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Heidenheimer Zeitung vom 19.10.2020

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20 REGIONALSPORT Montag,19. Oktober 2020<br />

Wirsindeine<br />

verschworene<br />

Gemeinschaft<br />

Trainerstimme Klaus<br />

Eckle, der Trainer und<br />

Manager der Heideköpfe,<br />

freutesich nach dem<br />

Finalsiegdoppelt.<br />

Zum einen über die fünfte Meisterschaft<br />

seines Teams, zum anderen<br />

darüber, dass die Saison<br />

überhaupt über die Bühne ging.<br />

Bis zum Schluss war’s knifflig, es<br />

drohten Geisterspiele, esdrohte<br />

ein (verschmerzbares) Verbotdes<br />

Alkoholausschanks und lange<br />

Zeit wollten die Bonner wegen<br />

der Corona-Entwicklung bei ihnen<br />

vor Ort gar nicht anreisen.<br />

Schließlich ging doch alles gut<br />

über die Bühne und die HSBler<br />

können auf eine Saison zurückblicken,<br />

in der sie so ziemlich alles<br />

richtig gemacht haben. Dies<br />

begann mitder Vielzahlvon Testspielen,<br />

ging weiter über die Zusammenstellung<br />

des Teams und<br />

die spieltaktischen Entscheidungen,<br />

bei denen der von US-Profis<br />

trainierten Konkurrenz einige<br />

Fehler unterliefen.<br />

„Wir sind einfach auf allen Positionengut<br />

besetztund sehrausgeglichen“,<br />

sagt Eckle,beziehtdabei<br />

auch seine Co-Trainer Hannes<br />

Hirschberger und Markus Winkler,Physiotherapeutin<br />

OlgaStenkse<br />

und alle Helfer mit ein.<br />

Da lässtessichmit Rechtjubeln: Durch das 3:0gegen Bonn holten die Heideköpfeihrefünfte deutscheMeisterschaft,ihrevierte in den vergangenensechs<br />

Jahren. Ganz vorn sind die beiden niederländischen Werfer der <strong>Heidenheimer</strong>,MikeBolsenbroek (links) wurde alswertvollster<br />

Spieler und Lars Huijerals bester Pitcher derFinalserieausgezeichnet.<br />

Fotos: Kalle Linkert<br />

DerHeideköpfe-Expressrast<br />

zur fünftf en Meisterschaft<br />

Baseball In einer kurzen Saison gebendie <strong>Heidenheimer</strong> auch im Finale Gas und machen<br />

mit dem 8:3-Siegüber die Bonn Capitals in nur drei Spielen allesklar. Von ThomasJentscher<br />

Halbfinale<br />

wareigentlich<br />

das Finale<br />

Spielerstimmen Das<br />

meinten die <strong>Heidenheimer</strong><br />

Baseballer zum fünftf en<br />

Titelgewinn der<br />

Heideköpfe.<br />

Bei Ernobel Márquez-Ramirez war<br />

wiederein Tänzchen fällig, nachdem<br />

er die letzten drei Innings<br />

der Saison souverän <strong>vom</strong> Mound<br />

bestrittenhatte.Obwohl es wirklich<br />

nicht sein Wetter war, warf<br />

der Deutsch-Kubaner, wie schon<br />

im fünften Spiel der Halbfinalserie<br />

gegenRegensburg, wieder exzellent.<br />

Für ihn war esauch eine<br />

Genugtuung nachdem er in der<br />

Punkterunde teilweise Probleme<br />

hatte. „Beim Spiel in Regensburg<br />

warich an der Handund der Hüfte<br />

verletzt, jetzt bin ich wieder<br />

richtig fit“, erklärtder 45-Jährige,<br />

der nach wie vor zuden Top-Pitchern<br />

in Deutschland zählt.<br />

„Es war eine komische Saison,<br />

aber wir haben es gut gemacht“,<br />

sagt Márquez, der nun zurück<br />

nach Berlin geht und über den<br />

Winter nicht Baseball spielen<br />

wird. Dafür ist ein Besuch beim<br />

erkrankten Vater inKuba angesagt.<br />

Undwill er nächstes Jahr mit<br />

dann 46 Jahren nochmals angreifen?<br />

„Ich überlegenoch, aber Lust<br />

auf Heidenheim hätte ich schon.“<br />

An diesenPottkönntesichKlaus<br />

Eckle gewöhnen.<br />

Auch der Plan,die jungenSpieler<br />

einzubauen, ging weitgehendauf.<br />

Elian Gentner, Yannik Walther,<br />

Luca Hörger,Konstantin Holl und<br />

Samuel Tsopatalo bekamen ihre<br />

Spielzeiten. „Wirsind eine eingeschworene<br />

Gemeinschaft, da ist<br />

keiner der Star. Und auch die<br />

16-Jährigen im Team dürfen sich<br />

als deutscher Meister fühlen“,betont<br />

Eckle. Dass amEnde dann<br />

vor allem Erfahrung gefragt war,<br />

sei ganz normal. Eckle wollte<br />

auch vermeiden, dass ein junger<br />

Spieler aufgrund möglicher Fehler<br />

mit negativen Gedanken aus<br />

der Saison geht.<br />

Schließlich soll das Jahr 2021<br />

ebenso erfolgreich werden. Eckle<br />

spricht von „sehr positiven Signalen“<br />

dafür, dass das Team zusammen<br />

bleibt. Schwer wird es<br />

natürlich, den niederländischen<br />

Lars Huijer zu halten. Immerhin<br />

hat erzugesagt, wenn überhaupt<br />

in Deutschland, dann für Heidenheim<br />

zu spielen. Und wenn man<br />

ihn beim Feiern sieht, hat man<br />

schon jetzt das Gefühl, dass er<br />

seitzehnJahrenden Heideköpfen<br />

angehört.<br />

tj<br />

Was für ein beeindruckender<br />

Auftrittder<br />

Heidenheim Heideköpfe.<br />

Nach den beiden<br />

Siegen zum Auftakt der Finalserie<br />

in Bonn ließen die<br />

HSB-Baseballer am Samstag im<br />

heimischen Ballpark keine Zweifel<br />

mehr aufk<br />

ommen, gewannen<br />

Spiel drei mit 8:3 und holten damit<br />

die fünfte deutsche Meisterschaft<br />

ins Brenztal.<br />

Es war übrigens der erste Triumph<br />

des Teams ineinem geraden<br />

Jahr, eswar die erste Titelverteidigung<br />

und es war das erste<br />

Mal, dass die Heideköpfe nur<br />

drei Spiele benötigten. Sweep<br />

nennen dieAmerikaner das–den<br />

Verlierer wurmt’s besonders.<br />

Vorallem wenn er wie in diesem<br />

Fall die Bonn Capitals eigentlich<br />

alsFavoritindie Serie gegangen<br />

war. Inder „Regular Season“<br />

dominierten die Baseballer aus<br />

der ehemaligen Bundeshauptstadtdie<br />

Nord-Gruppeeindrucksvoll,<br />

leisteten sich nur einen Ausrutscher,<br />

gewannen ansonsten<br />

fast jedes Spiel vorzeitig und setzten<br />

sich im Halbfinale gegen Paderborn<br />

glatt mit 3:0 durch. Heidenheim<br />

kam imSüden auf die<br />

gleicheBilanz,mussteinden einzelnen<br />

Spielen aber viel mehr<br />

kämpfen.<br />

MehrQualität im Süden<br />

Doch noch nie war der Unterschied<br />

zwischen Süden und Norden<br />

wohl so groß. Während die<br />

Bonner inder gesamten Punkterunde<br />

nur 16 Runs abgaben, waren<br />

esindrei Finalspielen gegen<br />

die Heideköpfe 23, während sie<br />

im Norden meistens zweistellig<br />

punkteten und einen Homerun<br />

nach dem anderen schlugen,<br />

schafften sie gegen Heidenheim<br />

gerade mal sechs Zähler und einen<br />

Ball über den Zaun.<br />

Neben deraußergewöhnlichen<br />

Qualität der <strong>Heidenheimer</strong> Werfer<br />

gab die Ausgeglichenheit der<br />

Mannschaft den Ausschlag. Wie<br />

erwartet überzeugtenSpieler wie<br />

Simon Gühring, Gary Owens,<br />

Shawn Larry und Ludwig Glaser<br />

am Schlag, in den entscheidenden<br />

Spielen schlugen aber auch Philip<br />

Schulz, Simon Liedtkeund Jay<br />

Pecci ihre Homeruns.<br />

Letztlich war das Halbfinale<br />

gegen Regensburg mit dem fast<br />

schon epischen vierten Spiel die<br />

größere Herausforderung. Dennoch<br />

waren die drei Begegnungen<br />

mit Bonn im einzelnen umkämpft<br />

und spannend. So auch am<br />

Samstag. Die Gäste hatten überraschend<br />

Maurice Wilhelm als<br />

Werfer aufgeboten. Laut den Capitals<br />

war der nominelle Starter<br />

Die Zahlen zum Spiel<br />

Heidenheim<br />

Heideköpfe–<br />

Bonn Capitals 8:3<br />

Hits: 8:8, Errors: 2:0,<br />

Zuschauer: 500<br />

Heideköpfe: Schulz<br />

(SS; 0Hitsbei 3Schlagversuchen,1Walk),<br />

Lutz<br />

(LF;2/4,1RBI), Owens<br />

(CF; 0/4), Gühring (C;<br />

2/4), Larry (RF;1/3,1<br />

Homerun, 2RBI,1Walk),<br />

Glaser (3B;2/4,1Double,<br />

2RBI), (Pecci (1B;<br />

1/3, 1Homerun, 3RBI),<br />

Sascha Koch verletzt, vergangene<br />

Woche stand er in Bonn noch<br />

auf dem Mound.<br />

Zunächst lief es recht gut für<br />

die Gäste. Bei ziemlich kühlen<br />

Temperaturen und Nieselregen<br />

taten sich die <strong>Heidenheimer</strong> offensiv<br />

schwer und ihr insgesamt<br />

wieder sehr guter Pitcher Mike<br />

Bolsenbroek hatte imdritten Inning<br />

eine kurze Schwächephase,<br />

die zum 0:2 führte.<br />

So etwaswie Nervosität machte<br />

sichbei denHSBlern aber nicht<br />

breit. Nachdem jeder Wilhelm<br />

einmal „gesehen“ hatte,ging’s im<br />

vierten Spielabschnittzur Sache.<br />

Nach Hits von Sascha Lutz und<br />

SimonGühring sowie einem Walk<br />

für Shawn Larry sorgte Ludwig<br />

Glaser zunächst mit seinem Hit<br />

für den Ausgleich.<br />

Krumm (DH; 0/2),<br />

Liedtke(2B;0/4), Gentner<br />

(1B; 1Walk), Tsopatalo<br />

(PH;0/1), Holl (PR)<br />

Pitcher: Bolsenbroek<br />

(6 Innings, 2Earned<br />

Runs, 9Strike-outs),<br />

Márquez(3I,0ER,5SO)<br />

Homeruns vonPecci und Larry<br />

Und dann war esausgerechnet<br />

Jay Pecci, der den Ball über den<br />

Zaun schlug. Dieser Homerun<br />

zum 5:2 war schon so etwas wie<br />

die Vorentscheidung. Lutzgelang<br />

in diesem Inning noch ein zweiter<br />

Hit zum 6:2. Bonn kämpfte<br />

zwar, machte noch einen Punkt<br />

und brachte immer wieder Spieler<br />

auf Base, aber Bolsenbroek<br />

und in den letzten drei Innings<br />

EnorbelMárquez-Ramirezwaren<br />

stets Herr der Lage. Die letzten<br />

Zweifel verjagteLarrymit seinem<br />

Homerun zum 8:3 imachten Inning,<br />

danach wurden die letzten<br />

drei Aus frenetisch bejubelt.<br />

Innur 22Spielenzum Titel<br />

So endete eine kurze und durch<br />

Corona starkbeeinträchtigteSaison<br />

mit dem größtmöglichen Erfolg<br />

für die Heideköpfe. Nur 22<br />

Spiele benötigtendie <strong>Heidenheimer</strong><br />

diesmal bis zum Titel, 2019<br />

warenesnoch fast doppelt so viele.<br />

Der sportlich Wert ist trotz der<br />

Komprimierung aber nicht geringer,<br />

das Niveau war von der ersten<br />

Partie an sehr hoch.<br />

Nur die Fans bekamen eben<br />

wenig Spiele zu sehen. Sicher wärenauchamSamstag<br />

mehrals die<br />

zugelassenen500 gekommen. Insgesamt<br />

überwiegt aber die Dankbarkeit,<br />

dass esüberhaupt zu einer<br />

Saison reichteund dassesunter<br />

anderem die Stadt Heidenheim<br />

ermöglichte, überhauptvor<br />

Zuschauern zu spielen.<br />

Die Heideköpfe sind mit dem<br />

fünften Titel endgültig in den<br />

Kreis der ganz Großen des deutschen<br />

Baseballs aufgerückt und<br />

können gestärkt ins Jahr 2021 gehen,<br />

in dem neben der erneuten<br />

Titelverteidigung dann der europäische<br />

Championscup das große<br />

Ziel ist.<br />

Pitcher Enorbel Márquez-Ramirezbeendetedie<br />

Saison.<br />

Sicher wieder dabei ist Simon<br />

Gühring,der 37-Jährigeist als Catcher<br />

immer noch eine Bank. Wie<br />

ordnet er den fünften Titel mit<br />

den Heideköpfenein?„Gewinnen<br />

wirdnie langweilig“, schmunzelt<br />

Gühring, dass das Finale diesmal<br />

in nur drei Spielen über die Bühne<br />

ging,habe vielleicht für weniger<br />

Spannung gesorgt, dennoch<br />

seien die einzelnen Spiele umkämpft<br />

gewesen. Wie viele bezeichneteaber<br />

auch er die Aufgabe<br />

gegenRegensburg als die größere.<br />

„Ich habe selten gegeneine<br />

so gut vorbereitete Mannschaft<br />

gespielt –und dann noch gewonnen“,<br />

soGühring.<br />

Auch für Ludwig Glaser, der<br />

selbst mit den Legionären vier<br />

Mal Meister wurde (und mit den<br />

Heideköpfenun dreimal), wardas<br />

Halbfinale das eigentliche Endspiel.<br />

„Im Finale haben wir gar<br />

nicht sogut gespielt, aber Bonn<br />

auch nicht“,meint der 32-Jährige,<br />

der aller Voraussicht nach 2021<br />

auch wieder für die Heideköpfe<br />

aufläuft –wenn es der Beruf zulässt.<br />

tj<br />

Happy-End mit zwei Jahren Verspätung<br />

Filmreif Jay Peccitriumphiert nochmals mit den Heideköpfen –und schlägteinen Homerun.<br />

So flogder Ball: JayPecci beschreibtnochmalsseinenHomerun im<br />

Finalegegen Bonn.<br />

Manchmal könnte man meinen,<br />

Heidenheims Baseballer haben<br />

einen Drehbuchautor in ihren<br />

Reihen. So wie sich jetzt für Jay<br />

Pecci und die Heideköpfe der<br />

Kreisschloss,hätte es Hollywood<br />

nicht besser erfinden können.<br />

Sechs Jahrespielteder Amerikaner<br />

mit italienischen Wurzeln<br />

fürden HSB,holtezweiTitel und<br />

eine Vizemeisterschaft. Bei den<br />

Heideköpfen lernte Pecci seine<br />

Frau Nadine kennen, hier wurde<br />

seinerstesKind geboren. Nurder<br />

Abschied war nicht perfekt, bevor<br />

der Baseballcoach vor zwei<br />

Jahren zurück in die USA ging,<br />

verlor er mit Heidenheim das Finale<br />

um die deutsche Meisterschaft<br />

gegen Bonn –was ihn bis<br />

heute ärgert.<br />

In seiner Heimat fasste Pecci<br />

FußimProfibaseball, trainiert bei<br />

den renommierten New York<br />

Mets. Corona beschert auch ihm<br />

eine Zwangspause und so verbrachte<br />

der mittlerweile 44-Jährige<br />

2020 mit seiner Frau sowie<br />

den Kindern JJ und Lenny längere<br />

Zeit bei den Schwiegereltern.<br />

Natürlich beantragteHeideköpfe-Manager<br />

Klaus Eckle wieder einen<br />

Spielerpass für den Routinier,<br />

allerdings waren nur sporadische<br />

Einsätze geplant und Pecci sollte<br />

vorallem im Training seinWissen<br />

einbringen. Doch als es nun in den<br />

Play-offs immer mehr um Erfahrungund<br />

Nerven ging, konntendie<br />

Trainer gerade in der Defensive<br />

nicht mehr auf Pecci verzichten.<br />

Dervorentscheidende Schlag<br />

Und dann das: Beim Stand von<br />

2:2 in Spiel drei, alsnoch alles offen<br />

war, erwischt der Linkshänder<br />

einen Fastball von Maurice<br />

Wilhelm voll und befördert die<br />

Kugel zum vorentscheidenden<br />

Homerun über den Zaun. „Das<br />

warwirklich einer der schönsten<br />

Homeruns meiner Karriere“, berichtet<br />

Pecci, der einigeJahreals<br />

Profi in den USA spielte.<br />

„Esist so schön, nach dem verlorenen<br />

Finale 2018 jetzt zu so einemgutenEnde<br />

zu kommen.Das<br />

Team hatmich in die Position gebracht,<br />

diesen Abschluss zu machen“,<br />

sagt der Amerikaner, der<br />

im Herzen immer ein Heidekopf<br />

bleiben wird.<br />

Und nicht nur im Herzen:<br />

Pecci reist jetzt zwar wieder<br />

nach Florida, um mit den jungen<br />

Spielern der Mets-Organisation<br />

zu trainieren, kehrt dann<br />

aber erneut zurück und kümmert<br />

sich bis Februar 2021 in<br />

Heidenheim mit um die Ausbildung<br />

der Nachwuchsspieler.<br />

Thomas Jentscher

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