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Ich sollte Attentäter werden - ignaz

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<strong>Ich</strong> <strong>sollte</strong> <strong>Attentäter</strong> <strong>werden</strong> http://www.terrorfehlschlag.de/terrorfehlschlagbuch.htm<br />

weil man die linken Gegendemonstranten der Universitätsstadt fürchtete. Die meisten Mitglieder waren<br />

damals ältere Männer. <strong>Ich</strong> war mit meinen 35 Jahren noch mit einer der jüngsten. Der damalige<br />

Kreisvorsitzende Blöhe weigerte sich aus optischen Gründen, junge Leute aufzunehmen, weil die Glatzen<br />

trugen. Verrückt! Dafür hatte er einen Vollblödmann aufgenommen, der sich in jeder Sitzung vollaufen<br />

ließ und dann auf äußerst primitive Weise die anderen Gäste anpöbelte. Heute ist die NPD die jüngste<br />

Partei überhaupt. Sie hat sich der Jugend geöffnet. Und im Osten herrscht richtiggehend revolutionärer<br />

Schwung in der Partei. Trotzdem leidet die NPD darunter, dass die meisten ihrer Mitglieder normal<br />

gebliebene, um ihr Land besorgte, einfach Bürger sind. Die Zahl der echten Revolutionäre in der NPD<br />

würde ich auf unter 500 schätzen. Adolf Hitler hat in „Mein Kampf“ geschrieben, dass eine neue<br />

Bewegung, sich anfänglich radikaler geben muss als sie dann letztendlich wirklich sein wird, wenn sie<br />

Erfolg haben will. Zum einen <strong>werden</strong> dadurch die einfachen Bürger abgeschreckt, die die revolutionäre<br />

Bewegung zum Stillstand bringen würden, wenn sie denn zu viele <strong>werden</strong> <strong>sollte</strong>n. Zum anderen <strong>werden</strong><br />

dadurch zu allem bereite Revolutionäre angezogen, die eine neue Bewegung für ihren Durchbruch<br />

unbedingt braucht. Daran <strong>sollte</strong> sich die NPD mal ein Beispiel nehmen.<br />

<strong>Ich</strong> blieb jedenfalls erst mal in der NPD. <strong>Ich</strong> wurde merkwürdiger Weise sogar gleich Delegierter und<br />

durfte an zwei Parteitagen teilnehmen. <strong>Ich</strong> weiß aber nicht mehr welche. Ein schöner Zug in der Partei<br />

war, dass man sonst nur schwer erhältliche Bücher leihweise zugesteckt bekam. <strong>Ich</strong> bekam Rothkranz<br />

„Die kommende Diktatur der Humanität oder die Herrschaft des Antichristen“ und „Die Protokolle der<br />

Weisen von Zion“ zugesteckt. Ehrlich gesagt, glaubte ich das damals alles noch nicht so ganz was ich da<br />

las. Mir fehlte einfach noch das Hintergrundwissen darüber, wie unser Finanzsystem und das politische<br />

System in der Praxis funktionieren. Erst im Laufe der Zeit las ich mich ausreichend genug durch das<br />

nationale Literaturspektrum, um heute die Welt verstehen zu können.<br />

Eine Person fand ich in der NPD Kassel jedoch nicht. Den Kameraden, der mir das NPD-Flugblatt in den<br />

Briefkasten geworfen hatte. Heute vermute ich stark, dass irgend ein Geheimdienst dafür verantwortlich<br />

war. Denn es waren zu der Zeit keine Wahlen und die DVU hatte in Hessen fast gar keine Strukturen. Die<br />

DVU besteht sowieso fast nur aus alten Männern jenseits der 60. Wenn die DVU Flugblätter verteilt, dann<br />

lässt sie die von professionellen Verteilern kurz vor Wahlen verteilen. <strong>Ich</strong> bin mir relativ sicher, dass man<br />

mich schon zu jener Zeit als möglicher Pseudoattentäter ins Auge gefasst hatte. Vermutlich war ich einer<br />

von mehreren, die auf Grund ihres Vorlebens glaubwürdige <strong>Attentäter</strong> abgegeben hätten. Ob die anderen<br />

eingetreten sind, weiß ich nicht. Vermutlich nicht. Leider ließ ich Narr mich unwissentlich auf dieses<br />

Spiel ein.<br />

Kapitel 4: Der Umzug nach Griesheim bei Darmstadt<br />

Irgendwann Anfang 1999 las ich zufällig im Spiegelmagazin, dass Informatiker zu der Zeit ohne Ende<br />

gesucht wurden. Das war mir bis da hin entgangen. <strong>Ich</strong> hatte mich auf dem Arbeitsamt eher nach<br />

Hilfsarbeiterjobs und Arbeiten als Dreher oder Werkzeugmacher erkundigt. <strong>Ich</strong> beschloss die Gelegenheit<br />

beim Schopfe zu packen und suchte intensiv nach Arbeitstellen in meinem Beruf. In Nordhessen war nicht<br />

besonders viel los, aber in Südhessen waren über 200 Stellen ausgeschrieben. Wahnsinn. <strong>Ich</strong> rief einige<br />

davon an. Die meisten lehnten mich sofort ab. <strong>Ich</strong> war halt noch nie ein Kommunikationsgenie gewesen.<br />

<strong>Ich</strong> spreche eher langsam, und viele, die mich nicht näher kennen, halten mich im ersten Moment für<br />

einen Trottel. Irgendwann fand ich eine Ausschreibung der Firma TDS aus Griesheim, die heute vedisys<br />

heißt. Sie luden mich sofort zu einem Gespräch ein, ohne vorherige schriftliche Bewerbung. Das war<br />

schon mal sehr gut. <strong>Ich</strong> fuhr hin. Begeistert waren sie nicht von mir, aber in der Not frisst der Teufel halt<br />

auch mal Fliegen. Sie hatten keine Chance bei den Löhnen, die sie zahlen wollten, jemand anderes zu<br />

finden. Also stellten sie mich ein. Fachlich gesehen haben Sie es jedenfalls nicht bereut, mich eingestellt<br />

zu haben. <strong>Ich</strong> habe eine ungeheure Auffassungsgabe, und ich erinnere mich noch heute an das etwas<br />

ungläubige Gesicht, dass mein Chef machte, als ich ihm nach vier Tagen sagte, ich hätte jetzt genug<br />

Trockenübungen gemacht, ich möchte jetzt eine wirkliche Aufgabe. <strong>Ich</strong> kann mich halt sehr schnell in<br />

völlig Neues einarbeiten, doch man <strong>sollte</strong> dies nie bei einem Vorstellungsgespräch erwähnen. Da ging die<br />

Stimmung bisher immer runter. Warum das so ist, dass habe ich nie herausgefunden.<br />

4 von 149 16.07.2007 11:38

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