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Militaer_aktuell_4_2020_NEU_DEZ

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I N T E R V I E W<br />

ERUNGEN FÜR DAS<br />

und auch im laufenden Jahr haben wir<br />

mit der Corona-Pandemie und zuletzt<br />

mit dem Terroranschlag in Wien Dinge<br />

erlebt, die als unwahrscheinlich galten.<br />

Wer sagt uns, dass es nicht schon morgen<br />

wieder eine ähnliche Zäsur etwa in<br />

Form eines großen Cyberangriffes oder<br />

eines Blackouts gibt?<br />

Hat sich damit die Ausrichtung des<br />

Bundesheeres geändert?<br />

Ein Stück weit natürlich, wobei wir<br />

nicht außer Acht lassen dürfen, dass<br />

der klassische konventionelle Konflikt<br />

möglicherweise nur vorübergehend in<br />

den Hintergrund getreten ist. Wir sehen<br />

im Osten, aber auch im Südosten<br />

Entwicklungen, die für uns in den<br />

nächsten zehn bis 15 Jahren militärisch<br />

wieder relevant werden könnten, auch<br />

die Situation auf dem Balkan ist nach<br />

wie vor nicht befriedet. Nichtsdestotrotz<br />

müssen wir uns nun aber auch<br />

verstärkt anderen Bedrohungen zuwenden<br />

und diese können ihre Ursache<br />

durchaus auch in einem technischen<br />

Gebrechen haben, wenn wir beispielsweise<br />

an die Möglichkeit eines Blackouts<br />

denken.<br />

Wie schwer sind diese neuen Bedrohungen<br />

zu fassen? Bei einem Blackout<br />

werden wir zunächst wohl nicht<br />

einmal wissen, ob es sich tatsächlich<br />

um einen Blackout handelt oder nur<br />

um einen Stromausfall, bei Cyberangriffen<br />

wird zumindest anfangs unklar<br />

sein, wer da mit welchem Ziel<br />

angreift.<br />

Das ist ein ganz wesentlicher Punkt.<br />

Die militärische Landesverteidigung<br />

muss prinzipiell immer eine Beziehung<br />

zur Souveränitätsgefährdung haben<br />

und mit einem Angriff von außen verbunden<br />

sein, was in diesen Fällen meist<br />

nur schwer belegbar sein wird. Nichtsdestotrotz<br />

werden wir wohl schnell zur<br />

Assistenz gerufen und dabei muss uns<br />

klar sein, dass wir es zunächst mit einer<br />

möglicherweise auch länger dauernden<br />

Phase der Unwissenheit zu tun haben<br />

werden. Beim Terroranschlag in Wien<br />

war zunächst auch nicht klar, welche<br />

Größenordnung dieser hat, wie viele<br />

Täter es tatsächlich sind und wie diese<br />

ausgerüstet sind. Ähnlich wird es auch<br />

im Fall einer Cyberattacke oder eines<br />

Blackouts sein. Wir müssen uns darauf<br />

vorbereiten, dass es dann in gewissen<br />

Bereichen auch zu einem Kontrollverlust<br />

kommen kann und sich schon<br />

nach zwei bis drei Tagen das Recht des<br />

Stärkeren beginnen wird durchzusetzen.<br />

Ereignisse wie der Hurrikan Katrina<br />

zeigen, dass der plötzlich rechtslose<br />

Raum sehr schnell von diversen Gruppierungen<br />

übernommen wird und<br />

damit müsste man im Falle eines<br />

Blackouts auch hierzulande rechnen.<br />

Wenn Assistenz geleistet werden<br />

soll, muss das Bundesheer dazu aber<br />

auch in der Lage sein. Verfügt das<br />

Heer über eine entsprechende<br />

Durchhaltefähigkeit?<br />

Durch fehlende Mittel sowie die erfolgte<br />

Fokussierung auf den Einsatz im Ausland<br />

hatte die Autarkie der österreichischen<br />

Kasernen in den vergangenen<br />

Jahrzehnten keine Priorität. Jetzt fahren<br />

wir das aber wieder hoch. Beginnend<br />

mit heuer werden bis 2025 unsere 100<br />

wichtigsten Liegenschaften so adaptiert,<br />

dass sie zumindest eine 14-tägige Autarkie<br />

erreichen. Dabei geht es nicht nur<br />

um den Strom, sondern auch um die<br />

Wasserversorgung, um den Betrieb der<br />

Küchen und der Sanitärbereiche sowie<br />

um die Bevorratung mit Lebensmitteln<br />

und Sanitätsmaterial und nicht zuletzt<br />

um die militärische Kommunikation. Es<br />

wird im Fall eines Blackouts natürlich<br />

eine große Herausforderung sein, unsere<br />

Soldatinnen und Soldaten zu erreichen.<br />

Nach einer überschaubaren Zeit<br />

werden die Handynetze niedergehen<br />

und niemand kann garantieren, dass<br />

dann die Festnetzverbindungen flächendeckend<br />

funktionieren. Es gilt daher<br />

innerhalb der ersten 24 Stunden die<br />

wesentlichsten Befehle hinauszubekommen.<br />

Innerhalb dieser Zeit müssen wir<br />

auch ein gutes erstes Lagebild aufgebaut<br />

haben und erste Kräfte in den Einsatz<br />

schicken können.<br />

Sie haben gesagt, dass beginnend<br />

mit heuer die 100 wichtigsten Liegenschaften<br />

des Bundesheeres eine<br />

Grund-Autarkie erhalten sollen –<br />

was ist da konkret geplant?<br />

Wir haben dafür schon vor längerer<br />

Zeit eine Priorisierung der Liegenschaften<br />

vorgenommen, von besonders wichtigen<br />

Führungseinrichtungen und dem<br />

Jagdkommando über die festgelegten<br />

Sicherheitsinseln und potenziellen<br />

Back-up-Lösungen für diese bis hin zu<br />

den Bataillonskasernen und kleineren<br />

Einrichtungen. In fünf Jahren sollten wir<br />

diese mit Investitionen von rund 20<br />

Millionen Euro pro Jahr hochgerüstet<br />

haben.<br />

Was wird mit dem Geld gemacht?<br />

Im Wesentlichen geht es darum, eine<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L

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