VdS_Journal für Astronomie_Nr 74
Die Vereinigung der Sternfreunde e.V. ist der größte überregionale Verein von Amateur-Astronomen im deutschsprachigen Raum. Wir informieren Sie über aktuelle astronomische Ereignisse sowie Neuigkeiten aus der Amateurastronomie-Szene und aus dem Verein.
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Merkur und Merkurtransit
Sonnenuntergangszeit an. Zwischen der
Kurve der Merkurzeiten und der Linie der
Sonnenuntergangszeiten liegt irgendwo
der Bereich, in dem der flotte Planet sichtbar
wird. Diese Zone wird meist zweifarbig
dargestellt. In einem weniger hellen Teil ist
Merkur schwierig bzw. nur mit dem Fernglas
zu sehen, im inneren, helleren Teil ist
er besonders günstig zu sehen. Durch die
beiden Farben und die elliptische Form des
Bereichs erinnert das Diagramm etwas an
ein längs aufgeschnittenes hartgekochtes
Ei. Merkurfans, die den Planeten mit bloßem
Auge erspähen wollen, können so im
„Dotterbereich“ direkt Tag und Uhrzeit
ermitteln, an denen – gutes Wetter vorausgesetzt
– eine Beobachtung am Erfolg versprechendsten
ist. (In neueren Ausgaben
des Kosmos Himmelsjahres wird inzwischen
eine differenziertere Farbabstufung
verwendet.)
Lässt sich so ein „Hartgekochtes-Ei-Diagramm“
aus eigenen Beobachtungen rekonstruieren?
Und was ist von den Wahrnehmungsgrenzen
zu halten? Gibt es eine
Sichtbarkeit außerhalb der „Eigelb-Zone“?
Der Autor kann inzwischen auf einige hundert
dokumentierte Merkurbeobachtungen
seit 1982 zurück blicken. Exemplarisch sei
hier die Abendsichtbarkeit von Merkur im
März/April 2010 dargestellt. Was die theoretischen
Sichtbarkeitsgrenzen betrifft, so
hat hierzu vor Jahren der Programmierer
Thomas Pfleger (Deep-Sky-Beobachtern
als Autor der Software „Eye&Telescope“
[1] bekannt) das Programm „Hermes“ geschrieben.
Dieses untersucht einen vorgegebenen
Zeitraum automatisch auf eine
mögliche Merkursichtbarkeit und stellt
diese tabellarisch dar. Hierbei kann man
zwischen Beobachtungen mit bloßem Auge
oder Fernglas wählen und zwischen drei
angenommenen Sichtbedingungen (super,
brauchbar, mäßig) unterscheiden. In meinen
eigenen Diagrammen finden sich entsprechend
drei weitere Linien.
Auf der x-Achse in den Abbildungen 3
und 4 sind das fortlaufende Datum und
die Helligkeit von Merkur (bei Abendsichtbarkeiten
abnehmend, da Merkur vor
seinem Überholmanöver der Erde von uns
aus gesehen immer sichelförmiger und
somit lichtschwächer wird) vermerkt, auf
der senkrechten y-Achse ist die Uhrzeit
in MESZ zu finden. Die schräge untere
schwarze Linie markiert die Sonnenuntergänge,
der schwarze Bogen im oberen Bereich
die Merkuruntergänge. Die drei farbigen
Linien in der Abbildung 3 für das bloße
Auge zeigen die Zeit an, ab wann laut „Hermes“
Merkur in der Dämmerung zu sehen
sein sollte. Orange unter Bestbedingungen,
rot unter brauchbaren, blau unter mäßigen.
Wie man erkennt, kann der kleine Planet
unter perfekten Umständen bereits knapp
20 Minuten nach Sonnenuntergang gesichtet
werden, selbst bei mäßiger Transparenz
immerhin 35-40 Minuten nach Verschwinden
des Zentralgestirns. Als senkrechte
Balken sind nun meine tatsächlichen Beobachtungen
eingetragen. Die Linie der frühestmöglichen
Sichtung wird tatsächlich
am 5. April getroffen. Auch das Intervall
der möglichen Tage wird recht gut ausgeschöpft,
mit einer ersten Beobachtung am
29. März und der letzten am 15. April. Wetterbedingt
brachte auch das Fernglas (Abb.
4) zu Beginn der Periode keinen Vorteil,
lieferte allerdings für den schon arg blassen
Gesellen noch für den 17. April einen späten
Datenpunkt. Freisichtig und mit dem
Fernglas ließ sich – natürlich abhängig vom
örtlichen Horizont und der atmosphärischen
Durchsicht – mit beiden Methoden
Merkur manchmal bis auf 20 Minuten vor
seinem Untergang verfolgen. Die längste
Zeit freiäugiger Beobachtungen am Stück
betrug ca. 55 Minuten, mit dem Fernglas,
damals ein durchschnittliches 8x30-Glas,
waren auch schon mal rund 60 Minuten
drin.
Insgesamt lässt sich das „Merkur-Ei“ schön
durch eigene Beobachtungen bestätigen.
Bei anderen Morgen- und Abendsichtbarkeiten
gelang es, die Prognosen manchmal
zu übertreffen. Günstig hierfür sind besonders
Zeiten zu Beginn einer Abendsichtbarkeit,
wenn Merkur bei noch eher geringem
Sonnenabstand schön hell ist. Insofern ist
die oben untersuchte Abendsichtbarkeit
durch ihren „verpassten Anfang“ nicht einmal
optimal. Es bleibt ein schöner Sport,
den Planeten Merkur oft und unter möglichst
grenzwertigen Bedingungen zu erspähen,
für mich auch außerhalb der „offiziellen
Zeiten“ immer das Gelbe vom Ei!
Internethinweis (Stand: 13.02.2020):
[1] www.eyeandtelescope.com
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