db-2021-01 WEB
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Selbstbestimmung –
Maßstab für gute Pflege
Welche Auswirkungen hat die andauernde
Pandemie auf die Lebensqualität älterer
Heimbewohner?
Auch Bewohnerinnen und Bewohner von stationären
Pflegeeinrichtungen haben ein Recht auf
gesellschaftliche Teilhabe und soziale Kontakte.
Das gilt ungeachtet der Gefahren, die eine mögliche Ansteckung
mit dem Corona-Virus gerade für sie bedeutet.
Isolation und Kontaktverweigerung dürfen auch aus ethischen
Gründen keine Lösung sein.
Gerade im hohen Alter ist wichtig, dass intensive Kontakte
mit vertrauten Menschen aufrechterhalten werden
können. Daher regte der Deutsche Ethikrat am 18. Dezember
2020 an, dass – trotz der aktuell gebotenen Infektionsschutzmaßnahmen
– den in Einrichtungen der Langzeitpflege
lebenden Menschen ein Mindestmaß an sozialen
Kontakten zugesicher werden kann.
Im privaten Umfeld nutzt eine zunehmende Zahl älterer
Menschen dafür digitale Medien, zum Beispiel über
ZOOM oder Skype. Aber ist das im Kreis Siegen-Wittgenstein
in allen stationären Pflegeeinrichtungen möglich?
„Wer einen Heimplatz braucht, muss nehmen, was gerade
frei ist und kann häufig nicht unter mehreren Angeboten
wählen“. (Siegener Zeitung , 9. Dezember 20).
Daher hat der durchblick die Heimaufsicht des Kreises
Siegen-Wittgenstein um Beantwortung folgender Fragen
gebeten, die Torsten Manges, Pressereferent des Kreises
am 11. Januar 2021 beantwortete.
db Ist der Zugang zum Internet ein Beurteilungs
kriterium für die Heimaufsicht?
Manges: Bereits seit 2014 ist in der Durchführungsverordnung
zum Wohn- und Teilhabegesetz (WTGW DVO)
festgelegt, dass die diesem Gesetz unterliegenden Einrichtungen
über einen Internetanschluss verfügen sollen.
Die Umsetzung dieser Vorgabe ist bei uns außer in
Gesellschaft
drei Einrichtungen bereits abgeschlossen. In den meisten
Einrichtungen bedeutet das inzwischen WLan nicht
nur in den Gemeinschaftsräumen, sondern auch in den
Bewohnerzimmern.
db Warum existiert in diesen Einrichtungen noch kein
stabiler und dauerhafter Internetzugang und ist absehbar,
wann auch diese Einrichtungen z.B. über WLan in Gemeinschaftsräumen
oder Bewohnerzimmern verfügen?
Manges: Die drei Einrichtungen, bei denen die Vorgaben
noch nicht umgesetzt wurden, konnten die für 2020
geplanten Umbau- und Ergänzungsmaßnahmen auf
Grund der aktuellen Corona-Situation nicht vornehmen
und haben diese auf 2021 verschieben müssen.
db Sind die Einrichtungen hier ausschließlich in eigener
Initiative tätig geworden, oder hat die Heimaufsicht dies
auch kontrolliert?“
Manges: Da es sich bei der Vorhaltung eines nutzbaren
Internetanschlusses um eine gesetzliche Vorgabe handelt,
wurde dies bei jeder Regelprüfung der Heimaufsicht
in den Einrichtungen seitens der WTG-Behörde
geprüft und nachgefordert.“
Es ist zu begrüßen, dass hochaltrige Menschen in der Pandemie
als besonders gefährdet angesehen und vorrangig
geimpft werden. Dennoch sind es unzulässige Eingriffe in
die Grundrechte der Bewohnerinnen und Bewohner (auch
der betroffenen An- und Zugehörigen), wenn Besuchs- und
Ausgangsbeschränkungen erzwungen werden. Gleiches gilt
für Beschränkungen persönlicher Freiheiten innerhalb der
Einrichtung. Solche Eingriffe sind nur in Ausnahmesituationen
unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit
(Eignung, Erforderlichkeit und Zumutbarkeit) zulässig.
Über freiheitseinschränkende Maßnahmen für einzelne Bewohnerinnen
und Bewohner dürfen allein die zuständigen
Behörden, in der Regel Gesundheits- und Ordnungsämter,
bzw. Gerichte entscheiden.
Erich Kerkhoff
Bismarckschule
Siegen-Weidenau,
Sitz der Heimaufsicht
des Kreises
Siegen-Wittgenstein.
Gedanken zur Zeit
Der englische Staatsmann Winston Churchill war
leidenschaftlicher Raucher. Warnungen über entsprechende
Risiken fand er lästig und meinte „Wer
immer wieder über die Gefahren des Rauchens für die Gesundheit
belehrt wird, hört in den meisten Fällen nicht mit
dem Rauchen auf, sondern mit dem Lesen“. Im Hinblick
auf Nachrichten über das Coronavirus kann ich das nachvollziehen.
Davon möchte ich am liebsten nichts mehr hören
oder lesen und leugne nicht, dass mich das hohe Alter
empfindlicher gemacht hat.
Drei Gefühlslagen belasten mich mehr als früher. Die
erste ergibt sich aus der
Wahrnehmung des Todes.
Ich kann es nicht lassen, beim Zeitunglesen die Todesanzeigen
zu beachten. Wenn der Tod von Kindern oder Jugendlichen
angezeigt wird, rührt es mich. Wenn alte Menschen
„nach langem schweren Leiden“ oder „völlig unerwartet“
aus dem Leben geschieden sind, besonders natürlich alte
Männer (ich bin ja selber einer von ihnen), dann vergleiche
ich ihr Alter mit meinem eigenen. Als „Hochaltriger“ frage
ich ein bisschen nachdenklicher, warum die Endsiebziger es
nicht so weit gebracht haben wie ich. Aber die gleichaltrigen
oder älteren Männer empfinde ich als meine Kameraden;
da zuckt es manchmal in mir: Sehr bald werde ich so tot
sein wie sie, „nach langem schweren Leiden“ oder „völlig
überraschend“, gar auf der Intensivstation oder im Hospiz.
Natürlich wäre es vernünftig und würdig, den Tod anzunehmen
und das Sterben auch. Den Tod ja, da bin ich
mir fast sicher, dass ich das Einvernehmen mit der eigenen
Endlichkeit erreichen kann. Vielleicht kann ich die erforderliche
Haltung üben. Auch das Sterben? Nach qualvollem
Leiden und Siechtum? Noch gelingt es mir, dankbar
zu sein für viele glückliche Erinnerungen die ich aufrufen
kann, aber auch dankbar zu sein für den guten Augenblick.
Das bringt mich zum zweiten aktuellen Alterszustand:
Ernüchterung.
Gemeint ist das „zur Kenntnis nehmen“ zunehmender,
unveränderlicher Einschränkungen. In vielen Zusammenhängen
habe ich mich
getäuscht (auch gegenüber Menschen)
und werde nun Schritt für
Schritt enttäuscht. Es geht um die
Bearbeitung unerwarteter Zurückweisungen,
nicht zuletzt um die
Selbstreflexion, aber auch um die
Reaktion auf ein ungerechtes und
falsches Altersbild.
Damit bin ich beim dritten Alterszustand:
Gesellschaft
Herausgefordert.
Noch immer werden uns „Hochaltrigen“ Merkmale zugeschrieben,
mit denen wir allesamt zu Objekten der Fürsorge
werden; Meinungsmacher in der Politik und in den
Medien vermitteln zu oft ein Altersbild, das uns zu Kostgängern
nachfolgender Generationen macht. Im Gegensatz
dazu braucht die Not der Welt auch uns Ältere. Vielleicht
mehr denn je. Und ihre Bereitschaft – auch die Befähigung
– zur Teilnahme an der Gestaltung der Gesellschaft setzt
sich glücklicherweise immer stärker durch.
Erich Kerkhoff, (83 Jahre)
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