BACKSPIN Magazin #116
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Leute, aber letztendlich waren das Angebot und
die Perspektive bei Four Music besser.
Hattest du keine Angst, auf einem Label, das
Marteria und Casper in den Olymp begleitet
hat, unterzugehen?
Nein, ich glaube ja an meine Sachen. Das heißt
jetzt nicht, dass ich mich für den Größten halte,
aber ich glaube einfach an das, was ich mache.
Und da war es mir eigentlich egal, mit wem ich
auf einem Label bin. Solange die Leute, die dort
arbeiten, sagen, dass sie 100 Prozent geben
oder ich der Meinung bin, dass sie 100 Prozent
geben, dann passt es. Und deswegen hatte ich
keine Angst.
Was muss man über einen Typen wie dich
wissen, damit man dich richtig als Künstler betreuen
kann?
Das ist wirklich sehr schwer, da müsstest du eigentlich
die beiden Personen neben mir fragen.
Ich bin als Künstler sehr kompliziert. (Zu seinem
Manager) Sag’ mal du, Lachs. Was muss man
wissen über mich als Künstler?
David: Man braucht Geduld und viel Ruhe.
Genau. Man muss mit Paranoia und kurzen
Ausrastern klarkommen, aber die sind nie böse
gemeint.
Worin lassen die sich begründen? In deinem
Perfektionismus?
Einfach in allem. Ich traue Menschen nicht so
schnell. Deswegen ist es schwer für die Leute,
die mit mir zusammenarbeiten, Dritte an mich
ranzuführen, wenn der und der das macht. Ich
sehe da immer gleich wilde Verschwörungen.
Das haben wir aber auch sehr gut hinbekommen,
bis jetzt.
Bist du denn zufrieden mit den Leuten, die dich
umgeben? Fühlst du dich angekommen?
Ja, soweit schon. Es läuft alles. Ich fliege mit
irgendeinem Flugzeug irgendwohin und drehe
irgendwelche Videos. Ich habe mit „Wölfe“ dreimal
so viel verkauft wie mit „12 Runden“. Das
war schon ein guter Schritt. Die Leute haben
Bock, ich merke einfach, ich bin an der richtigen
Stelle. Ob ich jetzt Straße mache oder nicht,
oder ob das Label Straße macht, liegt immer
noch an mir.
Was bringt einem die Straße bei, was einem im
Major-Musikbusiness am ehesten weiterhilft?
Menschenkenntnis. Das merkt man, wenn jemand
lügt. Und das ist, glaube ich, ganz wichtig.
Man muss Leute und Situationen einschätzen
können. Zwar bin ich in keiner Situation, wo es
jetzt irgendwie brenzlig wäre, aber es geht halt
auch um meine Zukunft und um Geld. Jeder
lacht in diesem Geschäft, aber nicht jedes Lachen
ist gleich ein Lachen. Das ist das Einzige,
was ich mitgenommen habe. Und ich weiß, wie
„ICH ZIEHE DIE LEUTE, DIE MIT
MIR GEHEN, EHER MIT HOCH
ALS RUNTER.“
ich mich zu verhalten habe. Ich traue nicht gleich
jedem, und das hat mir bisher immer geholfen.
Du hast gesagt: „Ich bin kein Schaf, das folgt
und Scheiße baut, sondern einer, der anführt.“
Wie kann man das auf deine Musik-Karriere
beziehen?
Oh, sehr gut sogar. Ich war in einer Gruppe von
Jungs, die alles zusammen gemacht haben –
wie Schafe kann man jetzt vielleicht nicht sagen,
eher wie ein blindes Rudel. Daraus bin ich auch
von einem jüngeren Kerl zu einem erwachsenen
Mann geworden, der auch selber Vater ist.
Ich ziehe die Leute, die mit mir gehen, eher mit
hoch als runter.
Wer ist denn dein schärfster Kritiker?
Meine Frau und mein Vater. Aber eigentlich ich
selber an erster Stelle, aber dann direkt mein
Vater.
Und wie gehst du mit Kritik um?
Meinem Vater widerspreche ich natürlich nicht,
aber Kritik von außen ist mir eigentlich relativ
egal. Meine Arbeit bestätigt sich ja immer wieder.
Wenn ich merke, es erreicht Menschen,
dann mache ich es gut. Und wenn ich die irgendwann
nicht mehr erreiche, dann merke ich,
dass ich irgendwas falsch gemacht oder mich
wiederholt habe. Bisher musste ich mit sehr wenig
Kritik kämpfen.
Das neue Album „Aus dem Schatten ins Licht“
klingt vielseitig, stellenweise fast poppig. Ist
das die logische Entwicklung deines Sounds
oder ein Tribut an das neue Umfeld?
Ein Großteil der Songs war ja schon fertig, bevor
ich zum Major gegangen bin. Und das war
jetzt einfach die Entwicklung meiner Musik. Musikalisch
verändert sich eigentlich nichts, nur
dass man mehr und besser arbeiten kann. Ich
kann im Radio stattfinden, aber den Song hätte
ich auch so gebracht. Also nichts, was mein
Umfeld großartig gemacht hat, sondern meine
Musik verändert sich ja mit mir.
Aber die Möglichkeiten, nun mehr machen zu
können, sind da, oder?
Es ist viel besser. Ich kann machen, was ich will.
Wenn ich Bock hätte, was mit XY zu machen,
dann muss ich nur kurz irgendwo anrufen und
der wird dann kontaktiert. Oder ich will das und
das Studio oder fliege jetzt erst mal nach Norwegen
und drehe ein Musikvideo. Meine Möglichkeiten
sind einfach um ein Hundertfaches
gestiegen, wenn nicht um ein Tausendfaches.
Das ist definitiv besser für meine Musik.
Trotzdem stehen in deinem Pressetext Dinge
von dir, die man so nicht erwartet hätte …
Naja, vielleicht würde das jemand nicht erwarten,
der hängengeblieben ist auf einem alten
Straßenfilm. Aber man verändert sich als
Mensch, und so verändert sich dann auch die
Musik. Ich glaube, die Leute, die sich wirklich
mit mir auseinandersetzen, die erwarten das.
Das ist einfach der logischste Schritt. Jemand,
der mich jetzt nur beiläufig mitbekommt, erwartet
das vielleicht nicht.
Du hast auch gesagt: „Erfolg ist kein Glück,
sondern nur das Ergebnis von Blut, Schweiß
und Tränen.“ Was sind deine Ziele?
Der wahrste Satz. Dazu stehe ich auch. Ich
möchte zufrieden sein, genug Geld verdienen,
um mich und mein Umfeld zu versorgen, dass
es uns gut geht und wir entspannt leben können.
Einfach Musik zu machen, wie ich es jetzt
machen kann und einfach nicht gestresst zu sein
mit Druck und Altlasten. Einfach nur entspannt
arbeiten, Musik machen, ein cooles Leben führen
und ein guter Vater sein und später vielleicht
noch ein Haus in der Toskana. Die Ziele wachsen
mit mir und es kommen immer wieder neue
Ziele.
Wenn man sich mit anderen über dich unterhält,
mutmaßt mancher, du könntest der nächste
große Rap-Künstler des Landes sein. In
dem Pressetext zu deinem neuen Album steht
auch so etwas. Spürst du eine Erwartungshaltung
von außen?
Nein. Ich bin niemandem zu Loyalität verpflichtet,
außer denen, die schon immer bei mir sind.
Wenn du hoch auf der Welle schwimmst, sind
ganz viele immer bei dir, aber wenn du wieder
auf den Felsen klatschst, dann zeigt sich,
wo der harte Kern ist. Es ist wichtiger, dass du
den Leuten, die schon immer bei dir waren, Rechenschaft
ablegst. Das ist so ein kurzlebiges
Geschäft, wer weiß, ob ich morgen überhaupt
noch da bin. Wer weiß, ob das nur ein kurzer
Hype ist. Ich bin wie ich bin, und das macht ja
auch meine Musik aus.
Winter 2014 / 2015 #116 BACKSPIN 17