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ERF Antenne 0304|2021 Die Weisheit der Endlichkeit

Das Magazin von ERF – Der Sinnsender

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er auch in diesen Zeiten bei uns ist. Manchmal möchte<br />

ich den Glauben aufgeben und gleichzeitig frage ich<br />

mich: „Herr, wohin sonst sollte ich gehen?“<br />

Auch heute geschehen Dinge, die ich mir nicht erklären<br />

kann, es gibt bis heute bohrende Fragen. Ich<br />

möchte schreien: „Gott, was denkst du dir dabei? Was<br />

soll das?“ Fragen, in denen ich mit Jesus unterwegs<br />

und im Gespräch bin und keine Antwort habe. Glauben<br />

heißt für mich, eine Beziehung zu Jesus haben,<br />

mich auf ihn einzulassen. Mein Glaube ist nicht zuerst<br />

eine Verstehensgeschichte, son<strong>der</strong>n eine Beziehungsgeschichte.<br />

Das höchste Gebot lautet nicht: „Du sollst<br />

Gott verstehen!“, son<strong>der</strong>n: “Du sollst Gott, deinen<br />

Herrn, lieben!“ Gott wäre nicht Gott, wenn ich ihn mit<br />

meinem Verstand erfassen könnte. Wenn ich aber Gott<br />

vertraue, kann ich mit ihm meinen Weg weitergehen,<br />

auch wenn vieles rätselhaft bleibt.<br />

Zehn Jahre nach dem Tod meines Mannes habe ich<br />

noch einmal geheiratet. Einen Witwer, dessen Frau<br />

an einer Krebserkrankung verstorben ist. Viele Menschen<br />

haben um ihre Heilung gebetet. Aber Gott hat<br />

es an<strong>der</strong>s gemacht. Warum? Es bleibt offen. Fakt ist:<br />

Gottes Wege bleiben unergründlich, aber sie führen<br />

weiter. Er lässt uns nicht im Regen stehen. Seine Güte<br />

und Treue gehen mit.<br />

Stopp – endlich das Leben vollenden<br />

In Psalm 73 wird die Frage nach dem „Warum“ leidenschaftlich<br />

gestellt. Der Beter bekennt, dass sein<br />

Glaube an dieser Frage beinahe zerbrochen wäre. Es<br />

stimmt auch heute nicht, dass Christen von einer<br />

großen Glaubenserfahrung zur nächsten gehen, dass<br />

eine Gebetserhörung auf die an<strong>der</strong>e folgt. Aber dann<br />

formuliert <strong>der</strong> Autor des Psalms ebenso entschlossen:<br />

„Wenn ich nur dich habe, dann frage ich nicht nach<br />

Himmel und Erde.“ (Psalm 73, 25) Er fragt also nicht<br />

mehr nach den Geheimnissen, die jenseits meines<br />

Horizontes liegen, die mein „Warum“ beantworten<br />

könnten. Vielmehr vertraut er dem Gott, <strong>der</strong> mitten<br />

im Leben und im Sterben „mein Gott“ ist und unser<br />

endliches Leben vollendet.<br />

Deshalb kann ich in den Schlussakkord dieses Psalms<br />

einstimmen: „Dennoch bleibe ich stets an dir. Denn du<br />

hältst mich bei meiner rechten Hand. Du leitest mich<br />

nach deinem Rat und nimmst mich am Ende in Ehren<br />

an.“ (Psalm 73, 23-24) So kann ich trotz offener Fragen<br />

festhalten an einer dauerhaften Lebensbeziehung zu<br />

Gott. Nicht weil ich stark bin, son<strong>der</strong>n weil ich von ihm<br />

gehalten werde. Er hält mich, er begleitet mich und<br />

er bringt mich zu seinem Ziel. Ich sterbe – wenn ich<br />

Christus angehöre – nicht in ein namenloses Nichts,<br />

son<strong>der</strong>n in die offenen Arme des Auferstandenen<br />

hinein. Der Tod ist nicht <strong>der</strong> Endpunkt, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong><br />

Doppelpunkt: Fortsetzung folgt.<br />

In seinen Abschiedsreden sagt Jesus zu seinen Jüngern:<br />

„In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen<br />

und ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten. Und ich<br />

werde wie<strong>der</strong>kommen und euch holen, damit ihr seid,<br />

wo ich bin.“ (Johannes 14, 2-3) Der Tod schlägt nach wie<br />

vor harte Wunden in unser Leben. Aber er unterbricht<br />

nicht mein Leben mit Jesus. Da hilft mir das Bild von<br />

<strong>der</strong> Wohnung. Wenn ich sterbe, dann ziehe ich um.<br />

In ein Zuhause, in dem Gott „mittendrin“ sein wird.<br />

Was hier unvollendet und bruchstückhaft blieb, wird<br />

dort vollendet.<br />

Seit Ostern geht es durch den Tod zu einem ewigen<br />

Leben in <strong>der</strong> Gemeinschaft mit Gott. Ein Leben ohne<br />

Sterben und Abschied, ohne Tränen und Leid, ein<br />

Leben ohne Sünde und Schuld. Angerührt von dieser<br />

künftigen Wirklichkeit schrieb <strong>Die</strong>trich Bonhoeffer<br />

am Abend vor seiner Hinrichtung: „<strong>Die</strong>s ist das Ende<br />

– für mich <strong>der</strong> Beginn des Lebens.“ Wer von dieser Zukunft<br />

ergriffen ist, kann die Gegenwart mit Hoffnung<br />

gestalten. Wer den Auferstandenen kennt, lebt, auch<br />

wenn er stirbt. (Johannes 11, 25) Jesus stellt mir die<br />

Vertrauensfrage: „Glaubst du das?“<br />

Ellen Hör<strong>der</strong>-Knop ist theologische Redakteurin<br />

bei <strong>ERF</strong> Medien. Verheiratet ist sie<br />

seit 2016 mit Michael Hör<strong>der</strong> – beide waren<br />

verwitwet. Sie haben vier erwachsene Kin<strong>der</strong>.<br />

<strong>ERF</strong> ANTENNE 0304|21<br />

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