ST:A:R_20
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78 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch X - AUTO-<strong>ST</strong>AR Nr. <strong>20</strong>/<strong>20</strong>09<br />
Dacia Sandero 1.6 MPI<br />
ZURÜCK ZUM AUTO<br />
Der neue Dacia Sandero zeigt noch deutlicher als der<br />
Logan, dass wir lange genug zu teure Autos gekauft<br />
haben.<br />
TEXT UND FOTOS: DAVID <strong>ST</strong>ARETZ<br />
Der kompakte Halbpreisgolf namens Sandero ist<br />
Dacias Antwort auf den Millionenseller Dacia Logan.<br />
Worauf auch sonst?<br />
Ok, auf den Logan Kombi MCV, der eine Neun-zu-eins-<br />
Beliebtheit unter den Logans aufweist.<br />
Diese konkurrenzlos billigen Fahrzeuge, ursprünglich<br />
für den Markt von Hoffnungsländern entwickelt, bringen<br />
bei uns neue Tugenden ans Licht: Indem wir uns nicht<br />
nur vordergründig an der spektakulären Preisgestaltung<br />
erfreuen, sondern dahinter die erfrischenden Botschaften<br />
einer gesamtheitlichen Unaufgeregtheit erkennen. Wir<br />
schätzen Sanderos gekonnten Umgang mit Einfachheit<br />
– gesteigert zur Klarheit des Erscheinungsbildes dank<br />
stimmiger Nachvollziehbarkeit im Detail und gezielter<br />
Reduktion auf das Wesentliche. Was ja in unserer überfrachteten<br />
Zeit wieder hoch bewertet wird.<br />
Ok, genug der Vorrede: Ab 8.000 Euro ist man dabei,<br />
billiger geht’s nicht.<br />
Der Sandero überrascht zudem durch sein gelungenes Package,<br />
die solide Verarbeitung, durch seine durchdachte<br />
Ausstattung und geringe Betriebskosten. (Der Norm-Gesamtverbrauch<br />
liegt bei 7,0 Liter beim 1.4-Liter-Modell,<br />
erhöht sich unwesentlich auf 7,2 Liter/100 km beim<br />
1.6-Liter-Motor. Und dank der geringen CO2-Ausstöße<br />
dürfen sich sämtliche Sandero-Modelle einen vom Staat<br />
ausgegebenen Bonus von <strong>20</strong>0 Euro netto zuschreiben).<br />
Mit Gelassenheit und Qualität schiebt sich der kompakte<br />
Viertürer zum halben Preis eines VW Golf unauffällig<br />
in die Mitte der Wahrnehmung – so, als wäre er schon<br />
längst da gewesen, aber aus unerklärlichen Gründen haben<br />
wir ihn bisher übersehen.<br />
Sein Erscheinungsbild ist schlüssig, sämtliche Proportionen,<br />
die dreidimensionale Frontpartie, das klarflächige<br />
Heck, die gekonnte Seitenansicht des Viertürers, die<br />
sauber angelegte Heckklappe, alle mitlackierten Stoßfänger,<br />
wirken appetitlich und erfreuen das Auge. Selbst die<br />
Auch dort,<br />
wo sich das<br />
Waldviertel zum<br />
Weine hin öffnet,<br />
im Retzer Land,<br />
macht<br />
Dacias Sandero<br />
eine gute Figur<br />
hohe Bodenfreiheit schafft Vertrauen und Größe. Gleich<br />
hier muss die sanft-coole Sonderfarbe Mineral-Blau erwähnt<br />
und empfohlen sein, die dem Wagen gut steht,<br />
den Grundpreis allerdings um 389 Euro hebt.<br />
Wir fuhren die Motorvariante 1,6 MPI mit 87 PS in der<br />
Ausstattung Laureate, also den Benziner mit 87 PS, das<br />
Topmodell der bei 7.990 Euro Basispreis einsetzenden<br />
Modellpalette.<br />
Unser Testwagen verfügt demnach serienmäßig über<br />
das sonst mit 272,16 Euro veranschlagte Sicherheitspaket<br />
(Seitenairbag, Gurtstraffer, Sicherheitskopfstützen<br />
und höhenverstellbare Sicherheitsgurte vorne) und über<br />
das E-Paket, seinerseits 324 Euro schwer. Es beinhaltet<br />
Fensterheber vorn sowie die funkferngesteuerte Zentralverriegelung.<br />
Die hinteren Fensterheber unseres Testwagens wären<br />
verzichtbar gewesen, man könnte also durch schieres<br />
Kurbeln 194,40 Euro einsparen. Umso lieber gönnt man<br />
sich die 1.166-Euro-Option von Klimaanlage plus Soundanlage<br />
(MP3-CD-Radio mit vier Lautsprechern).<br />
Einstieg, Sitzposition, Übersichtlichkeit der Instrumente<br />
(allein der Drehzahlmesser macht was her) überzeugen<br />
sofort, der Schalthebel liegt gut zur Hand, das Lenkrad<br />
kann sogar höhenverstellt werden, Instinktiv findet man<br />
alles an seinem Platz, verstohlen versucht man herauszufinden,<br />
wo denn nun so entscheidend eingespart werden<br />
konnte, denn die Anmutung der Oberflächen, der<br />
Klang beim Türenschlagen, die Druckwiderstände der<br />
Schalter und Regler – alles wirkt souverän, wenn auch<br />
nicht überladen mit Design, Luxus, Sportlichkeit oder<br />
sonstwie zweifelhaften Gütern. Jedes Funktionsteil erfüllt<br />
seine Aufgabe auf selbstverständliche Weise, über<br />
unerwartete Extras wie die Lordosenverstellung im Fahrersitz<br />
freut man sich besonders. Die Rücksitzlehnen<br />
(mit drei Kopfstützen!) lassen sich auf klassische Weise<br />
im Zwei-Drittel-Verhältnis umlegen, falls man mit dem<br />
3<strong>20</strong>-Liter-Laderaum irgendwie nicht genügend Auslangen<br />
finden sollte, etwa beim Tansport von Stehlampen,<br />
Pendeluhren, Waschmaschinen und was sonst noch so<br />
anfallen mag im robusten Alltag.<br />
Faustregel: Alles was durch die Heckklappe passt, lässt<br />
sich auch transportieren (und notfalls an den vier Bodenösen<br />
verankern).<br />
Doch im Grunde denkt man beim Sandero nicht an reine<br />
Nützlichkeit – er hat sogar einen hippen Faktor an sich,<br />
etwas Unnennbares, wie es junge oder sonst wie kritische<br />
Leute erkennen, die sich nicht von Marketingleuten und<br />
Demoskopen ihr artgerechtes Käuferverhalten vorschreiben<br />
lassen, sondern ihre eigenen Wege und Regeln finden,<br />
um einen etwas anderen Weg zu beschreiten, der<br />
dann durchaus klassisch sein kann.<br />
In diesem Sinn ist es aber auch ziemlich hilfreich zu wissen,<br />
dass der in Rumänien hergestellte Sandero über die<br />
gesamte Renault- und Nissan-Infrastruktur verfügt, also<br />
über hochmoderne Großserientechnik auf Basis des neuen<br />
Clio-Fahrgestells, das man auch bei Renault Modus<br />
und Nissan Note vorfindet.<br />
So erklärt sich auch das hochwertig klare Verhältnis zur<br />
Lenkung, zur Bremse, zum Fahrwerk, also das fahrerische<br />
Gesamtgefühl, wie es letztlich über die straffen<br />
Sitze vermittelt wird. Man ist gar nicht langsam unterwegs,<br />
denn jede Situation, jede Kurve ist gut einschätzbar,<br />
der Geradeauslauf höchst stabil, die Schaltung erfreut<br />
durch extreme Leichtgängigkeit – nur gerade bei<br />
der Geräuschentwicklung merkt man noch, dass es doch<br />
wahrnehmbare Unterschiede gibt zu Autos in höheren<br />
Preislagen.<br />
Die brauchbaren 87 PS erlauben es, Situationen zu klären,<br />
Überholvorgänge schell anzuschließen, sich bei<br />
Ampelstarts freizusetzen. Der Fahrer hat einen hervorragenden<br />
Rundumblick; für klare Sicht sorgen auch die gut<br />
bestückten Scheinwerfer (samt Nebelscheinwerfern) und<br />
das große Wischfeld (auch im Heckfesnter).<br />
Man findet reichlich Ablagen und zwei Cupholder vor,<br />
darf sich über die luxuriöse Größe des Handschuhfachs<br />
freuen.<br />
Dass der Sandero auch die Sprache des Luxus versteht,<br />
zeigt sich im reichlichen Zubehörangebot, das Dachspoiler,<br />
Dachreling, Kofferraum-Bodennetz, Kindersitze,<br />
Bluetooth, Carminat-Navigation, elegante Türschweller<br />
oder einen coolen silbergrauen SUV-Kit für den Rundumschutz<br />
umfasst. Eher auf die praktische Seite schlagen<br />
Dachträger, Schwanenhals-Anhängerkupplung oder<br />
die maßgeschneiderten Bodenmatten.<br />
Die übliche Dreijahres-Garantie kann übrigens aufgestockt<br />
werden, beinhaltet dann also fünf sorgenfreie Jahre<br />
(oder maximal 100.00 km). Das sollte eigentlich überzeugen.<br />
Aber wie gesagt: Man kann den Sandero schon<br />
aus unökonomischen Überlegungen heraus mögen: Weil<br />
er uns den Weg zurück zum einfachen Auto zeigt, ohne<br />
zu langweilen.<br />
Wir vergeben 11 von 12 <strong>ST</strong>/A/R-Sternen<br />
Karg ist anders. Sogar mit Airbag.<br />
Laden, was der Raum hält.