theaterproduktionen EXHIBIT A: DEUTSCH- SÜDWESTAFRIKA 16
Exhibit A: Deutsch-SÜdwestafrika Brett Bailey entwickelte <strong>ein</strong>e ortspezifische, theatrale Installation, wobei er das Format der ‚Völkerschauen’ und ‚Ethnographischen Schaustellungen’ zitierte, die Ende <strong>des</strong> 19. Jahrhunderts in Europa in Mode waren. So genannte ‚Eingeborene’ oder ‚Wilde’ wurden damals in exotischen Ausstellungen unter dem Deckmantel anthropologischer Forschung präsentiert und zu Objekten der neugierigen Betrachtung gemacht. Brett Bailey aber thematisierte in Exhibit A den Völkermord an den Herero und Nama durch deutsche Kolonialisten in Namibia. Damit sollte unser heutiger Blick auf Afrika sensibilisiert werden: „Während <strong>des</strong> letzten halben Jahrhunderts ist Afrika geplündert und kolonisiert worden; s<strong>ein</strong>e Gesellschaften, sozialen Strukturen und Kulturen wurden zerstört; und s<strong>ein</strong>e Menschen dazu gebracht, sich selbst mit den Augen derer zu sehen, die sie kalt anstarren.“ In <strong>ein</strong>dringlichen Bildern machten Mitwirkende aus Namibia und Südafrika deutlich, wie die Geschichte der Kolonisierung bis heute fortwirkt. Eine Museumswärterin nahm das Publikum in Empfang und führte es in <strong>ein</strong>en unterirdischen Warteraum. Wenn die ihm zugeteilte Nummer aufgerufen wurde, durchlief jeder Besucher <strong>ein</strong>zeln <strong>ein</strong>en düsteren Parcours durch <strong>ein</strong>en riesigen ehemaligen Eiskeller – begleitet von <strong>ein</strong>er atmosphärischen Geräuschkulisse, vorbei an halbnackten Menschen in Vitrinen, an <strong>ein</strong>em namibianischen Chor der nur aus Köpfen zu bestehen schien. Von Texttafeln, wie sie in Museen üblich sind, erfuhr man von Menschenversuchen, Folter und Vergewaltigung in den Konzentrationslagern der damals deutschen Kolonie. Schließlich schlug Bailey <strong>ein</strong>e Brücke in unsere Gegenwart und in unseren Alltag, indem er Asylbewerber aus Braunschweig auf Po<strong>des</strong>te aus Europaletten stellt und dem Besucher so die gängige Abschiebepraxis in Deutschland vor Augen führte. Was Baileys Installation so besonders berührend und stark machte war, dass diese menschlichen ‚Exponate’ nicht nur angeschaut wurden, sondern ernst und starr zurückschauten. Der Betrachter musste s<strong>ein</strong>e eigene Position finden, um diesen Blicken zu begegnen. Ein wenig erlöst wurde man erst ganz am Ende auf dem Weg nach draußen. Auf <strong>ein</strong>em Treppenabsatz begegnete man <strong>ein</strong>em freundlichen Hutmacher, der inmitten zahlreicher Kisten auf <strong>ein</strong>em Hocker sitzend die traditionellen Kopfbedeckungen der Hererofrauen anfertigte und ihre Lieder sang. Dort bekamen auch die sonst stummen Darsteller <strong>ein</strong>e Stimme. Neben ihren Fotos konnte man kurze Aussagen zu ihrer Teilnahme an dieser bildgewaltigen Produktion lesen. Inszenierung, Konzept und Ausstattung Brett Bailey mit Steven Stefanus Afrikaner, Gregory Destin, Francis Fasanya, Mathilda Joseph, Thereza Kahorongo, Melanie Kassel, Anna Louw, Miriam Mukosho, Christof Muondjo, Chris Christiaan Nekongo, Avril Nuuyoma, Abiodun Olayinka, Collins Omorogbe, Laurencia R<strong>ein</strong>hold, Chuma Sopotela, Marcellinus Swartbooi, Lamin Touray, Josef Petrus van der Westhuizen Technische Leitung Iain North Chor Arrangements Marcellinus Swartbooi Company Ma- nagement Paula Kingwill Management Third World Bunfight Barbara Mathers Musik Jodt Hengua und Menesia Puriza (mit freundlicher Genehmigung von Namibian Broadcasting Corporation) und Franz Schubert, gesungen von Christa Ludwig Arrangement Brett Bailey Soundscapes in Trophies of Eden und Civilizing the Natives von James Webb Koproduktion Third World Bunfight, Kapstadt, <strong>Festival</strong> <strong>Theaterformen</strong> Hannover/Braunschweig, Wiener Festwochen Tour Management International UK Arts International Team <strong>Theaterformen</strong> Sylvia Franzmann, Lena Breitfuss, Sandra Ludwig, Benny Hauser, Cord Hladun, Michael Foellner, Dennis Grasekamp 17
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