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Interviews: dem «Gasthof zum erweiterten Suizid».<br />
Wie sieht das Konzept konkret aus?<br />
Sandra Forrer, Matto Kämpf, Ariane von<br />
Graffenried und ich schreiben Theatertexte und<br />
erleben dabei alle eine ähnliche «Frustration».<br />
Die Zeitspanne zwischen Dramenproduktion und<br />
Aufführung ist sehr lange. Von der ersten Idee<br />
zu einem Drama bis zum Abschluss des Produktionsprozesses<br />
dauert es rund drei Jahre.<br />
Diese lange Produktionsspanne verunmöglicht<br />
tagesaktuelle Theaterstücke. Im «Gasthof zum<br />
erweiterten Suizid» versuchen wir ein Format zu<br />
kreieren, das tagesaktuelle Themen aufnehmen<br />
kann – sogar aufnehmen muss. Wir planen ab<br />
Januar dieses Jahres monatlich eine Produktion<br />
im Schlachthaustheater. Jeden Monat entsteht<br />
eine neue Folge. Für uns Dramatiker gelten zwei<br />
Regeln: a) wir dürfen die Texten der neuen Folge<br />
erst schreiben, wenn die letzte Folge aufgeführt<br />
ist und b) müssen unsere Texte (im Entferntesten)<br />
das Thema «erweiterter Suizid» berühren. Die erste<br />
Regel provoziert eine sehr kurze Schreib- und<br />
Probezeit, ermöglicht aber die Verarbeitung tagesaktueller<br />
Themen.<br />
Wird für jeden Theaterabend ein inhaltlich<br />
zusammenhängendes Stück verfasst?<br />
Nein, die Theaterabende sind Collagen von<br />
Szenen, die durch das Oberthema «erweiterter<br />
Suizid» in einen gemeinsamen Rahmen gesetzt<br />
werden. Unser Ziel ist, Elemente der ersten Folge<br />
auch in die nächsten «Sitzungen» zu übernehmen<br />
und weiterzuentwickeln, so dass eine Art Serie<br />
entsteht. Die Kontinuität der Serie entsteht<br />
aber nicht, wie etwa in einer Soap, durch den Inhalt,<br />
sondern vielmehr durch Figuren, Probleme,<br />
Schauplätze, die wir weiterziehen - sei es aus einer<br />
eigenen Szene oder aus einer Szene eines anderen<br />
Autors. Es ist denkbar, dass ich beispielsweise von<br />
Matto eine Figur übernehme und diese in einer ei-<br />
genen Szene einbaue.<br />
Bleibt die Besetzung immer gleich?<br />
Neben dem Autorenqu<strong>art</strong>ett bleiben die Co-<br />
Regisseure Caroline Schenk und Dirk Vittinghoff<br />
sowie die Musikerin Sandra Künzi während<br />
der gesamten «Staffel» dabei. Die Schauspieler<br />
werden aber wechseln.<br />
Wie kommt man auf einen so abgedrehten<br />
Namen wie «Gasthof zum erweiterten Suizid»?<br />
Wir suchten nach einem geeigneten Oberthema,<br />
dass regelmässig in den Medien präsent ist.<br />
Wir bemerkten, dass alle zwei bis drei Wochen<br />
ein Fall von «erweitertem Suizid» für medialen<br />
Aufruhr sorgt. Das Thema ist ein «Dauerbrenner»,<br />
so dass es uns theoretisch möglich ist, für jede<br />
Folge aus diesem Thema tagesaktuelle Geschichten<br />
zu ziehen. «Erweiterter Selbstmord» wurde<br />
vor kurzem zum Unwort des Jahres gewählt. Das<br />
bestätigt, dass «erweiterter Suizid» eine brisante<br />
Thematik ist. Die Medienpräsenz der Hälfte unseres<br />
Titels durch diese Wahl kommt uns natürlich<br />
sehr gelegen.<br />
Und wieso «Gasthof»?<br />
Der St<strong>art</strong> zur Serie wird im Schlachthaustheater,<br />
das wir zu einer Gaststube umbauen,<br />
stattfi nden. Für die weiteren Theaterabende ziehen<br />
wir in den Keller des Schlachthauses. Das<br />
Schlachthaus will im Keller neu eine Bar etablieren<br />
und der «Gasthof zum erweiterten Suizid» ist das<br />
erste Projekt, das in dieser Bar stattfi ndet. Es ist mitunter<br />
ein Versuch, die Bar zu promoten. Während<br />
der Aufführung ist es möglich, an der Bar Getränke<br />
zu konsumieren. Die Abende fi nden in einer lockeren<br />
Bar-Atmosphäre statt; die klassische Schauspieler-Zuschauertrennung<br />
ist aufgehoben.<br />
Informationen zum Projekt «erweiterter Suizid»:<br />
Ausblick Bühne in diesem ensuite - kulturmagazin<br />
und www.schlachthaus.ch.<br />
ensuite - kulturmagazin Nr. 49 | Januar 07