BACKSPIN Magazin #116
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TEXT: CHRISTIAN LUDA
Im Herbst feierten zwei Heimkehrer nach
langer Zwangspause ihre Comebacks. Nachdem
Lil Boosie im März aus dem Gefängnis
entlassen worden war und zunächst nur einzelne
Songs und Features ablieferte, erschien
Ende Oktober unter dem neuen Namen Boosie
Bad Azz endlich das mit Spannung erwartete
erste Mixtape. Auf „Life After Deathrow“ zeigt
Boosie, warum ihn seine Fans vermisst haben:
Nur wenige bieten solch ehrliche und emotionale
Raps wie der Mann aus Baton Rouge, der auf
vielen der insgesamt 18 Tracks tiefen Einblick in
seine Gefühlslage nach fünf Jahren hinter Gittern
gewährt.
Noch länger – beinahe sieben Jahre – weggesperrt
war Remy Ma. Zwei Monate nach ihrer
Entlassung meldete sich die ehemalige First Lady
der Terror Squad mit ihrem Mixtape „I’m Around“
zurück. Ehemann Papoose ist der einzige Gast,
neben Sean C & LV, Ron Browz und Buckwild
sorgt eine Reihe unbekannter Produzenten für die
Beats. Während diese nicht immer überzeugen,
beweist Remy Ma, dass sie noch immer zu den
besten Female MCs zählt.
Derweil gibt es auch neue Hoffnungsträger für
alle, die sich mehr weibliche Rapper wünschen.
Dej Loaf aus Detroit ist eine von ihnen. Nachdem
ihr die Single „Try Me“ ein Co-sign von Drake sowie
einen Deal bei Columbia bescherte, legt die
23-Jährige ihr Mixtape „$ell Sole“ vor, das sie weitestgehend
im Alleingang bestreitet und auf dem
sie nicht nur Rap-Skills, sondern auch Gesangstalent
beweist.
Und dann wäre da noch eine junge Dame namens
Tink. Die 19-jährige Rapperin und Sängerin aus
Chicago hat bereits mehrere Mixtapes auf ihrem
Konto und steht mittlerweile bei Timbaland unter
Vertrag. Dieser geriet bei einem „The Breakfast
Club“-Interview ins Schwärmen. Er verglich
seinen Schützling mit Lauryn Hill und packte als
ersten Beweis die Originalversion vom aktuellen
Rick-Ross-Song „Moving Bass“ aus, auf der Tink
eindrucksvoll an der Seite von Ricky Rozay und
Jay Z rappt. Mit ihrem Song „Tell the Children“
lieferten Tink und Timbaland zudem eine der wenigen
nennenswerten musikalischen Reaktionen
auf den umstrittenen Freispruch von Ferguson ab.
Ansonsten sorgte vor allem der auf einem Fanvideo
festgehaltene Gefühlsausbruch von Killer
Mike bei einem Konzert in St. Louis am Tag des
Urteils für Aufsehen. Angesichts der zahlreichen
Fälle von Polizeigewalt gegen Schwarze wünscht
man sich mehr politischen, wütenden Rap, wie ihn
Killer Mike und El-P auf ihrem großartigen „Run the
Jewels 2“-Album bieten, das die beiden auf ihrer
Website zum kostenlosen Download anbieten.
1988 nahmen N.W.A ihren Song „Fuck the Police“
auf, der leider nicht an Aktualität verloren
hat. Jenes goldene Hip-Hop-Jahr dient als Inspiration
für das aktuelle Mixtape von Grafh. Auf „88
Crack Era“ reproduziert DJ Ted Smooth die Beats
beliebter Klassiker der späten 1980er und frühen
1990er, während Grafh in Erinnerung ruft, warum
er einst zu den vielversprechendsten MCs aus
New York zählte. Ein Highlight ist das Update des
Onyx-Klassikers „Walk in New York“ mit Vado
und Raekwon. Letzterer hat unterdessen das
Mixtape „We Wanna Thank You“ veröffentlicht,
auf dem sämtliche Beiträge seiner #TBT-Serie
zu finden sind, in deren Rahmen sich der Chef 20
Wochen lang jeden Donnerstag einen bekannten
R&B- und Soul-Klassiker zur Brust genommen hatte.
Abschließend noch einige weitere empfehlenswerte
Releases: „Ferg Forever“ von Asap Ferg,
Roc-Marciano-Kumpel Hus Kingpin mit seiner
„NAHRIGHT Hype“-LP, The Lox mit dem im Gegensatz
zu den Vorgängern als freier Download
veröffentlichten dritten Teil ihrer „Trinity“-Serie
sowie drei starke Releases aus Atlanta – „Spaghetti
Junction“ von Geheimtipp Scotty ATL,
Future’s neues Mixtape „Monster“ und die fast
vollständig von Cardo produzierte EP „Live Life 2“
von Shootingstar OG Maco.
12 BACKSPIN #116 Winter 2014 / 2015