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Kultur

Kultur

Eins der „Blauen Fenster“ von Marc Chagall, in St. Stephan in Mainz.

an der Bildachse, wodurch, wie bei einem Rorschachtest,

scheinbar realistische Gestalten und Figuren aus der abstrakten

Form entstehen“, schreibt Michael Kohler in seinem

Artikel. Ein Rorschachtest (Tintenkleckstest) dient

der psychologischen Diagnostik bei der die Testperson gefragt

wird, „was könnte das sein?“. Der Test ist umstritten.

Beeindruckend sind aber die bunten Glasfenster. Als ich

die Fenster zum ersten Mal sehen konnte, fiel mir spontan

das Turiner Grabtuch ein, weil ich erst einmal einen

religiösen Bezug suchte. Jeder wird natürlich ganz andere

Dinge hinein interpretieren - die Fantasie ist gefragt. Oder

man freut sich einfach am bunten Licht der Fenster.

Auch in protestantischen Kirchen werden gern moderne

Künstler gebeten, Kirchenfenster zu entwerfen. Der

„Malerfürst“ Markus Lüpertz entwarf 2016 anlässlich des

Jubiläums „500 Jahre Reformation“

2017 zwei Fenster für die Marienkirche

in Lippstadt. In den 70-iger Jahren

waren die damaligen Luther- und

Melanchthon-Fenster während einer

Sanierung zerstört worden. Vorhandene

Fragmente des alten Luther-

Fensters von 1883 wurden erhalten

und durch einen neuen Mittelteil

durch Lüpertz ergänzt. Daneben

wurde dann ein neues Reformationsfenster

gestaltet, das eine abstrakte

Gestalt zeigt, die im Dialog mit dem

neben ihm stehenden Luther zu sein

scheint.

Für einen Eklat sorgte aktuell Altkanzler

Gerhard Schröder mit seiner

Stiftung eines weiteren Reformationsfensters

von Markus Lüpertz für

die Marktkirche in Hannover. Das

Fenster ist ein Feuerwerk der Motive.

Gezeigt wird unter anderem

der Reformator Martin Luther. Im

Vordergrund sind fünf übergroße

schwarze Fliegen zu sehen., die

schnell für heftige Diskussionen

sorgten. Sollen sie die Vergänglichkeit

und das Böse symbolisieren?

Wahrscheinlich ließ sich Lüpertz

von der Legende inspirieren, wonach

Luther auf der Wartburg mit

dem Tintenfass nach einer Fliege

warf, die ihm seiner Meinung nach

vom Teufel geschickt worden war.

Der Architekten-Erbe hatte sich lautstark

gegen den Einbau dieses Fensters

gewehrt. Es handelt sich bei der

Kirche um den Wiederaufbau der ursprünglichen

nach dem Krieg im gotisch

reduzierten Stil durch den Architekten

Dieter Oesterlein. Gemäß Gerichtsbeschluss im

Dezember 2020 darf nun das Fenster doch in die Marktkirche

eingebaut werden. Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht

und die Religionsfreiheit wurden höher bewertet als

das Urheberrecht des Architekten.

Viele „alte Wilde“, unbequeme Maler, die völlig neue

Wege in der neuen Kunst gegangen sind, haben erst in späteren

Jahren ihres Lebens - nach der Sturm und Drangzeit

- das Thema Kirchenfenster für sich entdeckt. Quasi als

Krönung ihrer Karriere - als ewiges Vermächtnis? Sigmar

Polke, Neo Rauch, David Hockney und viele andere

aus dem Who´s Who der Malerei folgten. Ob alle an Gott

glauben sei dahingestellt. Man kann ja die Kirche auch als

Raum der Stille und Meditation für alle erleben. Wie werden

wohl Kirchenfenster der Millennials aussehen, also

Foto: wikipedia commons

Für das Kloster Tholey im Saarland entwarf Gerhard

Richter drei große Fenster für den Chor der Klosterkirche

der Generation der um die Jahrtausendwende

geborenen? Ein

Beispiel könnte man meinen:

Der Künstlers Thomas Bayrles

schuf im Kreuzgang des Klosters

Eberbach Glasfenster, wo

blaue Smartphones eine Marienfigur

vor weißem Hintergrund

bilden. Aber - der Berliner Aktionskünstler

gehört nicht zur neuen

Generation, er wurde 1937

in Berlin geboren, also „Old

School“. Es bleibt also spannend

mit den modernen Kirchen- und

Künstlerfenstern. Tessie Reeh

Foto: wikipedia commons

Köln, Dom, Südquerhausfenster, nach einem Entwurf

von Gerhard Richter, Detail: Couronnement.

© Entwurf: Gerhard Richter, Köln / Foto: Hohe Domkirche Köln,

Dombauhütte; Matz und Schenk

Anmerkung der Redaktion: Wegen Urheberrechten von

Künstlern und Fotografen, sowie deren Agenturen und

Verwertungsgesellschaften konnten einige gewünschte Fotos

nicht gedruckt werden. Besonderer Dank gilt dem Metropolitankapitel

Der Hohen Domkirche Köln, das uns freundlicherweise

eigene Fotos zur Verfügung gestellt hat.

Literatur: Michael Kohler „Das Licht der Welt“ in Art, das Kunstmagazin Heft 12/2020,

Wikipedia Stichwort Richter-Fenster

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