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Leseprobe_Die gelben Quadrate

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In diesem Haus nun hielt sich Sebastian vor einem Jahr auf.<br />

Seit seiner Verbindung mit Lydia war es zu sehr vielen Besuchen<br />

gekommen, die, wenngleich die inneren Verhältnisse<br />

nicht ganz Sebastians Erwartung übersichtlicher Reinlichkeit<br />

entsprachen, er dennoch nicht ungern über sich ergehen<br />

ließ, zumal die Nähe des Waldes, heller Lichtungen und kleiner<br />

Flüsse seinem Wesen, wie ihm schien, sehr schmeichelte.<br />

Auch hatte Helga eine eigentümlich mütterliche Sympathie<br />

für den Lebensgefährten ihrer Tochter entwickelt, nicht zuletzt<br />

weil Sebastian sich immer einem der beiden Hunde annahm,<br />

um diesen auszuführen, wobei er oft mehrere Stunden<br />

lang mit dem Tier ausblieb, das dann, von solchem ungewöhnlichen<br />

Abenteuer ermattet zurückkehrend, sich gleich<br />

in sein Körbchen legte, um in seliger Indolenz einzuschlafen.<br />

Besondere Vorliebe hatte Sebastian für den schwarzen<br />

Mischlingshund, der auch an diesem Tag vor einem Jahr zu<br />

seinen Füßen lag, als er, Äpfel für einen Kuchen schälend<br />

(Helga hatte ihn darum gebeten), dem pausenlos laufenden<br />

Radioprogramm seine Aufmerksamkeit schenkte.<br />

Helga besaß keinen Fernseher oder andere ähnliche ‚Kontakte<br />

zur Außenwelt‘, wie sie, in einer ihrer Tochter ganz<br />

entgegengesetzten Verschmitztheit zu sagen pflegte, stolz<br />

auf ihre Abgeschiedenheit, die es ihr auch gestattete, in<br />

solch dem Durcheinander ergebenen Wohnverhältnissen zu<br />

hausen, ohne dabei auf andere mit einer allzu übertriebenen<br />

Reinlichkeit Rücksicht nehmen zu müssen.<br />

Es war ein gutes Radioprogramm, das neben klassischer<br />

Musik und World Music Reportagen aus anderen Ländern<br />

brachte sowie Diskussionssendungen. ‚Ich versteh zwar<br />

nicht viel von dem, was die Leut da reden, aber ich hör mir’s<br />

schon gern an, weil sie so schön sprechen. Das mag ich‘, hatte<br />

Helga einmal gesagt. An jenem Nachmittag, nachdem ein<br />

tönender Gong die Nachrichten eingeläutet hatte, folgte<br />

eine Diskussionsrunde. Es wurde über literarische und<br />

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