Leseprobe_Kirchner_Der Mann von Pölarölara
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Chowanschtschina in der brillanten Bearbeitung <strong>von</strong> Schostakowitsch<br />
und mit Strawinskys bewegendem Schluss war<br />
eine Welturaufführung.<br />
Von Schostakowitsch existiert ein Bild <strong>von</strong> erbärmlicher<br />
Würde, wie er im belagerten St. Petersburg in einer Art<br />
Humphrey Bogart Mäntelchen Ausschau nach deutschen<br />
Flugzeugen halten muss. Gegen die Eiseskälte trägt er über<br />
seiner Nickelbrille einen alten, einstmals wohl prächtigen<br />
Feuerwehrhelm.<br />
Die Aufführung ging auf einen innigen Wunsch Abbados<br />
zurück, der wusste, dass keiner besser als Mussorgsky so umfassend<br />
plastisch die russische Sprache, ihren Tonfall, ihre<br />
Melodie in Noten lebendig machen und bewahren konnte.<br />
Weil seine Neigung den einfachen Menschen gehörte, er<br />
ganz auf der Seite der Bauern stand, galt er als ungeschliffen<br />
und roh. Bis 1963 gab es nur eine <strong>von</strong> Rimski-Korsakow instrumentierte<br />
und im Sinne des damaligen guten Geschmacks<br />
sehr verharmlosende Klavierpartitur. Die neue Form zeigte<br />
nun ganz klar die Brisanz und Schärfe des Wortes und der<br />
Musik, – sie zeigte, dass es das Stück der Stunde war: Wenn<br />
man es in seiner ganzen Komplexität begriff, könnte man<br />
meinen, das Rätsel Russland in seinem auch heutigen disparaten<br />
Zustand zu verstehen.<br />
Die Inszenierung ließ Alfred eine blühende Partitur kennenlernen.<br />
Mit weiten Melodiebögen, dunklen, satten Farben und<br />
Volks-Chören, die für Ungewohntes einnehmen, auch für das<br />
Fremde die Sinne öffnen. Weil die Musik mit ihren Sängern –<br />
sie kamen hier aus Russland, der Ukraine, Weißrussland,<br />
Georgien – so tief in die Seelen greifen kann, macht sie neugierig<br />
auf die phantastisch beschriebene Welt mit ihrer überbordenden<br />
Poesie und ihrem bunten, vielfältig archaischen<br />
Einfallsreichtum und weckt Zuneigung und Liebe für sie.<br />
Und trotzdem ist Gewalt das beherrschende Thema des<br />
Stückes, bildet das heimliche Zentrum. Und Martyrium.<br />
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