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VdS_Journal für Astronomie_Nr 74

Die Vereinigung der Sternfreunde e.V. ist der größte überregionale Verein von Amateur-Astronomen im deutschsprachigen Raum. Wir informieren Sie über aktuelle astronomische Ereignisse sowie Neuigkeiten aus der Amateurastronomie-Szene und aus dem Verein.

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Beobachterforum

Beobachterforum

Enkelkinder ans Teleskop!

von Karl-Heinz Kower

3 Die total verfinsterte Sonne mit

ten verbliebenen Sonnenlichts geisterten

leichte Zebrastreifen über die Landschaft.

Aber nicht auf der dafür vorgesehenen, eigens

ausgelegten weißen Fläche, sondern

an der Hauswand waren sie zu sehen. Bei

keiner der bisher beobachteten totalen Sonnenfinsternisse

hatten wir die fliegenden

Schatten auch nur erahnt. Um 16:38 Uhr

stand für einen winzigen Augenblick ein

Diamantring am Himmel – der Mond war

vollständig vor die Sonne getreten, die Korona

erstrahlte … unbeschreiblich schön.

Doch wie schnell war es wieder vorbei!

Schon blitzten die ersten Sonnenstrahlen

am Mondrand hervor – 3. Kontakt um

16:40 Uhr –, ein winziger Augenblick Diamantring,

dann überflutete das Sonnenlicht

die Landschaft, die noch in bläulichfahlem

Schein lag. Nochmal flimmerten die

geisterhaft scheinenden Schattengebilde.

Langsam gab der Mond die Sonne wieder

frei, um 17:46 Uhr war die Finsternis vollendet.

Interessant war dann, was inzwischen der

Helligkeits- und Temperatursensor aufgezeichnet

hatte. Die Helligkeit zeigt einen

allmählich sinkenden Verlauf – unterbrochen

von dem scharfen Minimum der totalen

Sonnenfinsternis. 1. und 4. Kontakt

sind gekennzeichnet, die Zeit vom 2. zum 3.

Kontakt entspricht in dieser Darstellung in

etwa der Strichdicke beim Minimum. Um

17:56 Uhr war Sonnenuntergang (in der

Darstellung Minute 77), der steile Abstieg

am Ende repräsentiert diesen.

Korona; Foto: Manfred Rätz

Es ist verblüffend,

wie sehr die Empfindung

des Temperaturabfalls

von

der Wirklichkeit

abweichen kann.

Gefühlt hätte man

mindestens 5 °C

geschätzt (bei

einer totalen Sonnenfinsternis muss es

doch eisig kalt werden!), tatsächlich waren

es ca. 3 °C. Der „nur“ von der Bedeckung

der Sonne durch den Mond verursachte

Temperaturabfall wurde diesmal überlagert

vom bevorstehenden Sonnenuntergang.

Man sieht auch die schon bei früheren

Sonnenfinsternissen beobachtete zeitliche

Verschiebung des Temperaturminimums

gegenüber dem Helligkeitsminimum, das

direkt mit dem Totalitätszeitpunkt zusammenfällt:

Bleibt das Sonnenlicht aus, dann

gibt der Boden noch Wärme an die Luft ab,

ehe die Abkühlung wirksam wird.

Bei der Auswertung unseres Foto- und Videomaterials

stellten wir fest, dass wir die

fliegenden Schatten tatsächlich festhalten

konnten. Auf einem Handyvideo von Manfred

Kretzschmar sind sie richtig gut zu sehen.

Der Versuch, daraus ein Standbild zu

gewinnen, um sie hier zu zeigen, brachte

allerdings einen zu geringen Kontrast. Aber

vielleicht tut sich irgendwann für uns eine

neue Chance auf. Denn es kommt uns so

vor, als sollte das nicht die letzte totale Sonnenfinsternis

für uns gewesen sein. Wenn

einen der Virus einmal befallen hat …

4 Diagramme

zum Helligkeits-

und Temperaturverlauf

bei der

totalen Sonnenfinsternis.

Diskussion

dazu

s. Text

„Opa, du schaust dir immer die Sterne an, dürfen wir denn auch mal?“ So

meine beiden Enkelinnen Amélie und Josephine. Wer könnte da nein sagen.

Schnell war ein kleiner Refraktor aufgebaut und umgehend folgte ein erster

Test. Am selben Abend standen in der Dämmerung Mond, Jupiter und Saturn

tief am Himmel. Der Mond schien nicht so interessant, aber Jupiter und

Saturn wurden lange verfolgt und mussten immer wieder ins Gesichtsfeld geholt

werden. Neben Jupiter wurden vier kleine Sterne entdeckt – die Galileischen

Monde. Und dann kam die völlig überraschende Frage: „Opa, warum

hat der Jupiter denn einen roten und einen blauen Rand?“

Oh je, nun war es doch aufgefallen, ich hatte einen meiner ersten Refraktoren

mit 70 mm Öffnung und 700 mm Brennweite hervorgeholt. Er hat als einfacher

Achromat noch die bekannten Farbabweichungen. Beim nächsten Mal

werde ich also meinen 10-Zoll-Newton aufstellen, dann natürlich auch mit

stabiler Leiter.

Anmerkung der Redaktion

Hier können gern auch weitere Berichte zur Astronomie mit Kindern

veröffentlicht werden. Uns allen ist klar: Wir brauchen dringend den

„astronomischen Nachwuchs“.

Peter Riepe

1 Meine Enkelin Amélie bei ihren ersten Beobachtungen

am Refraktor

Die schmale

Mondsichel

Die schmale Mondsichel am Abend- und am

Morgenhimmel. Aufnahme von Patricio

Calderari am Standort Breite 45° 52’ 13’’ N und

Länge 08° 58’ 03’ O, Höhe 350 m. Kamera:

Nikon D810, Objektiv Nikkor 200-500 mm

(f/5,6). A: Mond am ersten Tag, 27.12.2019

um 16:39 Uhr, Brennweite 500 mm, Blende 8,

1 s belichtet. B: Mond am letzten Tag,

23.01.2020, 07:24 Uhr, 500 mm, Blende 8,

1 s belichtet.

Impression

142 | Journal für Astronomie Nr. 74

Journal für Astronomie Nr. 74 | 143

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