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Städteplanung / Architektur / Religion Buch IV Nr. 36/2013<br />
29<br />
High and Show: Der neue Range Rover<br />
Alltag für Millionäre IV<br />
Range Rover<br />
In seiner vierten Generation stellt der Urvater aller SUVs klar:<br />
Wo oben ist, dort herrscht Range-Rover-Terrain – und zwar in<br />
sämtlichen Disziplinen.<br />
Range Rover – ja, das sind die, die als<br />
Edel-Ableger der handfesten Land-Rover-<br />
Werkzeugkisten ihre Fahrzeugklasse gleich<br />
selber geschaffen haben vor rund vierzig<br />
Jahren und damit diesen gigantischen SUV-<br />
Trend einleiteten, der bis heute anhält und<br />
kein Ende in Sicht. 2020 sollen es zwanzig<br />
Millionen SUVs sein auf allen Straßen der<br />
Welt.<br />
Denn, wie man es trocken formulieren<br />
muss: Autos wie der Range Rover sind<br />
vornehmlich geschaffen für Leute, die eher<br />
vorsichtig in den Verkehr, in die Natur, in<br />
das Chaos der Welt blicken und gerne von<br />
einer gesicherten, gehobenen und komfortablen<br />
Position aus das Leben in Angriff<br />
nehmen. Dazu dienen große und auch kleine<br />
Hilfreichungen der Sicherheit und des<br />
Vertrauens:<br />
Nie wieder böse Überraschungen im Toten<br />
Winkel dank Warnsystem plus Näherungssensor,<br />
falls einer zu schnell aufschließt.<br />
Mitdenkender Bremsassistent, falls mal einer<br />
vorne reinschneidet.<br />
Tempomat mit neuem „Queue Assist“: Das<br />
Auto trottet brav im Stau mit, während wir<br />
uns mit interessanteren Dingen beschäftigen;<br />
bremst jederzeit bis zum Stillstand ab.<br />
So ist der Range Rover seit Jahrzehnten<br />
nicht nur ein Geländebewältiger, sondern<br />
neuerdings auch ein universeller Alltagsund<br />
Krisen-Coach.<br />
Betrachtet man die nunmehr vierte Evolutionsstufe<br />
von außen, so weist alles in diese<br />
Richtung. Die Proportionen (größere Räder,<br />
mehr Flanke, steile Bugreuse, gesenkte<br />
Dachlinie, blickdichtes Fensterband, keine<br />
Sicken, keine Spielereien) beherrschen<br />
die abweisende Architektursprache eines<br />
spanischen Kastells. Jeder Blick, jede Kritik<br />
rutscht an den glatten Flanken ab wie<br />
feuchter Schlamm. Sofort wird klar: Dieses<br />
Auto erschließt sich den happy few von innen.<br />
Der Wegfall der Hälfte aller bisherigen<br />
Schalter zeigt eindrücklich, wieviel Krimskrams<br />
aus BMW-Zeiten verzichtbar war.<br />
Denn im Grunde weiß das Auto selbst am<br />
besten, was zu tun ist. Drück nur den Einparkknopf<br />
und warte ab, bis Zeit ist, auszusteigen.<br />
(Nebenbei ein schöner Benefit der<br />
neuen E-Servolenkung.) Drück den Bergabfahr-Assistenten<br />
und warte, bis du sicher<br />
unten angelangt bist. Fahr an der Steigung<br />
an und der Wagen rollt keinen Millimeter<br />
zurück.<br />
Dergestalt könnte man in den Irrglauben<br />
verfallen, der Range Rover sei ein fescher<br />
Salonsteirer und Gehsteigkanten-Kraxler<br />
für die Garagenauffahrt. Tatsächlich<br />
durchsetzt aber knochentrockene Offroad-<br />
Technik des Hauses seinen Wallpaper-Approach:<br />
Mechanisch durchstrukturierte Allradtechnik<br />
vom Feinsten plus aufwändige<br />
Leichtbau-Fahrwerksarchitektur mit maximaler<br />
Achsverschränkung und Luftfederung,<br />
Federwege bis 310 Millimeter, Geländereduktion<br />
(synchronisiert bis Tempo 60),<br />
auf Wunsch samt separater Hinterachs-<br />
Differenzialsperre für Härtefälle. Der Range<br />
Rover ist ein hochspezialisierter Geländeprofi<br />
für alle Fälle, das darf man nicht vergessen,<br />
wenn man mit bis zu 250 km/h die<br />
Autobahn entlangschnürt, speziell in der<br />
Topversion, 510 PS aus dem 5-Liter-V8-<br />
Kompressor, hilfreich unterfangen von den<br />
intelligenten Dynamic-Response-Systemen,<br />
die Wanken, Rollen und Kurvenneigung<br />
des Wagenkörpers aktiv unterbinden.<br />
Low Speed Agility und High Speed Stability<br />
sind die Schlüsselbegriffe. Dabei ist der<br />
Wagen innen gespenstisch leise, so lange<br />
man die Finger vom Lautstärkeregler lässt.<br />
Den V8 kann man andernorts auch kompressorfrei<br />
buchen, dann fallen gemäßigtere<br />
375 PS an.<br />
*<br />
Der Range Rover hat sich seit seiner ersten<br />
Generation, die mehr Glas, mehr Überhang,<br />
mehr Sicken zeigte, über die Jahrzehnte<br />
hinweg dramatisch verändert. Auch<br />
die vorherige, von BMW-Einfluss bestimmte<br />
(und beschwerte) Generation zählt angesichts<br />
der nun bahnbrechend leichten<br />
und stabilen Vollaluminium-Monocoque-<br />
Karosserie zur abgehakten Vergangenheit.<br />
Dennoch spricht man von der DNA des<br />
Hauses, die es zu bewahren gibt, von der<br />
Tradition, die man nicht abbinden darf – so<br />
einigte man sich auf die Formulierung, dass<br />
die Werte des neuen Range Rover erhalten<br />
geblieben sind, dass der High-End-SUV<br />
keineswegs verändert, jedoch in praktisch<br />
allen Belangen verbessert wurde. Dagegen<br />
ist schwer etwas zu sagen; wer – bei einem<br />
Einstiegspreis von 89.100 Euro – grundsätzlich<br />
bereit ist, rund 100.000 Euro in die<br />
Hand zu nehmen (man will sich ja gewiss<br />
etwas gönnen und wird das nicht ohnehin<br />
ein Langzeitauto mit all diesem Aluminium?),<br />
dessen Denken bleibt sicherlich nicht<br />
lange in Vergangenheiten und Historizismen<br />
verhaftet. Man will das Beste, man will<br />
das Modernste, man will wissen, wo denn<br />
bitteschön nun ganz oben ist und wie es<br />
dort verdientermaßen aussieht, schließlich<br />
ist dies ein Geländewagen mit professionellen<br />
Steigwerten. Wie es Chefdesigner<br />
Gerry McGovern so salopp formuliert hat:<br />
Ein Range Rover wird nicht gegen andere<br />
Marken-Konkurrenten aufgewogen, sondern<br />
reiht sich in die Entscheidungskette<br />
von Landsitz, Dressurhengst, Segelyacht,<br />
Prachtcollier und ähnlichen Must Haves der<br />
oberen Luxus-Liga. Schön. Alles klar. Aber<br />
womit bekomme ich diese Nagellackspur<br />
aus dem chamaoisgetönten Semi-Anilinleder?<br />
Keiner soll sagen, bei Reichtum<br />
herrschten keine Alltagsprobleme.