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Heidenheimer Zeitung vom 19.10.2020

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6 SÜDWESTUMSCHAU Montag, 19. Oktober 2020<br />

„Das istreale sexuelle Gewalt“<br />

Prävention Immer öft<br />

er teilen MinderjährigeinChatsodersozialen Netzwerken kinderpornografischesMaterial und<br />

werden dabei unwissentlich zu Tätern. Mit einer Kampagne will die Polizeiaufklären. VonDominique Leibbrand<br />

Im April 2019 konfisziert die<br />

Polizei ineiner Stuttgarter<br />

Schulklasse sämtliche Handys.<br />

Über Whatsapp hatten<br />

die Schüler zuvor kinderpornografisches<br />

Material geteilt.Immer<br />

öfter verbreiten Minderjährige<br />

nach Angaben der Polizei solche<br />

oft strafb<br />

aren Inhalte. Viktoria<br />

Jerke (40) <strong>vom</strong> Programm Polizeiliche<br />

Kriminalprävention der<br />

Länder und des Bundes mit Sitz<br />

in Stuttgart leitet eine neue Kampagne,<br />

mit der gegengesteuert<br />

werden soll.<br />

ViktoriaJerke<br />

leitet die<br />

bundesweite<br />

Aufklärungskampagne.<br />

Foto:ProPK<br />

Frau Jerke, rundein Drittelder Tatverdächtigen<br />

im BereichBesitz und<br />

Verbreitungvon Kinderpornografie<br />

ist laut bundesweiten Zahlen aus<br />

demJahr 2019 unter 18.Ein hoher<br />

Anteil. Welche Beweggründe stecken<br />

dahinter?<br />

ViktoriaJerke: In den allermeisten<br />

Fällen handelt es sich um jugendlichen<br />

Leichtsinn.Man bekommt<br />

ein Foto oder ein Video zugeschickt,<br />

da hat der Absender<br />

schon fünf Smileys daruntergesetzt.<br />

Ein anderer aus der Gruppe<br />

macht sichdarüber lustig, und<br />

dann machtman einfach mit.Natürlich<br />

gibt esauch die, die provozieren<br />

oder schockieren wollen,nach<br />

dem Motto:Ich binjetzt<br />

besonders cool, wenn ich einen<br />

nochschlimmeren Inhalt verbreite.Dakommt<br />

viel zusammen: Unbedachtheit,<br />

Unerfahrenheit und<br />

die Gewohnheit, alles, wasich bekomme,<br />

weiterzuleiten.<br />

Dabei handelt es sichumhandfeste<br />

Straftaten...<br />

Richtig. Das ist vielen Kindern<br />

und Jugendlichen nicht bewusst<br />

und darauf zielt auch unsere<br />

Kampagne ab: klarzumachen,<br />

dass das Versenden und Speichern<br />

solcher Videos Straftaten<br />

sind und es sich um reale schwere<br />

sexuelle Gewalt handelt.<br />

Aufwelchen KanälenwerdenFotos<br />

und Filmeverbreitet?<br />

Aufallen Kanälen, auf denenjunge<br />

Leute unterwegs sind. Von<br />

Chats bis zu Messenger-Diensten<br />

oder Social-Media-Kanälen. Es<br />

kann zum Beispiel die Whatsapp-Gruppe<br />

des Volleyball-Vereins<br />

sein, woeiner meint, besonders<br />

herausstechen zu müssen.<br />

Wiekommen Kinder und Jugendliche<br />

überhaupt an solche Inhalte?<br />

Das ist tatsächlich gar nicht so<br />

schwer, man mussdafürnicht mal<br />

ins Darknet.Man findetdie Inhalte<br />

auf Seiten, die eine Sammlung<br />

von halblegalen bis illegalen Bildern<br />

und Videos verbreiten. Das<br />

reicht von Gewaltvideos über<br />

Tierpornografie bis eben hin zu<br />

kinder- und jugendpornografischen<br />

Darstellungen.<br />

Welche Inhaltegeltenals strafbar?<br />

Unter Umständen können Posing-Darstellungen<br />

schonstrafb<br />

ar<br />

sein. Also Bilder, die Kinder in<br />

sexualisierter Art und Weise zeigen.<br />

Ganz klar strafb<br />

ar sind Inhalte,<br />

die sexuellen Missbrauch<br />

abbilden. In der Kampagne geht<br />

Die Dimension<br />

des Strafb<br />

aren ist<br />

vielennicht bewusst,<br />

sieahnenaber,dass<br />

etwasnicht stimmt.<br />

es uns aber auch darum, den Jugendlichen<br />

zu zeigen, dass es<br />

nicht immer die klassische Vergewaltigung<br />

sein muss. In den<br />

Kurzclips, die auf der Grundlage<br />

von Schilderungen von Kollegen<br />

aus Baden-Württemberg erstellt<br />

wurden, geht es beispielsweise<br />

um einen Fall, in dem ein Mann<br />

ein Baby in Windelnmissbraucht.<br />

Das ist eindeutig. Es gibt aber<br />

auch die Schilderung, bei der ein<br />

Kind ein Tier vergewaltigt, ein<br />

Video übrigens, das bei jungen<br />

Menschen ziemlich bekannt ist.<br />

Für manche ist das nicht so einfach<br />

zuzuordnen. Zumal man sich<br />

in dem Alter ja auch oft gar keine<br />

Gedanken über Kinderpornografie<br />

macht.<br />

Wiekönnen Kinder und Jugendliche<br />

dann erkennen, dassessich um<br />

strafbareInhaltehandelt?<br />

Ein Gefühl dafür,was richtigund<br />

was falsch ist, ist schon früh verankert.<br />

Sprich: Die Dimension<br />

des Strafb<br />

aren ist vielen vielleicht<br />

nicht bewusst, sie ahnen aber,<br />

dasshier etwasnichtstimmt, dass<br />

hier eine Grenzüberschreitung<br />

stattfindet. Mit der Kampagne<br />

wollen wir an dieses Bauchgefühl<br />

appellieren.<br />

Wenn sich der Bauch meldet, wasist<br />

dannzutun?<br />

Unsere wichtigste Empfehlung<br />

ist: nicht weiterschicken. In einem<br />

zweiten Schritt sollte man<br />

Inhalte, bei denen man ein ungutesGefühlhat,melden.<br />

Man kann<br />

sich an die Internetbeschwerdestelle<br />

wenden, an diePolizei oder<br />

direkt die Netzwerkbetreiber<br />

kontaktieren. Sie sind verpflichtet,<br />

solche Meldungen an die Behörden<br />

weiterzuleiten. Außerdem<br />

kann man den Verschicker auch<br />

Tippsfür Eltern und Lehrer<br />

Nach der Kriminalstatistik<br />

stiegdie Zahl<br />

der Tatverdächtigen unter21Jahren<br />

bei Straftatengegen<br />

diesexuelle<br />

Selbstbestimmung im<br />

Jahr 2019 in Baden-<br />

Württembergum<br />

46 Prozent auf2063.<br />

Bundesweit gilt im Bereich<br />

Besitz und Verbreitung<br />

kinderpornografischer<br />

Schriftenmittlerweile<br />

etwa ein Drittel<br />

der Tatverdächtigen als<br />

minderjährig. DenAnstiegführt<br />

die Polizei<br />

auch darauf zurück,<br />

dassHandysbei Kindern<br />

und Jugendlichen<br />

immer mehr verbreitet<br />

sind.<br />

direkt darauf aufmerksam machen,<br />

dass man solche Inhalte<br />

nicht empfangen möchte,und den<br />

Chat verlassen.<br />

Viele Jugendliche dürften sich davor<br />

scheuen, Klassenkameraden oder<br />

Freunde anzuschwärzen...<br />

Wirsehen das Spannungsverhältnis,<br />

in dem sich Jugendliche befinden.<br />

Für uns als Polizei ist es<br />

aber natürlich trotzdem wichtig,<br />

deutlich zumachen, dass essich<br />

um eine Straftat handelt. Den jungen<br />

Leuten muss auch klar sein,<br />

dass nicht nur derjenige, der solche<br />

Inhalte verschickt, Verbotenes<br />

tut, sondern auch derjenige,<br />

der sie empfängt: Der Straftatbestand<br />

lautetVerbreitung, Erwerb<br />

und Besitz von Kinderpornografie.Sobald<br />

ein Video auf meinem<br />

Handy aufploppt und gespeichert<br />

wird, mache ich mich strafb<br />

ar.<br />

Die aktuelle Kampagne<br />

gegendie Verbreitung<br />

vonKinderpornografie<br />

bestehtaus mehrerenBausteinen,<br />

darunter<br />

zwei Kurzfilmen<br />

sowie Handreichungen<br />

etwa fürEltern und Lehrer.<br />

WeitereInfos über<br />

www.polizeiberatung.<br />

de/soundswrong. dl/dpa<br />

Über die Handys von Kindern<br />

und Jugendlichen laufen<br />

nicht nur Videospiele, sondern<br />

vermehrt auch kinderpornografische<br />

Inhalte. Die Polizei warnt,<br />

dass schon Zehnjährige über Chats<br />

und Social-Media-Kanäle damit<br />

konfrontiert werden.<br />

Foto: Tobias Hase/dpa<br />

Strafmündig istman erst ab 14 Jahren.<br />

Wiegehen Sie mit Tatverdächtigenum,<br />

die jünger sind?<br />

Grundsätzlich geht es im Jugendstrafrechtumden<br />

erzieherischen<br />

Aspekt. Diezuständigen Beamten<br />

gehen mit den Kindern, aber auch<br />

mit strafmündigen Jugendlichen<br />

ins Gespräch und zeigen ihnen<br />

die Dimensionen ihres Handelns<br />

auf. Abschreckend wirkt sicher<br />

auch, dass die Eltern dann davon<br />

Sobald ein Video<br />

auf meinem<br />

Handygespeichert<br />

wird, mache ich mich<br />

strafb<br />

ar.<br />

erfahren und das Handy erst mal<br />

weg ist –daesals Beweismittel<br />

konfisziertwird. BeiJugendlichen<br />

ab 14 Jahren sindauchStrafen wie<br />

soziale Arbeitsleistungen möglich.<br />

Wiesind die bisherigen Rückmeldungen<br />

auf die Kampagne?<br />

Sehr positiv. Viele Jugendliche,<br />

die mit solchen Inhalten schon<br />

konfrontiert waren, sind froh,<br />

dass sie jetzt konkrete Verhaltenstippsandie<br />

Handbekommen.<br />

Andere wiederum kannten die<br />

Problematik bisher noch garnicht<br />

und sind dankbar für die Information.<br />

Deutlich<br />

weniger<br />

Passagiere<br />

Reisen Regionalflughäfen<br />

kämpfen wegenCorona<br />

mitmassivenEinbrüchen.<br />

In Friedrichshafen geht es<br />

um die Wurst.<br />

Friedrichshafen. Die Regionalflughäfen<br />

in Baden-Württemberg und<br />

Bayern erwarten wegen der Corona-Krise<br />

deutlichwenigerFluggäste<br />

bis zum Jahresende. Der<br />

„Bodensee-Airport“ rechne im<br />

laufenden Jahr mit etwasweniger<br />

als 145000 stattwie erhofft mehr<br />

als 500 000 Passagieren, sagteder<br />

Geschäftsführer des Friedrichshafener<br />

Flughafens,Claus-Dieter<br />

Wehr.„In der derzeitigen Lageist<br />

auch keine Besserung inSicht.“<br />

Man sei eigentlich auf einem guten<br />

Weg gewesen –„bis Corona<br />

kam“, so Wehr. Für den Airport,<br />

der in der finanziellen Dauerkrise<br />

steckt, wird die Situation zunehmend<br />

brenzlig. An diesem<br />

Montag soll die Stadt Friedrichshafen<br />

als einer der größten Gesellschafter<br />

entscheiden, ob sie<br />

den Flughafen weiter mit Millionensummen<br />

subventionieren<br />

oder lieber schließen will.<br />

Auch an den Regionalflughäfen<br />

im bayerischen Memmingen sowie<br />

in Karlsruhe/Baden-Baden<br />

sindPassagierzahlen und Einnahmen<br />

wegender Corona-Krise eingebrochen.<br />

Der Geschäftsführer<br />

des „Allgäu Airports“, Ralf<br />

Schmid, geht statt von ursprünglich<br />

zwei Millionen Fluggästen<br />

von nur 800 000 Passagieren im<br />

Jahr 2020 aus. Am „Baden-Airpark“<br />

rechnet Geschäftsführer<br />

Manfred Jung bis zum Ende dieses<br />

Jahres mit rund 420 000 Passagieren<br />

– gegenüber rund<br />

1,35 Millionen im vergangenen<br />

Jahr.ImGegensatzzuFriedrichshafen<br />

können diebeiden Airports<br />

die Defizite nach eigener Aussage<br />

finanziell aber abfedern. dpa<br />

Polizistvor<br />

Gericht<br />

Prozess Beamter soll über<br />

sein Handy rassistische<br />

Inhaltegeteilt haben.<br />

Heilbronn. In Online-Chats soller<br />

den gewaltsamen Todvon Ausländern<br />

verherrlicht haben –ein<br />

Polizist muss sich von diesem<br />

Montag an in Heilbronn wegen<br />

Volksverhetzung verantworten.<br />

Der Angeklagteaus Steinheim an<br />

der Murr (Kreis Ludwigsburg)<br />

soll in seinem Whatsapp-Status<br />

im Sommer 2019 das Video eines<br />

randalierenden Schwarzen mit<br />

dem Untertitel „Merkels Fachkräfte<br />

bei der Arbeit“ präsentiert<br />

haben. Anschließend wurde die<br />

Werbetasse eines bekannten Waffenproduzenten<br />

mit dem Schriftzug:<br />

„Es gibt Probleme, die kann<br />

nur Heckler &Koch lösen“ eingeblendet,<br />

sagteein Sprecher des<br />

Amtsgerichts Heilbronn.<br />

In den vergangenen Wochen<br />

waren rechtsextreme Chats bei<br />

der Polizei in Nordrhein-Westfalen<br />

sowie bei der Berliner Polizei<br />

bekannt geworden. dpa<br />

Autobahn<br />

Lastwagenbrennt:<br />

HoherSchaden<br />

Karlsruhe. Ein mit Holzspänen beladener<br />

Lastwagenist auf der Autobahn<br />

5 bei Karlsruhe ausgebrannt.<br />

Der Fahrer hatte auf dem<br />

Seitenstreifen gehalten und noch<br />

versucht, den Silozug selbst zu löschen,<br />

wie die Polizei in der<br />

Nacht zum Sonntag mitteilte. Er<br />

sei dabei leicht verletzt worden.<br />

Ein technischer Defekt kommtals<br />

Brandursache infrage. Die Polizei<br />

schätzt denSchadenauf ungefähr<br />

150 000 Euro. Die A5war am<br />

Samstagmittag kurzzeitig komplett<br />

gesperrt worden dpa<br />

Zerstörungswut<br />

Trio beschädigt<br />

18 Autos<br />

Villingen-Schwenningen. In Villingen-Schwenningen<br />

hateine dreiköpfige<br />

Gruppe eine Spur der<br />

Verwüstung hinterlassen. Das<br />

Trio soll in der Nacht auf Samstag<br />

18Autos beschädigt haben.<br />

Zeugenaussagen zufolge traten<br />

die TäterAußenspiegel ab,schlugen<br />

Scheiben ein und zerstachen<br />

Reifen. Zudem wurden aus einem<br />

Fahrzeug Dokumente gestohlen.<br />

Die Polizei schätzt den Schaden<br />

auf mehrere Tausend Euro. Geschlecht<br />

und Identität der Zerstörer<br />

sind noch unbekannt. dpa<br />

Sicherungsarbeitennach Felssturz<br />

Zehn Kubikmetergroß warder Felsen, der im Mai in Todtnau (Kreis Lörrach)<br />

aufeineStraße stürzte. Jetztfinden dort Sicherungsarbeiten statt.40Einwohner<br />

müssenihreHäuser verlassen. Foto:Klaus Merz/Baumamt Todtnau/dpa<br />

Verkehrschaos<br />

Stau und Schüsse<br />

beiKorso<br />

Schwäbisch Gmünd. Ein Hochzeitskorso<br />

hat in Schwäbisch<br />

Gmünd (Ostalbkreis) für Verkehrschaos<br />

gesorgt. Eine Hochzeitsgesellschaft<br />

hatte sich am<br />

Samstag zu dem Korsoentschlossen,<br />

nachdem die Feier aufgrund<br />

der Kontaktbeschränkungen abgesagt<br />

worden war. Es kam zu<br />

Staus in der City. Laut Zeugen<br />

wurden zudem Schüsse abgegeben<br />

undFeuerwerksböller geworfen.<br />

Bei einer Kontrolle fand die<br />

Polizei keine Waffen, sie untersagte<br />

den Korso.<br />

dpa<br />

Defekt<br />

Zug muss<br />

evakuiertwerden<br />

Stuttgart. Ein Zug mit 160 Passagieren<br />

ist auf der Strecke zwischen<br />

Esslingen und Stuttgart<br />

evakuiert worden. Laut Polizei<br />

führte der Zugführer eineSchnellbremsung<br />

durch, als er am Samstagabend<br />

Funkenschläge und<br />

Spannungsbögen an den Drähten<br />

der Oberleitung erkannte –wohl<br />

ein technischer Defekt. Anschließend<br />

mussten die 160 Passagiere<br />

mit Bussen weiterfahren. Der<br />

Fernverkehr auf der Strecke<br />

Stuttgart-Ulmwar mehrere Stunden<br />

ausgebremst.<br />

dpa

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