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2020/47 - conSenio ET: 17.11.2020

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24 <strong>conSenio</strong> – PSYCHE IN CORONA-ZEITEN<br />

Pakete<br />

und<br />

Telefonate<br />

Wenn man die Kinder und<br />

Enkel schon nicht sehen<br />

kann, sollte man sie doch<br />

regelmäßig hören.<br />

Foto: © Olena Yakobchuk/<br />

shutterstock.com<br />

Psyche Angehörige können älteren Menschen<br />

auch mit Abstand durch die Corona-Zeit helfen.<br />

Die Grundzutat bleibt die gleiche wie vorher: Zeit.<br />

Nähe, Zuneigung und Vertrautheit<br />

– aufgrund des<br />

Coronavirus müssen<br />

Menschen, die in Pflegeoder<br />

Seniorenheimen leben<br />

oder längere Zeit im Krankenhaus<br />

liegen, auf einiges verzichten.<br />

Umso wichtiger ist, dass die Angehörigen<br />

immer wieder Kontakt aufnehmen<br />

– wenn es nicht persönlich<br />

geht, dann auf anderen Wegen. Denn<br />

die Einsamkeit, aber nicht nur die,<br />

belastet die Älteren. Gelten Besuchseinschränkungen,<br />

fühlen sich<br />

Pflegebedürftige und Kranke mitunter<br />

noch einsamer und isolierter als<br />

ohnehin schon. Pflegekräfte sind<br />

kein Ersatz für Angehörige: Sie stehen<br />

meist unter Zeitdruck, gerade<br />

in Corona-Zeiten, wo es auch in der<br />

Pflegebranche zu Ausfällen durch<br />

Quarantäne oder infiziertes Personal<br />

kommen kann. Außerdem ist die<br />

persönliche Beziehung zur Pflegekraft<br />

natürlich eine andere als zu den<br />

Kindern, Enkeln und nahestehenden<br />

Personen.<br />

Es drohen Depressionen<br />

Diese Isolation von Pflegebedürftigen<br />

kann schlimmstenfalls zu verheerenden<br />

gesundheitlichen Folgen<br />

führen. „Insbesondere zu Depressionen,<br />

Angstzuständen bis hin zu Suizidversuchen“,<br />

sagt Katrin Markus<br />

aus dem Vorstand der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />

der Seniorenorganisationen<br />

(Bagso).<br />

Psychogerontologe Prof. Frieder<br />

R. Lang spricht von möglichen<br />

Stressreaktionen als Folge, die im<br />

weiteren Lebensverlauf belastend<br />

wirken können. „Zum Beispiel kann<br />

dies Entzündungsprozesse auslösen<br />

und die Abwehrkräfte des Körpers<br />

mindern. Man kann dann sogar anfälliger<br />

für Erkrankungen werden“,<br />

sagt der Forscher der Universität Erlangen-Nürnberg.<br />

Man kann sogar<br />

anfälliger für<br />

Erkrankungen<br />

werden.<br />

Prof. Frieder R. Lang<br />

Psychogerontologe<br />

Grund für das erhöhte Stresslevel<br />

bei Senioren im Alten- oder Pflegeheim<br />

während der Corona-Zeit ist<br />

laut Lang jedoch nicht nur Einsamkeit.<br />

Die hätten wir alle im Lockdown<br />

erlebt. „Das Spezifische war<br />

die spezielle Ausgrenzung der in Altenheim<br />

oder Pflegeeinrichtung<br />

wohnenden Menschen. Und gezielte<br />

soziale Ausgrenzung macht Menschen<br />

krank“, sagt er.<br />

Verschärfte Bedingungen<br />

Zu Beginn der Coronakrise hätten<br />

die Einschränkungen alle Menschen<br />

gleichermaßen betroffen. „Für die<br />

Menschen aber, die in Pflegeeinrichtungen<br />

oder Altenheimen lebten,<br />

wurden die Kontaktbeschränkungen<br />

verschärft“, sagt Lang. Er spricht von<br />

„Diskriminierung aufgrund der eigenen<br />

Wohnsituation“. Die Ausgrenzung<br />

werde durch die Haltung vieler<br />

Angehöriger verschärft. „Sie ver-<br />

1,6<br />

Millionen Menschen<br />

in Deutschland litten<br />

im Jahr 2018 an einer<br />

Demenzerkrankung.<br />

Experten gehen davon<br />

aus, dass die Zahl im<br />

Jahr 2050 auf 2,7 Millionen<br />

steigt.<br />

Quelle: Alzheimer Europe<br />

bieten ja teilweise ihren Großeltern,<br />

sich im sozialen Raum zu bewegen“,<br />

erläutert Lang. Es habe also nicht<br />

nur von institutioneller Seite eine<br />

Andersbehandlung in einzelnen Einrichtungen<br />

gegeben, sondern auch<br />

von familiärer Seite.<br />

Päckchen mit<br />

Naschereien oder Spielen<br />

Auch wenn der Besuch von Oma<br />

oder Opa im Pflegeheim oder Mama<br />

im Krankenhaus momentan eingeschränkt<br />

ist – eine Freude kann man<br />

immer machen. „Anrufen, anrufen,<br />

anrufen“, sagt Christa Roth-Sackenheim,<br />

die Vorsitzende des Berufsverbandes<br />

Deutscher Psychiater<br />

(BVDP). Auch Briefe oder Päckchen<br />

mit kleinen Naschereien sorgen für<br />

Abwechslung im Alltag der Senioren.<br />

„Oder lassen Sie der Oma Spiele<br />

zukommen (...) und sprechen Sie<br />

mit ihr, wie sie damit umgeht, was<br />

sie damit gemacht hat“, rät die Expertin.<br />

Video statt Telefon<br />

Auch über Videotelefonie könne<br />

man andere am Leben teilhaben lassen<br />

und zusammen singen oder essen,<br />

sagt Roth-Sackenheim. So kön-

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