ERF Antenne 0304|2021 Die Weisheit der Endlichkeit
Das Magazin von ERF – Der Sinnsender
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<strong>ERF</strong> THEMA<br />
Raum für die<br />
<strong>Endlichkeit</strong><br />
Wir schieben meisterlich den Gedanken zur Seite, dass<br />
unser Leben einmal endet. Dabei liegt ein Schatz darin,<br />
diesen Gedanken zuzulassen und das Leben danach zu<br />
ordnen. Vier „Stopps“ von Ellen Hör<strong>der</strong>-Knop mit Weitsicht.<br />
Für einen Augenblick Zeit würde ich meine ganze<br />
Habe geben“, soll die britische Königin Elisabeth<br />
I. (1558-1603) auf ihrem Sterbebett gesagt haben.<br />
Wer möchte nicht <strong>der</strong> <strong>Endlichkeit</strong> ein Schnippchen<br />
schlagen – koste es, was es wolle? Wer wollte nicht<br />
länger leben und den Tod vertagen?<br />
Wir verdrängen auf verschiedene Weise, dass unser Leben<br />
einmal endet. Eine Generation von Selbstoptimierern<br />
versucht, mit Wellness und Fitness, Superfoods<br />
und Beautyprodukten dem Leben mehr Jahre zu geben.<br />
An<strong>der</strong>e planen ihre Tage voll bis zum Anschlag, mit<br />
Arbeit, aufwändigen Hobbies, Freunde treffen. Bloß<br />
nichts verpassen, bloß keine Tiefpunkte, so wird es<br />
immer weitergehen, höher, besser, schneller!<br />
Bis <strong>der</strong> Tod sich seinen Weg bahnt. Wenn ein nahestehen<strong>der</strong><br />
Mensch stirbt. O<strong>der</strong> durch ein Virus, das uns<br />
herausholt aus unserem Alltag – und dem Verdrängen.<br />
Dann sind wir zurückgeworfen auf uns selbst. Wir<br />
werden daran erinnert, dass dieses Leben endlich ist.<br />
Stopp – endlich leben<br />
Um das wahrzunehmen, müssen wir stehen bleiben.<br />
Atem holen. Nach rechts und links schauen. Denn so<br />
viel steht fest: Mein Leben ist endlich! Der Tod ist die<br />
dunkle Grenze des Lebens, <strong>der</strong> wir machtlos ausgeliefert<br />
sind. Wir können ihn zu einem biologischen Naturgesetz<br />
o<strong>der</strong> zum medizinischen Scheitern erklären,<br />
ihn als Schicksal bagatellisieren o<strong>der</strong> ihn philosophisch<br />
dekorieren. Fest steht: Sterben muss je<strong>der</strong>. Trotzdem<br />
verdrängen wir das Thema in eine Tabuecke. Wenn<br />
sich das Sterben im Leben zu Wort meldet, schieben<br />
wir es so schnell wie möglich wie<strong>der</strong> zur Seite.<br />
<strong>Die</strong> Bestattungskultur nimmt diesen Trend auf. Traditionelle<br />
christliche Trauerfeiern, die auch <strong>der</strong> Trauer<br />
in Gemeinschaft Raum geben, werden seltener. Sie<br />
werden durch individuell gestaltete Zeremonien ersetzt.<br />
Auch anonyme Bestattungen und ganz privates<br />
Gedenken nehmen zu. Für den Tod ist kein Platz und<br />
keine Zeit im öffentlichen Leben. Ging es darum, sich<br />
im gesellschaftlichen Leben einen Namen zu machen,<br />
<strong>ERF</strong> ANTENNE 0304|21<br />
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