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ERF Antenne 0304|2021 Die Weisheit der Endlichkeit

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<strong>ERF</strong> THEMA<br />

ist man im Tod lieber ein Nobody. Vielleicht mag man<br />

niemandem zur Last fallen mit diesem schweren<br />

Thema. Möglichst schnell wie<strong>der</strong> zur Tagesordnung<br />

übergehen lautet an<strong>der</strong>norts die Devise. In einer Leistungsgesellschaft<br />

muss man funktionieren, auch wenn<br />

man innerlich auf <strong>der</strong> Strecke bleibt.<br />

Stopp – endlich das Leben begreifen<br />

Stopp – <strong>Endlichkeit</strong> erleben<br />

Erschüttert und zugleich erfahrbar wurde dieser Glaube<br />

in meinem Leben, als mein Mann starb. Er war<br />

mittendrin in seiner Arbeit als Gemeindepfarrer. Wir<br />

waren mittendrin in einem Familienleben mit zwei<br />

Kin<strong>der</strong>n von 9 und 12 Jahren. Mittendrin in einem<br />

Leben, das noch voller Zukunftspläne steckte. Von<br />

einer Sekunde auf die an<strong>der</strong>e war alles an<strong>der</strong>s.<br />

Es ist Zeit, sich wie<strong>der</strong> zu orientieren. Sich mit dem<br />

Tod auseinan<strong>der</strong>setzen macht klug. Richtig gehört.<br />

Tod und Klugheit, die beiden gehören eng zusammen.<br />

Vielleicht deshalb, weil die <strong>Endlichkeit</strong> meines Lebens<br />

mir hilft, Prioritäten zu setzen und meinem Leben eine<br />

heilsame Wendung zu geben. <strong>Die</strong>se Jahrtausende alte<br />

<strong>Weisheit</strong> ist uns in den Psalmen überliefert. „Lehre uns<br />

bedenken, dass wir sterben müssen, damit wir klug<br />

werden“, heißt es dort. (Psalm 90,12) Der Tod rückt<br />

meine Grenzen in den Blick. Mein Leben steht mir<br />

nur eine gewisse Zeit zur Verfügung, ich weiß nicht,<br />

wie lange. Ich habe niemals alle Zeit <strong>der</strong> Welt. Hatte<br />

sie noch nie, das spüren wir alle. Doch anstatt mich in<br />

pausenlosem Treiben davon abzulenken, brauche ich<br />

das rechte Maß an Bewusstsein für diesen Gedanken<br />

in meinem Leben. Das bringt manches ins Lot. Ein<br />

Leben, das die Grenzen<br />

überdenkt, macht klug.<br />

Und damit sinnvoll und<br />

erfüllt.<br />

<strong>Die</strong> Bibel beschreibt,<br />

dass <strong>der</strong> Tod nicht in erster<br />

Linie ein biologisches<br />

Problem ist, son<strong>der</strong>n<br />

mit dem gestörten Verhältnis<br />

des Menschen<br />

zu Gott zu tun hat.<br />

Tod ist Konsequenz <strong>der</strong><br />

Trennung von Gott, <strong>der</strong><br />

Sünde. Doch diese pessimistische Beschreibung <strong>der</strong><br />

menschlichen Situation ist nicht Gottes letztes Wort.<br />

Um das zu demonstrieren, hat Gott es Ostern werden<br />

lassen. Es ist Gottes Ja zum Leben und zugleich sein<br />

entschiedenes Nein zu dessen <strong>Endlichkeit</strong>.<br />

Der enge Horizont meiner eigenen Grenzen wird weit,<br />

wo ich Gott begegne. Dem Gott, dessen Güte und Treue<br />

kein Ende haben. Der sich in Jesus Christus auf offene<br />

Arme festgelegt hat. Mit diesen offenen Armen steht<br />

er als gekreuzigter und auferstandener Herr vor mir.<br />

Er lädt mich ein zu einem Leben, in dem ich frei von<br />

Schuld, getröstet und zudem auch noch klug sein kann.<br />

Zu einem Leben, das nicht endlich, son<strong>der</strong>n ewig ist.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Endlichkeit</strong><br />

durchbrach in<br />

Sekunden<br />

unser Leben.<br />

Es war ein Mittwochmorgen mit <strong>der</strong> üblichen Alltagsroutine:<br />

Aufstehen, frühstücken, dafür sorgen, dass<br />

die Kin<strong>der</strong> es rechtzeitig zur Schule schaffen. Zwischendrin<br />

regelten wir noch ein paar Dinge für einen<br />

Familiengottesdienst am Samstagnachmittag. „Kannst<br />

du das Lied mit <strong>der</strong> Gemeinde singen: „Nichts, nichts<br />

kann uns trennen von Gottes großer Liebe?“, fragte<br />

mich mein Mann noch, als er das Haus verließ. „Geht<br />

klar!“ antwortete ich. Das waren letzte Worte, die wir<br />

miteinan<strong>der</strong> geredet haben.<br />

Zwei Stunden später erreichte mich die Nachricht: „Ihr<br />

Mann ist tot!“ Plötzliches Herzversagen. <strong>Die</strong> <strong>Endlichkeit</strong><br />

durchbrach in Sekunden unser Leben. Das, was<br />

bisher so sicher schien, war es auf einmal nicht mehr.<br />

Das, was ich bisher so selbstverständlich geglaubt hatte,<br />

wurde so unwirklich, so<br />

fremd. Von Gottes Liebe<br />

singen? Das war doch<br />

völlig wi<strong>der</strong>sprüchlich!<br />

Wie sollten meine Kin<strong>der</strong><br />

das jemals verstehen<br />

können, ohne an Gottes<br />

Liebe zu zweifeln?<br />

Was mir in dieser Zeit<br />

geholfen hat, waren<br />

Menschen, die für uns<br />

da waren: meine Familie,<br />

Freunde, Gemeindemitglie<strong>der</strong>.<br />

Sie haben uns mit praktischer Hilfe unterstützt,<br />

die nächsten Schritte zu gehen. Für mich war es<br />

ein tröstliches Erleben, in allem Schmerz zu spüren:<br />

Wir sind nicht allein mit dem, was uns getroffen hat.<br />

Geholfen haben mir auch Gottes Zusagen in seinem<br />

Wort. Sie haben meinen Blick immer wie<strong>der</strong> zurechtgerückt,<br />

heraus aus meiner Verzagtheit, aus meinen<br />

Zweifeln, hin zu ihm, <strong>der</strong> mir seine Hilfe zusichert. Er<br />

hat einen Weg für mich und den gehe ich nicht allein.<br />

Das ist kein unbestimmtes „es“ geht weiter, son<strong>der</strong>n<br />

Gott selbst geht mit mir weiter. Es bleibt wohl für immer<br />

eine Spannung, warum Gott das dunkle Tal in<br />

unserem Leben zulässt und gleichzeitig verheißt, dass<br />

8<br />

<strong>ERF</strong> ANTENNE 0304|21

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