42 Buch VI Nr. 36/2013 Hans BIWI Lechner see more at getstoned.cc Richard Kaplenig Richard Kaplenig www.kaplenig.com
Nr. 36/2013 Buch VI 43 GELINGENDES LEBEN UND VOLLER BAUCH Zur Philosophie der Verdauung bei Aristoteles von Christian Denker Die frühen griechischen Philosophen behandeln Verdauung gewöhnlich im Rahmen von Überlegungen zur Freude an Fülle und Füllung. Leere wird vielfach mit Wertlosigkeit und Leiden verbunden. Der Gegensatz emotionaler Zustände bei Sattheit und Hunger prägt hier ethische Maßstäbe. Gerade Aristoteles erklärt den mit Nahrung gefüllten bzw. sich füllenden Magen zu einem Urbild eines erfüllten Lebens. 1 Detailreich thematisiert Aristoteles die Bedeutung der Verdauungslust für das menschliche Leben in seinen Überlegungen zur Psyché. Aber auch bei der Behandlung von alltäglichen Problemen, bringt er die fundamentale Bedeutung der Verdauung philosophisch in Anschlag. Verdauung als geistige und körperliche Erscheinung. Seine Ausführungen zur Psyché (gr. ψυχή, Seele, Atem, Leben, Bewusstsein, Trieb) leitet Aristoteles mit Überlegungen zur Aufnahme und Verdauung von Nahrung ein, unsere Wahrnehmungen erklärt er, ähnlich wie schon sein Lehrer Platon, als ein psychisches Vermögen zur Aufnahme und Verarbeitung sinnlicher Eindrücke. 2 Nach Aristoteles sind freier Wille und rationale Entscheidung allerdings nur unter entsprechenden körperlichen Voraussetzungen möglich. 3 Diese Voraussetzungen beschreibt er als einen Zustand des Gleichgewichts, „Eukrasia“, der die Ausbildung von Intelligenz ermöglicht. Geistige und körperliche Aktivitäten wirken dabei zusammen. Gerade für Vorgänge der Verdauung ist die Seele laut Aristoteles ein grundlegendes Prinzip. So fragt er sich etwa, warum Angst uns Magen und Blase umdrehen kann? 4 Aristoteles sucht nach vernünftigen Erklärungen. 5 Nichtsdestoweniger hält er Verdauung für mehr als einen rein materiellen Prozess, der künstlich nachvollzogen werden könnte. Grund dafür sei aber keine mysteriöse Qualität der physischen Abläufe. Vielmehr wäre Verdauung in einem lebendigen Organismus anders zu beschreiben als ein künstlicher Prozess. Das gelte sowohl für die Details der Abläufe, als auch im Großen und im Ganzen. 6 Was Verdauungsvorgänge zu dem mache, was sie sind, erklärt Aristoteles durch die spezielle Beschaffenheit des zur Verdauung befähigten Organismus. Jeder Verdauungsprozess entspreche genau den formalen bzw. seelischen Eigenschaften des verdauenden Lebewesens. 7 Die Psyché eines Lebewesens wirkt nach Aristoteles sowohl auf unsere Ernährung als auch auf unser Denken. Verdauung erscheint als ebenso psycho-logischer Prozess wie Einbildungskraft. 8 Von der Psyché spricht Aristoteles wie von der Fähigkeit eines Organismus, die für ihn charakteristischen Dinge zu tun. Dabei ist die spezielle Natur des Organismus auch für die psychischen Prozesse in etwa so bedeutungsvoll, wie Baukunst für die Errichtung eines Gebäudes. 9 Gewisse Aspekte lassen sich auch ohne vernünftige Erklärung einsehen. So müssen wir nicht jede spezifische Eigenheit oder die umfassende Bedeutung eines Vorgangs begreifen, um zu bemerken, dass da überhaupt etwas vor sich geht. Die Psyché befähigt den Organismus, Nahrung in genau der charakteristischen Weise zu verarbeiten, in der Organismen seiner Art es eben zu tun pflegen. Die menschliche Psyché beinhaltet dementsprechend eine spezielle, menschliche Form der Verdauung. 10 Die Stimmigkeit der aristotelischen Überlegungen können das recht gut an uns selber beobachten: wir verdauen in einer speziell menschlichen Weise. Die Verstrickungen unserer geistigen und körperlichen Funktionen bei der Verdauung sind ein grundlegender Aspekt des menschlichen Wesens, das sich hierin von anderen Lebewesen unterscheidet. Eine strikte Trennung zwischen den verschiedenen Verdauungsfunktionen würde uns selbst nicht entsprechen. Vernünftige Erklärungen hierzu sind nicht immer leicht zu finden, wir sind eben Lebewesen, deren Verdauung nicht auf künstliche oder technische Prozesse reduziert werden kann. Rätselhafte Probleme Konkret stellt die Verdauung Aristoteles vor manche schwierige Frage. Insbesondere beschäftigt ihn ihre Bedeutung für die Gesundheit und das Verhalten von Menschen. Seine Einlassungen entspringen dem Interesse für drei grundsätzliche Funktionen des Lebens: die Aufnahme von Speise, die Ausscheidung von Exkrementen und die Kontrolle der vitalen Gesamtfunktion. 11 Der aristotelische Wissensdurst scheint dabei schier unstillbar. Warum bewegen sich manche Medikamente in den oberen Magenteil, andere in den unteren? Liegt es daran, dass mache warm sind und andere kalt? 12 Warum wirken manche Medikamente abführend, während andere – obwohl sie bitterer, strenger sind? Warum wirken manche Medikamente abführend, andere dagegen nicht? 13 Beruht abführende Wirkung eines Stoffes nicht auf bestimmten Qualitäten, sondern darauf, dass er nicht verdaut wird? Ist es nicht wert zu erwägen, ob alles, was Wärme oder Kälte exzessiv hervorruft auch in geringer Masse der Verdauung widerstehen kann? Aristoteles nimmt an, dass Stoffe, die der körperlichen Wärme widerstehen, sich leicht in den verschiedenen Magenteilen verteilen und dort als Medikamente wirken. Gelangen sie in den Magen, werden sie dort aus wie Nahrung in die Blutadern weitergeleitet. Wenn sie der Verdauung widerstehen, können sie auch Verstopfungen beseitigen, die ihren Weg behindern und zu Purgation führen. Honig und Milch wirken deshalb reinigend und wenn sie sich nicht aufgrund ihrer Masse vermischen wirken sie auch abführend. Nahrungsmittel unterscheiden sich von Medikamenten, weil sie nicht aufgrund von Säure, Bitterkeit und schlechtem Geruch reinigen. Was durch natürliche Verdauung in den Körper gelange, sei Nahrung, was der Körper nicht bewältige und was durch Wärme und Kälte Störungen verursacht, sei ein Medikament. 14 Aber warum wirken bittere und übel riechende Medikamente in der Regel reinigend? Weil sie schwer verdaulich sind? Werden sie in zu großer Dosis verabreicht, führen sie zum Tod. Führen schon kleine Mengen zum Tod, werden sie Gifte genannt. 15 Wie schon Platon das Diaphragma zur Scheidewand zwischen einem unteren und einem mittleren Teil der Seele erklärte, vermutet auch Aristoteles hier einen Schutz der sensitiven bzw. empfindenden Seele im Herzen gegen die Ausdünstungen der in den Verdauungsorganen wirkenden vegetativen Seele. 16 Wichtige Ansatzpunkte für die Untersuchung menschlicher Funktionsweisen findet Aristoteles im Tierreich: Warum haben Menschen feuchtere Exkremente als Pferde? Liegt es daran, dass Pferde trockenere Nahrung zu sich nehmen? Liegt es daran, dass Menschen viel flüssige Nahrung zu sich nehmen? Laut Aristoteles entstehen alle Exkremente aus Nahrung und durch viel Nahrung entsteht viel Exkrement. Außerdem fressen manche Tiere flüssigere Nahrung als andere. Ein weiterer Grund könnte darin liegen, das erstere von Natur aus trockener sind, letztere feuchter. Die von Natur aus Trockeneren verlange es nach feuchter Nahrung, weil ihnen diese stärker fehle, und jene, die von Natur aus feucht sind, ziehe es in Richtung trockener Nahrung, denn sie brauchen diese dringender. 17 Und wie ist es mit den Zähnen? Warum leben Menschen mit porösen Zähnen nicht lange? Kann es daran liegen, dass langlebige Wesen mehr Zähne haben? Nach Aristoteles haben Männer mehr Zähne als Frauen und Menschen mit porösen Zähnen ähneln Wesen mit wenigen Zähnen. 18 Wie viele Philosophen tut sich auch Aristotelis nicht leicht mit Erklärungen zur Sexualität. Nichtsdestoweniger bemerkt er Zusammenhänge zwischen Verdauung und Fortpflanzung. So entsteht Sperma nach seiner Einschätzung in der letzten Verdauungsphase. 19 Genau genommen handelt es sich um Speise, die noch nicht assimiliert wurde, bzw. um Blut, das sich zwar schon in den Gliedern verteilt hat, aber noch nicht von ihnen aufgenommen wurde. Weil Sperma aus der Speise stammt, produzieren dicke Männer, die alle überflüssige Speise in Fett verwandeln, weniger Sperma und haben dementsprechend weniger Bedarf zu koitieren als dünne. 20 Menstruationsblut habe den gleichen Ursprung wie Sperma. Es sei nur nicht vollständig gekocht, weil der weibliche Körper kälter sei als der männliche. 21 Wenn manche Feststellung nicht vollkommen befriedigend wirkt, so betrifft das nicht nur die Erklärungen von Aristoteles. Auch die aktuelle Wissenschaft liefert zu Fragen der Verdauung dem nicht immer eindeutige, intuitiv nachvollziehbare oder richtige Antworten. 22 Für die philosophische Betrachtung muss das kein Problem sein. Kopf und Bauch sehnen sich nach mehr als immer nur passenden Antworten. Gerade die aristotelischen Einlassungen unterstreichen das Interesse gut gestellter Fragen. Erstaunte Verwunderung ist ein Ursprung für den Fortschritt des Wissens um funktionierende Verdauung. Speziell gilt das für die Medizin, sich zu Aristoteles’ Lebzeiten erst langsam und vorsichtig aus dem Kanon des philosophischen Denkens herauslöste. Gerade die Anwendung allgemeiner Einsichten zu Wärme, Kälte, Feuchtigkeit und Trockenheit auf die Verdauung stellt das Gehirn vor komplexe Aufgaben, deren Lösung mal mehr mal weniger überzeugend gelingt. Soviel scheint klar: die rationale Erkundung der alltäglichen Verdauung ist eine bleibende Herausforderung. Nicht nur an Liebhaber der Weisheit! LITERATUR Aristoteles, Problems, London, William Heinemann, 1970. Über die Zeugung der Geschöpfe (De gen. Anim.), Paderborn, Schöningh, 1959. Baudy, Gerhard J., „Metaphorik der Erfüllung“, in: Archiv für Begriffsgeschichte, Hamburg, Meiner, 1981, 7-68. Eijk, Philip J. van der, Körper, Seele, Geist, Trier, Universität, Mai/Juni 2007. Frede, Michael, „On Aristotle‘s Conception of the Soul”, Kosman, Aryeh, „What Does the Maker Mind Make?“ und Lloyd, Geoffrey E. R., „Aspects of the Relationship between Aristotle‘s Psychology and his Zoology“, in: Rorty, Nussbaum, Essays on Aristotle‘s De Anima, Oxford, Clarendon Press, 1995, 96-109, 147-168, 330-345. ANMERKUNGEN (1) Baudy, 1981, S. 81, vgl. Aristoteles Nikomachische Ethik, 1173b. 13ff Überlegungen zur Bedeutung der Lust des Bauches für das gelingende Leben finden sich auch im Alten Testament, demzufolge der Vater vieler Völker, Abraham, erfüllt verstarb. 1. Mose 25:8. Das in der Tora verwendete Adjektiv „saw-bay‘-ah“ (“ַעֵ֫בָׂש„) assoziiert Reife, Sättigung und Zufriedenheit. Luther übersetzt mit „lebenssatt“. In 1. Mose <strong>35</strong>.29 wird das gleiche von seinem Sohn Isaak gesagt. (2) Kosman, 1995, S. 344. (3) Eijk, 2007, S. 29; vgl. Tracy, 1969. (4) Aristoteles, Problems, XXVII,10. (5) So erwägt er verschiedene Erklärungen in Hinblick auf den Wärmehaushalt: Versucht Wärme der Angst zu entfliehen? Bewirkt die Angst im Inneren des Körpers in der Umgebung der Blase Wärme und löst damit ihre Funktion aus? Verursacht Angst rektale Entweichungen, weil sie Blut und Wärme nach unten streben lässt? Vgl. Probl;, XXVII,3 u. XXVII,9. (6) Frede, 1995, S. 104 (7) Ebd., S. 104. (8) Ebd. S. 116. (9) Ebd. 1995, S. 105. (10) Ebd. 1995, S. 114. (11) Lloyd, 1995, S. 155. (12) Probl., I, 41, S. 31. (13) Ebd., I, 42. (14) Ebd., I, 42, S. 31-33. (15) , Ebd., I, 47 (16) Lloyd, 1995, S. 153 (17) Probl., X, 59, S. 245. (18) Ebd. XXXIV, 1, S. 225. (19) Aristoteles, De gen. anim. 725a11-21, 725a24-25, 72a26-28, 726b1-5. (20) De gen. anim. 725b31-34. (21) Ebd. 738a34-36. (22) Stellvertretend seien einige Fragen aus dem Forschungsbereich der Gastroenterologie genannt: „Was ist die Bedeutung von Zytokinen und T-Zell-Homing für die Untersuchung von funktioneller Dyspepsie?“, „Welchen Stellenwert hat die endoskopische Mukosaresektion bei der Entfernung von großen, sessilen Kolonpolypen?“, „Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Serumkonzentration der Aminosäure Cystein, die an zahlreichen immunmodulatorischen, antioxidativen und antikarzinogenen Stoffwechselvorgängen beteiligt ist, und dem Ösophagus- und Magenkarzinomrisiko?“ Forschung aktuell, 10.01.2012, 10h. Probleme über Probleme, Fragen über Fragen...? Die Wechselwirkungen zwischen Mensch, Verdauung und Welt stellen uns vor Rätsel, für wir nicht immer einfache Lösungen kennen. Wie gut, dass manche Tatsache sicher besteht, auch wenn wir die Gründe nicht voll begreifen. Womit auch immer wir Magen und Hirn speisen, eines ist doch sicher: EUCARBON schafft freudige Bewegung im Kopf und im Bauch! 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Chr. in Chalkis) war ab 367 v. Chr. Mitglied in Platons Akademie in Athen, wo er lernte und lehrte. Ab 342 v. Chr. unterrichtete er den makedonischen Thronfolger Alexander den Großen. Verschiedene philosophische Disziplinen wurden von ihm selbst begründet oder maßgeblich beeinfl usst. Für die seinen Methoden gründende scholastische Wissenschaft waren seine Schriften bis in die Frühe Neuzeit maßgeblich. Für die Märe von Aristoteles und Phyllis dürfte es im tatsächlichen Leben des Philosophen keine Entsprechung geben. Das Bild des verführten und blamierten Weisen legt aber nahe, dass sexuelle Unbefriedigung die Psyche mancher Philosophen derart verstört, dass sie Schwierigkeiten bei der gastralen und intellektuellen Verdauung entwickeln. Bild: Hans Baldung Grien, „Aristoteles und Phyllis“, 1513, 33 × 23,6 cm, Holzschnitt, Kupferstichkabinett, Berlin. Wie hätte Aristoteles die abführende Wirkung von EUCARBON® erklärt? □ Manche Medikamente widerstehen der Verdauung schon in geringer Menge. □ Manche Medikamente verteilen sich leicht in den verschiedenen Magenteilen. □ Manche Medikamente werden im Magen wie Nahrung in die Adern geleitet. Was hätte Aristoteles an EUCARBON® gelobt? □ EUCARBON® reinigt weder durch Bitterkeit noch schlechtem Geruch. □ EUCARBON® verursacht im Körper keine Störungen. □ EUCARBON® ist nicht schwer verdaulich. Wie hätte er EUCARBON® zur Stärkung rationaler Kompetenz eingesetzt? □ Als Beitrag zu den körperlichen Voraussetzungen für freien Willen. □ Als Beitrag zur Kontrolle der vitalen Gesamtfunktion. □ Als Beitrag zur Erwärmung weiblicher oder männlicher Körper. Wollen Sie tolle Preise gewinnen? Dann schneiden Sie diesen Abschnitt bitte aus und senden ihn an: Dr. Christian Denker, <strong>ST</strong>/A/R-Forschungsstelle für Abendländische Verdauungsphilosophie, Gumpendorfer Str. 42. A-1060 Wien.