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ein Reader zum Themenschwerpunkt des Festival Theaterformen ...

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InFLux Controls<br />

Teil 1: I wanna be wanna be<br />

Teil 2: On the 12th night of never,<br />

I will not be held black<br />

Influx Controls hießen 1923 in Südafrika erlassene Gesetze, die<br />

der schwarzen Bevölkerung die Niederlassung in den Städten verboten,<br />

womit ihnen der Zugang zu Kultur, Bildung, Ökonomie und Macht<br />

verwehrt wurde. Mit Ende der Apartheid wurden diese Gesetze in<br />

Südafrika abgeschafft. In übertragener Form aber gelten sie jetzt in<br />

<strong>ein</strong>er Art Franchisesystem weltweit – das ist der Gedanke, der Boyzie<br />

Cekwana zu <strong>ein</strong>er Trilogie über künstlerische Identität, Apartheid und<br />

globalen Kolonialismus angeregt hat.<br />

Im Jahr 2009 entstand der erste Teil I wanna be wanna be. „Wären<br />

alle gleich, dann würde ich nicht hier vor Ihnen auf der Bühne m<strong>ein</strong>e<br />

Maske auftragen und so tun, als wäre das große Kunst“, sagt Boyzie<br />

Cekwana, während er sich schwarz schminkt. Mit s<strong>ein</strong>em leisen<br />

Monolog beginnt <strong>ein</strong> subtiles Spiel mit den Erwartungen <strong>des</strong> Zuschauers.<br />

Sch<strong>ein</strong>bar ironisch, mit sanft zurückgenommener Wut, formuliert<br />

er s<strong>ein</strong>e Verzweiflung über das offenbar endlose Fortdauern<br />

der Prinzipien der Apartheid. Schonungslos nimmt er Klischees und<br />

Vorurteile aus<strong>ein</strong>ander und setzt sie virtuos zu <strong>ein</strong>em klugen, überraschenden<br />

und berührenden Stück über s<strong>ein</strong>e, aber auch unser aller<br />

Identität neu zusammen.<br />

Mit <strong>ein</strong>er Bombe um den Bauch und im schwarzen Anzug grinst<br />

Cekwana ins Publikum. Es ist still und der Tänzer rennt schneller und<br />

schneller auf der Stelle. Später setzt er sich <strong>zum</strong> nun angelegten<br />

Ballettröckchen <strong>ein</strong>e Dornenkrone aus Draht auf den Kopf und führt<br />

sonnenbebrillt zu funkigen Sounds Fitnessübungen aus – bevor er<br />

sich dem Publikum sprichwörtlich an den Hals wirft. Begleitet wird er<br />

dabei von s<strong>ein</strong>em Neffen Lungile Cekwana, der die Handlungen stets<br />

ironisch auf hochgehaltenen Pappschildern kommentiert.<br />

Die Performance endet <strong>ein</strong>drucksvoll mit <strong>ein</strong>em Lied in Zulu, das<br />

<strong>ein</strong> Braunschweiger Chor vorträgt, der die ganze Zeit über unbemerkt<br />

in den Zuschauerreihen verteilt saß.<br />

Teil 2 On the 12th night of never, I will not be held black entstand<br />

im Frühjahr 2010, unter anderem während <strong>ein</strong>er zweiwöchigen<br />

Residenz in Braunschweig, und wurde in Paris uraufgeführt. Diesmal<br />

weiß maskiert und mit blonder Perücke tritt Boyzie Cekwana als <strong>ein</strong>e<br />

Art Showmaster im knalligen Outfit auf. Mit Teufelshörnern auf dem<br />

Kopf stellt er dem Publikum die füllige Sängerin Pinkie Mtshali vor. Er<br />

preist sie wie <strong>ein</strong> Zuhälter mit Worten an, sie tut dies mit Gesten und<br />

ihrem Körper im engen, weißen Brautkleid. Dabei trällert sie Opernarien<br />

und Zulu-Lieder. Lungile Cekwana steht in <strong>ein</strong>em weißen Anzug lange<br />

Zeit auf <strong>ein</strong>em Ölfass balancierend mit dem Rücken <strong>zum</strong> Publikum.<br />

An anderer Stelle positioniert er kl<strong>ein</strong>e Pappfiguren von Ballerinas und<br />

Superhelden auf dem Bühnenboden, die durch die Bewegungen der<br />

beiden anderen immer wieder umgeworfen werden. Pinkie Mtshali kürt<br />

sich schließlich selbst zur ‚Miss Soweto’ und nimmt schwitzend im Publikum<br />

Platz, während Cekwana auf poetische wie sarkastische Weise<br />

Schönheitsideale und Vorstellungen von Identität durch Hautfarbe und<br />

Herkunft demontiert. Stellvertretend für Mtshali betet er <strong>zum</strong> ‚Gott aller<br />

schönen Dinge’ und bittet: „Wenn du mich nicht schlank machen kannst,<br />

dann mach bitte alle m<strong>ein</strong>e Freunde fett.“<br />

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