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Militaer_aktuell_4_2020_NEU_DEZ

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I N T E R V I E W<br />

DAS WAR EINE<br />

GEWALTIGE<br />

ERFAHRUNG<br />

Anlässlich von „60 Jahre Auslandseinsätze“<br />

des Bundesheeres haben<br />

wir mit Oberst i. R. Wolfgang Brauner<br />

über den ersten Einsatz im Kongo<br />

gesprochen.<br />

Interview: CONNY DERDAK<br />

FOTO S : P R I VAT<br />

m Jahr 1960 gingen erstmals<br />

I<br />

Soldaten des Bundesheeres<br />

in den Auslandseinsatz: Fünf<br />

Kontingente wurden für jeweils<br />

ein halbes Jahr in den<br />

Kongo verlegt. Teil des fünften<br />

und letzten Kontingents war 1963<br />

auch der damals 22-jährige Leutnant<br />

Wolfgang Brauner, heute 80-jähriger<br />

Oberst im Ruhestand.<br />

Herr Oberst, wie kam es, dass Sie als<br />

22-Jähriger in den Kongo gingen?<br />

Das war reiner Zufall. Drei Monate nach<br />

meiner Ausmusterung aus der Militärakademie<br />

– ich war damals ein junger<br />

Zugskommandant bei der Garde – saß<br />

ich in einer Kaffeerunde im Offizierscasino.<br />

Aus heiterem Himmel fragte mich<br />

der Kommandant des letzten Sanitärkontingents,<br />

den ich nur vom Sehen<br />

kannte, ob ich Englisch könne. „Ich habe<br />

England bereits besucht und habe auch<br />

eine bescheidene Praxis“, antwortete ich.<br />

So bot er mir an, mit ihm in den Kongo<br />

zu gehen, und ich verbrachte dort ab<br />

Mai 1963 insgesamt sechs Monate.<br />

Was war dabei Ihre Aufgabe?<br />

Eigentlich traf ich als Adjutant im<br />

Kongo ein, wo Österreich 1960 ein<br />

Feldspital stellte. Unsere Aufgabe war<br />

es dann aber, das gesamte Gerät und<br />

Inventar zu schlichten, zu ordnen und<br />

nach Hause zurückzubringen beziehungsweise<br />

UN-Property an die UNO<br />

zurückzugeben. Diese Aufgabe fiel<br />

mir ganz plötzlich zu, da der zuständige<br />

Wirtschaftsoffizier Gelbsucht<br />

bekam. So wurde ich vom Laien zum<br />

Verwaltungsoffizier.<br />

Was ist Ihre schönste Erfahrung an<br />

diese Zeit?<br />

Ich hatte zum Glück gute Englischkenntnisse<br />

und konnte die an mich<br />

gestellte Herausforderung zur vollsten<br />

Zufriedenheit des Kommandanten<br />

und der UNO-Stellen erledigen. Das<br />

war für mich eine sehr denkwürdige<br />

Erfahrung, auch an die Zusammenarbeit<br />

und die Gemeinschaft dort erinnere<br />

ich mich gerne, und ich konnte<br />

wertvolle und hilfreiche Erfahrungen<br />

für alle meine späteren dienstlichen<br />

Verwendungen sammeln. Außerdem<br />

war die Zeit im Kongo – wir waren in<br />

der Hauptstadt der damaligen Provinz<br />

Katanga stationiert – natürlich<br />

ein Landschaftserlebnis, und ein Erlebnis<br />

von Land und Menschen. Man<br />

kommt zurück und hat ein bisschen<br />

über den Horizont schauen können.<br />

Solche Einsätze im Ausland waren<br />

damals für alle etwas Gewaltiges.<br />

War der Einsatz im Kongo Ihr einziger<br />

Auslandseinsatz?<br />

Nein, im Jahr 1966 war ich in gleicher<br />

Funktion auch ein halbes Jahr auf Zypern<br />

im Feldspital. Der Kommandant<br />

hat mir den Einsatz wohl aus Anerkennung<br />

und Dankbarkeit für meine Verdienste<br />

im Kongo angeboten. Nach Absolvierung<br />

einer Militärdolmetschprüfung<br />

war ich 1978 und 1979 außerdem<br />

eineinhalb Jahre als Militärbeobachter<br />

in Palästina, Israel und Ägypten. Auch<br />

diesmal ganz ohne Ansuchen. Das<br />

waren alles großartige Erlebnisse, die<br />

mir geschenkt wurden.<br />

Jetzt, da Sie in Pension sind, was<br />

vermissen Sie am Bundesheer am<br />

meisten?<br />

Ich vermisse eigentlich nichts, denn bereits<br />

während meiner aktiven Dienstzeit<br />

im Jahr 1971 habe ich den elterlichen<br />

Bauernhof übernommen. Ich bin damit<br />

so ausgelastet, dass es mir an nichts<br />

fehlt. Das Heer war mein Beruf, und den<br />

habe ich gelebt, und er hat mich geprägt.<br />

Ich bringe meine beruflichen Erfahrungen<br />

wie Durchhaltevermögen, Kameradschaft<br />

und Begeisterung auch in<br />

die Betreuung des Bauernhofs ein.<br />

OBERST I. R. WOLFGANG BRAUNER<br />

(Bild oben während des Kongo-Einsatzes) „Ich<br />

konnte bei meinen Auslandseinsätzen zusammen<br />

mit Kameraden von Armeen vieler Länder zu ein<br />

bisschen mehr Frieden in der Welt beitragen.“<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L

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