Militaer_aktuell_4_2020_NEU_DEZ
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B E Z A H L T E A N Z E I G E<br />
rauf hat man beispielsweise den ganzen<br />
MRO-Bereich (Anm.: Wartung-Reparatur-<br />
Überholung) wenig beachtet, also alles,<br />
was mit Betreuung aber auch Upgrade und<br />
Modernisierung bestehender<br />
L-39-Flotten zu tun hat. Heute ist das für<br />
AERO das „Butter-am-Brot-Geschäft“, gerade<br />
in diesen Corona-Zeiten. Man dachte<br />
sich, dieses Segment würde mit dem Ausscheiden<br />
der alten L-39 aussterben …<br />
Aber dem war nicht so, richtig?<br />
Mitnichten! Es fliegen ja von den einst<br />
knapp 3.000 Maschinen weltweit immer<br />
noch mehr als 600 L-39. Und einige –<br />
noch besser viele – der Betreiberländer<br />
sollen das neue Modell kaufen, aber in<br />
fünf oder acht Jahren, noch nicht heute.<br />
Daher habe ich das Ziel ausgegeben,<br />
dass wir den MRO-Umsatz verdoppeln,<br />
was wir dieses Jahr auch erreicht haben.<br />
Wir haben so viele Aufträge und so viele<br />
Flugzeuge zum Upgrade im Haus wie<br />
seit Jahren nicht und wir senden Teams<br />
in Kundenländer, die das vor Ort machen<br />
wollen. Zudem kenne ich aus den<br />
letzten Jahren kein Upgrade, bei dem<br />
nicht ein kompletter oder beträchtlicher<br />
Teil der Avionik ausgetauscht worden<br />
wäre. Weiters steht dann auch die Überholung<br />
der L-159 der tschechischen<br />
Luftwaffe sowie der einst in den Irak<br />
und an die Feinddarsteller-Firma<br />
Draken-International gelieferten Maschinen<br />
an. All das generiert jene Mittel,<br />
die unser Unternehmen nun auch während<br />
der Covid-19-Krise robust machen.<br />
Wenn aber Überholung und Modernisierung<br />
nun so wichtig und erfolgreich<br />
wurden, hat man da den neuen<br />
L-39NG gegenüber diesem Altbestand<br />
sozusagen „zurückgestellt“?<br />
Nein! Das ist natürlich die Zukunft des<br />
Unternehmens. Aber er musste sozusagen<br />
ins ökomische Gleichgewicht gebracht<br />
werden. Dazu mussten wir die<br />
Entwicklung aber so schnell wie möglich<br />
zum Abschluss bringen – was mit dem<br />
Meilenstein der EU-weiten Zertifizierung<br />
dann auch im September erfolgt<br />
ist. Und dann ist da ja noch der Geschäftsbereich<br />
AERO-Structures, also<br />
Fremdbaugruppenfertigung.<br />
Baut AERO immer noch auch Baugruppen<br />
für den brasilianischen<br />
Jet-Transporter KC-390?<br />
Wir sind sogar der größte Lieferant von<br />
Embraer in diesem Programm. Wir fertigen<br />
die Flügelvorderkanten, alle Türen<br />
und Luken und natürlich die gesamte<br />
hintere Frachtrampe. Im Militärbereich<br />
fertigen wir zudem die komplette zentrale<br />
Flügelbox für die C-27J Spartan-<br />
Transporter von Leonardo. Wir liefern<br />
aber auch kleinere Compositteile für<br />
den Airbus A400M-Transporter und den<br />
A350-Airliner. Im Zivilbereich kommen<br />
auch noch die Flügelvorderkanten für<br />
den ehamligen Bombardier C-Jet Airbus<br />
A220 und die Fahrwerktore für die<br />
tschechische LET-410UVP dazu. Das<br />
kommt alles unserer Auslastung zugute<br />
und trägt zu einem niedrigeren Stundensatz<br />
und zur Fixkostenregression bei.<br />
Zurück zum L-39NG. War dieses Programm<br />
durch Covid-19 beeinflusst?<br />
Was ist nicht davon beeinflusst? Aber<br />
beim L-39NG haben wir – im Unterschied<br />
zum schnelllebigen und auch<br />
schnell leidenden Zivilgeschäft – selbst<br />
entschieden, ob wir eine Beeinflussung<br />
zulassen, indem wir beispielsweise krisenbedingt<br />
weniger Mittel in das Programm<br />
und die Entwicklung stecken.<br />
Wir haben uns gegen diesen Weg entschieden<br />
und haben noch heuer die Zertifizierung<br />
erreicht, dank der wir nun<br />
mit dem Jet am Markt ganz anders auftreten<br />
und Kunden ansprechen können.<br />
Apropos Kunden: Wie sehen Sie die<br />
Marktchancen des L-39NG und wann<br />
werden erste Maschinen ausgeliefert?<br />
In den nächsten 15 Jahren müssen auf<br />
der ganzen Welt die Hälfte aller Trainer<br />
ersetzt werden, egal ob mit Propeller<br />
oder Düse. Das ist ein gewaltiges Potenzial,<br />
wovon wir einen guten Teil abdecken<br />
wollen. Außerdem hoffen wir, dass<br />
Covid-19 irgendwann mal wieder vorbei<br />
ist und sich die Reisetätigkeit normalisiert.<br />
Denn wir hatten bis Anfang dieses<br />
Jahres zehn bis zwölf vielversprechende<br />
Kampagnen laufen – die dann alle wegen<br />
Corona angehalten werden mussten.<br />
Man kauft Militärflugzeuge eben nicht<br />
bei Amazon. Wir sind – wie im Falle<br />
Österreichs – daher froh, wenn Regierungen<br />
uns Ausnahmegenehmigungen<br />
erteilten, damit man wieder zusammenkommt.<br />
Insgesamt sehen wir ein sehr<br />
positives Echo von bestehenden, aber<br />
auch von neuen Kunden.<br />
Stimmt es, dass zwölf L-39NG für<br />
Ungarn unterschriftsreif sein sollen?<br />
Sagen wir so: Ungarn ist sehr interessiert<br />
an zwölf Stück der Fortgeschrittenen-Trainer-Version<br />
und in einem<br />
zweiten Schritt später an zwölf Stück<br />
des leichten Kampfflugzeugs. Darüber<br />
hinaus führen wir durchaus fortgeschrittene<br />
Gespräche mit dem slowakischen<br />
Verteidigungsministerium. Dort<br />
geht es um acht bis zwölf Stück der<br />
leichten Kampfflugzeuge, wahrscheinlich<br />
schon ab 2021 oder Anfang 2022.<br />
Vier Fortgeschrittenen-Trainer für das<br />
tschechische Trainingszentrum LOM-<br />
Praha sind bereit für die Regierungsgenehmigung,<br />
zudem zeigen mehrere<br />
asiatische Kunden großes Interesse und<br />
wir hoffen ja auch noch auf Österreich.<br />
Sie sehen also nach wie vor Chancen<br />
für die Saab-105Ö-Nachfolge?<br />
Natürlich und dabei wäre der Betrieb<br />
des Typs in mehreren Nachbarländern<br />
ein durchaus schlagendes Argument,<br />
da könnte man beispielsweise auch<br />
über ein gemeinsames und kosteneffizientes<br />
Trainings- oder Logistikkonzept<br />
und manches mehr nachdenken. Zudem<br />
könnten wir dem Wunsch der<br />
Österreicher nach einer gemeinsamen<br />
Beschaffung mit der Regierung eines<br />
Partnerlandes entsprechen – wie zuletzt<br />
mit Italien bei den Hubschraubern.<br />
Weil die waffenfähige L-39NG-<br />
Kampftrainerversion und das leichte<br />
Kampfflugzeug erwähnt wurden –<br />
sehen Sie dafür ausreichend Nachfrage?<br />
Sehr wohl. Ich würde sogar sagen 50:50<br />
zum Trainer. Die Zertifizierung dieser<br />
Variante ist 2021 der nächste Schritt,<br />
ein Modell wurde bereits im VZLU-<br />
Windkanal in Prag erprobt. Wir können<br />
daran fünf Pylone für Außenlasten<br />
vorrüsten für eine maximale Nutzlast<br />
von 1,65 Tonnen an Waffen und/oder<br />
Tanks sowie Sensorbehälter bei einem<br />
maximalen Startgewicht von 5,6 Tonnen.<br />
Die zwei inneren Aufhängungen<br />
sind „nass“, also für zweimal 350 L-Zusatztanks<br />
geeignet. Das ergibt eine maximale<br />
Überführungsreichweite von<br />
fast fünf Stunden. In dieser Version bieten<br />
wir auch eine Cockpit-Härtung und<br />
ein Selbstschutz-Kit an.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L