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magazin<br />
BERNER KULTURMENSCHEN<br />
über tasten tanzende fi nger<br />
Von Eva Mollet (Foto: Eva Mollet)<br />
■ Karin Jampen ist eine Pianistin mit kleinen Händen.<br />
Sie greift damit eine None. Sie ist freischaffende<br />
Musikerin. Sie unterrichtet auch vierjährige<br />
bis sechzigjährige Schüler und Schülerinnen an<br />
der Musikschule des Konservatoriums Bern. Wenn<br />
Karin lacht, umrahmen feine Fältchen ihre Augen.<br />
Ohrschmuck schimmert durch das dunkle Haar. Karins<br />
Interessensgebiete und Betätigungsfelder sind<br />
vielseitig. Sie heckt Projekte aus, um interdisziplinär<br />
alles zu vereinen.<br />
Ruhe und Ausgleich fi ndet Karin auf ihren Reisen.<br />
Immer wieder zieht es sie ans Meer, wo sie den<br />
Wellen zuschaut. Oder sie wandert an der Küste von<br />
England. Oder sie verbringt längere Zeit in Indien.<br />
Im nächsten Sommer ist Karin als Stipendiatin des<br />
Kantons Bern für ein halbes Jahr in New York.<br />
Karin und das Klavier Karin beginnt mit fünf<br />
Jahren Klavier zu spielen. Das Instrument gehört<br />
längst zum Inventar der elterlichen Wohnung. «Der<br />
Klang des Klaviers hat mich immer angezogen,<br />
auch die vielen schwarzen und weissen Tasten.»<br />
Ein prägendes Erlebnis für Karin ist das Konzert<br />
von Werner Bärtschi. Auch die Kinderkonzerte von<br />
Gertrud Schneider bleiben unvergesslich. Mit neun<br />
Jahren kommt das Tanzen hinzu. Seither sind Musik<br />
und Bewegung nicht mehr wegzudenken.<br />
Nach der Ausbildung zur Primarlehrerin absolviert<br />
Karin das Lehrdiplom und anschliessend<br />
das Reifediploman der Hochschule für Musik und<br />
Theater Bern. Danach folgt ein Studienaufenthalt<br />
am Royal College of Music in London und schliesslich<br />
ein Nachdiplomstudium in der Meisterklasse<br />
30<br />
von Professor Bruno Canino.<br />
Das Repertoire von Karin Jampen reicht von<br />
Barock bis zu zeitgenössischer Musik. Sie spielt in<br />
verschiedenen Formationen: Als Solistin oder als<br />
Kammermusikerin. «Ich lasse mich nicht gerne einschränken,<br />
und ich durchbreche gerne traditionelle<br />
Hörgewohnheiten.»<br />
Die Annährung an ein Werk Die Auseinandersetzungen<br />
und die Zusammenarbeit mit zeitgenössischen<br />
Komponisten erlebt Karin als Bereicherung.<br />
Über verstorbene Komponisten betreibt sie Recherchen.<br />
Sie sucht immer die Vertiefung. Auf diese<br />
Weise tritt sie selbst mit dem Werk in Verbindung,<br />
involviert sich. «Sowohl für einen rein instrumentalen<br />
Konzertabend, als auch für ein sp<strong>art</strong>enübergreifendes<br />
Gesamtwerk, brauche ich viel Information,<br />
um die Komplexität der Werke und Themen auszuloten<br />
und zu hinterfragen – daraus schöpfe ich u.<br />
a. meine Inspiration. Es braucht viel Zeit, das Gesammelte<br />
zu vernetzen und schliesslich wieder zu<br />
reduzieren.»<br />
Die Arbeit am Instrument durchläuft verschiedene<br />
Phasen bis zur Interpretation. «Die technische<br />
Aneignung des Notentextes bis zur künstlerischen<br />
Umsetzung ist sowohl eine intuitive, wie auch eine<br />
intellektuelle Arbeit.» Karin sucht nach verschiedenen<br />
Möglichkeiten, wie sie einen Melodiebogen gestalten<br />
kann, und sie pröbelt an unterschiedlichen<br />
Klängen durch differenzierte Anschlags<strong>art</strong>en. Wichtig<br />
ist ihr, keine Routine aufkommen zu lassen. «Diese<br />
Art der Ausarbeitung eines Werks ist für mich<br />
das Spannendste und bereitet mir Freude. Je mehr<br />
Gestaltungsmöglichkeiten ich habe, desto freier<br />
werde ich im Spiel.»<br />
Interdisziplinäre Gesamtprojekte Karin ist die<br />
Initiantin von verschiedenen Projekten, die unterschiedliche<br />
Interessensgebiete zu einem Gesamtkunstwerk<br />
vereinen. Es ist ihr wichtig, Raum, Klang<br />
und Aktion zu berücksichtigen. Damit gelingt es ihr,<br />
verschiedene Sp<strong>art</strong>en zusammenzuführen: Bildende<br />
Kunst, Tanz, Theater und Musik. Mit der Duop<strong>art</strong>nerin<br />
und Sängerin Franziska Hegi wurde im<br />
vergangenen Jahr eine solche Konzertkonzeption<br />
entwickelt: «Wenn ein schwerer Tropfen fällt». Dieses<br />
Projekt verbindet eine Uraufführung von Christian<br />
Henking mit sechs Ton-Text-Inseln und einer<br />
tropfenden Installation von Judith Albisser.<br />
Musikvermittlung für Kinder und Jugendliche<br />
Karin tritt auf mit Konzerten für Kinder. Im letzten<br />
Jahr entwickelte sie in Zusammenarbeit eine<br />
Klang-Entdeckungsstrasse namens KLANGEST. Das<br />
neuste Kinderprojekt nennt sich «Petruschka» und<br />
verarbeitet Musik von Strawinsky. Das instrumentale<br />
Musiktheater ist mit dem Tastentheater Schweiz<br />
entstanden und wird im 2007 zu sehen und zu hören<br />
sein.<br />
New York, New York Karin wird im Big Apple vor<br />
allem für ein neues Projekt recherchieren und sich<br />
eine Übungsmöglichkeit organisieren. Der Sommer<br />
in der Grossstadt ist heiss. Karins Finger werden<br />
dennoch über die Tasten tanzen.<br />
mailto: karinja@bluewin.ch<br />
ensuite - kulturmagazin Nr. 49 | Januar 07