehrenteller an Herbert Feldkamp (l.) für sein soziales Engagement und
die Initiative „Strahlemann“.
Das Gogericht auf dem Desum
In mittelalterlich anmutenden Gewändern versammeln
sie sich jedes Jahr in „Pastors Busch“, einem kleinen Wäldchen
bei Emstek: Als einfache Bauern von damals verkleidet,
in Gesellschaft eines Gerichtsschreibers und dem Gografen,
zusammen mit zahlreichen Gästen. Sie erinnern an das „Gogericht
auf dem Desum“, eine alte Rechtstradition, die ihren
Ursprung Im Frühmittelalter hatte. Dazu versammelten sich
die freien männlichen Einwohner der jeweiligen Gaue (einer
Landschaft beziehungsweise eines Bezirks), um unter anderem
Rechtsangelegenheiten zu verhandeln und Urteile zu
sprechen. Von dem Begriff „Gaue“ leitet sich die Bezeichnung
„Go“ bei Gogericht und Gograf ab.
Thingplatz oder Thingstätte nannte man den Ort, an dem
eine solche Versammlung abgehalten wurde, zum Beispiel
auf einer Anhöhe wie dem Desum oder unter einem mächtigen
Baum (Gerichtslinde), aber immer unter freiem Himmel.
Die Mitglieder der Thingversammlungen oder Gogerichte
waren verpflichtet zu den vier Mal im Jahr stattfindenden
Verhandlungen zu erscheinen. „Nur Tod und Siechtum
entschuldigte damals ein Nicht-Erscheinen“, erklärt Georg
Meyer-Nutteln, Vorsitzender der Interessengemeinschaft
„Altes Gogericht auf dem Desum e.V.“. Der gemeinnützige
Verein veranstaltet jedes Jahr eine öffentliche Gerichtsverhandlung
nach historischem Vorbild und lockt damit zahlreiche
Besucher an.
In Emstek befand sich vermutlich schon in der frühmittelalterlichen
Sachsenzeit ein bedeutender Versammlungsund
Gerichtsplatz. Er lag an zentraler Stelle in unmittelbarer
Nähe zu wichtigen Handelsstraßen. Zu ihnen gehörten der
„Hohe Weg“ von Visbek nach Emstek sowie der noch heute
existierende Herzog-Erich-Weg. Dieser alte Handels- und
Heerweg, der in Teilen auch Reuterweg oder Folkweg genannt
wurde, führte von der Lüneburger Heide über die Weser
bis in die Niederlande und war ein wichtiger Grund für
die Bedeutung der Gerichtsstätte bis in das 17. Jahrhundert
hinein.
Urkundliche Erwähnung fand das „Gogericht auf dem
Desum“ erstmals im Jahre 1322. Damals wurde es von den
Drosten Hermann von Sutholte und Johann von Dinklage im
Auftrag des Bischöflich-Münsterschen Amtes Vechta erworben.
Was bedeutete, dass alle Einnahmen aus den Gerichtsurteilen
an den Fürstbischof in Münster abgeführt werden
mussten.
Wie lange dort aber unter freiem Himmel Recht gesprochen
wurde, ist nicht mehr genau festzustellen. Allerdings
heißt es, dass dieses Gogericht 1652 nach Vechta verlegt
worden sein. Im Oldenburger Staatsarchiv werden etwa
100 Gogerichts-Protokolle aus den Jahren von 1578 bis
1803 verwahrt. Die älteren Akten wurden im Verlauf eines
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