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Leichtathletik INFORMationen 03/2018

Inhalt: Analysen von DM und EM + Die FREUNDE-Preisträger von Rostock + Lauftalent: Linn Kleine + Das Hammerwurf-Projekt

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drei im Ranking derselben hinter Großbritannien (7/5/6) und<br />

Polen (7/4/1) sowie 196,5 Punkte (Rang 2 hinter den Briten) für<br />

die Plätze eins bis acht erfüllt. An die beste Bilanz der vergangenen<br />

20 Jahre (EM 1998) jedoch reichte es nicht ganz heran.<br />

Macht nichts! Fünf der sechs Goldmedaillen, für Arthur Abele<br />

(Zehnkampf), Christin Hussong und Thomas Röhler (beide<br />

Speer), Malaika Mihambo (Weit) und Mateusz Przybylko (Stabhoch),<br />

haben den bisherigen Schwerpunkt des DLV-Kraftfeldes<br />

bestätigt, die „Field“-Disziplinen, wobei siegreiche Springer/innen<br />

neu in diesem Kreis sind. Gold Nummer sechs für<br />

Hindernis-Titelverteidigerin Gesa Krause rundete schließlich<br />

eine EM ab, die in ihrer atmosphärischen Dichte und Emotionalität<br />

sogar die WM 2009 an selber Stelle noch übertraf. Dafür<br />

verantwortlich: der im Vergleich zum globalen Championat<br />

vor neun Jahr deutlich größere deutsche Beitrag.<br />

Anmerkungen zu vergoldeten Deutschen<br />

Die Pfälzerin Christin Hussong setzte eine bemerkenswerte<br />

Erfolgsserie deutscher Speerwerferinnen fort. 2009 war Steffi<br />

Nerius Weltmeisterin, 2010 Linda Stahl Europameisterin, 2013<br />

Christina Obergföll und 2015 Katharina Molitor Weltmeisterinnen.<br />

Dass Hussong in zwei Wettkämpfen hintereinander mit<br />

Weltklasseweiten (in Berlin in Qualifikation und Finale jeweils<br />

über 67 m im ersten Versuch) aufwartete, war man allerdings<br />

von ihr nicht gewohnt.<br />

Der bereits 32jährige Zehnkämpfer Arthur Abele profitierte<br />

(pardon Arthur) ein wenig von Weltmeister Kevin Mayers drei<br />

(!) Fehltritten am Weitsprungbalken, nutzte jedoch routiniert<br />

die Gunst der Stunde, entschädigte sich für die vielen Verletzungen<br />

der vergangenen Jahre und widersprach all jenen, die<br />

den EM-Titel als Schlusspunkt hinter seine Karriere glaubten<br />

setzen zu müssen: König Arthur sammelt noch weitere zwei<br />

Jahre Zehnkampfpunkte.<br />

Mateusz Przybylko, erster DLV-Europameister im Hochsprung<br />

seit 1982 (Mögenburg), egalisierte mit 2,35 m seinen Hausrekord<br />

und entpuppte sich im Olympiastadion als einer aus der<br />

dringend gesuchten Kategorie „Typen“, also als einer, der Spitzenleistung<br />

und optimistisch-emotionales Profil zum Ergötzen<br />

der Fans präsentieren kann.<br />

Dieser Spezies war plötzlich auch der sonst eher besonnene<br />

Thomas Röhler zuzurechnen: Sein nicht unbedingt erwarteter<br />

Sieg über die Anführer in der Weltbestenliste, Andreas Hofmann<br />

(Mannheim) und Weltmeister Johannes Vetter (Offenburg),<br />

verführte den Thüringer zu einem spontanen Sprung in<br />

den Wassergraben des Hindernisparcours, Zeichen für enormen<br />

Druckabfall nach einer nicht stringenten Vorsaison.<br />

Malaika Mihambo: Nervenstark beim dritten, EM-Gold einbringenden<br />

Finalsprung – nach zwei Weiten, die nicht für einen<br />

vierten Sprung gereicht hätten – und bei der Verteidigung<br />

des Vorsprungs bis ins Ziel. Prognose: Mihambo, wie die<br />

100-m-Zweite Gina Lückenkemper künftiges Gesicht der deutschen<br />

<strong>Leichtathletik</strong>.<br />

Schließlich Gesa Krause. Auch sie hatte bei ihren Anhängern<br />

vor Berlin gewisse Zweifel hinterlassen. Sie ertränkte sie beim<br />

Turboantritt vor dem letzten Wassergraben. Noch offen ist<br />

<strong>2018</strong> die Frage: Befindet sich die nun zweimalige Europameisterin<br />

bereits in Schlagdistanz zur Konkurrenz aus Ostafrika<br />

und den USA?<br />

Aus der Abteilung Statistik<br />

Sieben DLV-Starter erzielten persönliche, zwölf Saisonbestleistungen.<br />

Relativ hoch die Zahl (47) der Gescheiterten in Runde<br />

eins (Qualifikation, Vorläufe), der Aussteiger und der jenseits<br />

Rang acht Platzierten. Die Mannschaft (120 EM-Starter, 43%<br />

U25) ist voluminös aufgestellt gewesen. Derlei Großzügigkeit<br />

wird sich in den Jahren bis 2021, wenn drei der vier internationalen<br />

Championate nach Übersee (Doha, Tokio, Eugene) ziehen,<br />

kaum wiederholen. Bis dahin wird sich zeigen, ob vor allem<br />

die früh gestrauchelte EM-Debütanten die Lehren aus der<br />

Berlin-EM ziehen konnten.<br />

Das internationale Niveau der EM<br />

Oft, jedoch nicht immer auf der Höhe der Weltklasse, aber dort,<br />

wo sie erreicht wurde von faszinierender Qualität und Wettkampfdramatik.<br />

Drei Namen seien stellvertretend genannt:<br />

die Youngster Armand Duplantis, mit 18 bereits Held eines epischen<br />

Stabhochsprungs (nur Sergej Bubka sprang im Freien höher<br />

als der US-Schwede, 6,05 m) und Jakob Ingebrigtsen aus<br />

Norwegen, mit 17 jetzt jüngster Europameister über 1.500 m<br />

und 5000 m und das innerhalb von zwei Tagen, dabei je einmal<br />

Bruder Henrik und Bruder Filip hinter sich lassend; die Britin<br />

Dina Asher-Smith aus dem schier unermesslichen Reservoir an<br />

Sprinter/innen des Vereinigten Königreichs, Doublegewinnerin<br />

mit Jahresweltbestzeiten (100 m 10,85, 200 m 21,89 sek.).<br />

Die Frage der Nachhaltigkeit<br />

Sie stellt sich vor allem der deutschen <strong>Leichtathletik</strong>. Kann sie<br />

wirklich die weit über ihre Interessenssphäre hinaus reichende<br />

öffentliche Aufmerksamkeit bei der EM in Berlin nutzen und<br />

mehr anhaltende Wahrnehmung über den Tag hinaus gewinnen?<br />

Oder verpufft der EM-Effekt, verblassen schon bald die<br />

schönen TV-Bilder aus dem Olympiastadion, vergilben die<br />

dicken, sogar den Fußball eine Woche lang verdrängenden<br />

Schlagzeilen der Zeitungen? Ist Berlin <strong>2018</strong> nur eine Momentaufnahme<br />

gewesen wie andere Heimspiele zuvor, die EM 1986<br />

in Stuttgart, die WM 1993 ebendort, die EM 2002 in München?<br />

Und zieht schneller als man glaubt der leichtathletische Alltag<br />

wieder ein, weil hierzulande Großchampionate à la BE<strong>2018</strong> für<br />

geraume Zeit wohl keinen Platz mehr zugewiesen bekommen<br />

und die Saisonserie Diamond League nur die Experten interessiert?<br />

Ein klein wenig Hoffnung indes besteht, dass die „alte<br />

Tante <strong>Leichtathletik</strong>“ (Süddeutsche Zeitung) während der Berliner<br />

Tage nun doch „der Knopf aufgegangen“ ist, mit welchen<br />

Präsentationsformen Medien und Sportinteressierte U50 zurückzugewinnen<br />

sind.<br />

Michael Gernandt<br />

Nachklapp der Redaktion –<br />

Positive Signale für die <strong>Leichtathletik</strong> in Berlin<br />

Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) hat sich nach der erfolgreichen Europameisterschaft<br />

gegen den Umbau des Olympiastadions in eine reine Fußball-Arena<br />

ausgesprochen. Er halte dies für „ziemlich ausgeschlossen“, sagte<br />

Geisel dem RBB, „auch vor dem Hintergrund, dass wir eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung<br />

gemacht haben“.<br />

9 <strong>Leichtathletik</strong> <strong>INFORMationen</strong>

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